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Der 7. Kontinent: Die Antarktis

Emperor Penguin / Kaiserpinguin

Kaiserpinguine im Schneesturm, Dawson-Lambton-Gletscher, Antarktis / portfolio_pinguine, © picture alliance / imageBROKER - poelking, F.

13.12.2024 - Artikel

Die Antarktis hat entscheidenden Einfluss auf das Weltklima und die Meeresökosysteme. In mehr als 40 ganzjährig besetzten Forschungsstationen arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an Projekten von Routinemessungen bis zur Grundlagenforschung.

Die Antarktis ist der kälteste, trockenste und stürmischste aller Kontinente. Sie ist fast 40 mal so groß wie Deutschland und der einzige Erdteil ohne Bevölkerung. Auch im antarktischen Sommer (Dezember bis Februar) sind 99 Prozent der Antarktis mit Eis bedeckt, stellenweise bis nahezu 5000 Meter dick. Sie gilt als „natürliches Archiv“ für die Naturgeschichte der Erde und hat entscheidenden Einfluss auf das Weltklima und die über das Südpolarmeer verbundenen Meeresökosysteme. Diesen Zusammenhang betont die auf der Vertragsstaatenkonferenz 2023 angenommene „Helsinki Declaration on Climate Change and Antarctica“. Zahlreiche Staaten nutzen die Antarktis als „wissenschaftliches Freiluftlabor“, was unter anderem zur Entdeckung des Ozonlochs geführt hat.

Das Antarktis-Vertragssystem

Die Antarktis ist ein staatsfreies Gebiet und untersteht einem besonderen völkerrechtlichen Vertragssystem, das die internationalen Beziehungen auf diesem Kontinent und seine Nutzung durch die internationale Gemeinschaft regelt. Kern des Vertragssystems ist der Antarktisvertrag (AV) von 1959, der 1961 in Kraft trat. Diesem ist die Bundesrepublik Deutschland 1979 beigetreten. Der Antarktisvertrag gilt für das Gebiet südlich des 60. Grades südlicher Breite. Er lässt die Nutzung der Antarktis nur für friedliche Zwecke zu und verbietet ausdrücklich jede militärische Nutzung. Er gewährleistet die Freiheit der wissenschaftlichen Forschung und fördert zu diesem Zweck die internationale Zusammenarbeit. Er verbietet Atomtests und die Beseitigung radioaktiven Abfalls in der Antarktis. Die von 7 Mitgliedstaaten des Antarktisvertrags (Argentinien, Australien, Chile, Frankreich, Großbritannien, Neuseeland und Norwegen) auf Teile der Antarktis erhobenen Souveränitätsansprüche werden durch den Vertrag zwar offengelassen, jedoch für die Geltungszeit des Vertrages „eingefroren“ (vgl. Art. IV AV). Deutschland macht keine territorialen Ansprüche geltend. Die Laufzeit des Antarktisvertrags ist zeitlich nicht bestimmt.

Zum Antarktis-Vertragssystem gehören 4 Folgeverträge:

  1. das Übereinkommen zur Erhaltung der antarktischen Robben von 1972 (Convention for the Conservation of Antarctic Seals, CCAS),
  2. das Übereinkommen über die Erhaltung der lebenden Meeresschätze der Antarktis von 1980 (Convention on the Conservation of Antarctic Marine Living Ressources, CCAMLR),
  3. das von keinem Staat ratifizierte und nie in Kraft getretene Übereinkommen zur Regelung der Tätigkeiten im Zusammenhang mit mineralischen Ressourcen der Antarktis von 1988 (Convention on the Regulation of Antarctic Mineral Resource Activities) sowie
  4. das Umweltschutzprotokoll zum Antarktisvertrag von 1991 (Protocol on Environmental Protection to the Antarctic Treaty).

Im Rahmen der CAMLR Convention werden der Fischfang in antarktischen Gewässern reglementiert und die Schaffung eines umfassenden Netzwerkes von Meeresschutzgebieten um den Kontinent verfolgt.

