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Rede von Staatsministerin Katja Keul zur Verleihung des Ehrenpreises der Deutschen Afrika-Stiftung (DAS) an S.E. Martin Kimani

12.12.2022 - Rede

Sehr geehrter Herr Botschafter Kimani,

seit meinem Amtsantritt als Staatsministerin im Auswärtigen Amt habe ich mir auf meinen zahlreisen Reisen einen ganz persönlichen Eindruck von der Vielfalt und Vielseitigkeit des afrikanischen Kontinents verschaffen können.

Auch Ihr Heimatland Kenia habe ich vor kurzem besucht.

Kenia und Deutschland verbindet eine vertrauensvolle, langjährige Zusammenarbeit.

Wir feiern nächstes Jahr das 60. Jubiläum unserer diplomatischen Beziehungen.

Und gerade haben wir am Rande der COP 27 eine Klima- und Entwicklungspartnerschaft geschlossen.

Dies ist ein Bereich, in dem wir viel voneinander lernen können.

Kenia ist Deutschland bei der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien voraus, oder auch bei digitalen Innovationen, etwa dem elektronischen Zahlungsmittel M-PESA.

Kenia ist aber auch Stabilitätsanker in einer volatilen, konfliktreichen Region und hat sich – gerade in jüngerer Zeit – um diplomatische Lösungen der Krisen in Äthiopien und Ostkongo verdient gemacht.

Als VN-Botschafter Kenias, lieber Herr Kimani, waren diese Konflikte sicher häufig auf Ihrer Tagesordnung - vor allem als Kenia einen nicht-ständigen Sitz im VN Sicherheitsrat innehatte.

Für Ihren unermüdlichen und aufrechten Einsatz für Frieden und die Einhaltung des Völkerrechts in den letzten zwei Jahren, möchte ich Ihnen von Herzen danken.

Meine Damen und Herren,

dieses Jahr sind wir alle Zeugen eines im 21. Jahrhundert nicht mehr für möglich gehaltenen Angriffskrieges geworden.

Mit dem russischen Überfall auf die Ukraine am 24. Februar wurden die grundlegenden Prinzipien des Völkerrechts und der UN-Charta mit Füßen getreten.

Russland führt diesen Krieg bis heute ohne Rücksicht auf Verluste und Kollateralschäden.

Hauptsächlich Leidtragende sind die Ukrainerinnen und Ukrainer, die – nun schon seit Monaten mit einer gnadenlosen Zerstörung ihrer zivilen Infrastruktur – Wasser, Strom, Transportwege – leben müssen, von dem menschlichen Leid ganz zu schweigen.

Aber auch wir alle, in Afrika und Europa, spüren die Auswirkungen, sei es in Form wirtschaftlicher Verwerfungen, einer verschärften Ernährungs-unsicherheit oder einer ungekannten Energiekrise.

Die vergangenen zehn Monate haben die internationale Gemeinschaft zutiefst erschüttert. Staaten auf allen Kontinenten sind seitdem darum bemüht, die Grundlagen unserer Weltordnung zu bewahren und zu verhindern, dass sich der Einsatz kriegerischer Gewalt durchsetzt.

wir haben uns heute hier versammelt, um einen Auftritt für die Verteidigung der multilateralen Weltordnung zu ehren. Einen Auftritt, der uns allen im Gedächtnis geblieben ist.

ihre Rede am 21. Februar im UN-Sicherheitsrat, wenige Tage vor dem russischen Angriff, fasst eindrücklich zusammen, worum es bei diesem Konflikt geht:

Nicht darum, sich für eine Seite in dem Konflikt zu entscheiden.

Sondern darum, die Grundprinzipien unseres friedlichen Zusammenlebens – staatliche Souveränität, territoriale Unversehrtheit, Verzicht auf Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele – zu schützen.

Dies ist für uns als internationale Gemeinschaft von zentraler Bedeutung, ja überlebenswichtig, egal ob in Europa oder Afrika, Lateinamerika oder Asien.

Letztlich geht es darum, die Stärke des Rechts über das Recht des Stärkeren siegen zu lassen.

Diese prinzipienfeste Haltung haben Sie, hat Kenia konsequent verfolgt, in den VN, in Sicherheitsrat und Generalversammlung, und darüber hinaus.

