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Gemeinsame Erklärung – Deutsch-Niederländische Regierungskonsultationen

27.03.2023 - Pressemitteilung

27. März 2023

Auf der Grundlage der festen Freundschaft zwischen unseren Bürgerinnen und Bürgern wie auch unseren Ländern sowie mit Blick auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine und seine Auswirkungen auf unsere Länder und unseren Kontinent lag der Schwerpunkt der vierten Regierungskonsultationen seit 2013 auf unserer Zusammenarbeit bei Sicherheit und Verteidigung, unserem gemeinsamen Hinwirken auf ein gestärktes Europa und unserem Ziel, unsere lebendigen Volkswirtschaften und Gesellschaften voranzubringen.

Partner bei Sicherheit und Verteidigung

Deutschland und die Niederlande bekräftigen ihre nachdrückliche Unterstützung für die Unabhängigkeit, territoriale Unversehrtheit und Souveränität der Ukraine. Beide Länder stehen gegen den fortdauernden unrechtmäßigen und unprovozierten russischen Angriff solidarisch an der Seite des ukrainischen Volkes. Wir werden weiter zusammenarbeiten, um für die Ukraine einen gerechten und dauerhaften Frieden und eine Zukunft in Wohlstand zu erreichen, indem wir nachhaltig humanitäre und finanzielle Hilfe leisten sowie militärisches Gerät und ausreichend Ausbildung bereitstellen, um die Ukraine in die Lage zu versetzen, sich zu verteidigen. Deutschland und die Niederlande bekennen sich dazu, den Druck auf Russland, den Krieg zu beenden, aufrechtzuerhalten und wo immer möglich – auch durch weitere restriktive Maßnahmen – zu erhöhen. Der Umgehung von Sanktionen entgegenzutreten ist eine wesentliche Priorität, die es auf europäischer Ebene anzugehen gilt und die einen wirksamen Austausch und eine wirksame Analyse von Daten, die Zusammenarbeit mit dem Privatsektor, diplomatische Anstrengungen und zusätzliche Sanktionen einschließt.

Deutschland und die Niederlande erneuern ihr nachdrückliches Bekenntnis dazu, im Einklang mit dem Völkerrecht die Rechenschaftspflicht für im Hoheitsgebiet der Ukraine begangene Verbrechen und andere Gräueltaten durch angemessene, faire und unabhängige Ermittlung und Strafverfolgung auf nationaler oder internationaler Ebene sicherzustellen. Straflosigkeit darf es nicht geben.

Deutschland und die Niederlande bekräftigen ihre nachdrückliche Unterstützung der Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofs und begrüßen die Einrichtung des Internationalen Zentrums für die Strafverfolgung des Verbrechens der Aggression gegen die Ukraine. Sie rufen zur Umsetzung der Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen auf, in der die Einrichtung eines Schadensregisters empfohlen wird, um die Schäden dokumentarisch zu erfassen, die durch den Angriff der Russischen Föderation auf die Ukraine entstanden sind.

Deutschland und die Niederlande unterstreichen ihr gemeinschaftliches Eintreten für die Beendigung der Verschleppung ukrainischer Kinder in die Russische Föderation und in die Gebiete der Ukraine, die von Russland besetzt sind, und erinnern daran, dass gezielte Angriffe gegen unschuldige Zivilpersonen, insbesondere Kinder, Kriegsverbrechen darstellen. Gemeinsam streben wir Maßnahmen auf internationaler Ebene an, um das weltweite Bewusstsein für diese Problematik zu schärfen und die Datenerhebung. Dies steht im Einklang mit dem Wunsch der Ukraine, eine klare Berichterstattung über die Situation der vermissten Kinder zu ermöglichen, vorzugsweise unter dem Mandat einer internationalen Organisation.

Deutschland und die Niederlande erneuern ihr Bekenntnis zum Wiederaufbau der Ukraine. Zusätzlich zu ihrem Beitrag zum physischen Wiederaufbau der Ukraine erstreben Deutschland und die Niederlande einen umfassenden Prozess im Geiste des Building Back Better und im Hinblick auf den Weg der Ukraine zu einem EU-Beitritt.

Deutschland und die Niederlande werden weiterhin mögliche Synergien ermitteln, um ihre gemeinsame militärische Unterstützung für die Ukraine zu verbessern. Maßnahmen wie die gemeinsame Bereitstellung von Panzerhaubitzen und entsprechender Ausbildung sowie die abgestimmte gemeinsame Unterstützung der Mission EUMAM Ukraine zeugen von unserer Entschlossenheit, die Ukraine nachhaltig zu unterstützen. Deutschland und die Niederlande werden darüber hinaus Möglichkeiten einer gemeinschaftlichen Beschaffung von Munition für die Ukraine prüfen.

