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Die Klimakrise bekämpfen – heute mehr denn je

07.11.2022 - Namensbeitrag

Namensbeitrag von Außenministerin Annalena Baerbock und Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Robert Habeck

Während sich die Welt in Scharm El-Scheich zur COP27 versammelt, stehen wir vor einer doppelten Herausforderung.

Einerseits schlägt die Klimakrise mit immer größerer Wucht zu. Überflutungen haben diesen Sommer ein Drittel Pakistans hinweggerissen und tausende Menschen getötet. Die schlimmsten Dürren seit Jahrzehnten bringen in Äthiopien Millionen Menschen Leid und Hunger. Und Wasserknappheit in der Sahelzone verschärft Konflikte über Ressourcen und Land – und zwingt Menschen aus ihrer Heimat. All dies zeigt: Die Klimakrise ist die größte Sicherheitsherausforderung, vor dem die Menschheit im 21. Jahrhundert steht – und gegen sie zu handeln ist jetzt dringlicher denn je.

Andrerseits untergräbt Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine das internationale Vertrauen, das wir für erfolgreichen globalen Klimaschutz brauchen. Präsident Putins Krieg bringt nicht nur unaussprechliches Leid über die Ukraine, sondern tritt auch die UN-Charta mit Füßen. Er hat die globalen Energiemärkte erschüttert und die Hungerkrise verschärft, welche die Schwächsten am härtesten trifft. Putins Angriff hat eine geopolitische Polarisierung befeuert, wie es sie seit dem Kalten Krieg nicht gab.

Die deutsche Delegation auf ihrem Weg zur COP27 ist sich dieser schwierigen Umstände sehr bewusst. Wir wissen: Das wird eine besonders schwierige Klimakonferenz. Aber als Deutschland und mit unseren Partnern in der Europäischen Union werden wir alles tun für neue Fortschritte. Jetzt ist die Zeit für alle Länder, ehrgeizig Emissionen zu reduzieren, um auf dem 1,5-Grad-Pfad zu bleiben. Jetzt ist der Moment, Solidarität mit den Kindern, Frauen und Männern zu zeigen, die von Stürmen und Dürren am stärksten betroffen sind.

Deutschland trägt als wichtige Volkswirtschaft und großer Emittent besondere Verantwortung. Als unsere Regierung letztes Jahr ihr Amt antrat, legte sie ehrgeizige Pläne für die Energiewende vor. Heute unternehmen wir als Reaktion auf Russlands Einsatz von Energie als Waffe schmerzliche Schritte, die diesen Plänen scheinbar widersprechen. Viele Menschen aus Afrika, dem Nahen Osten und Asien fragen uns: „Hat Deutschland jetzt, wo der russische Krieg in Europa wütet, seine Energiewende und seine Solidaritätsversprechen aufgegeben?“

Unsere Antwort darauf ist klar – und sie ist auch unsere Botschaft für die COP27: Deutschland weicht keinen Millimeter von seinen Klimazielen ab. Im Gegenteil, wir verstärken unsere Anstrengungen noch.

Ja, wir treffen harte Entscheidungen, um Deutschland und Europa durch diesen und nächsten Winter zu bringen. Aber die Kohlekraftwerke, die wir reaktiviert haben, werden nur bis März 2024 laufen. Unsere neuen dauerhaften Pipelines zur Einfuhr von Flüssiggas müssen für die Umstellung auf Wasserstoff geeignet sein – das ist gesetzlich vorgeschrieben. Und in der Europäischen Union haben wir uns verpflichtet, den Gasverbrauch in diesem Winter um 15 Prozent zu senken – nicht zuletzt, damit die weltweiten Flüssiggaspreise sinken.

Am wichtigsten aber ist, dass unsere Regierung die deutsche Energiewende stark beschleunigt. Im Juli hat der Bundestag die seit Jahrzehnten ehrgeizigste Gesetzgebung zum Ausbau erneuerbarer Energien und verbesserter Energieeffizienz verabschiedet. In der ersten Jahreshälfte 2022 ist der Anteil der erneuerbaren Energien an unserem Strommix auf knapp 50 Prozent gestiegen – und mit der neuen Gesetzgebung wird er bis 2030 auf 80 Prozent steigen.

Die Europäische Union hat im Juni nach dem „Green Deal“ und dem „Fit für 55“-Paket eines der durchschlagendsten Klimapakete seiner Geschichte vorgestellt – mit strengeren Regeln für erneuerbare Energien, Energieeffizienz und CO2‑Bepreisung. Letzte Woche hat die EU beschlossen, den Verkauf von neuen Kraftfahrzeugen mit Verbrennungsmotor bis 2035 zu beenden. Diese Schritte werden Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent machen.

All das macht klar: Russlands Krieg führt uns nicht in ein fossiles Zeitalter zurück. Im Gegenteil, wir bewegen uns schneller denn je in Richtung einer grünen Zukunft. Jedes Solarmodul und jede Windturbine bedeuten mehr Sicherheit. Für unser Land und Europa – da sie uns unabhängiger von der Einfuhr fossiler Energie machen. Und auch für die Welt, denn jedes Zehntel Grad weniger an globaler Erwärmung bedeutet weniger globale Klimafolgen.

Gleichzeitig erhöht Deutschland seine globale Klimasolidarität. Indem wir unsere internationale Klimafinanzierung auf sechs Milliarden Euro erhöhen, leisten wir unseren Beitrag dafür, dass die Industriestaaten endlich ihre 100 Milliarden US-Dollar-Zusage erfüllen. In den G7 haben wir uns verpflichtet, die Finanzierung für Anpassungsmaßnahmen bis 2025 zu verdoppeln. Und wir werden bei der COP27 hart für Fortschritte zur Bewältigung von Schäden und Verlusten arbeiten. Mit dem globalen Schutzschild („Global Shield“) wendet sich die G7 an die verletzlichsten Länder, um Finanzierung für Katastrophenvorsorge und Versicherungsschutz zu erhöhen. Vom Pazifik über Südasien bis an die Sahelzone bedrohen steigende Meeresspiegel, sengende Hitze und verheerende Überflutungen die Sicherheit von Menschen. Wir hören Euch und wir sehen Euch – und wir stehen an Eurer Seite.

Deutschland tut dies auch mit seiner neuen Klimadiplomatie. Die Technologien für die globale Energiewende sind schon da. Wir müssen sie jetzt an die Länder im Süden übermitteln und Finanzmittel mobilisieren – weg von fossiler hin zu erneuerbarer Energie. Deutschland, seine Partner und Südafrika arbeiten an einer Partnerschaft für eine gerechte Energiewende. Gemeinsam investieren wir Milliarden in erneuerbare Energien – und in Maßnahmen, die vom Kohlebergbau abhängigen Gemeinden neue Möglichkeiten für ihren Lebensunterhalt sichern. Die G7 arbeitet an solchen Partnerschaften auch mit weiteren Ländern: Senegal, Indien, Indonesien und Vietnam. Nicht nur, um das Klima zu schützen – sondern um ihre gesamten Volkswirtschaften zu transformieren.

Es ist wichtig, diese Chancen der Energiewende in Scharm El-Scheich vor Augen zu haben. Die doppelte Herausforderung von immer schlimmeren Klimafolgen und geopolitischen Spannungen wird die Verhandlungen schwierig machen. Ihr Ergebnis ist ungewiss. Aber Deutschland steht bereit zur Zusammenarbeit – für mehr Ambitionen und mehr Solidarität.

www.indianexpress.com

www.thejakartapost.com

www.businesslive.co.za/bd/

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