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Außenministerin Annalena Baerbock vor ihrer Abreise nach Damaskus
Außenministerin Annalena Baerbock erklärte heute (03.01.2025) vor ihrer Abreise nach Damaskus:
Jahrzehnte der Unterdrückung, der Gräuel des Assad-Regimes und sein furchtbarer Bürgerkrieg haben enorme Wunden bei Millionen Menschen in Syrien geschlagen. Ein ganzes Land ist davon gezeichnet – und schöpft gleichzeitig nun berechtigte Hoffnung, dass die Zukunft eine bessere wird. Das leidvolle Kapitel der Assad-Herrschaft ist beendet. Ein neues Kapitel ist aufgeschlagen, es ist aber noch nicht geschrieben. Denn in diesem Moment haben die Syrerinnen und Syrer die Chance, die Geschicke ihres Staates wieder selbst in die Hand zu nehmen. Und auch die tiefen, offenen Wunden wieder zu schließen.
Wir wollen sie dabei unterstützen: bei einem inklusiven friedlichen Machtübergang, bei der Versöhnung der Gesellschaft, beim Wiederaufbau, zusätzlich zur humanitären Hilfe, die wir für die Menschen in Syrien all die Jahre ohne Unterlass geleistet haben. Uns allen ist klar, dass das ein steiniger Weg wird.
Meine heutige Reise – gemeinsam mit meinem französischen Amtskollegen und im Namen der EU – ist ein klares Signal an die Syrerinnen und Syrer: Ein politischer Neuanfang zwischen Europa und Syrien, zwischen Deutschland und Syrien ist möglich. Mit dieser ausgestreckten Hand, aber auch mit klaren Erwartungen an die neuen Machthaber, reisen wir heute nach Damaskus.
Den Neuanfang kann es nur geben, wenn die neue syrische Gesellschaft allen Syrerinnen und Syrern, Frauen wie Männern, gleich welcher ethnischen oder religiösen Gruppe, einen Platz im politischen Prozess einräumt, Rechte gewährt und Schutz bietet. Wenn genau diese Rechte in dem jetzt anstehenden Übergangsprozess gewahrt und eben nicht möglicherweise durch zu lange Fristen bis zu Wahlen oder auch Schritte zur Islamisierung des Justiz- oder Bildungssystem unterlaufen werden. Wenn die Vergangenheit aufgearbeitet, Gerechtigkeit hergestellt wird und Racheakte an ganzen Bevölkerungsgruppen ausbleiben. Wenn Extremismus und radikale Gruppen keinen Platz haben. Das muss unser gemeinsames Ziel sein. Und das ist auch in unserem ureigenen Interesse, die Sicherheit in Europa und in Deutschland ist hiermit eng verknüpft.
Wir wissen, wo die HTS ideologisch herkommt, was sie in der Vergangenheit getan hat. Wir hören und sehen aber auch den Wunsch nach Mäßigung und nach Verständigung mit anderen wichtigen Akteuren. Die Aufnahme von ersten Gesprächen mit den kurdisch dominierten Syrian Democratic Forces ist ein wichtiges Zeichen in diese Richtung.
Wir werden die HTS weiter an ihren Taten messen. Bei aller Skepsis dürfen wir jetzt nicht die Chance verstreichen lassen, die Menschen in Syrien an diesem wichtigen Scheideweg zu unterstützen.
Deutschland setzt sich mit seinen internationalen Partnern auch dafür ein, dass der innersyrische Prozess nicht von außen gestört wird. Dazu haben wir in Aqaba gemeinsam mit der UN wichtige Prinzipien ausgearbeitet. Dazu gehört auch die Achtung der Souveränität und territorialen Integrität durch alle Nachbarstaaten. Es ist zudem Zeit für Russland, seine Militärbasen in Syrien zu verlassen. Das syrische Volk wird die massiven Bombardements und Menschenrechtsverletzungen nicht vergessen. Es war Putin, der Assad so lange die Stange gehalten hat, der die Verbrechen des Regimes gedeckt und unterstützt hat.
Wir haben jetzt ein Ziel vor Augen, das sich auch Millionen Syrerinnen und Syrer herbeisehnen: dass Syrien wieder ein geachtetes Mitglied der internationalen Gemeinschaft werden kann. Ein sicheres Zuhause für alle seine Menschen. Ein funktionierender Staat mit voller Kontrolle über sein Staatsgebiet, der den Menschen den Schutz und die Hilfe bietet, die sie zum Leben brauchen.
Hintergrund:
Außenministerin Baerbock reist heute Vormittag zu einer eintägigen Reise nach Damaskus. Gemeinsam mit ihrem französischen Amtskollegen Barrot und im Auftrag der Europäischen Union wird sie Gespräche mit Ahmed al-Scharaa führen sowie Vertreterinnen und Vertreter der syrischen Zivilgesellschaft treffen. Die Außenministerin wird begleitet vom deutschen Sonderkoordinator für Syrien, Staatsminister Tobias Lindner.