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Job und besseres Leben – Recycling sei dank
Es gibt wenige Menschen, die sich gerne neben einem Müllcontainer oder einer Mülltonne fotografieren lassen. Slobodan Lapčević und Ljubica Todorović posieren gern in diesem Umfeld. Und das aus gutem Grund.
Es gibt wenige Menschen, die sich gerne neben einem Müllcontainer oder einer Mülltonne fotografieren lassen. Slobodan Lapčević und Ljubica Todorović posieren gern in diesem Umfeld. Und das aus gutem Grund.
Slobodan Lapčević hat 2005 im Kommunalunternehmen Kruševac (JKP) als Lagerarbeiter begonnen. Heute leitet er dort die Abteilung „Čistoća“ (Sauberkeit). Wie es dazu kam, wird bereits nach den ersten Gesprächsminuten mit Slobodan Lapčević klar. Die Angaben darüber, was die 109 Mitarbeiter der Abteilung „Čistoća“ tun, schüttelt er nur so aus dem Ärmel. Läuft man mit ihm durch die Straßen von Kruševac, zeigt sich, dass er die meisten sogar namentlich kennt.
Die Abteilung „Čistoća“ des Kommunalunternehmens Kruševac ist zuständig für öffentliche Sauberkeit sowie Abholung, Transport und Entsorgung von Haushaltsabfällen. Das Unternehmen entsorgt den Abfall von 80 Prozent der Bevölkerung in Kruševac und 101 Orten der Umgebung. Seit längerem wird die Abteilung „Čistoća“ mehr gelobt als kritisiert. Slobodan Lapčević ist besonders stolz auf das Projekt „Einführung der Abfalltrennung von festem Kommunalabfall vor Ort“, das die Abteilung „Čistoća“ mit Unterstützung der Gemeindeverwaltung und finanzieller sowie fachlicher Unterstützung der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) durchführt.
Die Umsetzung dieses Projektes in der Siedlung Bagdala 1 in Kruševac zog gleich zu Beginn über die Gemeindegrenzen hinaus die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich. Als die ersten Mülltonnen und Recyclinggut-Säcke unentgeltlich verteilt wurden, versammelten sich die Bürger so zahlreich um den Stand, dass es zu einem Gedränge kam, wie man es sonst nur aus Einkaufszentren kennt. Von insgesamt 418 der von der GIZ bereitgestellten Mülltonnen wurden innerhalb einer Stunde bereits 161 verteilt. Die GIZ spendete auch zehn Recycling-Container, ein Ladefahrzeug zum Transport des getrennten Abfalls und eine Sortieranlage für das Recyclingzentrum.
„Das Interesse der Bürger war wirklich enorm, während die Reaktionen in der Vorbereitungsphase nicht gerade ermutigend waren. Die Menschen hatten Bedenken, den Vertrag über den Erhalt der Mülltonne zu unterschreiben. Davor hatten sie mehr Angst als vor der eigentlichen Mülltrennung. Aus diesem Grund sind wir Monate vorher von Haus zu Haus gegangen, haben mit den Leuten geredet, Informationshefte über das Recyclingsystem und Verträge verteilt, damit die Menschen Gelegenheit hatten, sie in Ruhe durchzulesen“, erklärt Lapčević.
Ganz im Sinne des alten serbischen Sprichworts „Stein auf Stein ergibt einen Palast, Korn um Korn ergibt ein Brot“ hat die erfolgreiche Zusammenarbeit in der Siedlung Bagdala 1 den Anstoß gegeben, dass sich die Bürger bald ganz von selbst bei der Abteilung „Čistoća“ meldeten, um am Projekt teilzunehmen. „Die Bürger motiviert hauptsächlich die ansonsten hohen Anschaffungskosten für eine qualitativ hochwertige Mülltonne. Andererseits sind auch wir zufrieden, da 95 % des sortierten Materials in den richtigen Containern landet“, sagt unser Gesprächspartner abschließend und fügt hinzu, dass Kruševac letztlich noch zusätzliche 350 Mülltonnen und 80 Recycling-Container für Plastikmüll erhalten habe, die mit den restlichen 160 Recycling-Containern in den Stadtteilen aufgestellt werden, in denen sich Hochhäuser, Schulen, Kindergärten, Restaurants etc. befinden.
