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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 26.06.2020
- Lage im Sudan
- COVID-19-Pandemie (Reisebeschränkungen)
- Lage in Libyen
- Erklärung der Beauftragten der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik zum Internationalen Tag der Unterstützung der Folteropfer
- Präsidentschaftswahl in Bolivien
- Urteil gegen den russischen Regisseur Kirill Serebrennikow
- Nachlieferung des Auswärtigen Amts zum Fall Kirill Serebrennikow
- Weitere Informationen
Lage im Sudan
FRAGE: Frau Adebahr, wie bewertet Ihr Ministerium den Ausgang des Treffens der Freunde des Sudans? Ich habe noch eine weitere Frage dazu: Der französische Außenminister hat sich dafür eingesetzt, dass der Sudan von der schwarzen Liste der staatlichen Terrorförderer entfernt werden soll. Wie steht die Bundesregierung dazu?
ADEBAHR (AA): Gestern hat eine große Sudan-Konferenz mit über 50 Teilnehmern stattgefunden, die wir virtuell gemeinsam mit dem sudanesischen Premierminister Hamdok, dem UN-Generalsekretär, Herrn Guterres, und dem Außenbeauftragten der EU, Herrn Borrell, durchgeführt haben. Die Konferenz war ein Erfolg. Unser Ziel war ‑ wir glauben, das ist gelungen ‑, ein neues Kapitel der politischen Partnerschaft für den Sudan aufzuschlagen und eine finanzielle Unterstützung für die wirtschaftliche und demokratische Transition des Sudans zu mobilisieren, die sich das Land nun anschickt zu beginnen.
Wir haben gestern 1,8 Milliarden US-Dollar eingesammelt. Das hat unsere Erwartungen übertroffen. Darüber freuen wir uns sehr. Das Team Europe, also die EU-Mitgliedstaaten, haben 770 Millionen Euro dazu beigetragen. Deutschland allein gibt 150 Millionen Euro. Insofern eröffnet diese Konferenz neue Möglichkeiten für die nächsten Schritte des Engagements des Sudans auch mit den internationalen Finanzinstitutionen, der Weltbank und dem IWF, was wir sehr unterstützen.
Wenn Sie Fragen zu den Vereinigten Staaten und zu dieser Liste haben: Wir unterstützen den Sudan auf dem Weg zu einer friedlichen demokratischen Transition und würde uns freuen, wenn für den Sudan die Wege geebnet werden, auch um mit internationalen Gebern und Institutionen gut zusammenzuarbeiten. Eine solche Entscheidung, die Sie anfragen, muss national getroffen werden. Europa ist der Ansicht, dass der Sudan im Moment auf einem guten Weg ist, und will dabei helfen, dass es so weitergeht.
ZUSATZFRAGE: Das heißt, auch Sie unterstützen das französische Anliegen?
ADEBAHR: Europa und Deutschland unterstützen, dass der Sudan die Möglichkeit bekommt, sich gut zu entwickeln. Wir wollen dabei sehr viel mithelfen.
COVID-19-Pandemie (Reisebeschränkungen)
FRAGE: Frau Adebahr, wann dürfen russische Bürger wieder in Deutschland einreisen, und welche Regelungen gelten nur für die Bürger aus Russland?
ADEBAHR (AA): Über die Frage der neuen Einreiseregelungen für Einreisende aus Drittstaaten in den Schengen-Raum wird gerade in Brüssel beraten. Im Moment gilt da weiterhin ein Einreisestopp. Er gilt auch für die Bürger aus Russland.
Wenn es konkrete Hinweise für Russland, für das Verhalten dort und womöglich auch für Reisetätigkeit gibt, dann finden Sie sie auf unserer Webseite. Im Kopf habe ich dazu jetzt nichts.
Lage in Libyen
FRAGE: Frau Adebahr, eine Frage zu Libyen: Sie haben gestern eine Erklärung herausgegeben ‑ es waren drei Länder: Deutschland, Italien und Frankreich ‑, in der Sie die Notwendigkeit eines Waffenstillstands betont haben.
Erstens. Was war der Hintergrund dieser Erklärung?
Zweitens. Was sehen Sie als Knackpunkt dafür an, dass es nicht zu einem Waffenstilstand in Libyen kommt?
ADEBAHR (AA): Der Hintergrund der Erklärung war, dass sich Deutschland, Frankreich und Italien auch in dieser Dreiergruppe eng zu Libyen abstimmen und alle daran arbeiten, den Berliner Prozess, den wir hier mit der Konferenz begonnen haben, auf einen guten Weg zu führen. Dabei ist natürlich die Abstimmung mit Frankreich und auch mit Italien ganz besonders wichtig. Außenminister Le Drian war vergangene Woche bei Außenminister Maas zu Besuch. Herr Maas war am Montag in Rom.
Das ist Ausdruck dessen, dass diese drei Länder eine gemeinsame Haltung dazu finden und gemeinsame Forderungen haben. Uns und den anderen Partnern war es angesichts des Risikos, das wir im Moment sehen, dass sich nämlich die Lage verschlechtert und dass die Situation in Libyen angespannt bleibt, wichtig, die wichtigsten Botschaften, die wir alle drei senden wollten, in einer Erklärung zusammenzufassen.
Das sind, wie Sie schon sagten, die Fortführung der politischen 5-plus-5-Gespräche, die Einhaltung des Waffenembargos und endlich zu einem Waffenstillstand und zu einem echten politischen Prozess weiterzukommen.