Die Invasion Russlands in der Ukraine verdeutlicht einmal mehr, wie wichtig die NATO und ein enges transatlantisches Verhältnis sind. Die von der NATO als Reaktion auf die Invasion Russlands in der Ukraine unternommenen notwendigen Schritte zur kollektiven Abschreckung und Verteidigung sind für uns von hohem Wert. Deutschland und die Niederlande unterstreichen ihr nachdrückliches Bekenntnis zur NATO als zentraler Stützpfeiler unserer kollektiven Sicherheit. Wir werden die politische und militärische Anpassung der NATO, die erforderlich ist, um den Herausforderungen einer unberechenbareren und von mehr Wettbewerb geprägten Welt zu begegnen, auch künftig unterstützen. Wir schätzen die NATO weiterhin in ihrer einzigartigen Rolle als grundlegendes und unverzichtbares transatlantisches Forum für Konsultationen, Zusammenarbeit und Maßnahmen zu allen Fragen, die die Sicherheit der Bündnispartner betreffen. Wir betrachten eine starke und geeinte NATO, die mit der EU Seite an Seite steht, als entscheidend für unsere Sicherheit – jetzt und in Zukunft.

Deutschland und die Niederlande bleiben einem handlungsfähigeren Europa der Verteidigung und damit der Stärkung des europäischen Pfeilers in der NATO verpflichtet. In diesem Sinne wollen wir unseren gemeinsamen Standpunkt innerhalb der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU stärken, um die Umsetzung des Strategischen Kompasses und die Weiterentwicklung der EU-Führungsstruktur (EU C2) zu fördern, und wir werden bei der ersten Rotation der neuen EU-Schnelleingreifkapazität 2025 zusammenarbeiten. Wir werden ferner unsere Positionen abstimmen, wenn es um neue strategische Prozesse der EU wie die EU-Weltraumstrategie für Sicherheit und Verteidigung (EUSSSD), die Strategie der Europäischen Union für maritime Sicherheit (EUMSS) und die koordinierte maritime Präsenz (CMP) geht. Ferner streben wir die vollständige Umsetzung der Verpflichtungen der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit und die Bereitstellung von mehr Synergien zwischen miteinander verzahnten Projekten an, zum Beispiel bei der militärischen Mobilität und dem Netz von Logistik-Drehkreuzen in Europa und zur Unterstützung von Operationen (NetLogHubs).

Deutschland und die Niederlande arbeiten weiter gemeinsam daran, die Zusammenarbeit zwischen EU und NATO zu verstärken. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die NATO und die EU gemeinsame Bedrohungen und Herausforderungen auch gemeinsam angehen, um Synergien zu fördern, Komplementarität zu erzielen, unnötige Doppelarbeit zu vermeiden und die individuellen Stärken des jeweils anderen bestmöglich zu nutzen. Davon werden sowohl die NATO und die EU als auch die Bündnispartner und Mitgliedstaaten profitieren, und zwar gleichermaßen und unabhängig davon, ob sie der NATO, der EU oder beiden Organisationen angehören.

Auf Grundlage der im Oktober 2022 unterzeichneten Absichtserklärung bekräftigen Deutschland und die Niederlande ihre Absicht, ihre gemeinsame Sicherheit zu verbessern, indem sie die NATO-Fähigkeiten der Flug- und Raketenabwehr in Europa durch die European Sky Shield Initiative (ESSI) mit dem Ziel fördern, den europäischen Pfeiler in der Integrierten Flug- und Raketenabwehr der NATO zu stärken.
Deutschland und die Niederlande streben eine weitere Intensivierung ihrer langjährigen und einzigartigen Zusammenarbeit im Bereich der Verteidigung an. Mit Blick auf dieses Ziel werden wir die 2019 auf Ministerebene verabschiedete Absichtserklärung über den weiteren Ausbau der bilateralen Zusammenarbeit im Sicherheits- und Verteidigungsbereich erneuern. Die bevorstehende Integration der niederländischen 13. Leichten Brigade in die 10. Panzerdivision der Bundeswehr wird einen weiteren Meilenstein unserer Zusammenarbeit bilden.

