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Rede von Außenminister Heiko Maas anlässlich der Einweihung der Portrait- und Spiegelgalerie „Auswärtiges Amt: Viele erste Frauen – bis heute!“
Es war im Jahr 1969, da titelte die BILD Zeitung: „Eine Frau wird deutscher Botschafter“.
Nun ist es ganz sicherlich auch heute noch so, dass sich einige Leute in Medien und Politik mit dem Gendern etwas schwertun. Die „deutsche Botschafterin“ hat es aber dann doch auch in den allgemeinen Sprachgebrauch geschafft.
Die Geschichte des Auswärtigen Amts ist voll von Geschichten wie der, der ersten deutschen Botschafterin, Ellinor von Puttkamer: Geschichten von Frauen, die mit Engagement, Zielstrebigkeit und mit viel Pioniergeist vormalige Männerdomänen für sich erobert haben.
Ihnen allen ist diese Portraitgalerie gewidmet. Und in diesem Haus gibt es sehr viele Galerien. Man kann kaum längere Strecken gehen ohne in einer zu landen. Und diese, die wir heute einweihen, ist eine ganz besondere – inspiriert von der „Mirror Challenge“ des britischen Außenministeriums.
Unter dem Motto „Auswärtiges Amt: Viele erste Frauen – bis heute!“ hängen hier Portraits von Kolleginnen aller Laufbahnen, die als erste Frauen auf Posten tätig waren, die bis dahin ausschließlich von Männern besetzt waren.
Stellvertretend für all unsere Kolleginnen, die eine Würdigung verdienen, von denen hier jedoch aus Platzmangel kein Portrait hängt.
Diese Pionierinnen bahnten anderen Frauen den Weg, darunter den ersten Frauen, die auf höchste Führungspositionen des Auswärtigen Amts vordrangen und in der Portraitgalerie ebenfalls gewürdigt werden: unsere ersten Kanzlerinnen an den B9-Botschaften, die ersten Leiterinnen unserer B9-Botschaften und unsere ersten Abteilungsleiterinnen. Und auf dem Weg in die Führungsetagen gab es viel zu viele Widerstände zu überwinden: Vorurteile. Geschlechterstereotypen. Rollenerwartungen.
Es gibt wohl wenig andere Bereiche, in denen klassische Rollenbilder so tief verwurzelt sind wie in der Außen- und Sicherheitspolitik, wo das Berufsbild lange sehr männlich konnotiert war.
Deshalb bin ich auch sehr froh, dass wir heute nicht nur unter uns sind, sondern dass auch eine Abgeordnete des Deutschen Bundestages hier ist. Liebe Agnieszka, ich freue mich sehr, dass du da bist. Wir haben in den letzten Wochen viel Zeit miteinander verbracht. Hiermit wollen wir nun verdeutlichen, dass Programme schreiben, dass Verträge schreiben das eine ist, aber dann die Dinge auch umzusetzen und manchmal auch Zeichen zu setzen, ganz besonders wichtig ist. Und deshalb ist es sehr schön, dass du hier den Deutschen Bundestag auch vertrittst.
Meine Damen und Herren,
wir sind stolz, dass diese Frauen heute Gesichter unserer Außenpolitik sind. Sie gestalten sie mit und wirken zugleich als Vorbilder. Denn sie ermutigen junge Frauen, sich beim Auswärtigen Amt zu bewerben und hier eine Karriere anzustreben.
Ja, wir haben in den letzten vier Jahren viel erreicht:
- im gehobenen Dienst stieg der Frauenanteil an Führungspositionen um 10% und liegt nunmehr zum ersten Mal in der Geschichte des Auswärtigen Amtes über 50%.
- Betrug der Frauenanteil an den Leitungen der Auslandsvertretungen 2016 lediglich ein Fünftel, so liegt er jetzt bei immerhin knapp einem Viertel.
- Die größte Steigerung konnten wir jedoch beim Frauenanteil an den Führungspositionen in der Zentrale erreichen: Der Frauenanteil an den Abteilungsleitungen und Beauftragten in der Zentrale stieg von rund 20% 2016 auf 50% heute. Damit haben wir bei den wichtigsten Leitungspositionen im AA zum ersten Mal Geschlechterparität erreicht – immerhin nach 150 Jahren.
Meine Damen und Herren,
das ist natürlich kein Grund, sich auf die faule Haut zu legen. Das zeigen uns eindrücklich die Spiegel, die Sie hier an der Wand sehen.
Diese 21 Spiegel symbolisieren alle Funktionen im Auswärtigen Amt, die noch nie von einer Frau besetzt wurden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir wollen die Spiegel an der Wand so schnell wie möglich durch Portraits ersetzen.
