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Laudatio anlässlich der Verleihung des „Verdienstkreuzes am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland“ an Honorarkonsul Dietmar Czernich, September 2021
Sehr geehrter Herr Landeshauptmann,
verehrter Herr Professor Czernich,
meine Damen und Herren,
lassen Sie mich kurz dies vorab sagen: Ich bin schon sehr beeindruckt, welch erlesene Versammlung ich vor mir finde. Ich werte das nicht nur als Wertschätzung für den Mann, der heute im Mittelpunkt steht, nämlich Honorarkonsul Dietmar Czernich, sondern sehe es auch als Ehre für die Bundesrepublik Deutschland, dass Sie heute gekommen sind. Danke.
In diesem Monat vor 70 Jahren hat die Bundesrepublik Deutschland einen Orden gestiftet, das Bundesverdienstkreuz. Das war zwei Jahre nach Gründung des westdeutschen Staates keine Selbstverständlichkeit; der Nationalsozialismus und der Krieg hatten den Deutschen den Appetit auf Orden, Pomp und Ehrenzeichen verdorben. Bundespräsident Theodor Heuss wählte daher den ersten Empfänger sorgfältig: Es war ein Bergmann, der bei einem Grubenunglück zwei Kumpeln das Leben gerettet und in dem überflutenden Flöz dabei sein eigenes riskiert hatte.
Lieber Dietmar, Du hast einen weniger riskanten Beruf als den des Bergmanns gewählt. Du hast in Innsbruck und Tübingen Jura studiert und wurdest 1995 hier promoviert. Nach Deiner Anwaltsausbildung in Wien und der Prüfung hast Du 1999 mit zwei Freunden in Innsbruck eine Kanzlei eröffnet, die sich auf Wirtschaftsrecht spezialisierte. Heute ist die CHG Czernich Rechtsanwälte die größte Wirtschaftskanzlei im Westen der Republik.
Damit könnte man Deinen beruflichen Erfolg würdigen und abhaken, würde aber dem Geheimnis Deiner Stärke nicht auf die Spur kommen. Denn das liegt - neben Deinen intellektuellen und fachlichen Qualitäten - vermutlich in Deiner Freude begründet, Dich zwischen den Welten zu bewegen. Du hast nicht nur Recht studiert, sondern auch Politik. Du hast nicht nur in Österreich studiert, sondern auch in Deutschland. Du bist nicht nur zu Forschung in die USA gegangen, sondern hast dort gleich auch noch gearbeitet. Du hast nicht nur als Anwalt gearbeitet, sondern zugleich wissenschaftlich. Über nichts davon verlierst Du viele Worte, aber ich bin mir sicher, dass diese Schnittstellenfähigkeit den Unterschied macht.
Und diese Fähigkeit liegt vermutlich auch in Deinen Wurzeln begründet. Deine Eltern stammen aus Österreich und aus Schwaben, und beide haben wiederum Wurzeln in verschiedenen Teilen dessen, was wir salopp als „KuK“ erinnern. Ich kann mich noch gut erinnern, als wir uns das erste Mal trafen; ich staunte nicht schlecht darüber, wie Du schwäbelst. Das war das erste Gespräch mit einem unserer fünf Honorarkonsuln in Österreich, aus einem weiteren möchte ich kurz erzählen.
Ich suchte einen neuen Honorarkonsul in einem anderen Bundesland und bat Dietmar Czernich um Rat, ob er dort jemanden empfehlen könne. Er fragte: was brauchst Du denn so in etwa? Ich überlegte kurz und sagte: eigentlich noch so einen wie Dich.
Denn eigentlich ist Dietmar Czernich als Honorarkonsul perfekt. Das aufwändige Konsulargeschäft erledigt er mit seinem Team unaufgeregt und verlässlich, er hat einen klaren Blick auf die aktuelle Lage in seinem Land, er ist bestens vernetzt, hat gute Ideen - und er steht seinen Mann, wenn man ihn braucht. Und das, mein Lieber, war in den vergangenen 18 Monaten häufiger der Fall als uns allen lieb war.
Die Pandemie hat uns alle getroffen, und das deutsch-österreichische Verhältnis war da keine Ausnahme. Jede der drei ersten Wellen hat auch unsere Freundschaft und Nachbarschaft auf die Probe gestellt, erst war es die Quarantäne, dann die Reisewarnungen, dann die Grenzsperren. Ich erspare uns die Einzelheiten, daran hat jeder seine eigenen Erinnerungen. Zusammengefasst würde ich sagen: wir haben alle noch einmal sehr deutlich gemerkt, wie eng wir verknüpft sind, und dass das Handeln aber auch das Nichthandeln des einen immer auch Konsequenzen für den anderen hat - und umgekehrt, versteht sich.