Wir werden unseren Einsatz für Frieden und Stabilität und unsere erfolgreiche Zusammenarbeit in von den Vereinten Nationen, der NATO und der EU mandatierten Missionen fortsetzen. Wir beabsichtigen ferner, die Zusammenarbeit in der Rüstungsindustrie, sowohl bilateral als auch durch den Europäischen Verteidigungsfonds, zu intensivieren; dabei bekennen wir uns erneut zur gemeinsamen Erklärung von 2021 und streben weiter eine gemeinsame Fähigkeitsplanung, Fähigkeitsentwicklung und Beschaffung für unsere Streitkräfte an. Darüber hinaus streben wir auch künftig eine weitere Harmonisierung der Ausfuhrkontrollpolitik in der EU an.

Ein gestärktes Europa

Deutschland und die Niederlande erneuern ihr Bekenntnis zur Verteidigung und Förderung der grundlegenden Werte und Interessen der Europäischen Union. Stärkung und Schutz der Rechtsstaatlichkeit und unserer Demokratie sind ebenso prioritär wie die Achtung der Menschenrechte einschließlich sexuelle und reproduktive Gesundheit und damit verbundene Rechte, gleiche Rechte für lesbische, schwule, bi-, trans- und intersexuelle, queere und sich anderweitig definierende (LGBTIQ+) Personen und Geschlechtergerechtigkeit überall auf der Welt; in diesem Zusammenhang fördern wir auch weiterhin gemeinsam eine feministische Außenpolitik. Wir unterstützen und ermutigen die Europäische Kommission, alle Rechtsstaatlichkeitsinstrumente uneingeschränkt und wirksam anzuwenden. Wir erkennen die Vorteile an, die der europäische Binnenmarkt in dreißig Jahren erbracht hat, und bekennen uns dazu, ihn weiter zu stärken; ferner erkennen wir an, dass durch die Freizügigkeit im Schengen-Raum konkrete Ergebnisse für unsere Bürgerinnen und Bürger erzielt werden. Wir begrüßen die uneingeschränkte Anwendung von Schengen auf die Mitgliedstaaten, die beitreten möchten und die erforderlichen Kriterien erfüllen. Wir arbeiten ferner aktiv mit Drittstaaten einschließlich globaler Partner, auch im indopazifischen Raum, zusammen, um die internationale Rechtsordnung zu fördern und zu schützen.

Wir sind uns einig, dass es notwendig ist, die offene strategische Autonomie der Europäischen Union zu stärken, damit diese mit den aktuellen Herausforderungen und Prioritäten, aber auch mit künftigen Themen umgehen kann, insbesondere in Bereichen, in denen unter veränderten geopolitischen Umständen gemeinsame Antworten gefragt sind; dazu gehören die Steigerung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit und Widerstandsfähigkeit der Europäischen Union und die Gewährleistung ihrer wirtschaftlichen Sicherheit, auch durch die Suche nach gemeinsamen Strategien im Angesicht gemeinsamer geo-ökonomischer Herausforderungen bei gleichzeitiger Gewährleistung einer nachhaltigen und umsichtigen Fiskalpolitik unter bestmöglichem Einsatz vorhandener Mittel. Deutschland und die Niederlande handeln gemeinsam, um diese Ziele zu erreichen, und streben einen modernen EU-Haushalt an. Mit Blick auf den Stabilitäts- und Wachstumspakt bekennen sich unsere Länder dazu, auf einen leistungsfähigen Rahmen der wirtschaftspolitischen Koordinierung auf der Grundlage von Transparenz, Verlässlichkeit und Gleichbehandlung hinzuwirken, der Schuldentragfähigkeit wahrt, Wirtschaftswachstum und Investitionen in den grünen und digitalen Wandel stärkt und Einhaltung und Durchsetzung verbessert.

Um die EU als geopolitischen Akteur weiter zu stärken, sind Deutschland und die Niederlande gemeinsam mit ihren Partnern entschlossen, die Beschlussfassung in Bereichen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zu stärken, und zwar auch durch die Ausweitung von Beschlussfassungen mit qualifizierter Mehrheit in Bereichen wie Sanktionen, Menschenrechtserklärungen und zivile Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Wir werden weiterhin prüfen, wie wir zu einer effizienteren Beschlussfassung im Rat gelangen, gemeinsam die Möglichkeiten der Anwendung von Passerelleklauseln ausloten und dazu anregen, von der konstruktiven Enthaltung Gebrauch zu machen.