Der Anteil der Bewohner der Siedlung Bagdala 1 an der Gesamtbevölkerung von Kruševac, einer Stadt, die mit allen umliegenden Gemeinden 131.000 Einwohner zählt, ist zu gering, als dass die positiven Effekte der Mülltrennung vor Ort deutlich spürbar wären. Dennoch haben die in dieser Siedlung begonnenen Maßnahmen dazu beigetragen, dass Recycling Bestandteil des Abfallmanagements in Kruševac wird. “Die Menge des Recycling-Guts in unserem bereits 2005 gegründeten Recyclingzentrum wächst ständig. Wir werden sozusagen überhäuft, wir können das alles gar nicht mehr sortieren. Davon konnten sich auch unsere Partner aus der GIZ bei ihrem Besuch in Kruševac überzeugen. Aus diesem Grund werden wir im nächsten Monat zusätzliche Ausrüstung in einem Gesamtwert von rund 50.000 Euro und Unterstützung beim Bau einer Überdachung im Wert von 29.000 Euro erhalten. Das wirkt sich natürlich auch positiv auf die Zusammenarbeit mit den informellen Sammlern von Recycling-Gut aus„, erklärt Lapčević.
Die Einbindung der informellen Sammler von Recyclingmüll in ein geregeltes Abfallmanagementsystem ist wahrscheinlich eine der schwierigsten Aufgaben in diesem Prozess. Aber sie ist außerordentlich wichtig für ein effizientes Ressourcenmanagement und den Aufbau einer Kreislaufwirtschaft, die wiederum für wirtschaftliches Wachstum und neue Arbeitsplätze sorgen.
Für Ljubica Todorović ist diese Erklärung wahrscheinlich nicht so wichtig. Ungemein wichtig ist für sie jedoch, wie sie selbst sagt, dass sie nun „besser lebt, leichter und dass sie nicht mehr so viel Angst hat“.
Die alleinerziehende Mutter war über 20 Jahre im Schlachthof „22. Juli“ beschäftigt. Als die Firma Konkurs anmeldete, verlor sie ihren Arbeitsplatz. „Ich habe jede Arbeit angenommen, die sich bot - Hauptsache, ich hatte Arbeit und konnte ein bisschen Geld verdienen. Dazu gehörte auch das Sammeln von Flaschen und Pappkartons, ich habe eben alles gesammelt, was sich verkaufen lässt“, sagt Ljubica, die wir an diesem Regentag im Zentrum von Kruševac mit einem Besen in der einen Hand und einer Tonne in der anderen antreffen.
Nach zwei Jahren der Zusammenarbeit hat die Abteilung „Čistoća“ ihren hohen Einsatz bemerkt und ihr eine Stelle angeboten. Ljubica fegt jetzt die Straßen von Kruševac und bezieht ein geregeltes Einkommen. Recycling-Gut sammelt sie noch immer. „Mein Chef hat gesagt, ich kann damit außerhalb der Arbeitszeit weitermachen. Er hat mir erlaubt, an die Abfalltonne einen Plastiksack zu befestigen und den Recyclingmüll einzusammeln, der sich außerhalb der Container befindet. Den nehme ich dann mit nach Hause und sortiere ihn auf meinem Hof. Ich rufe meine Kollegen an, und die kommen dann, um den Abfall abzuholen. Das ist viel besser, als der direkte Verkauf an Privatunternehmer, denn hier kann ich das Gewicht überprüfen und erhalte sogar eine Quittung“, erklärt Ljubica, die trotz des schlechten Wetters ein breites Lächeln im Gesicht trägt. Während sie sich auf den Weg macht, den Griff der Tonne schon in der Hand, fügt sie etwas schüchtern hinzu: „Mein Chef hat mich gerettet!“. „Deine Arbeit hat Dich gerettet“, erwidert Lapčević daraufmit ernstem Gesicht.