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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 25.11.2019
- Geleakter Bericht zur systematischen Unterdrückung der Uiguren in der Autonomen Region Xinjiang
- Berichterstattung über ein Gespräch zwischen der Bundeskanzlerin und dem französischen Präsidenten
- Zypernkonflikt
- Inhaftierung eines für die deutsche Botschaft in Ankara arbeitenden Rechtsanwalts
- Pressefreiheit in Ägypten
- Positionspapier der SPD zu Rüstungsexporten
- Reise von AfD-Abgeordneten nach Syrien
- Bericht der OPCW zum angeblichen Giftgasangriff in Duma
- Bericht des UN-Sonderbeauftragten für Folter über Julian Assange
- Weitere Informationen
Geleakter Bericht zur systematischen Unterdrückung der Uiguren in der Autonomen Region Xinjiang
FRAGE REMME: Ich habe eine Frage an Herrn Seibert und auch Frau Adebahr. Es geht um die Veröffentlichungen, die unter dem Titel “China Cables” jetzt auf dem Markt sind. Das sind Ausmaße an Internierung und Unterdrückung der Uiguren, die nach Meinung von Experten offenbar auch einen historischen Vergleich mit anderen Staaten der Vergangenheit nicht scheuen müssen.
Welche eigenen Erkenntnisse hat die Bundesregierung? Wie bewertet sie das, was jetzt bekannt geworden ist? Welche Reaktionen wird es von Ihrer Seite aus geben?
ADEBAHR (AA): Die anhaltenden Berichte über die Situation der Uiguren, von der bis zu einer Million Menschen in den sogenannten Umerziehungslagern in Xinjiang betroffen sind, verfolgen wir mit größter Sorge, auch nach den neuerlich bekannt gewordenen Berichten über die Situation dort.
Wir sind seit geraumer Zeit mit der chinesischen Seite zu dem Thema der Uiguren immer wieder im sehr ernsten Gespräch und fordern die chinesische Regierung natürlich weiterhin dazu auf, die Menschenrechtssituation, die dort eklatant schlecht ist, zu verbessern und der UN-Hochkommissarin sowie internationalen Experten ungehinderten Zugang dorthin zu gewähren. Die Lage der Uiguren war schon Schwerpunktthema beim jüngsten deutsch-chinesischen Menschenrechtsdialog im Dezember 2018. Wir sind mit der chinesischen Seite weiterhin darüber im Gespräch mit dem Ziel, dass die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung die Region besuchen kann.
Wir haben im EU-Rahmen und in VN-Gremien sowie über unsere bilateralen Kanäle wiederholt unsere große Besorgnis über die Berichte und die mutmaßlichen Zustände dort zum Ausdruck gebracht, zuletzt auch im Menschenrechtsausschuss der Generalversammlung der Vereinten Nationen, in dem wir gemeinsam mit 23 anderen Staaten ein Statement dazu abgegeben haben.
Wir werden uns die Lage natürlich weiter anschauen. Es ist sicher anzunehmen, dass wir auch die Gelegenheit zum weiteren Dialog über diese Situation sowohl in internationalen Gremien als auch bilateral mit der chinesischen Seite wahrnehmen werden.
ZUSATZFRAGE REMME: Schon seit Tagen sind Forderungen vonseiten des uigurischen Weltkongresses bekannt, aufgrund dieses Systems der Unterdrückung Sanktionen gegen China zu ergreifen, auch vonseiten der Bundesregierung. Ist das eine Option?
ADEBAHR: Ich denke, wir werden mit der chinesischen Seite jetzt erst einmal weiter so, wie wir es schon seit geraumer Zeit mit Nachdruck tun, die Lage der Uiguren dort thematisieren.
SEIBERT (BReg): Wichtig ist auch, was im Zusammenhang mit der Befassung in der UN-Vollversammlung gefordert wurde, dass nämlich der Menschenrechtsbeauftragten der Vereinten Nationen ungehinderten Zugang zu den Einrichtungen, die jetzt im Mittelpunkt auch der Leaks stehen, gewährt werden muss.
FRAGE BRÖSSLER: Herr Seibert, hält es die Bundesregierung angesichts dessen, was man über die Umerziehungslager, die Uiguren betreffen, weiß, für verantwortbar, wenn deutsche Unternehmen und deutsche Konzerne in der Region Xinjiang investieren und dort Fabriken betreiben?
SEIBERT: In einer Situation, in der es keine Sanktionen oder sonstigen rechtlichen Regelungen, die das verbieten würden, gibt, ist das zunächst einmal eine unternehmerische Entscheidung. Natürlich liegen jetzt Berichte über Menschenrechtsverletzungen und über Lager vor, die uns in höchster Weise besorgt machen. Deswegen haben wir gerade dargelegt, dass sich Deutschland im Verbund mit anderen Staaten sehr dafür einsetzt, dass ein Zugang zu diesen Einrichtungen möglich ist und dass unabhängige Berichte vorgenommen werden können.
ZUSATZFRAGE BRÖSSLER: Sollten sich diese Berichte aus Sicht der Bundesregierung bestätigen, würde die Bundesregierung erwarten, dass sich deutsche Unternehmen aus ethischen Gründen aus dieser Region zurückziehen?