Deutschland und die Niederlande bekräftigen, dass freier, regelbasierter und nachhaltiger Handel unerlässlich für unseren Wohlstand ist und die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft stärkt. Daher sind eine ehrgeizige Handelspolitik und bilaterale Handelsabkommen mit Partnern auf der ganzen Welt von entscheidender Bedeutung für die Diversifizierung unserer Wertschöpfungsketten und für den Marktzugang unserer Unternehmen. Die WTO bleibt die zentrale Organisation eines regelbasierten Handelssystems.
Wir werden zusammenarbeiten, um die europäische Perspektive der Westbalkanstaaten Wirklichkeit werden zu lassen. Im Zentrum des Beitrittsprozesses müssen Fortschritte bei der Reform des Rechtsstaats stehen. Deutschland und die Niederlande werden ferner weiterhin sämtliche Anstrengungen zur Verbesserung der nachbarschaftlichen Beziehungen in der Region nachdrücklich unterstützen, insbesondere wenn es darum geht, die Beziehungen zwischen Serbien und Kosovo auf eine neue und tragfähige Grundlage zu stellen.

Wir werden die neu geschaffene Europäische Politische Gemeinschaft weiter als wichtiges Forum für den europaweiten Austausch und die Zusammenarbeit der EU-Mitgliedstaaten mit anderen europäischen Partnern nutzen. Beide Länder sind mit der Problematik der Bekämpfung der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität konfrontiert. Gegenwärtig liegt ein besonderer Schwerpunkt auf der Bekämpfung des grenzüberschreitenden Drogenschmuggels durch organisierte kriminelle Vereinigungen über Logistikdrehscheiben sowie Post- und Paketdienste. Darüber hinaus ist die Bekämpfung aller Erscheinungsformen der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität von besonderer Bedeutung für beide Länder. Wir bekennen uns zur Bekämpfung und Verhütung der organisierten Kriminalität sowie dazu, unsere Kräfte gegen dieses Phänomen zu bündeln, beispielsweise durch den Aktionsplan der Koalition europäischer Staaten gegen organisierte Kriminalität. Des Weiteren konzentrieren wir uns auf das Vorgehen gegen illegale Finanzströme und Geldwäsche, indem wir Ermittlung, Beschlagnahme und Entzug illegal erworbener Vermögenswerte verbessern. Um die der EU zur Verfügung stehenden Instrumente umfassend zu nutzen, plädieren wir ferner dafür, die Europäische Kommission und ihre Einrichtungen und Agenturen unter Berücksichtigung ihrer rechtlich festgelegten Mandate einzubeziehen.

Im Bereich Migration sind Deutschland und die Niederlande entschlossen, zu irregulären Migrationsbewegungen im Einklang mit den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 9. Februar 2023 und der Dublin-Verordnung zusammenzuarbeiten. Unsere Länder werden ihre Zusammenarbeit bei umfassenden Partnerschaften mit Drittstaaten zur Begrenzung irregulärer Migration und zur Förderung der Rückkehr intensivieren. Darüber hinaus ist es wichtig, dass Anstrengungen unternommen werden, um die Kontrolle der Außengrenzen zu verstärken, indem Frühwarnsysteme verbessert werden und auf eine Angleichung der Visapolitik der an die EU angrenzenden Drittstaaten hingearbeitet wird. Ferner unterstützen Deutschland und die Niederlande den Fahrplan zur Verabschiedung des Migrations- und Asylpakets noch in dieser Legislaturperiode des EP, wobei ein Gleichgewicht zwischen Verantwortung und Solidarität angestrebt wird.

Wir sind darüber hinaus entschlossen, unsere Zusammenarbeit bei der Bekämpfung prekärer Arbeits- und Lebensbedingungen von Wanderarbeitnehmerinnen und -nehmern in unseren Grenzregionen fortzusetzen und zu verstärken. Missbrauch und Ausbeutung von Wanderarbeitnehmerinnen und -nehmern sind nicht hinnehmbar. Wir müssen sicherstellen, dass sie als Teil unserer Gesellschaft im Einklang mit unseren jeweiligen Rechtsvorschriften menschenwürdig behandelt werden. Ferner streben wir an, Migrantinnen und Migranten in die Lage zu versetzen, die (sprachlichen) Kompetenzen zu verbessern, die erforderlich sind, um ihr Erwerbspotenzial zu steigern und ihre Integration zu erleichtern.

Eine innovative und zukunftssichere Wirtschaft und Infrastruktur

Deutschland und die Niederlande stehen für eine widerstandsfähige und zukunftssichere europäische Wirtschaft. Aus diesem Grund werden unsere Regierungen durch die Zusammenarbeit mit anderen Mitgliedstaaten und internationalen Partnern eine proaktive, konstruktive und führende Rolle in der EU spielen.

