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Zukunftsregion Südostasien: Zwischen gefährlichen Spannungen im Süd­chinesischen Meer und Chancen im wirtschaftlichen “Powerhouse” der Welt

Außenministerin Baerbock und ihr malaysischer Amtskollege Mohamad Hassan sitzen nebeneinander, Flaggen der beiden Länder zwischen sich auf einem Tisch, und unterhalten sich

Außenministerin Baerbock mit ihrem malaysischen Amtskollegen Mohamad Hassan in Kuala Lumpur, © photothek.de

10.01.2024 - Artikel

Südostasien strotzt nur so vor wirtschaftlicher Dynamik. Für die deutsche Wirtschaft bieten sich hier enorme Chancen. Gleichzeitig führen Gebietsstreitigkeiten im Südchinesischen Meer zu Spannungen. Was bei der Reise von Außenministerin Baerbock in die Region wichtig wird, erfahren Sie hier.

Mit den Philippinen, Malaysia und Singapur besucht Außenministerin Annalena Baerbock wichtige Partner Deutschlands in der Zukunftsregion Indopazifik. Schon heute ist ASEAN, der Verbund Südostasiatischer Nationen, der drittgrößte Handelspartner der EU. Diese Länder gewinnen als Investitionsstandorte und Märkte an Bedeutung und sind damit auch Schlüssel, um Abhängigkeiten bei Lieferketten abzubauen, etwa bei Halbleitern. Damit ist diese Reise auch ein wichtiges Puzzlestück, um die Ziele der Indopazifik-Leitlinien und der China-Strategie mit Leben zu füllen.

Dazu unterstrich Außenministerin Baerbock:

Mehr als 10.000 Kilometer sind die ASEAN-Staaten entfernt. Und doch ist bis nach Europa zu spüren, wie sehr Südostasien vor wirtschaftlicher Dynamik strotzt, welche strategische Bedeutung diese Region hat. Denn sie liegt im Epizentrum des globalen Wachstums – und ringt gleichzeitig mit dem immer raueren politischen Wind, der der regelbasierten internationalen Ordnung im Südchinesischen Meer entgegenweht.

Gefährliche Spannungen im Süd­chinesischen Meer

Es gibt schon seit Jahrzehnten Gebietsstreitigkeiten zwischen den Anrainerstaaten des Südchinesischen Meeres, also China, Vietnam, Malaysia, Brunei und den Philippinen. Eigentlich gibt UNCLOS, das UN-Seerechtsübereinkommen, klare Regeln vor, die für alle gelten. Diese Regeln geraten aber immer mehr unter Druck. China tritt zunehmend offensiv auf. Es stellt Ansprüche auf umfangreiche Seegebiete teils bis vor die Küsten der anderen Anrainerländer. Und das obwohl 2016 das internationale Schiedsgericht in Den Haag entschied, dass solche Ansprüche nicht vom Völkerrecht gedeckt sind. Die Lage hat sich im vergangenen Jahr deutlich zugespitzt. Die chinesische Küstenwache setzte gegen philippinische Boote innerhalb der philippinischen ausschließlichen Wirtschaftszone unter anderem Laser und Wasserkanonen ein, legte Barrieren mit Bojen und führte Blend- und Abdrängmanöver durch.

Solche Vorfälle führen vor Augen, wie leicht die Freiheit der Seewege und die Sicherheit von Lieferketten in Gefahr geraten können - mit Auswirkungen auf die globale Wirtschaftsentwicklung und damit auch Europa. Denn durch das Südchinesische Meer, ein Meeresgebiet fast zehnmal groß wie Deutschland, fließt ungefähr ein Drittel des globalen Seehandels.

Deutschland verbinden mit Südostasien nicht nur enge wirtschaftliche Beziehungen. Uns verbindet auch, dass wir gemeinsam Flagge für klare Regeln im Miteinander der Staaten zeigen.
– Außenministerin Baerbock

Deutschland setzt sich gemeinsam mit den südostasiatischen Partnern für eine friedliche Streitbeilegung auf der Basis des Völkerrechts ein und baut die sicherheitspolitische Kooperation in Südostasien aus. Auch darüber wird Außenministerin Baerbock vor Ort sprechen.

Philippinen: südostasiatischer Inselstaat, mit dem die bilateralen Beziehungen wieder Fahrt aufnehmen

Die Philippinen sind ein südostasiatischer Inselstaat am westlichen Rand des Pazifischen Ozeans mit ca. 114 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern, das Land hat über 7.600 Inseln. Präsident Ferdinand Marcos, der seit 30.06.2022 im Amt ist, hat zuletzt beherzt Reformen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft angestoßen, die eine gute Grundlage für die Zusammenarbeit sind.