SEIBERT: Ich habe heute hier den deutschen Unternehmen keinen Ratschlag zu geben. Wir müssen uns jetzt darauf konzentrieren, dass diese Berichte überprüft, dass sie vor allem unabhängig überprüft werden können, von Vertretern der Vereinten Nationen und von der Menschenrechtsbeauftragten, und dass es der Weltgemeinschaft möglich ist, sich davon ein Bild zu machen.
FRAGE HÜSCH: Können Sie ausschließen, dass deutsche Unternehmen von den Repressionen gegen die Minderheiten in Form von Zwangsarbeit profitieren?
SEIBERT: Dazu kann ich Ihnen hier keine Auskunft geben. Mir liegen darüber keine Informationen vor.
FRAGE JESSEN: Für wie glaubwürdig hält die Bundesregierung die geleakten Berichte? Die chinesische Regierung spricht von Fälschungen und behauptet schon seit Längerem, die Uiguren seien freiwillig und auf eigenen Wunsch in diesen Lagern. Haben Sie eigene Erkenntnisse über Glaubhaftigkeit und Wahrheit dieser Angaben, oder werden Sie sich bemühen, Zugang zu den geleakten Akten zu bekommen, um sie eventuell verifizieren oder falsifizieren zu können?
ADEBAHR: Ich habe ausgeführt, dass uns die Lage der Uiguren in dieser Provinz und in den sogenannten Umerziehungslagern besorgt macht, weil wir schon seit geraumer Zeit Anlass dafür haben, zu glauben, dass die Menschenrechtslage für die Personen, die dort interniert sind, extrem schlecht ist. Das heißt, es ist seit geraumer Zeit ein Thema im Dialog mit der chinesischen Seite, ein Thema, das wir mit den chinesischen Vertretern immer wieder ansprechen. Denn diese Berichte gibt es ja nicht erst seit heute Morgen, sondern es gibt sie seit geraumer Zeit. Wir sind darüber schon seit geraumer Zeit im Gespräch.
ZUSATZFRAGE JESSEN: Halten Sie das, was jetzt geleakt worden ist, für glaubwürdig, glaubhaft, authentisch oder für gefälscht?
ADEBAHR: Ich will darüber hier kein Zeugnis abgeben. Für die Bundesregierung kann ich, denke ich, sagen, dass uns Berichte, die zu größter Sorge Anlass geben, schon seit geraumer Zeit erreichen und dass wir diese Sorge haben.
FRAGE DR. RINKE: Frau Adebahr, Sie haben eben auf die Menschenrechtsbeauftragte hingewiesen. Haben Sie einen Termin, wann sie in die Region reisen könnte?
Wann findet die nächste Runde des deutsch-chinesischen Menschenrechtsdialogs statt? Sie hatten als letzten Termin Dezember 2018 erwähnt. Ist ein neuer Termin in Planung und, wenn ja, für wann?
Herr Seibert, gibt es aus Sicht der Bundesregierung einen Zusammenhang zwischen diesen Vorwürfen und der Vergabe beim 5G-Ausbau an möglicherweise auch chinesische Firmen?
ADEBAHR: Zu Ihren ersten beiden Fragen: Nein, ich kann Ihnen im Moment weder für das eine noch für das andere einen Termin nennen.
SEIBERT: Wir haben unsere Sorge bezüglich dessen, was über die Behandlung der Uiguren in Xinjiang sowieso schon bekannt ist und was jetzt durch Dokumente, die an die Öffentlichkeit geraten sind, noch verstärkt wird, schon ausgedrückt.
Bei dem Thema Huawei geht es für uns um Sicherheitsinteressen, und zwar um Sicherheitsinteressen beim Aufbau unseres 5G-Netzes, das natürlich gegen Missbrauch und mögliche Sabotage gesichert werden muss. Dies gilt gegenüber allen Bewerbern, gegenüber allen Firmen und Unternehmen, die sich an diesem Aufbau beteiligen wollen. Deswegen haben wir ‑ das haben wir nun oft gesagt ‑ die Sicherheitsanforderungen verstärkt und vertieft und werden diese Anforderungen an alle möglichen Bewerber stellen.
FRAGE REMME: Ich höre, dass das Wort „Sorge“ das bestimmende Wort ist. Frau Adebahr, Sie selbst sagen ja, dass seit geraumer Zeit darüber berichtet wird, sich an den Zuständen aber offenbar nichts ändert. Ich frage mich, wann zu dem Wort „Sorge“ das Wort „Protest“ dazukommt.
Wenn Sie nicht in freie unternehmerische Entscheidungen eingreifen wollen, wäre ein Zeichen, das Sie setzen könnten, zum Beispiel die Ausbildung der wenigen chinesischen Soldaten an der Führungsakademie auszusetzen. Ist das eine Option, Herr Fähnrich?