Deutschland und die Niederlande messen der Stärkung der Souveränität und Führungsrolle der EU im Technologiebereich sowie ihrer industriellen Wettbewerbsfähigkeit große Bedeutung bei. Zu diesem Zweck sind wir übereingekommen, hinsichtlich der Netto-Null-Industrie-Verordnung zusammenzuarbeiten, um den Ausbau sauberer Technologien sowie die Reduzierung diesbezüglicher bürokratischer Vorschriften zu fördern, wichtige Vorhaben von gemeinsamem europäischen Interesse (IPCEI) weiter zu optimieren, zu beschleunigen und zu erleichtern, den Binnenmarkt auch in Zukunft zu stärken sowie Genehmigungen für grüne Energieprojekte zu erleichtern. Darüber hinaus haben wir vereinbart, bezüglich der Verordnung zu kritischen Rohstoffen zusammenzuarbeiten, um die Überwachung und den Wissensaustausch mit Blick auf Rohstoffe zu verbessern, die Entwicklung strategischer Vorhaben zu Gewinnung, Veredelung und Recycling in der EU zu beschleunigen sowie strategische Abhängigkeiten durch die Diversifizierung von Lieferketten zu reduzieren.

Deutschland und die Niederlande haben bekräftigt, dass sie die gemeinsame Kooperation im Rahmen des deutsch-niederländischen Innovations- und Technologiepakts zu Themen von beiderseitigem Interesse, darunter vor allem die Energiewende, Smart Industry und Schlüsseltechnologien, auch weiterhin unterstützen. Neue Bereiche der Zusammenarbeit werden geprüft, darunter nachhaltige Luftfahrt sowie Batterie- und Solartechnologie. Die Kooperation auf dem Gebiet der Quantentechnologie soll gestärkt werden.

Unsere Länder werden auch im Bereich der digitalen Wirtschaft weiter zusammenarbeiten. Wir werden insbesondere gemeinsam an der Konnektivität der EU arbeiten und eine evidenzbasierte Diskussion zum Thema Netzwerkgebühren sicherstellen, wobei wir uns darauf konzentrieren, zunächst eine eindeutige, faktengestützte Problemdefinition vorzunehmen, bevor bestimmte Instrumente in Erwägung gezogen werden. Ferner rufen wir die Kommission auf, sichere und offene EU-Systeme für die Cloud-Zertifizierung zu entwickeln, die für den internationalen Kontext gut gerüstet sind, ohne dass dabei Handelshemmnisse oder erhebliche Nachteile für europäische KMU entstehen. Unsere Länder haben die Bedeutung von Public Value und Digitalisierung betont und unterstrichen, wie wichtig es ist, Lösungen zur Schaffung einer sicheren und inklusiven digitalen Gesellschaft zu finden.

Unternehmen in der EU müssen für den erfolgreichen Übergang hin zu einer grünen und digitalen Wirtschaft Investitionen in noch nie dagewesenem Umfang tätigen. Es ihnen zu ermöglichen, die notwendigen Mittel aus dem Privatsektor einzuwerben, ist für die Förderung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit, der offenen Autonomie und eines anhaltenden Wachstums von zentraler Bedeutung.

Deutschland und die Niederlande bekennen sich zum Aufbau einer starken und voll funktionsfähigen Kapitalmarktunion, die unseren Bürgerinnen und Bürgern sowie unseren Unternehmen dient und private Investitionen fördert, die zur Bewältigung der durch den grünen und digitalen Wandel entstehenden Herausforderungen erforderlich sind. Wir sind der Ansicht, dass die europäischen Kapitalmärkte ihr volles Potenzial noch nicht ausgeschöpft haben und ein stärkerer und integrativerer EU-Kapitalmarkt von entscheidender Bedeutung ist. Neben unseren Anstrengungen, den Aktionsplan 2020 für die Kapitalmarktunion umzusetzen und zu schnellen Fortschritten mit Blick auf aktuelle Vorschläge beizutragen, werden wir gemeinsam daran arbeiten, den Kapitalmarktzugang für Unternehmen, auch für Start-ups und expandierende Jungunternehmen, zu erleichtern und neue Investitionen von Institutionen und aus dem Privatsektor zu mobilisieren. Zu diesem Zweck werden wir uns auch um gemeinsame Lösungen zur Verbesserung des europäischen Exit-Marktes für expandierende Jungunternehmen bemühen.

