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Der schwierige Frieden

Artikel

28. Juni 1919: Der Vertrag von Versailles

Die Vorgeschichte

Am 18. Januar 1919 – dem Jahrestag der deutschen Kaiserproklamation in Versailles 1871 - war im französischen Außenministerium die Friedenskonferenz eröffnet worden, die den Ersten Weltkrieg beenden sollte. Tausende Delegierte und Lobbyisten bevölkerten in dieser Zeit Paris, die wichtigsten Verhandlungen fanden aber in zahlreichen Ausschüssen und vor allem im Kreis der „Großen Vier“ statt. Dazu gehörten der französische Ministerpräsident Georges Clemenceau, der amerikanische Präsident Woodrow Wilson, der britische Premierminister David Lloyd George und der italienische Ministerpräsident Vittorio Orlando. Ursprünglich trug die Versammlung den Charakter einer Vorkonferenz, auf die Verhandlungen mit den geschlagenen Mittelmächten folgen sollten. Bereits die Verhandlungen der Siegermächte untereinander erwiesen sich allerdings als so kompliziert, dass das mühsam erzielte Ergebnis dem deutschen Außenminister Ulrich Graf Brockdorff- Rantzau und seiner Delegation am 7. Mai 1919 als fertig ausgearbeiteter Text überreicht wurde, zu dem nur schriftliche Stellungnahmen und diese nur innerhalb kürzester Frist zugestanden wurden. Die deutsche Seite war davon ausgegangen, Anspruch auf einen Friedensschluss zu den von Präsident Wilson in seiner Rede vor dem Kongress am 8. Januar 1918 skizzierten, moderaten Bedingungen („14 Punkte“) zu haben, die schon das deutsche Waffenstillstandsgesuch vom Oktober 1918 zur Grundlage genommen hatte. So trafen am 7. Mai 1919 bei der feierlichen Übergabe im Saal des Hotels Trianon Palace in Versailles völlig unterschiedliche Auffassungen aufeinander. Während Clemenceau in einer schnörkellosen und unerbittlichen Ansprache feststellte, dass nun der Moment gekommen sei, Rechnungen für das erlittene Unrecht zu begleichen, wies Brockdorff-Rantzau in seiner Erwiderung die alleinige Schuld Deutschlands am Ausbruch des Kriegs von sich und hielt dem Vorwurf deutscher Kriegsverbrechen die schrecklichen Auswirkungen der nach deutscher Auffassung völkerrechtswidrigen Seeblockade der Alliierten entgegen.


Die Unterzeichnung am 28. Juni 1919

Die Unterzeichnung des Friedensvertrags mit Deutschland fand am historischen Ort der Kaiserproklamation von 1871 statt und am Jahrestag der Ermordung des österreichischen Thronfolgers 1914. (Mit Österreich, Ungarn, Bulgarien und der Türkei wurden separate Verträge geschlossen.) Ob Deutschland überhaupt unterzeichnen sollte, war in der Regierung höchst umstritten. Die Friedensbedingungen wurden in Deutschland als niederschmetternd empfunden: Anerkennung der alleinigen Kriegsschuld durch Deutschland, Aufgabe seiner Kolonien und weitgehende Gebietsabtretungen, Anklage Wilhelms II. und weiterer Personen vor einem alliierten Tribunal, Verbot des Zusammenschlusses von Deutsch-Österreich und Deutschland, Beschränkung des deutschen Heeres auf künftig 100.000 Mann, Räumung und alliierte Besetzung des linken Rheinufers, Reparationen von anfänglich 20 Mrd. Goldmark, deren Gesamtsumme später von einer Reparationskommission festgelegt werden sollte. In Deutschland hatte sich seit dem Waffenstillstand vom 11. November 1918 die Vorstellung, Anspruch auf einen milden „Wilson-Frieden“ zu haben, nachgerade zur fixen Idee entwickelt. Man setzte allzu große Hoffnungen auf die „14 Punkte“ des amerikanischen Präsidenten. Es waren starke Emotionen mit im Spiel. In der nüchternen Rückschau kommen heutige Historiker überwiegend zu dem Schluss, dass es sich zwar um einen harten Frieden gehandelt habe, aber nicht um einen „karthagischen“. Das heißt, anders als bei den antiken Kontrahenten Rom und Karthago sei damals die Auslöschung des Gegners nicht das Ziel gewesen. Es habe durchaus Entwicklungsperspektiven für die deutsche Seite gegeben, etwa durch die für einen späteren Zeitpunkt in Aussicht gestellte Möglichkeit des Beitritts zum Völkerbund, dem großen Projekt Wilsons, mit dem Kriege künftig verhindert werden sollten. In Bezug auf Artikel 231, der Deutschland und seinen Verbündeten die alleinige Verantwortung für den Kriegsausbruch zuwies, fehlt in kaum einer modernen Publikation der Hinweis, dass dies nicht als moralisches Verdikt gedacht gewesen sei, sondern als juristische Begründung für den Anspruch auf Reparationen.