FÄHNRICH (BMVg): Zur Ausbildungsunterstützung Chinas haben wir uns ja geäußert. Das wird natürlich von Jahr zu Jahr immer neu betrachtet. Der aktuelle Stand ist ‑ das habe ich, meine ich, vorletzte Woche gesagt ‑, dass wir 15 dieser Soldaten hier in Deutschland an den unterschiedlichsten Stellen ausbilden und versuchen, unsere Werte von Demokratie, unsere Werte der Parlamentsarmee weiterzugeben, und dass zurzeit ein Angebot unsererseits an die chinesische Seite vorhanden ist. Dazu liegt noch keine abschließende Bewertung vor.
FRAGE GAVRILIS: Hat die Bundesregierung in der Vergangenheit konkret die Schließung dieser sogenannten Umerziehungslager gefordert?
ADEBAHR: Wir haben ungehinderten Zugang für VN-Stellen und auch unsere Menschenrechtsbeauftragte gefordert, damit sie sich auch im internationalen Rahmen ein objektives Bild davon machen können, was dort wirklich vor sich geht. Wir haben auch auf die Berichte, die es gibt, aufmerksam gemacht, wonach die Menschenrechtslage in diesen Einrichtungen sehr schlecht ist.
FRAGE BRÖSSLER: Frau Adebahr, Sie sprechen vom Dialog mit der chinesischen Seite. Können Sie diesen Dialog einordnen? Wie findet er statt? Haben Sie den Eindruck, dass man auf offene Ohren auf chinesischer Seite stößt, dass auf Kritik überhaupt irgendwie reagiert wird und dass es dabei irgendwelche Fortschritte gibt, oder weist die chinesische Seite das einfach nur brüsk zurück, sodass der Dialog eigentlich eher ein Monolog von deutscher Seite ist?
ADEBHAR: Uns allen ist, denke ich, klar, dass das ein schwieriges Thema mit der chinesischen Regierung ist. Wir werden sicherlich ‑ das habe ich eben ausgeführt ‑ in den nächsten Tagen und Wochen auch zu diesem Thema weiter mit der chinesischen Seite sprechen. Welche Termine und Gelegenheiten sich im internationalen Rahmen und bilateral dafür bieten, wird man sehen müssen.
Berichterstattung über ein Gespräch zwischen der Bundeskanzlerin und dem französischen Präsidenten
FRAGE DR. DELFS: Ich habe eine Frage zu dem Artikel in der „New York Times“, wonach es bei einem Dinner beim Bundespräsidenten, bei dem Herr Macron und auch die Kanzlerin anwesend waren, zu einem ziemlich heftigen Wortwechsel gekommen sein soll, bei dem sich die Kanzlerin darüber beklagt habe, dass sie das Porzellan, das Herr Macron zerschlage, immer wieder kitten müsse. Zumindest kann man ja sagen, dass sie in den letzten Tagen auf jeden Fall ihr Befremden über manche seiner Äußerungen auch selbst schon ausgedrückt hat. Können Sie bestätigen, dass es dort auch diesen Wortwechsel gegeben hat?
SEIBERT (BReg): Das Gespräch fand im Rahmen eines Abendessens beim Bundespräsidenten am Tag nach der Feier zum Jubiläum des Mauerfalls statt. Das Gespräch war natürlich vertraulich. Wie Sie wissen, berichten wir grundsätzlich nicht aus solchen vertraulichen Gesprächen.
Ich kann Ihnen aber so viel sagen: In der Erinnerung der Bundeskanzlerin an diesen Abend gab es weder Klage noch Wut oder Streit. Was es gab, war eine wunderbare Runde, in der es im Wesentlichen um die Ereignisse und die Entscheidungen von vor 30 Jahren hin zur deutschen Einheit ging.
Daneben ging es auch um die oft unterschiedlichen politischen Herangehensweisen Deutschlands und Frankreichs an Themen und Herausforderungen sowie um die Tatsache, dass wir stets gemeinsame Lösungen suchen und finden. Das war Inhalt und Geist dieses Abendessens.
ZUSATZFRAGE DR. DELFS: Kann man Ihre Worte dann in dem Sinne zusammenfassen, dass Sie diese Geschichte in der „New York Times“ dementieren, könnte man das also so schreiben?
SEIBERT: Ich finde, es war kurz genug, als dass Sie es insgesamt zitieren könnten.
FRAGE: Was genau wirft die Kanzlerin Emmanuel Macron vor?
SEIBERT: Ich habe doch gerade gesagt, dass es in der Erinnerung der Bundeskanzlerin an diesem Abend weder Klage noch Wut noch Streit gab. Ansonsten behandeln wir dieses wie alle anderen Treffen als ein vertrauliches und geben darüber keine Auskunft. Den Geist und den Inhalt dieses Abendessens habe ich gerade aber zu beschreiben versucht.
FRAGE DR. RINKE: Herr Seibert, dann kommen wir von dem Abendessen einmal etwas weg zu den Inhalten, die aber trotzdem interessant sind: Würden Sie denn sagen, dass es wirkliche Meinungsfreiheiten zwischen der Kanzlerin und dem französischen Präsidenten erstens beim Thema NATO ‑ und damit meine ich nicht nur den „Hirntod“, sondern auch generell die Entwicklung der NATO ‑ und zweitens bei den unterschiedlichen Blickweisen auf die Beitrittsperspektive der Länder des westlichen Balkans gibt?
