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Engagement für einen Wandel in Russland und Belarus
Runder Tisch mit belarusischen Kulturschaffenden im Exil, © Henning Schacht
Mit den Runden Tischen des zentralen Ansprechpartners der Bundesregierung für die belarusische und russische demokratische Zivilgesellschaft im Ausland sind wir mit Aktivistinnen und Aktivisten im Exil im Dialog.
Aliaksei Paluyan ist ein belarusischer Regisseur und Drehbuchautor. Als im Spätsommer 2020 die Menschen in Belarus auf die Straße gingen, um gegen die offensichtlichen Wahlfälschungen von Machthaber Aliaksandr Lukaschenka zu protestieren, war er mit seinem Kamerateam live dabei. Als die Proteste brutal niedergeschlagen wurden, flüchtete er zurück nach Deutschland, wo er studiert hatte. Eine Rückkehr in seine Heimat ist aktuell für ihn undenkbar – es drohen Haft und Verfolgung. Mindestens sechs politische Gefangene sind seit den gefälschten Wahlen ums Leben gekommen, mehr als 1400 Belarusinnen und Belarusen gelten weiterhin als politisch inhaftiert.
Auch in Russland hat die Repression beinahe allumfassende Züge angenommen. Ein öffentliches Eintreten gegen den Krieg kann zu langen Haftstrafen führen. Oleg Orlow etwa wurde zu 30 Monaten Lagerhaft verurteilt, bevor er im Rahmen des Gefangenenaustauschs im August 2024 freikam. Er war Leiter des Rechtszentrums der Menschenrechtsorganisation Memorial, die 2022 den Friedensnobelpreis erhielt und bereits kurz zuvor offiziell aufgelöst worden war. Aber auch der Tod Alexej Nawalnys unter mindestens stark gesundheitsgefährdenden Haftbedingungen sowie die drakonischen Strafen gegen Aktivisten und Oppositionelle insgesamt zeigen, wie sehr Russland gegen Dissens und unabhängige Stimmen vorgeht.
Viele Russinnen und Russen und Belarusinnen und Belarusen mussten aufgrund dieser Unterdrückung ins Ausland fliehen. Aus Russland reisten Aktivistinnen und Aktivisten nach Georgien, in die Türkei oder zentralasiatische Länder aus, aus Belarus vornehmlich nach Polen und ins Baltikum. Doch auch in Deutschland brachten sich diese mutigen Menschen in Sicherheit, oftmals verbunden mit dem Anspruch, von hier aus für Demokratie und Meinungsfreiheit in ihrer Heimat einzutreten. Das Engagement ist dabei vielschichtig: Bloggerinnen und Blogger, Journalistinnen und Journalisten sowie Youtuberinnen und Youtuber tragen zum Meinungspluralismus bei. Expertinnen und Experten unterstützen mit ihren Analysen auch die Politikgestaltung in Deutschland und der EU. Kulturschaffende verarbeiten mit ihren Werken die kollektiven Erfahrungen ihrer Generation. Und Oppositionelle suchen nach Ansatzpunkten für ein Russland und ein Belarus der Zukunft.
Denn wie uns der völkerrechtswidrige russische Angriffskrieg gegen die Ukraine erneut bitter vor Augen führt: Autokratische Regime sind eine unmittelbare Bedrohung für Frieden, Sicherheit und Stabilität unserer regelbasierten europäischen Friedensordnung. Es liegt daher in unserem eigenen strategischen Interesse, den Einsatz für Demokratie zu unterstützen.
Seit Robin Wagener, zentraler Ansprechpartner der Bundesregierung für die belarusische und russische demokratische Zivilgesellschaft im Ausland, im Frühjahr 2023 sein Amt antrat, hat er im Auswärtigen Amt einen intensiven Kontakt zu den wichtigsten russischen und belarusischen Exil-Akteuren aufgebaut – ob zu Sviatlana Tsikhanouskaya, Michail Chodorkowskij oder, nach seiner Freilassung, zu Wladimir Kara-Mursa. Neben diesen wichtigen Gesprächen organisierte er bereits mehrere so genannte Runde Tische mit Vertreterinnen und Vertretern der Exil-Zivilgesellschaft aus Russland und Belarus. Stets steht die Frage im Zentrum, wie wir die Menschen, die ihre russische oder belarusische Heimat verlassen mussten, am besten unterstützen können.
Anfangs bestand großer Bedarf an der Klärung aufenthaltsrechtlicher Fragen. Mittlerweile setzen die Runden Tische vermehrt eigene Themen. So diskutierte der Runde Tisch „Demokratisches Russland“ im Frühjahr 2024 die Lage von Frauenrechten und Rollenzuschreibungen in Russland. Bereits Anfang des Jahres fokussierte sich der Runde Tisch Belarus, der gemeinsam mit der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Bundeskanzleramt stattfand, auf die Situation belarusischer Kulturschaffender.
Hier kommen wir wieder zu Aliaksei Paluyan und seinem Film „Courage“ zurück. Denn der umtriebige Filmemacher war auch einer der Ideengeber für den Kulturschwerpunkt des Runden Tisches Belarus, in dessen Rahmen die Bedürfnisse der Zivilgesellschaft angesprochen und konkrete Vorhaben diskutiert wurden. Ein Vorhaben erhielt im Rahmen der Berlinale viel Scheinwerferlicht: Aliaksei und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter der Belarusian Independent Film Academy (BIFA) organisierten dort die Verleihung eines belarusischen Filmpreises. Dieser „Red Heather“ erzeugte nicht nur Aufmerksamkeit für belarusische Filme, sondern sprach auch potenzielle Kooperationspartner und Filmförderer an. So inspirieren Exil-Aktivistinnen und Aktivisten nicht nur die Menschen in Belarus mit ihren Filmen, sondern tragen durch kritisches Denken auch zu einer demokratischen Transformation bei.