Das Umweltschutzprotokoll setzt die schärfsten und umfangreichsten Umweltschutzregelungen um, die jemals für eine Region der Erde in einem internationalen Übereinkommen vereinbart wurden. Die Vertragsparteien müssen dafür sorgen, dass die Antarktis als Naturreservat belassen wird, das sie dem Frieden und der Wissenschaft gewidmet ist. Als solches muss sie für die künftigen Generationen geschützt werden. Kommerzieller Bergbau ist in der Antarktis verboten.

Ganz im Sinne der Gründerstaaten zielt das heutige Antarktis-Vertragssystem auf eine umfassende multilaterale Zusammenarbeit zur Erhaltung und weiteren Erforschung des Kontinents. In ihrer Pariser Erklärung vom 23. Juni 2021 - anlässlich des 60. Jahrestages des Inkrafttretens des Antarktisvertrags - haben die Vertragsstaaten diesen Anspruch auch mit Blick auf künftige Herausforderungen erneuter und zugleich die Bedeutung und Errungenschaften des Antarktisvertragssystems gewürdigt.

Die Konsultativtagungen der Antarktisvertragsstaaten

Das Steuerungsgremium des Antarktisvertrages und damit das Instrument für die Governance der Antarktis ist die jährlich stattfindende Konferenz der Vertragsstaaten mit Konsultativstatus (Antarctic Treaty Consultative Meeting, ATCM), den Staaten mit Stimmrecht nach Artikel IX AV. Diesen Status erhalten Vertragsstaaten, die ihm nach Inkrafttreten des AV beigetreten sind, wenn sie ihr besonderes Interesse an der Antarktis durch erhebliche wissenschaftliche Forschungstätigkeiten zum Ausdruck bringen. Zurzeit sind dies 29 der inzwischen 57 Vertragsstaaten, darunter auch Deutschland. Auf den Konsultativtagungen gilt das Konsensprinzip, das heißt Entscheidungen können nur im gemeinsamen Einvernehmen der stimmberechtigten Staaten getroffen werden. Das Auswärtige Amt vertritt in enger Abstimmung und Zusammenarbeit mit den betroffenen Fachressorts die deutschen Positionen. Die Konsultativtagungen finden jedes Jahr in einem anderen Vertragsstaat statt. Deutschland richtete zuletzt 2022 die 44. ATCM – unter dem Motto „From Science via Policy to Protection“ - aus.

Auf der Berliner Antarktiskonferenz beschlossen die Konsultativstaaten unter anderem, dem Thema Klimawandel künftig noch größere Aufmerksamkeit zu widmen. Dem 10. Bericht des Wissenschaftlichen Ausschusses für Antarktisforschung zu „Antarctic Climate Change and the Environment“ folgend, sehen die Vertragsstaaten dringenden Handlungsbedarf, um dauerhafte Schäden in der Antarktis sowie in der Folge für die gesamte Welt abzuwenden. Bei der 45. ATCM 2023 in Helsinki war dem Thema dementsprechend eine ganztägige gemeinsame Sitzung von ATCM und Umweltausschuss gewidmet und verabschiedete die Konferenz die „Helsinki Declaration on Climate Change and Antarctica“.

Im Fokus der Vertragsstaatenkonferenzen stehen regelmäßig konkrete Schritte, um weitere Standorte in der Antarktis, denen eine besondere Schutzbedürftigkeit zukommt, auszuweisen, und bereits vorhandene Schutzzonen zu stärken. Auf der ATCM in Kochi, Indien, wurde 2024 erstmals ein antarktisches Schutzgebiet - das Archipel Danger Islands - ausgewiesen, das auf einer gemeinsamen Initiative Deutschland und den USA beruht. Diskutiert wird zudem der Schutz des Kaiserpinguins und die steigenden Tourismuszahlen in der Antarktis. Auf der ATCM in Berlin gelang die Einigung darauf, Verhandlungen für ein umfassendes Regelwerk für den Antarktistourismus zu beginnen. Dieser Verhandlungsprozess wird auf der nächsten ATCM in Mailand, Italien, vom 23. Juni bis 3. Juli 2025 fortgesetzt.