SEIBERT: Zum Thema NATO hat die Bundeskanzlerin ja mit Blick auf das Interview des französischen Präsidenten das Ihre dazu gesagt, nämlich dass sie das anders ausdrücken würde und dass sie, wie sie meiner Erinnerung nach sagte, einen solchen Rundumschlag nicht für notwendig gehalten hätte.
Was das Thema Westbalkan betrifft, konkret also die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien und Albanien, die leider ‑ aus unserer Sicht leider ‑ beim letzten Europäischen Rat nicht beschlossen werden konnte, sind wir unter den vielen europäischen Mitgliedstaaten, die das bedauern und hatten beim letzten Europäischen Rat erkennbar eine andere Herangehensweise als unsere französischen Freunde und Partner.
Ich habe ja auch gesagt: Es gibt immer wieder diese unterschiedlichen politischen Herangehensweisen an einzelne Themen, einzelne Herausforderungen. Das liegt auch in der Natur der ganz unterschiedlichen politischen Kultur unserer beiden Länder. Es gibt aber immer den Versuch ‑ und der ist fast immer erfolgreich ‑, einen gemeinsamen Weg, eine gemeinsame Lösung zu finden. Daran arbeitet die Bundeskanzlerin mit Emmanuel Macron.
ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Würden Sie sagen, dass Macron in Osteuropa ‑ die Kanzlerin hat ja sehr viele Kontakte dahin ‑ Porzellan zerschlagen hat? Es gibt dabei ja noch eine dritte Komponente, nämlich die Avancen Richtung Russland.
SEIBERT: Es ist ja nicht an mir als Regierungssprecher, für osteuropäische Staaten zu sprechen. Deutschland und Frankreich sehen beide die Notwendigkeit, den Staaten des westlichen Balkan die europäische Perspektive nicht nur zu geben, sondern sie auch in die Praxis umzusetzen. Der Weg dahin ist nun beim letzten Europäischen Rat jedenfalls strittig gewesen. Für den französischen Präsidenten war es vorrangig, eine Reform des Beitrittsverfahrens in die Wege zu leiten. Grundsätzlich sind wir damit einverstanden, Reformen vorzunehmen. Dennoch sehen wir, wie die meisten anderen europäischen Mitgliedstaaten, die Notwendigkeit, Versprechen gegenüber Albanien und Nordmazedonien, die beide viele von den Forderungen umgesetzt haben, die man ihnen gestellt hat, auch umzusetzen.
FRAGE JESSEN: Herr Seibert, da Sie eben das Wort Rundumschlag als Bewertung der Kanzlerin eingeführt haben ‑ ‑
SEIBERT: Nein, das habe ich nicht eingeführt, das war ein Zitat der Bundeskanzlerin.
FRAGE JESSEN: Ja, danke schön; ich meinte qua Zitat hier in die Diskussion eingeführt haben. ‑ War das ein solitärer Rundumschlag oder erkennt die Kanzlerin im Handeln Herrn Macrons häufiger das Muster Rundumschlag?
SEIBERT: Ich habe über die gute, enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit der Bundeskanzlerin mit dem französischen Präsidenten jetzt nichts weiter zu sagen. Frankreich ist unser wichtigster Partner und Freund in Europa, und dementsprechend gestaltet sich die Zusammenarbeit. Das macht uns nicht zu Ländern, die gleich sind, und darin liegt auch der Reiz.
ZUSATZ JESSEN: Also vertrauensvolle Rundumschläge.
SEIBERT: Das halte ich jetzt nicht für eine Frage.
FRAGE BRÖSSLER: Worin bestehen die unterschiedlichen Herangehensweisen beim Thema NATO? Sieht die Kanzlerin, die ja oft betont hat, dass sie die Sicherheit Deutschlands und Europas stark mit der NATO verknüpft und die NATO für die Zukunft auch wieder stärken will, in diesem Wunsch im französischen Präsidenten noch einen Verbündeten oder inzwischen eher einen Gegner?
SEIBERT: Alle NATO-Mitgliedstaaten sind unsere Verbündeten. Wenn ich sage und betone, dass Frankreich unser wichtigster Partner in Europa ist, dann bedeutet das natürlich auch, dass Frankreich für uns in der NATO einer der wichtigsten Partner ist.
ZUSATZFRAGE BRÖSSLER: Konkret nachgefragt: Der französische Präsident hat gesagt, Europa könne sich selber verteidigen. Teilt die Bundeskanzlerin diese Auffassung?
SEIBERT: Auch die Bundeskanzlerin hat ja in der Vergangenheit häufiger darüber gesprochen, dass es für Europa richtig und angezeigt ist, zu seiner eigenen Verteidigung, zu seiner eigenen Sicherheit mehr beizutragen ‑ aber nicht anstelle der NATO, sondern innerhalb ihres NATO-Engagements und nicht, um das NATO-Engagement sozusagen zu ersetzen.
Die NATO muss sich ‑ das haben wir hier ja auch neulich schon gehabt ‑ immer sich verändernden Bedingungen anpassen, und das hat sie über die Jahrzehnte als ein starkes Bündnis auch geschafft. So ist immer wieder ein neuer Diskussionsprozess in der NATO nötig. Der Außenminister hat dazu gerade einen Vorschlag gemacht ‑ der richtig ist und der auch die Unterstützung der Bundeskanzlerin hat ‑, um die NATO an die Entwicklungen im Sicherheitsumfeld anzupassen. Dabei werden die Meinungen und die Haltungen aller Verbündeten, natürlich auch Frankreichs, in die Diskussion einfließen.