Vor dem Hintergrund des jüngsten Deutsch-Niederländischen Klimakabinetts (Oktober 2022) haben wir die enge Zusammenarbeit im Bereich der europäischen Klima- und Energiepolitik, auch innerhalb der EU-Freundesgruppe für ehrgeizige Klimaaußenpolitik, bekräftigt, und wir werden unsere Anstrengungen fortsetzen, eine schnelle und ambitionierte Umsetzung des Fit-für-55-Pakets sowie von REPowerEU zu gewährleisten und die EU auf den Pfad hin zu Klimaneutralität bis spätestens 2050 zu führen.

Im Vorfeld der COP 28 haben wir uns darauf verständigt, gemeinsam auf die Erhöhung der weltweiten klimapolitischen Zielsetzungen hinzuarbeiten, zum Beispiel durch den Klimaclub. Wir bekräftigen unsere Verpflichtung, die internationale öffentliche Unterstützung am Übergang hin zu sauberer Energie auszurichten und im Einklang mit der Begrenzung des Temperaturanstiegs auf 1,5 °C schrittweise aus fossilen Brennstoffen auszusteigen. Wir werden zusammenarbeiten, um die Umsetzung in beiden Ländern sicherzustellen.

Deutschland und die Niederlande werden gemeinsam an der Ausgestaltung eines EU-Strommarkts arbeiten, der das System besser für ein dekarbonisiertes, belastbares, flexibles und bezahlbares Energiesystem rüstet, das auf einem hohen Anteil an erneuerbaren Energien beruht.

Wir haben die Bedeutung der im letzten Jahr geschaffenen zusätzlichen Kapazitäten für die Versorgung mit Flüssigerdgas (LNG) sowie die derzeit großen Gasvorräte in Deutschland und den Niederlanden betont. Wir werden unsere enge Zusammenarbeit bezüglich einer sicheren Gasversorgung sowohl bilateral als auch auf EU-Ebene fortsetzen.

Mit Blick auf die Teilnahme der Niederlande an der H2Global-Initiative haben wir uns auf die nächsten Schritte geeinigt und werden ein gemeinsames Konzept für eine Wasserstoffeinfuhrpolitik sowie einen gemeinsamen Fahrplan entlang der Wertschöpfungskette entwickeln. Wir sind übereingekommen, enger an der synchronisierten Vernetzung unserer Wasserstoffinfrastruktur zu arbeiten, und zwar unter Beteiligung von Übertragungsnetzbetreibern und potenziellen Großabnehmern von Wasserstoff. Politische Entscheidungsträgerinnen und -träger auf beiden Seiten werden sich dafür einsetzen, fortwährende Kooperationsbemühungen zu ermöglichen und zu vertiefen. In einer gemeinsamen Sitzung zum Thema Wasserstoffinfrastruktur wurden die wichtigsten Diskussionspunkte ermittelt. In einem Folgetreffen Ende 2023 sollen die erzielten Fortschritte einer Bestandsaufnahme unterzogen und das weitere Vorgehen erörtert werden. Wir haben unterstrichen, wie bedeutsam eine gut vernetzte Infrastruktur zwischen beiden Ländern für die Dekarbonisierung des Industrie- und Mobilitätssektors ist. Wir werden gemeinsam allen Vorhaben den Weg ebnen, die die Einrichtung grenzüberschreitender Wasserstoffkorridore, darunter Delta Corridor, zum Ziel haben, und die für eine ehrgeizige Umsetzung nötigen Schritte ermitteln. Die ersten beiden Interkonnektoren könnten bis 2027 fertiggestellt werden.

Mit Blick auf die in der Erklärung von Esbjerg eingegangene Verpflichtung zum schnelleren Ausbau von Offshore-Windenergie werden wir gemeinsam ein regionales Ziel für den erforderlichen Offshore-Netzausbau einschließlich hybrider Interkonnektoren erarbeiten. Ferner werden wir gemeinsam die multifunktionale Nutzung des Fahrwassers für die Schifffahrt und die Energieinfrastruktur im Wattenmeer prüfen. Wir werden unsere Zusammenarbeit bei der Verlegung von Schifffahrtswegen fortsetzen, damit potenzielle Gebiete für Offshore-Windenergie gesichert werden können.

Deutschland und die Niederlande bekräftigen ihren Wunsch nach einer integrierten Zusammenarbeit in der Nordsee, um die Ziele der Energiewende sowie die Bemühungen um Naturschutz und Wiederherstellung der Natur zu unterstützen und um andere nachhaltige Nutzungsformen und Maßnahmen in der Nordsee zu ermöglichen.