Zugleich ist Ihre Rede ein starkes Plädoyer dafür, sich der eigenen, oft schmerzhaften Vergangenheit zu stellen.

Nicht, um in Bitterkeit zu verfallen, sondern um aus Fehlern zu lernen und etwas Neues und Besseres zu schaffen.

Sie erinnern eindrücklich daran, wie afrikanische Staaten aus den Trümmern der Kolonialreiche des 19. Jahrhunderts entstanden sind.

In Grenzen, die nicht in Afrika, sondern in Europa, ja, auch hier in Berlin, gezogen wurden.

Afrikanische Staaten und Gesellschaften haben sich wieder und wieder dagegen entschieden, diese Grenzen gewaltsam neu zu ziehen.

Stattdessen treiben afrikanische Länder die regionale Integration politisch, ökonomisch und gesellschaftlich voran.

Das erinnert an den langen Weg der europäischen Integration.

Und gleichzeitig erinnern uns diese Grenzen als Europäer daran, dass wir uns weiter unserer Kolonialgeschichte stellen müssen, um eine wahre Partnerschaft mit unserem Nachbarkontinent zu verwirklichen.

Diese Partnerschaft ist für unsere beiden Kontinente zentraler denn je.

Vor dem Hintergrund einer wechselhaften Vergangenheit verbindet Europa und Afrika eine gemeinsame Zukunft.

Die lange Liste der heutigen globalen Herausforderungen – Frieden, nachhaltige Entwicklung und insbesondere der Kampf gegen den Klimawandel – kann nur gemeinsam gemeistert werden.

Als Bundesregierung haben wir uns in diesem Jahr sehr dafür eingesetzt, die Beziehungen zu unseren afrikanischen Partnern zu intensivieren:

Sei es im EU-Rahmen auf dem EU-AU-Gipfel im Februar, gemeinsam mit unseren G7-Partnern oder auf bilateraler Ebene durch vielzählige Besuche in beide Richtungen.

Es ist gerade erst einen Monat her, dass Ihr neuer Außenminister an dem G7-Außenministertreffen in Münster teilnahm und dort Kenias geopolitische Perspektive mit in die Diskussion einbrachte.

Dabei haben wir mit unseren afrikanischen Partnern gemeinsam konkrete Ergebnisse erzielt:

Durch die Gründung der Global Alliance on Food Security (GAFS) konnten wir einen entscheidenden Schritt hin zu mehr Ernährungssicherheit gehen.

Bei der jüngsten Klimakonferenz in Ägypten, der „afrikanischen“ COP, haben wir uns erstmals auf solidarische Finanzierungsmechanismen für Loss & Damage geeinigt.

Diese werden insbesondere afrikanischen Staaten zugutekommen.

Und durch das EU-Afrika Global Gateway Investment Package setzen wir konkrete Impulse für eine grüne und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung, die unsere beiden Kontinente näher zusammenbringt.

Wir wollen diese Zusammenarbeit fortführen und weiter intensivieren.

Daran wird uns auch der russische Angriffskrieg nicht hindern!

Dabei werden wir weiter für unsere Position werben.

Es ist aber auch klar, dass ein bloßes „Für oder gegen uns!“ den vielfältigen Beziehungen zwischen Europa und Afrika nicht gerecht wird.

Vielmehr geht es darum, unsere Partnerschaft auf Grundlage geteilter Werte zu gestalten.

Genau um diese Werte einer kontinent-übergreifenden Zusammenarbeit geht es:

Die Wahrung der UN-Charta, die Grundprinzipien der internationalen Ordnung, geschichts-bewusstes, aber nicht deterministisches Handeln, Multilateralismus.

Diese Werte haben Sie im Angesicht einer kriegerischen Bedrohung auf beeindruckende Weise miteinander zu einem klaren Plädoyer für ein friedliches Zusammenleben auf Grundlage des internationalen Rechts verbunden.

Die Deutsche Afrika-Stiftung sendet mit dem diesjährigen Ehrenpreis ein starkes Signal für mehr globale Verständigung.

Lieber Botschafter Kimani, ich gratuliere Ihnen ganz herzlich hierzu.

Und ich hoffe, dass diese Preisverleihung ein weiterer Schritt in unserer auf gegenseitigem Respekt und gemeinsamen Interessen gegründete Partnerschaft zwischen Europa und Afrika ist.

Ich danke Ihnen.

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