Zypernkonflikt
FRAGE TOWFIGH NIA: Frau Adebahr, heute finden in Berlin informelle Zypern-Gespräche statt. Welche Rolle spielt Ihr Haus bei den Gesprächen und wie steht Ihr Haus zu diesen Gesprächen?
ADEBAHR (AA): Wir sprechen uns für die Wiederaufnahme des VN-geführten Verhandlungsprozesses im Zypernkonflikt aus. Deshalb unterstützen wir auf Bitten der Vereinten Nationen das informelle trilaterale Treffen von VN-Generalsekretär Guterres mit den beiden zyprischen Volksgruppenführern heute in Berlin. Das ist sowohl eine finanzielle als auch eine logistische Unterstützung ‑ so etwas nennt man, glaube ich, im Diplomatenenglisch “good services”. Wir leisten also gute Dienste, damit die Teilnehmer in vertrauensvoller, ruhiger Atmosphäre miteinander ins Gespräch kommen, weil wir dafür sind, dass dieser Prozess in Richtung eines dauerhaften Friedens und Ergebnisses wiederaufgenommen wird.
ZUSATZFRAGE TOWFIGH NIA: Wie sehen Sie die Chancen für die Wiederbelebung des Friedensprozesses? Es gab ja schon früher mehrere Gesprächsrunden, die zu keinem Ergebnis geführt hatten.
ADEBAHR: Das Gespräch heute Abend müsste erst einmal abgewartet werden, und dann sind sicherlich die Vereinten Nationen diejenigen, die sagen müssen, wie aus ihrer Sicht die Erfolgschancen stehen. Dass es in dem lange andauernden Prozess immer wieder Vorwärtsschritte und auch viele Rückwärtsschritte gegeben hat und dass es dort stockt, ist, glaube ich, kein Geheimnis. Insofern ist es ja gerade richtig und gut, dass man miteinander spricht, und wir freuen uns, wenn wir hier durch gute Dienste einen kleinen Teil beitragen können.
Inhaftierung eines für die deutsche Botschaft in Ankara arbeitenden Rechtsanwalts
FRAGE HÜSCH: Frau Adebahr, zu Ihrem Botschaftsanwalt in der Türkei, der nun länger als erlaubt in erschwerter Einzelhaft sitzt: Kennen Sie die Gründe dafür? Was hat die Bundesregierung bislang dagegen unternommen?
ADEBAHR (AA): Wir wissen von der Einzelhaft und wir sind auf verschiedenen Ebenen in sehr ernsthaften Gesprächen mit der türkischen Seite, zuletzt eben auch Außenminister Maas mit seinem türkischen Kollegen, Herrn Çavuşoğlu, um dort Verbesserungen zu erreichen. Wie wir die Verhaftung sehen, nämlich dass sie für uns nicht nachvollziehbar ist, dass wir das einfach nicht nachvollziehen können, dass die Arbeit des Kooperationsanwaltes aus unserer Sicht eine ganz normale Sache ist, die im europäischen Rahmen üblich ist und auch dieser Anwalt ein Kooperationsanwalt in diesem Rahmen war, haben wir der türkischen Seite gesagt, und wir sind dazu quasi täglich in Gesprächen auch mit der türkischen Seite.
ZUSATZFRAGE: Habe Sie eine Vorstellung, warum er in erschwerter Einzelhaft, und das länger als erlaubt, sitzt?
ADEBAHR: Wir haben zu dem Anwalt, weil er ein türkischer Staatsbürger ist, im Moment keinen konsularischen Zugang. Insofern ist es für uns schwierig und wir haben als Botschaft kein eigenes Bild von den Haftbedingungen, weil wir dort keinen konsularischen Zugang haben. Um den bemühen wir uns natürlich, aber wie Sie wissen, ist es ein Unterschied, ob es sich um einen deutschen oder einen türkischen Staatsangehörigen handelt. Insofern kann ich Ihnen nur berichten, dass wir von einer Einzelhaft wissen, aber ich kann Ihnen leider nichts zu den konkreten Zuständen sagen.
ZUSATZFRAGE HÜSCH: Eine zweite Frage an das Innenministerium: Stimmt es, dass die 43 Asylbewerber, deren Akten beschlagnahmt worden sind, politisches Asyl bekommen?
RUWWE-GLÖSENKAMP (BMI): Wir haben Ihnen ja letzte Woche schon gesagt, dass wir in den Fällen von Asylverfahren, die von diesem Sachverhalt betroffen sind, in der letzten Woche sofort eine asyl- und auch datenschutzrechtliche Prüfung eingeleitet haben. Die Ergebnisse dieser Prüfung werden selbstverständlich auch in die Prüfung einfließen, ob die Personen, die davon betroffen sind, einen Schutzstatus bekommen oder nicht. Das ist aber in jedem Einzelfall individuell zu prüfen, und das wird dann in diesen Fällen auch getan.
