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Eingangsstatement von Außenministerin Annalena Baerbock bei der Befragung der Bundesregierung vor dem Bundestag
Wir leben in Zeiten, die wir uns selbst nicht ausgesucht haben, in Zeiten, die in den letzten Jahren fast mit jedem Monat deutlicher gemacht haben, dass Demokratien nicht nur in einem Wettstreit mit Autokratien stehen, sondern dass es zentrale Akteure auf dieser Welt gibt, die vor der Vernichtung der Menschlichkeit keinen Halt machen und deren Ziel es ist, Menschen gegeneinander auszuspielen, international oder in unseren eigenen Gesellschaften.
Ich bin dankbar für das, was wir gemeinsam als demokratische Akteure nicht nur im Inland, sondern auch international - mit Blick auf die schrecklichen Verbrechen und den Terror der Hamas seit dem 7. Oktober gegen Israel - so deutlich gemacht haben.
Nämlich, zusammenzustehen, geeint zu sein, als Demokratinnen und Demokraten, über Parteigrenzen hinweg, selbst wenn wir natürlich immer wieder auch unterschiedliche Ansichten in der Außenpolitik haben.
Geeint in unserer Solidarität mit den Opfern des Terrors, in dem absoluten Ziel, dass alle Geiseln freikommen müssen.
Geeint in unserem Verständnis, dass die Sicherheit Israels und der Schutz jüdischen Lebens für uns Teil unserer Staatsräson sind. Geeint in dem Verständnis, dass Israel wie jedes Land auf dieser Welt ein Recht darauf hat, sich gegen Terror zu verteidigen.
Geeint darin, dass die Achtung des humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte zentral ist, dass man menschliches Leid nicht gegeneinander ausspielen kann, sondern jedes Leben gleich viel wert ist. Geeint in dem Verständnis, dass all das kein Widerspruch ist, sondern aufs Engste zusammengehört.
Ich betone das heute so deutlich, weil das perfide Spiel der Terroristen am 7. Oktober eben nicht nur der Angriff auf die Menschlichkeit, auf jüdisches Leben in Israel war, sondern das perfide Spiel auch war, die Sicherheit Israels auf die eine Seite zu stellen und das humanitäre Völkerrecht auf die andere und dann zu suggerieren, man müsse sich dazwischen entscheiden, man müsse sich entscheiden zwischen israelischem Leben und palästinensischem Leben. Das Wichtige für uns seit dem 7. Oktober war, dass dieses perfide Spiel der Terroristen nicht aufgeht, weil es auch beinhaltete, dass der 7. Oktober ein Angriff auf die Annäherungsversuche der israelischen Regierung mit arabischen Partnern war, ein Angriff mit dem Ziel, dass die Abraham Accords zerstört werden, mit dem Ziel, dass die Reaktionen der israelischen Regierung dazu führen, dass Israel weltweit komplett isoliert wird.
Auch deswegen war es eine unserer wichtigsten Aufgaben als Freunde, als engste Partner Israels und als Unterstützer einer Welt, in der das internationale Recht, die Menschenrechte und die Unteilbarkeit der Menschlichkeit gilt, dass wir alles dafür tun, dass das nicht passiert.
Weil es dauerhafte Sicherheit für Israel nur geben kann, wenn es sie auch für die Palästinenser gibt, und weil im Umkehrschluss Palästinenser nur in Frieden leben können, wenn arabische Länder für die Sicherheit Israels einstehen. Daran haben wir intensiv gearbeitet mit unseren amerikanischen, britischen und französischen Partnern, und trotz all der Brutalität der letzten Monate ist genau das gelungen: Arabische Länder haben öffentlich erklärt, dass sie für die Sicherheit Israels einstehen, auch weil wir jeden Tag deutlich gemacht haben, dass wir neben der Unterstützung Israels zugleich für die Sicherheit von unschuldigen Palästinensern einstehen, dass wir nicht zulassen, dass weitere Staaten wie Jordanien destabilisiert werden und der Terrorismus sich dort weiter ausbreitet.
Für diese Kraft der Gleichzeitigkeit, die Kraft der Differenzierung, die jahrzehntelang deutsche Außenpolitik geleitet hat, werbe ich auch mit Blick auf den immer näher rückenden Bundestagswahlkampf. Für die werbe ich hier, weil für Deutschland die wichtigste Währung internationales Vertrauen, internationale Verlässlichkeit ist. Dass wir nicht getrieben sind von Aktionismus, sondern getrieben sind von unseren Werten, für die wir international einstehen.
Weil in diesen Zeiten, in denen Destabilisierung um sich greift, das Eintreten für das Recht auf Selbstverteidigung, das Eintreten für das internationale Recht, für die Menschenrechte der beste Schutz für die Sicherheit der Menschen ist - die Sicherheit der Menschen in Israel und im Nahen Osten, die Sicherheit der Menschen in der Ukraine, die Sicherheit der Menschen auf dieser Welt. Das leitet die Außenpolitik der Bundesregierung und der Außenministerin. Und ich bin dankbar, dass das die Außenpolitik der demokratischen Parteien bis zum heutigen Tag, und zwar parteiübergreifend, geleitet hat.