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Rede von Außenministerin Baerbock vor dem Bundestag zur Beratung des Antrags der Bundesregierung „Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der United Nations Interim Force in Lebanon (UNIFIL)“
Eine Drohne, die auf einem Fußballplatz explodiert, direkt darauf ein erneuter Anschlag, als die herbeigeeilten Helfer kommen - ein Toter und fast ein Dutzend Verletzte im Dorf Hurfesch im Norden Israels. Gleichzeitig setzen Raketen und Drohnen die Felder und Wälder in Brand - Brände, die schon Hunderte Hektar Wald und Ackerflächen in Israel und Libanon vernichtet haben. Das sind die Schlaglichter auf die Grenzregion zwischen Israel und Libanon. Seit dem grausamen Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 hat sich auch dort, in dieser Grenzregion zwischen Israel und Libanon, die Lage gefährlich zugespitzt.
Im Januar habe ich unsere deutschen Soldatinnen und Soldaten auf der Bundeswehrfregatte besucht, die für UNIFIL vor der Küste Libanons im Einsatz ist. An Bord hat mir ein Soldat davon erzählt, wie sehr sich die Situation für ihn und seine Kameradinnen und Kameraden seit dem 7. Oktober verändert hat: wie sie seitdem fast täglich Raketen beobachten, die die Hisbollah in Richtung Israel abschießt, wie nah die Abschussrampen der Hisbollah mittlerweile an die Standorte der UNIFIL-Truppen herangerückt sind - und damit auch die Verteidigungsschläge Israels. Eigentlich wollte ich selber zum UNIFIL-Standort, aber das war aufgrund der Sicherheitslage nicht möglich; denn die Kolleginnen und Kollegen unserer deutschen Soldaten aus den anderen Partnerländern von UNIFIL können an Land kaum mehr auf Schutzpatrouille gehen.
Seit Januar - vor allem in den letzten Tagen und Wochen - hat sich die Intensität der Angriffe noch einmal massiv verschärft. Im Mai gab es laut israelischer NGOs durchschnittlich zehn Hisbollah-Angriffe pro Tag. Mehrere Hundert Menschen in Israel und Libanon haben in den letzten Monaten durch die Beschüsse ihr Leben verloren. Die Region ist heute weder für Israelis noch für Libanesinnen und Libanesen sicher. Zehntausende Menschen auf beiden Seiten der sogenannten Blauen Linie haben deswegen ihre Dörfer und Städte verlassen und sind ins Landesinnere geflohen. Konkret heißt das: Kinder mussten fort aus ihren Schulen, fort von den Sportplätzen, weg von ihren Freunden. Frauen und Männer, Familien mussten aus ihren Häusern, aus ihrem Alltag heraus, mussten ihre Felder und ihre Arbeitsstätten aufgeben. Sie alle leben seit Monaten aus Koffern - in der Hoffnung, zurückkehren zu können, aber immer auch in der Sorge, dass die Gewalt weiter eskaliert.
Wir alle haben in den letzten Monaten erlebt, wie groß die Eskalationsgefahr ist, die Gefahr, dass sich der Krieg im Nahen Osten, den die Hamas ausgelöst hat, zu einem regionalen Flächenbrand ausweitet. Als Bundesregierung setzen wir daher alles daran, gerade auch mit Blick auf den Norden Israels und die Grenze zum Libanon, die Blaue Linie, dass - das möchte ich eindringlich sagen - das zynische Kalkül der Hamas und vor allen Dingen ihrer Unterstützer nicht aufgeht.
Wir wissen, so schwer das in diesen Tagen auch ist: Der Schlüssel für die nachhaltige Sicherheit der Menschen in dieser Region liegt jetzt vor allen Dingen in Gaza. Der Drei-Phasen-Plan, den US-Präsident Biden vorgelegt hat, zeigt auf, wie man in der ersten Phase endlich zu einer Befreiung der Geiseln und einem Waffenstillstand kommen kann. Darüber hinaus sind aber auch weitere Schritte, nämlich die Schritte zwei und drei seines Drei-Phasen-Plans, möglich. Dafür - das habe ich in den letzten Tagen deutlich gemacht - setzen wir uns als Bundesregierung in unseren Gesprächen mit unseren europäischen, amerikanischen, aber vor allen Dingen arabischen Partnern ständig ein, aber natürlich auch im Non-Stop-Dialog mit unseren Partnern in Israel.
Und ja, es ist unglaublich mühsam; es ist schwierig. Wenn man gedacht hat, man sei einen Schritt vorangekommen, dann passiert wieder etwas, und man ist wieder drei Schritte zurück. Aber es gilt für mich weiterhin - wie in den letzten siebeneinhalb Monaten -: Jeder Schritt zählt. Das bedeutet auch: Jeder Schritt hin zu diesem Drei-Phasen-Plan zählt.
Dabei spielt UNIFIL eine zentrale Rolle; denn UNIFIL-Blauhelme patrouillieren gemeinsam mit den libanesischen Streitkräften an möglichen Raketenabschussrampen der Hisbollah. Sie berichten über Verletzungen des Waffenstillstandsabkommens. Das ist zentral, auch wenn wir das in den Nachrichten kaum lesen. All das findet tagtäglich statt. Auch das ist ein Teil unserer Bemühungen um Diplomatie. UNIFIL bleibt dabei der einzige direkte Gesprächskanal zwischen den israelischen und libanesischen Streitkräften. Gerade jetzt, wo jede einzelne Fehlkalkulation die Lage eskalieren lassen kann, sehen wir, wie wichtig das ist.
Für den Beitrag, den unsere Soldatinnen und Soldaten in der UNIFIL-Mission leisten, möchte ich deswegen hier ausdrücklich danken.
Diese Mission dient der Sicherheit der Menschen im Libanon und der Sicherheit der Menschen in Israel. Sie macht einen Unterschied.
Ich habe gerade noch mal erneut mit unseren israelischen Gesprächspartnern gesprochen. Ihr eindringlicher Wunsch ist eine größere Rolle für UNIFIL. Auch das werden wir mit unseren Partnern weiter diskutieren.
In diesem Zusammenhang danke ich Ihnen für die Unterstützung und bitte um Zustimmung für das Mandat.