ZUSATZFRAGE HÜSCH: Sie können also nicht bestätigen, dass die bereits politisches Asyl bekommen haben und im Schutzstatus sind?
RUWWE-GLÖSENKAMP: Nach den mir vorliegenden Informationen werden diese Asylverfahren weiter geprüft, aber dieser Sachverhalt fließt in die asylrechtliche Prüfung ein.
FRAGE JESSEN: Frau Adebahr, die Vertragsanwälte ‑ Sie haben das eben noch einmal beschrieben ‑ sind ja in gewisser Weise sowohl ein positiver Faktor als auch eine Schwachstelle: Sie kennen sich aus in den Gesetzen des Landes, gleichwohl können türkische Behörden eher auf sie zugreifen. Führt diese Schwachstellenfunktion, die dann Asylbewerber auch negativ betreffen kann, dazu, dass Sie das Instrument der Vertragsanwälte möglicherweise aussetzen oder dass sie zukünftig von deutschen Juristen prüfen lassen, die ja solche Funktionen auch übernehmen können?
ADEBAHR: Wir haben es für die Türkei im Moment ausgesetzt. Das heißt, wir arbeiten in der Türkei im Moment nicht mit Kooperationsanwälten, weil wir uns eben alle Fragen, die damit zusammenhängen, genau anschauen. Das ist der momentane Stand. An sich ist das Instrument eines Kooperationsanwaltes in vielen Ländern ein sehr wertvolles und ein sehr gut funktionierendes, mit dem eben aus ganz normal zugänglichen Quellen Informationen, die für Asylverfahren relevant sind, eingeholt und auch bestätigt werden können.
ZUSATZFRAGE JESSEN: Wovon wird abhängen, ob dieses Aussetzen eine dauerhafte Änderung des Verfahrens wird?
ADEBAHR: Wenn ich jetzt sage „von den weiteren Entwicklungen“, dann stellt Sie das wahrscheinlich nicht zufrieden, aber ich glaube, das wäre die Antwort.
Pressefreiheit in Ägypten
FRAGE TOWFIGH NIA: Frau Adebahr, eine Frage zur Situation der Medien in Ägypten: Am Wochenende ist die ägyptische Regierung massiv gegen regierungskritische Medien vorgegangen. Es kam zur Verhaftung und auch Schließung von Redaktionen. Dazu hätte ich gern eine Reaktion Ihres Hauses.
ADEBAHR (AA): Die Festnahme und die Stürmung der Redaktionsräume ‑ so hat es sich zumindest über das Wochenende dargestellt ‑ von „Mada Masr“ stellen aus unserer Sicht eine weitere, und zwar sehr beunruhigende Verschlechterung der Pressefreiheit in Ägypten dar. Wir sind jetzt erst einmal erleichtert, dass die vier festgenommenen Journalisten dieser renommierten ägyptischen Onlinezeitung gestern wieder freigelassen wurden. Das Vorgehen der ägyptischen Behörden gegen ägyptische und auch ausländische Medienvertreter, so zumindest die Berichte, erfolgte aus unserer Sicht ohne erkennbaren Grund. Ohne erkennbaren Grund wurde auch die Webseite von „Mada Masr“ sowie von circa 500 weiteren Webseiten in Ägypten gesperrt.
Wir haben unsere Besorgnis über die Situation der Pressefreiheit in Ägypten oft zum Ausdruck gebracht, zuletzt beim Staatenüberprüfungsverfahren des Menschenrechtsrates vor zwei Wochen in Genf. Denn aus unserer Sicht ist eine freie und vielfältige Presse für ein funktionierendes Gemeinwesen enorm wichtig. Sie ermöglicht den gesellschaftlichen Dialog und den Austausch und trägt damit auch zu einer nachhaltigen Stabilität und Entwicklung bei, die wir uns für Ägypten wünschen, das ja ein junges, dynamisches Land ist.
Positionspapier der SPD zu Rüstungsexporten
FRAGE HÜSCH: Die Frage geht an das Auswärtige Amt. Die SPD hat ein Positionspapier zu Rüstungsexporten erarbeitet. Darin geht es auch darum, dass Exporte in einige Länder generell auszuschließen sind ‑ Vereinigte Arabische Emirate, Ägypten, Saudi-Arabien. Ist es das, was auch das Auswärtige Amt als zielführend erachten würde?
ADEBAHR (AA): Wie Sie wissen, bin ich die Sprecherin des Auswärtigen Amtes und kommentiere von hier aus keine Äußerungen oder Papiere aus dem politischen Raum, die eventuell zur Veröffentlichung anstehen. Der Koalitionsvertrag im Bereich Rüstungsexporte gilt für diesen Außenminister. Er hat seine Position zu der deutschen restriktiven Rüstungsexportpolitik vielfach dargestellt.
FRAGE DR. RINKE: Ich würde die Frage gern an das Wirtschaftsministerium weitergeben. Würden Sie sagen, dass dieses Positionspapier und die Forderung, die Frau Hüsch gerade erwähnt hat, eigentlich die deutsch-französischen Vereinbarungen, was Rüstungsexporte angeht, unterlaufen? Denn darin ist nicht davon die Rede, dass Rüstungsexporte in bestimmte Länder generell untersagt werden.