Zusammen mit TenneT sind unsere beiden Regierungen derzeit damit befasst, den potenziellen vollständigen Verkauf/Erwerb von TenneT Deutschland (Onshore und Offshore) zu prüfen und zu verhandeln; Ziel ist die Schaffung starker, voneinander unabhängiger nationaler Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB), die für die ehrgeizigen Zielsetzungen der deutschen beziehungsweise niederländischen Energiewende gut gerüstet sind. Gemeinsames Ziel ist es, im Laufe dieses Sommers zu prüfen, ob eine für beide Seiten vorteilhafte Einigung erzielt werden kann. Deutschland und die Niederlande erkennen an, dass es zur Erreichung dieser Ziele von großer Bedeutung ist, dass im Falle einer Transaktion die fortdauernde Zusammenarbeit zwischen den ÜNB sichergestellt ist. Die deutsche und die niederländische Regierung verpflichten sich, die Zusammenarbeit zwischen den ÜNB zu unterstützen und ihre Fähigkeit, den großen Herausforderungen der Energiewende gerecht zu werden, weiter zu stärken.

Deutschland und die Niederlande haben eine lange gemeinsame Grenze und möchten die grenzüberschreitende Infrastruktur weiter verbessern und gegebenenfalls ausbauen. Im Rahmen des sogenannten intermodalen Dialogs werden gemeinsam mit Belgien Workshops zu Verkehrsplanungsmethoden und möglichen Projekten abgehalten, die grenzüberschreitende Auswirkungen auf Schienennetze und Wasserstraßen haben. Dazu könnten auch Verbesserungen der Infrastrukturkapazität gehören, die für strategische Mobilität von Bedeutung sind. Hinsichtlich des weiteren Ablaufs wird geprüft, ob es weitere Studien zu potenziellen Projekten geben soll. Mit Blick auf den Schienenverkehr könnte ein Informationsaustausch zu mehreren wichtigen Zugverbindungen wie Groningen-Bremen (s. Ausbau Lelylijn), Amsterdam-Berlin, Eindhoven-Venlo-Düsseldorf, die Rhein-Ruhr-Schienenverbindung (3RX) und der Nord-Ostsee-Korridor für den Schienengüterverkehr in Erwägung gezogen werden.

Um eine nachhaltige Zukunft für die Luftfahrt sicherzustellen und den Übergang dorthin zu fördern, haben sich beide Länder darauf verständigt, ihre Zusammenarbeit zu verstärken und sich gemeinsam mit einer Reihe gleichgesinnter Länder einer europäischen Vorreitergruppe anzuschließen. Diese Gruppe wird Strategien und Maßnahmen für eine höhere Produktion nachhaltiger Flugkraftstoffe und die Schaffung weiterer Anreize für deren Nutzung sowie die Unterstützung disruptiver Innovationen in der Luft- und Raumfahrtindustrie entwickeln.Im Bereich der Sicherheitstechnologie in der Luftfahrt arbeiten wir eng zusammen. Ein Kooperationsabkommen zu Forschungs- und Entwicklungsvorhaben wurde 2013 unterzeichnet und 2020 verlängert. Sicherheitsüberprüfungen in der Luftfahrt unterliegen enormen technologiebedingten Veränderungen. Durch die Einführung automatischer Systeme zur Durchleuchtung von Handgepäck könnten diese Überprüfungen deutlich sicherer und gleichzeitig Personalkosten eingespart werden. Wir treiben die notwendigen Änderungen der EU-Gesetzgebung voran und führen gemeinsame Studien und Untersuchungen durch. Im Bereich Digitalisierung und automatische Navigation/autonomes Fahren werden Deutschland und die Niederlande Wissen austauschen und einer Zusammenarbeit den Weg ebnen. Darüber hinaus wird Wissen zu grenzüberschreitenden Anwendungsfällen auf dem Gebiet der Digitalisierung des Güterverkehrs, der Logistik und der Mobilität ausgetauscht. Zu diesem Zweck wird noch vor diesem Sommer ein Runder Tisch mit Fachleuten beider Länder stattfinden.

Deutschland und die Niederlande werden ihre Zusammenarbeit im Bereich der nationalen Umsetzungspläne zur Ladeinfrastruktur weiter vertiefen. Die Niederlande werden Gesprächsrunden zu folgenden Themen ausrichten: 1) Ladeinfrastruktur für den Schwerlastverkehr (einschließlich Wasserstoff) und 2) Ladeinfrastruktur für Pkw. Beide Länder begrüßen die weitere Zusammenarbeit für das erleichterte Laden emissionsfreier schwerer Nutzfahrzeuge auf grenzüberschreitenden Routen, zum Beispiel eine Machbarkeitsstudie zum Einsatz einer grenzüberschreitenden dynamischen Ladeinfrastruktur.