Tätigkeiten in der Antarktis

In erster Linie wird in der Antarktis wissenschaftliche Forschung betrieben. In den derzeit über 40 ganzjährig besetzten Forschungsstationen arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler – vielfach auch in internationaler Kooperation – an verschiedensten Projekten, die von Routinemessungen bis zu Grundlagenforschung reichen. Die deutschen Forschungsaktivitäten und -beiträge koordiniert das Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven. Es stellt die erforderliche Ausrüstung und Logistik zur Verfügung und unterhält auch die im Februar 2009 eingeweihte, ganzjährig betriebene Neumayer-III-Station sowie das Forschungsschiff „Polarstern“.

Foto der deutschen Forschungsstation Neumayer 3 in der Antarktis
Deutsche Antarktis-Forschungsstation Neumayer 3 © blickwinkel / dpa

Neben den traditionellen Forschungsgebieten wie Geologie, Geophysik, Biologie, Meteorologie rücken immer mehr Fragestellungen zum Thema Klimawandel in den Vordergrund. So wird z.B. ein großes internationales, vom AWI angeführtes Forschungsprogramm, Antarctica InSync, zahlreiche synchrone wissenschaftliche Beobachtungen in der Antarktis und im Südlichen Ozean beinhalten. Dies soll eine zirkumpolare Bewertung der Zusammenhänge zwischen Eis, Ozean, Klima, Umwelt und Leben ermöglichen, die die Belastungen durch den Menschen, und deren Lösungen, wie z.B. den Meeresschutz miteinschließen. Das Programm befindet sich in seiner Vorbereitungsphase und soll 2027 bis 2030 umgesetzt werden. Forschungsprogramme wie dieses verdeutlichen die wichtige Rolle des antarktischen Kontinents für das Weltklima.

Eine andere zunehmende Nutzung der Antarktis stellen touristische Ausflüge dar. Es handelt sich überwiegend um Landausflüge von Personengruppen von Kreuzfahrtschiffen aus, doch nehmen die Auswirkungen des Tourismus auf die Arbeit der Forschungsstationen und auf die sensible antarktische Umwelt fortlaufend zu. Zum Schutz von Umwelt und Forschung verlangt das Umweltschutzprotokoll, dass Reiseveranstalter jede Reise von der national zuständigen Behörde (in Deutschland das Umweltbundesamt) genehmigen lassen. Daneben wurde von den Konsultativstaaten ein Berichtsformular ausgearbeitet, mit dem diese nach Abschluss der Reise wichtige Informationen zu ihrem Antarktisbesuch der zuständigen nationalen Behörde mitzuteilen haben. Auf der Konsultativtagung 1994 in Kyoto haben die Konsultativstaaten beschlossen, Antarktis-Touristen und Touristikunternehmen einen strengen Verhaltens- und Maßnahmenkatalog (einen sogenannten Besucher-Leitfaden) zum größtmöglichen Schutz der Tiere, Umwelt und wissenschaftlichen Forschung in der Antarktis mit auf den Weg zu geben. Ein verbindliches Regelwerk gibt es bislang jedoch nicht. Die Aushandlung eines solchen ist das Ziel der Bundesregierung, die sich entsprechend aktiv in den auf der 45. ATCM formal beschlossenen Verhandlungsprozess einbringen wird. Auf der 46. ATCM in Indien im Mai 2024 begann dieser Verhandlungsprozess in einer eigens dafür geschaffenen Arbeitsgruppe.