BARON (BMWi): Ich kann mich hier der Sprecherin des Auswärtigen Amts nur anschließen. Auch ich spreche für das Wirtschaftsministerium und kommentiere keine Papiere aus dem politischen Raum.
Ich möchte aber noch einmal darauf hinweisen, dass die Bundesregierung die politischen Grundsätze überarbeitet und diese am 26. Juni dieses Jahres veröffentlicht hat. Darin kommt ja auch noch einmal die Haltung der Bundesregierung für eine restriktive und verantwortungsvolle Rüstungsexportpolitik zum Ausdruck.
Reise von AfD-Abgeordneten nach Syrien
FRAGE LINDNER: Ich habe eine Frage an das Auswärtige Amt. Es geht um die Reise von mehreren AfD-Abgeordneten nach Syrien, die gerade unterwegs sind und heute offensichtlich wiederkommen. Mich würde a) interessieren, wie Sie das bewerten, und b), wie die Bundesregierung die Sicherheitslage in Syrien einschätzt, was die mögliche Rückkehr von Bürgerkriegsflüchtlingen aus Deutschland nach Syrien angeht.
ADEBAHR (AA): Wir haben für Syrien eine Reisewarnung. Wir raten ganz ausdrücklich von Reisen nach Syrien ab. Das gilt für jeden deutschen Bundesbürger. Die Sicherheitslage in Syrien hat das Auswärtige Amt zuletzt in einem Lagebericht über die Lage in Syrien festgestellt. Dieser ist auch an die zuständigen Stellen übersandt worden.
Dass wir die Lage in Syrien nach wie vor als volatil und sehr schwierig sehen und wir von Reisen in die Region, in das Land, abraten, ist, glaube ich, kein Geheimnis. Wir haben unsere Besorgnis über die Intensivierung der Luftangriffe in der Region Idlib zuletzt am letzten Freitag in einem Statement sehr deutlich gemacht. Dort ist auch die humanitäre Lage katastrophal. Insofern ergibt sich für Syrien ein weiterhin schwieriges Lagebild.
Heute, wenn ich das noch einmal ausführen darf, tritt übrigens in Genf wieder das Verfassungskomitee zusammen. Nach einer Pause gehen die Beratungen jetzt weiter. Das ist schon einmal ein gutes Zeichen. Wir hoffen, dass in den Beratungen des Verfassungskomitees weiter an einer politischen Lösung für diesen Konflikt gearbeitet werden kann ‑ wir alle unterstützen die Vereinten Nationen ja schon geraume Zeit ‑ und es durch dieses Verfassungskomitee, das jetzt in Genf tagt, vielleicht einen Pusch gibt.
ZUSATZFRAGE LINDNER: Eine kurze Nachfrage dazu: Wie bewerten Sie die Rückkehrperspektiven für syrische Flüchtlinge?
ADEBAHR: Es gibt auch für Rückkehrende bei der Rückkehr zahlreiche Gefahren, und zwar durch das Regime selbst, durch Geheimdienste, durch andere Akteure. Insofern kann ich Sie nur darauf verweisen, dass wir die Sicherheitslage in Syrien als schwierig ansehen.
RUWWE-GLÖSENKAMP (BMI): Von uns noch als Ergänzung: Im Moment gilt ja ein Abschiebestopp für die Rückführung nach Syrien. Das ist ein Beschluss, der von den Innenministern im letzten Jahr getroffen worden ist. Die Innenminister werden sich bei der Innenministerkonferenz Anfang Dezember wieder mit diesem Thema beschäftigen. Grundlage dafür ist der von Frau Adebahr gerade schon dargestellte Lagebericht des Auswärtigen Amtes.
FRAGE BUSCHOW: Meine Nachfrage ist genau dazu. Wenn ich Sie richtig verstehe, dann gehen Sie davon aus, dass der Abschiebestopp verlängert wird, und die Innenminister sind auch weiter der Auffassung? Das war ja immer wieder Thema bei der Innenministerkonferenz, ob man nach Syrien abschieben kann oder nicht. Daran hat sich quasi nichts geändert, dass man es nicht tun sollte?
RUWWE-GLÖSENKAMP: Ich kann den Besprechungen der Innenminister jetzt nicht vorgreifen. Das ist etwas, was von den Innenministern Anfang Dezember bei der Innenministerkonferenz beraten und dann entschieden wird.
ZUSATZFRAGE BUSCHOW: Aber hat das BMI schon eine Auffassung, mit der es in die Gespräche geht?
RUWWE-GLÖSENKAMP: Wir werden das gemeinsam mit den anderen Innenministern bei der Innenministerkonferenz beraten.
FRAGE HÜSCH: Haben denn die Syrien-Reisenden in irgendeiner Weise die Expertise Ihres Amtes in Anspruch genommen?
ADEBAHR: Wenn Sie die Reise der Kollegen ansprechen: Nein, diese Reiseabsicht war dem Auswärtigen Amt vorher nicht bekannt.
FRAGE TOWFIGH NIA: Frau Adebahr, gibt es irgendwelche Kontakte zwischen Ihrem Haus und der syrischen Regierung, wenn sich deutsche Politiker mit der Assad-Regierung treffen?