Manches konnte auch schlicht nicht umgesetzt werden. Wilhelm II. etwa verbrachte den Rest seines Lebens unbehelligt im Exil; die Niederlande verweigerten seine Auslieferung.

Angesichts fehlender Alternativen und der Gefahr eines alliierten Einmarschs in Deutschland stimmte die Nationalversammlung in Weimar schließlich dem Vertrag in einer im Wesentlichen unveränderten Fassung zu. Anstelle des aus Protest zurückgetretenen Brockdorff-Rantzau reiste der neue Außenminister Hermann Müller, gemeinsam mit Verkehrs- und Kolonialminister Johannes Bell nach Versailles zur Unterzeichnung. Vertragssprachen waren ausschließlich Englisch und Französisch.


Der Versailler Vertrag im Zweiten Weltkrieg

Das Politische Archiv des Auswärtigen Amts besitzt die offizielle für Deutschland bestimmte beglaubigte Kopie des Vertrags, aus der auch die hier gezeigten Aufnahmen stammen. Die Unterschriften der Vertreter der Vertragsparteien sind nur im Druck wiedergegeben; der einzige originale Schriftzug ist der des französischen Außenministers Stéphen Pichon im Beglaubigungsvermerk. Wie noch heute bei multilateralen Verträgen üblich, wurde nur ein einziges Originalexemplar unterzeichnet und einem Verwahrer, in diesem Fall der französischen Regierung, anvertraut. Dieses Original ist jedoch seit dem Zweiten Weltkrieg verschollen. Als die deutschen Truppen 1940 in Paris einmarschierten, wurde dabei auch Jagd auf wichtiges Aktenmaterial gemacht. Die vorher aus dem Quai d’Orsay an vermeintlich sichere Orte verbrachten Akten des französischen Außenministeriums fand man auf Grund detaillierter Angaben auf einer Karte, die in einer Pförtnerloge des Ministeriums zurückgeblieben war. Unter den aufgefundenen Dokumenten befand sich auch das Original des Versailler Vertrags. Es wurde nach Berlin verbracht und lag dort im Panzerschrank des Außenministers Joachim von Ribbentrop. Es ist nicht bekannt, was letztlich damit geschah.


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Über das hier dargestellte besondere Dokument wird in der Rubrik Regest und Formalbeschreibung informiert. Hier ist die Seite eins der französischen Fassung zu sehen.
Erste Seite des Vertrags von Versailles, französische Fassung, Archivsignatur: PA AA, MULT R, 282-258 © AA
Regest und Formalbeschreibung

Paris, 1919 Juni 28

Beglaubigte Kopie des Friedensvertrags von Versailles zwischen den alliierten und assoziierten Mächten einerseits und Deutschland andererseits

Archivsignatur: PAAA MULTR 282-258

Beglaubigte Kopie, Papier, Einband Leinen vermutlich späteren Datums, Maße geöffnet horizontal 70 cm, vertikal 45,5 cm, tief 5 cm. 448 Seiten, Druck, kein Titelblatt

Der Inhalt dieser Präsentation steht unter einer Creative-Commons-Lizenz: CC BY-NC-ND 3.0 DE


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