Der Schutz der Antarktis

Der Schutz der Antarktis und ihrer empfindlichen Ökosysteme vor Umweltschäden hat, auch auf Grund ihrer Bedeutung für das Weltklima, für die Konsultativstaaten immer größeres Gewicht erhalten. Dabei standen viele Jahre die möglichen Auswirkungen von Bergbauaktivitäten auf die antarktische Umwelt im Mittelpunkt. Ein Ressourcenübereinkommen von 1988, das die Gewinnung mineralischer Rohstoffe unter Beachtung strenger Umweltschutzvorschriften zulassen sollte (CRAMRA), trat mangels Ratifikation nicht in Kraft. Stattdessen wurde der kommerzielle Abbau mineralischer Ressourcen sodann durch das Umweltschutzprotokoll von 1991 ausdrücklich verboten. Auf der 45. ATCM in Helsinki beschlossen die Vertragsstaaten eine Resolution, die dieses Verbot und die Tatsache, dass dieses unbefristet fortgilt, erneut bekräftigt.

Das Protokoll und seine derzeit in Kraft stehenden fünf Anlagen umfassen materielle und Verfahrensregelungen für umweltgerechtes Verhalten auf dem 7. Kontinent, darunter eine Genehmigungspflicht für jede erhebliche Aktivität in der Antarktis (zum Beispiel Forschungsexpeditionen und Touristenreisen) und Umweltverträglichkeitsprüfungen. Deutsche Vorhaben in der Antarktis müssen daher vom Umweltbundesamt (UBA) genehmigt werden (§ 3 Umweltschutzprotokoll-Ausführungsgesetz). Die im Jahr 2005 angenommene, aber noch nicht in Kraft getretene sechste Anlage „Haftung für umweltgefährdende Notfälle“ ist die erste internationale Regelung zur Vermeidung und Kompensation von Umweltschäden in der Antarktis und ein wichtiger Schritt zu einem umfassenden Haftungsregime zum Schutz der antarktischen Umwelt sowie deren abhängiger und verbundener Ökosysteme.

Eine wichtige Rolle beim Schutz des antarktischen Ökosystems spielt das CAMLR-Übereinkommen (Übereinkommen über die Erhaltung der lebenden Meeresschätze der Antarktis von 1980). Zur Durchsetzung und Überwachung dieses Abkommens wurde die CAMLR-Kommission (CCAMLR) mit Sitz in Hobart, Australien gegründet. Sie legt Quoten für den Fischfang in antarktischen Gewässern fest, kontrolliert deren Einhaltung und verfolgt seit 2011 auch das ausdrückliche Ziel, die Gewässer und das Schelfeis rund um den antarktischen Kontinent durch Meeresschutzgebiete besonders zu schützen. Eine zunehmende Bedrohung für das empfindliche ökologische Gleichgewicht stellt der illegale Fischfang (illegal, unregulated and unreported fishing, IUU) dar, durch den nicht nur die Fischbestände sondern auch der Bestand von Seevögeln, Robben und anderen Meeressäugern gefährdet wird. Immer wieder überraschen die Anrainerstaaten des Südpolarmeeres Schiffe beim verbotenen Fischfang, bringen sie auf und beschlagnahmen den Fang. Eine umfassend wirksame Bekämpfung des IUU-Fischfangs ist in den unwirtlichen und weitläufigen antarktischen Gewässern jedoch schwierig. Im Jahr 2016 einigten sich die CAMLR-Vertragsstaaten erstmals auf die Ausweisung eines umfassenden Meeresschutzgebietes im Rossmeer. Seitdem beraten sie auf ihren regelmäßigen Sitzungen und 2023 auch im Rahmen eines Sondertreffens über weitere Schutzgebietsvorschläge. Darunter sind auch zwei Vorschläge der EU und ihrer Mitgliedstaaten zur Ausweisung weiterer umfassender Meeresgebiete im Bereich der Ostantarktis (maßgeblich von Frankreich erarbeitet) sowie im Bereich des artenreichen bisher von Fischerei weitgehend unberührten Wedellmeeres (maßgeblich von Deutschland erarbeitet). Die mangelnde Zustimmung durch Russland und China verhindert aber die Ausweisung dieser Meeresschutzgebiete aufgrund des Konsensprinzips.

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