Deutschland und die Niederlande sind sich einig, dass die weitere Zusammenarbeit in der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt (ZKR) von entscheidender Bedeutung ist, um auch in Zukunft eine effiziente, nachhaltige und widerstandsfähige Schifffahrt auf dem Rhein zu gewährleisten. Ferner werden unsere Länder ihre Zusammenarbeit insbesondere bezüglich Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel und der Abschwächung seiner Folgen fortsetzen und vertiefen. Darüber hinaus werden wir unsere Zusammenarbeit in den Bereichen Wasserbewirtschaftung und Wissensaustausch fortführen und verstärken mit dem Ziel, den Gefahren von Trockenheit, Überflutungen und Verschmutzung zu begegnen. Zu diesem Zweck unterstreichen Deutschland und die Niederlande die Bedeutung der Zusammenarbeit der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt (ZKR) mit der Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR), in deren Rahmen zusammen mit Akteuren aus verschiedenen Sektoren Maßnahmen erörtert werden.

Bilaterale Beziehungen zugunsten einer lebenswerten Gesellschaft

Deutschland und die Niederlande bekräftigen ihre Dialogformate und beabsichtigen, diese zu stärken. Unser Mechanismus für dreijährliche Regierungskonsultationen ist die zentrale Plattform für die Koordinierung unserer Beziehungen. Zusätzlich bestehen zahlreiche intensive bilaterale Kontakte zwischen den Ministerien, und es finden weitere Ad-hoc-Beratungen zu verschiedenen Themen auf politischer Ebene wie gemeinsame Kabinettssitzungen zu Klima- und Energiefragen statt.

Unsere Beziehungen werden nicht nur von unseren Regierungen, sondern auch von den Menschen in unseren Ländern gepflegt und gestärkt, darunter viele verschiedene Akteurinnen und Akteure aus Wirtschaft, Kultur und Zivilgesellschaft.

In vielen unterschiedlichen Bereichen bleiben unsere Länder wichtige Bezugspunkte füreinander. Deutschland und die Niederlande werden die bestehenden Dialogformate evaluieren und gemeinsam eine Plattform für den informellen Meinungsaustausch und die Entwicklung konkreter deutsch-niederländischer Initiativen schaffen. Wir beabsichtigen, die Konsultationen zwischen Interessenträgern aus dem Unternehmens- und Wissenschaftsbereich durch ein regelmäßiges bilaterales deutsch-niederländisches Forum, in dem die drängendsten aktuellen Herausforderungen für unsere Länder diskutiert werden, neu zu beleben.

Darüber hinaus möchten Deutschland und die Niederlande einen Konsultationsmechanismus für Jugendliche ins Leben rufen. Vor unseren nächsten Konsultationen wird ein erster Jugenddialog organisiert, der unter anderem zur Teilnahme der Jugendlichen an einem Teil der offiziellen Konsultationen führen soll. Unsere Außenministerien werden ferner ein gemeinsames deutsch-niederländisches Programm für die Diplomatenausbildung einrichten, um weitere Synergien und eine engere Zusammenarbeit zwischen unseren diplomatischen Diensten zu ermöglichen.

Deutschland und die Niederlande sind bestrebt, ihre Zusammenarbeit zu stärken und grenzüberschreitenden Bemühungen weiter den Weg zu ebnen, damit alle Menschen von den Vorteilen profitieren können, die unsere gemeinsame Grenzregion bietet. Wir sind entschlossen, die Herausforderungen anzugehen, denen sich die Bevölkerung in den Grenzregionen sowie Grenzgängerinnen und -gänger gegenübersehen, etwa mit Blick auf Sozialversicherung und Besteuerung.
Deutschland und die Niederlande werden ihren Wissens- und Erfahrungsaustausch zugunsten einer inklusiven, zugänglichen und nachhaltigen Kulturbranche intensivieren. Beide Länder betonen die Bedeutung des 25. Jahrestags der Washingtoner Prinzipien und sind fest entschlossen, ihre Anstrengungen zur Klärung von Fragen in Bezug auf Kunstwerke, die von den Nationalsozialisten beschlagnahmt wurden, zu verstärken. Unsere Länder werden bei der Aufarbeitung von Fragen zum kolonialen Erbe, etwa bei der Provenienzforschung, und auch im Rahmen von Projekten wie dem MuseumsLab eng zusammenarbeiten.

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