ADEBAHR: Unsere Haltung zum Assad-Regime haben wir hier, glaube ich, oft und ausführlich dargelegt. Ich kann von solchen Kontakten nicht berichten.
Bericht der OPCW zum angeblichen Giftgasangriff in Duma
FRAGE WARWEG: Die Whistle-Plattform WikiLeaks hat am Wochenende intern Schriftverkehr der OPCW geleakt, aus dem hervorgeht, dass nach Ansicht von Inspektoren, die in Duma damals vor Ort waren, der offizielle Abschlussbericht, der auch als Rechtfertigung für den völkerrechtswidrigen Angriff auf Syrien galt, manipuliert worden sei. Mittlerweile gibt es zudem zwei Whistleblower ‑ einer davon war direkt Teil der Fact-Finding Mission in 2017 ‑, die ebenfalls sagen, dieser Abschlussbericht sei massiv manipuliert worden. Da würde mich interessieren: Liegen diese Informationen dem Auswärtigen Amt vor? Wie bewerten Sie diese Einschätzung der Whistleblower?
ADEBAHR (AA): Können Sie noch einmal präzisieren, welchen Abschlussbericht Sie genau meinen?
ZUSATZ WARWEG: Den OPCW-Abschlussbericht zu dem angeblichen Giftgasangriff in Duma, Syrien 2017.
ADEBAHR: Ich habe persönlich keine Kenntnis von diesen Dokumenten, die Sie gerade genannt haben. Falls wir dazu etwas nachreichen können, werden wir das gern tun.
ZUSATZFRAGE WARWEG: Im Zuge dieser Leaks und der Whistleblower-Aktivitäten wurde unter anderem auch darauf verwiesen, dass die Fact-Finding Mission der OPCW die Bundeswehr angefragt hat ‑ konkret das Wehrwissenschaftliche Institut für Schutztechnologien. Das soll im Juni 2018 gewesen sein. Jetzt ist von diesem Besuch und den Konsultationen nichts in der „timeline“ und auch nichts im Abschlussbericht zu finden. Da würde mich interessieren: Kann die Bundeswehr bestätigen, dass es ein Treffen der OPCW-Fact-Finding Mission mit dem WIS gab?
FÄHNRICH (BMVg): Ich kann das jetzt nicht bestätigen. Ich kann das auch nicht dementieren. Wenn ich etwas dazu haben sollte, reichen wir das nach.
ZUSATZ WARWEG: Für eine Nachreichung wäre ich dankbar.
[…]
ADEBAHR: Ich kann Ihnen zum Thema OVCW gerne nachreichen, dass uns die Kritik bekannt ist, die Kritik an dem Bericht der OVCW wiederholt durch den Generalsekretär der OVCW zurückgewiesen wurde und der Sachverhalt gegenüber den Vertragsstaaten der Organisation auch richtiggestellt wurde.
Die Bundesregierung hat vollstes Vertrauen in die technische Expertise, Professionalität, Unabhängigkeit und Überparteilichkeit der Organisation für das Verbot chemischer Waffen. Wir unterstützen den Generaldirektor, der eben auch die Pflicht hat, die Identität der einzelnen Fact-Finding Mitglieder zu schützen und deren Unabhängigkeit und Überparteilichkeit für diese Berichte zu wahren.
Bericht des UN-Sonderbeauftragten für Folter über Julian Assange
FRAGE WARWEG: Noch eine kurze Nachfrage. Frau Adebahr, ich hatte Sie das letzte Mal gefragt, ob das Auswärtige Amt mittlerweile die Berichte und Aussagen des UN-Sonderbeauftragten für Folter kennt, der ausgesagt hat, dass nach seiner Einschätzung Julian Assange Folter unterliegt. Nach seiner Ansicht verstoßen auch die USA und Großbritannien in diesem Kontext gegen die von ihnen unterzeichnete Anti-Folter-Konvention. Sowohl Ihr Kollege als auch Sie und Herr Seibert hatten gesagt, dass diese Informationen bisher nicht zur Bundesregierung vorgedrungen seien. Das Ganze liegt jetzt einen Monat zurück. Ich wollte die Chance nutzen und fragen, ob die Bundesregierung mittlerweile die Berichte des UN-Sonderbeauftragten über Folter kennt und dazu eine Einschätzung hat.
ADEBAHR (AA): Dazu würde ich gerne sagen, dass wir vollstes Vertrauen in die britische Justiz haben, dass sie diesen Fall unabhängig und rechtstaatlich mit allen Facetten, die sich dort ergeben, bearbeitet.
ZUSATZ WARWEG: Aber ich hatte ja gefragt, ob der Bundesregierung die Aussagen des UN-Sonderberichterstatters über Folter mit der entsprechenden Aussage zur Folter von Assange vorliegen und wie diese von der Bundesregierung bewertet werden.
ADEBAHR: Meine Antwort darauf ist, dass wir Vertrauen in die britische Justiz haben, die alle Aspekte, die in diesem Fall zum Tragen kommen werden, sicher rechtsstaatlich und unabhängig betrachten wird.