Herr Landeshauptmann, auch wir hatten in diesen Phasen immer wieder miteinander zu tun, ich war öfters bei Ihnen, wir haben gesimst und telefoniert, nach manchen Gesprächen hätten wir wohl beide einen Schnaps nötig gehabt, ich würde mich freuen, wenn wir das bei Gelegenheit nachholen. Ich danke Ihnen dafür, dass der Gesprächsfaden nie abriss. Ich glaube, wir wussten beide immer, woran wir beim anderen sind, wo der Schuh drückte, was nervte, aber auch, wie es vielleicht weiter gehen könnte. Und ich bin zuversichtlich, dass wir alle einiges gelernt haben.
Dass wir das geschafft haben, verdanken wir alle auch Dietmar Czernich. Ich erinnere nur daran, wie der deutsche Honorarkonsul an einem Samstag nach Ablauf der ersten Quarantänefrist an den Bushaltestellen im Paznauntal stand und dabei half, insgesamt knapp 500 deutsche Saisonarbeiter nach Hause zu bringen. Solche Operationen zur Rettung meiner Landsleute hätte ich bis dahin eher in exotischen Weltgegenden angesiedelt, aber nicht im schönen Tirol.
Wir haben in den Pandemiemonaten unheimlich oft geredet, auf Dein Judiz und Deinen Rat konnte ich mich immer verlassen. Dabei hat sich erwiesen, dass Du nicht nur ein sehr guter Honorarkonsul Deutschlands bist, sondern auch ein exzellenter Anwalt Deiner Heimat Tirol. Du hast mir viel über Land und Leute erklärt, eindringlich und beharrlich, dafür danke ich Dir.
Und nicht nur das: Du hast mir immer geholfen, hier im Gespräch zu bleiben - nicht nur mit dem Landeshauptmann, auch mit vielen von Ihnen, die ich zum Glück versammelt sehe. Ich weiß nicht, ob ich den einen oder die andere gelegentlich mit meinen Argumenten erreichen konnte - aber ich versichere Ihnen: ich habe von Ihnen viel gelernt, und ich bin dankbar, dass Sue sich die Mühe gemacht haben, mit mir zu reden.
Miteinander im Gespräch zu bleiben, ist die wichtigste Voraussetzung zur gemeinsamen Lösung von Problemen, das ist das eins plus eins der Diplomatie. Wie wichtig diese Diplomatie ist, habe ich dank Corona sehr praktisch erlebt. Und wichtig ein Honorarkonsul sein kann, hast Du durch Deine Arbeit und Präsenz lehrbuchartig exemplifiziert.
Dass Du das so effektiv und überzeugend tust, verdankt sich vielem. Ich würde an erster Stelle Dr. Sabine Wallentin nennen, Deine Frau. Ich habe selbst erlebt, wie intensiv sie an Deinem Wirken teilnimmt und Dich intellektuell und menschlich stützt. Danke dafür, liebe Sabine!
Aber es geht nicht nur um Fähigkeiten, sondern auch um Überzeugungen: Du bist auch ein echter Freund Deutschlands. Als Honorarkonsul hilfst Du bei der Wahrung der Interessen Deutschlands und der Deutschen in Tirol. Und Du pflegst und vertiefst die Beziehungen und die Freundschaft zwischen unseren Völkern.
Aber es gibt noch eine dritte Ebene der gemeinsamen Arbeit, und es freut mich, dabei einen leidenschaftlichen Mitstreiter gefunden zu haben: der gemeinsame Bau am Haus Europa. Die EU hat keine leichte Zeit, ihre Fehler werden spitz notiert, ihre Erfolge eher beiläufig konsumiert. Die Zukunft der EU ist nicht gesichert, wenn wir uns nicht alle dafür einsetzen. Dazu müssen zwei Schlüsselstaaten wie Deutschland und Österreich an einem Strang ziehen. Lieber Dietmar, der europäische Geist, der brennt in Dir und gibt Dir Kraft.
Damit komme ich am Ende noch einmal auf den Stifter dieses Ordens zurück. Warum es einen Bundesverdienstkreuz braucht, darauf gab Präsident Theodor Heuss 1951 eine einfache Antwort: „Ein Staat muss Danke sagen können“. Lieber Dietmar, Du hast Dich in besonderer Weise um die Bundesrepublik Deutschland und um die deutsch-Österreichischen Beziehungen verdient gemacht - und ich bin mir sicher, dass Du dabei nicht nachlassen wirst. Dafür sage ich heute als Deutscher Botschafter Danke.