Außenministerin Baerbock steht lachend zwischen der Journalistin und Friedensnobelpreisträgerin Maria Ressa und der ehemaligen Senatorin Leila de Lima
Außenministerin Baerbock trifft die Journalistin und Friedensnobelpreisträgerin Maria Ressa und die ehemalige Senatorin Leila de Lima auf den Philippinen © Dominik Butzmann/AA/photothek.de

Die Außenministerin wird mit der Journalistin und Friedensnobelpreisträgerin Maria Ressa und der ehemaligen Senatorin Leila de Lima über den aktuellen Zustand von Pressefreiheit, Menschenrechten und Demokratie in den Philippinen sprechen. Ressa und de Lima hatten Machtmissbrauch und wachsenden Autoritarismus unter dem damaligen Präsidenten Duterte kritisiert und wurden erst im November 2023 nach fast 7 Jahren Untersuchungshaft auf Kaution freigelassen.

Im Gespräch mit ihrem Amtskollegen Enrique Manalo wird sich die Außenministerin unter anderem zum großen Potenzial bei der wirtschaftlichen Zusammenarbeit austauschen. Ein Beispiel ist die Fachkräfteeinwanderung. Hier möchte Deutschland die Kooperation mit den Philippinen ausbauen, die Ministerin wird auch die die staatliche Berufsbildungsagentur TESDA besuchen. Dazu unterstrich die Ministerin:

Großes Potenzial birgt auch die Kooperation unserer Fachkräfte. Tausende philippinische Pflegekräfte leisten schon heute in Deutschland unverzichtbare Arbeit. Zu erfahren, wie wir weiter voneinander lernen und unsere Zusammenarbeit ausbauen können, ist mir ein wichtiges Anliegen.

Malaysia – wichtigster Handelspartner Deutschlands in Südostasien

Malaysia ist Deutschlands wichtigster Handelspartner in ASEAN. Über 700 deutsche Unternehmen sind hier ansässig. Gemeinsame Interessen bestehen auch im Bereich der grünen Transition. Malaysia will trotz eigener Öl- und Gasreserven zu einem Zentrum für erneuerbare Energien in Südostasien werden. Bei den Gesprächen der Außenministerin mit Ministerpräsident Anwar Ibrahim und dem neu ernannten Außenminister Mohamad Hassan steht der Ausbau der politischen und wirtschaftlichen Zusammenarbeit im Mittelpunkt.

Die Außenministerin betonte in diesem Zusammenhang:

Malaysia ist unser wichtigster Handelspartner in Südostasien, seit vielen Jahren ein bedeutender Investitionsstandort für deutsche Unternehmen, ein Zukunftsmotor für die so notwendige Diversifizierung von Lieferketten. Gleichzeitig ist es mir wichtig, den Blick eines mehrheitlich muslimisch geprägten Landes auf den Krieg im Nahen Osten besser zu verstehen – und auch für unsere Sichtweise zu werben.

Dazu trifft sich die Ministerin zu einer Gesprächsrunde mit Vertreterinnen der islamischen Organisationen Sisters in Islam, ABIM und IKRAM. Dabei wird vor allem auch die Rolle der Frau in der insbesondere im Bereich des Familienrechts von der Scharia geprägten muslimischen Gemeinschaft gehen.

Singapur: Knotenpunkt der globalen Infrastruktur und globales Finanz- und Handels­zentrum

Mit einer Gesamtfläche von 726 km² ist Singapur kleiner als Berlin (892 km), aber mit einem Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt von 82.808 US-Dollar im Jahr 2022 das reichste Land Südostasiens. Grundlage dessen sind u.a. der Hafen, der nach Shanghai der zweitgrößte Containerhafen der Welt ist. Für die ca. 2.200 deutschen Unternehmen ist Singapur ein sehr attraktiver Standort der Region.

Singapur ist nicht nur wirtschaftlich ein Schlüsselpartner in Südostasien. Es besteht auch eine große politische Übereinstimmung, beispielsweise bei der Haltung zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, zur Lage im Nahen Osten und in der Klimapolitik. Als einziger Staat in der Region erließ Singapur im Zuge des Angriffskriegs gegen die Ukraine Sanktionen gegen Russland. Wie wir setzt Singapur auf eine regelbasierte internationale Ordnung und das multilaterales System.

Dazu sagte Außenministerin Baerbock:

Als Knotenpunkt der globalen Infrastruktur, von der eine Exportwirtschaft wie die deutsche abhängt, ist Singapur ein Tor in die Welt. Dort treffen sich aber auch unterschiedliche Kulturen und Ideen. Mit seiner Weltoffenheit und seinen engen Beziehungen zu China ist der Stadtstaat ein Brückenbauer von unschätzbarem Wert.

Die Ministerin spricht vor Ort mit ihrem Amtskollegen Außenminister Balakrishnan.

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