Der Fünfte Gleichstellungsplan des Auswärtigen Amts, der die Gleichstellungspolitik des AA für die nächsten Jahre festlegt und der morgen veröffentlicht wird, sieht vor, den Frauenanteil an Führungspositionen sukzessive zu steigern, um langfristig Geschlechterparität in allen Führungspositionen zu erlangen.
Dafür wollen wir unsere jungen Kolleginnen dazu ermutigen, eine Führungsposition anzustreben.
Und darum hängen hier auch die Spiegel: Sie sollen jungen Frauen, die an ihnen vorübergehen und sich darin sehen, eine Vision vermitteln: „Es ist an mir. Auch ich kann eine Pionierin werden.“.
Der Gleichstellungsplan sieht vor, in allen Bereichen eine ausgewogene Verteilung von Frauen und Männern anzustreben. Und ich freue mich ankündigen zu können, dass das Auswärtigen Amt der Initiative Klischeefrei beitreten wird, die sich für eine Berufswahl unabhängig von gängigen Rollenklischees einsetzt.
Ich möchte an dieser Stelle ganz herzlich Herrn Diaz von der Initiative Klischeefrei begrüßen, der heute bei uns ist.
Gleichstellung bedeutet, allen ein selbstbestimmtes Leben und insbesondere eine selbstbestimmte Berufswahl unabhängig von Geschlechterstereotypen und traditionellen Rollenerwartungen zu ermöglichen.
Hierzu gehört nicht nur, dass Frauen selbstverständlich Karriere machen können, sondern auch, dass Männer sich genauso selbstverständlich um ihre Kinder und Eltern kümmern können wie Frauen.
Darum sieht der Gleichstellungsplan auch vor, die Vereinbarkeit von Familie und Pflege mit der Berufstätigkeit weiter zu fördern und Männer zu ermutigen, in Elternzeit zu gehen und in Teilzeit zu arbeiten.
Meine Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
über Ellinor von Puttkamer schrieb ihr Vorgesetzter noch 1958 in ihrer Beurteilung: „Sie hat einen durchaus männlichen Verstand.“ Und ich befürchte, das war als Kompliment gedacht.
Und wahrscheinlich hat sich das sogar positiv auf ihren weiteren Werdegang ausgewirkt. Aber zum Glück sind wir heute in der Beziehung weiter.
Die Zeiten haben sich geändert. Und zwar so sehr, dass sich dieses Jahr das halbe Land fragte: „Kann eigentlich auch ein Mann Bundeskanzlerin werden?“
Meine Damen und Herren,
heute wissen wir, dass es keine gute Politik, auch keine gute Außenpolitik, geben kann, die die Hälfte der Menschheit außenvorlässt. Je diverser die Teams, umso besser die Ergebnisse.
Und deswegen sind diese Spiegel auch ein Symbol dafür, dass dieses Haus und die Menschen, die hier arbeiten, immer auch ein Spiegel unserer Gesellschaft sein sollen.
Gleichstellung endet nämlich nicht bei Geschlechtergerechtigkeit. Wir brauchen Kolleginnen und Kollegen unterschiedlicher Religionen, sozialer Herkunft, sexueller Orientierung, aus Ost und aus West.
Und deshalb ist diese Galerie nicht als fertige Installation zu sehen. Sie ist lebendig, sie soll zur Diskussion einladen.
Zukünftig werden wir die Erfolge unserer Gleichstellungspolitik auch daran ablesen können, wie schnell die Spiegel an diesen beiden Wänden verschwinden. Mit jedem weiteren Portrait wächst auch die Diversität der Sichtweisen. Und das ist ein Gewinn für dieses Haus – und für die deutsche Außenpolitik.
Ich will mich noch einmal ganz herzlich bedanken bei Katharina Stasch, die unermüdlich und unumkehrlich daran gearbeitet hat, dass wir das hier hinbekommen. Auch jetzt noch, in dieser Phase des Übergangs. Und bei den Kolleginnen und Kollegen, liebe Frau Botschafterin, in London. Es gibt auch mal Dinge, wo wir uns nicht so einig sind. Aber das ist etwas, wo auch Pioniergeist in Ihrer Zentrale bewiesen wurde. Und wir haben das gern zum Anlass genommen, uns anzuschließen und uns auf die Art und Weise selber ein Instrument zu geben, mit dem wir überprüfen können, wie das, was wir erreichen wollen, auch in absehbarer Zeit erreicht werden kann. Vielen Dank dafür, dass Sie uns da so sehr mit Rat und Tat zur Seite standen.
Ja, meine sehr verehrten Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
damit wäre eine weitere Galerie in diesem Hause eingeweiht. Es gibt viele, aber ich glaube es gibt keine, die so interessant und so modern und so zukunftsweisend ist, wie diese.
Herzlichen Dank!