ZUSATZFRAGE: Was sehen Sie als Hauptproblem dafür an, dass es nicht zu einem Waffenstillstand kommen kann? Sie versuchen schon seit Januar, seit der Berliner Konferenz, einen Waffenstillstand herzustellen, der aber nicht hergestellt werden kann.
ADEBAHR: Ich hoffe, es lag in meiner Antwort. Das ist die Bereitschaft der libyschen Konfliktparteien, sich an einen Tisch zu setzen. Daran arbeiten wir. Das ist eben die Zusage zu den 5-plus-5-Gesprächen. Das heißt, wir brauchen aufseiten der Parteien in Libyen eine Bereitschaft, mit den VN, unter der Leitung der VN in diese Gespräche einzusteigen. Daran arbeiten wir.
Auf der anderen Seite ist es natürlich auch wichtig, dass das Waffenembargo eingehalten wird, sodass man eine Atmosphäre schafft, in der die politischen Gespräche gut gedeihen können.
FRAGE: Frau Adebahr, in der Erklärung schreiben Sie, Sie forderten alle ausländischen Akteure dazu auf, jede Einmischung zu beenden.
Welche sind das?
ADEBAHR: Wir haben in der letzten Zeit von verschiedener Seite Verletzungen des Waffenembargos gesehen. Das sind auch Dinge, die in den Vereinten Nationen beraten werden. Alle Seiten, die womöglich das Waffenembargo verletzen, rufen wir dazu auf, dies zu unterlassen.
ZUSATZFRAGE: Über welche ausländischen Akteure haben Sie Erkenntnisse? Denn wenn Sie sie alle auffordern, dann müssen Sie ja wissen, über wen Sie sprechen.
ADEBAHR: Ich kann Ihnen hier heute keine detaillierten Erkenntnisse über einzelne Lieferungen und einzelne Sachen darlegen. Aber ‑ ‑ ‑
ZUSATZ: Sie sollen mir die Akteure nennen! Ich will nur die Akteure wissen, von denen Sie selbst sprechen.
WEFERS (Vorsitz): Können wir mal hier nicht irgendwie immer hin und her springen, sondern bitte erst mal beantworten lassen?
ADEBAHR: Dann sage ich dazu noch einmal, dass es zum Beispiel auch immer wieder Gespräche zwischen Russland und der Türkei gibt und sich auch Ägypten in diesen Prozess immer wieder eingeschaltet hat. Diese Länder waren natürlich in Berlin anwesend und sind auch aufgerufen, sich an dieses Waffenembargo zu halten.
Erklärung der Beauftragten der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik zum Internationalen Tag der Unterstützung der Folteropfer
FRAGE: An das AA: Ich würde gerne wissen, ob die Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik heute zum Internationalen Tag der Unterstützung der Folteropfer die Erklärung für die Bundesregierung oder nur für sich abgegeben hat.
ADEBAHR (AA): Sie gibt ihre Erklärung in der Kapazität als Menschenrechtsbeauftragte dieser Bundesregierung ab.
ZUSATZ: Also hat sie für die Bundesregierung gesprochen.
ADEBAHR: Sie hat als Menschenrechtsbeauftragte dieser Bundesregierung gesprochen.
ZUSATZFRAGE: Wann hat die Bundesregierung zuletzt die USA dazu aufgefordert, Guantanamo zu schließen, wenn wir jetzt bei Folter und Folteropfern sind?
ADEBAHR: Ich habe die Erklärung im Moment nicht vor Augen, und das kann ich Ihnen auch nicht sagen. Aber sie gibt die Erklärung als Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung ab.
ZUSATZFRAGE: Aber die Frage bezieht sich jetzt konkret auf den Partner USA, der immer noch ein Foltergefängnis betreibt. Wie ist die Position der Bundesregierung dazu? Wann hat das AA die USA zuletzt aufgefordert? Herr Seibert, hat die Kanzlerin vielleicht mit Herrn Trump in den letzten Monaten oder Jahren darüber gesprochen?
ADEBAHR: Ich müsste das nachreichen.
SEIBERT (BReg): Ich auch.
Präsidentschaftswahl in Bolivien
FRAGE: Diese Frage richtet sich auch an das AA und gegebenenfalls an Herrn Seibert. Das Thema Bolivien hatten wir diese Woche schon einmal. Es gibt aber Anlass zur Nachfrage. Die Bundesregierung hat zur Kenntnis genommen, dass es Untersuchungen gibt, die zu dem Ergebnis kamen, dass der Abschlussbericht der OAS, die die Wahlen im letzten Herbst für irregulär erklärt hat, selbst auf falschen statistischen Methoden beruhte. Die Bundesregierung hat diese Woche erklärt, man nehme das zur Kenntnis. Reicht das aus, oder muss sich die Bundesregierung jetzt nicht überlegen, wie sie mit diesem Ergebnis umgeht? Immerhin sind durch die Übernahme dieser falschen Bezichtigung Verhältnisse eingetreten: Rücktritt von Morales, eine Übergangsregierung, keine Neuwahlen. Wie nimmt die Bundesregierung Verantwortung wahr?
ADEBAHR (AA): Auch dazu müsste ich Ihnen etwas nachreichen, wenn ich da einen neuen Stand haben werde.
FRAGE: Daran würde ich auch noch einmal anschließen wollen. Sie sagten in Ihrem letzten Satz Ihrer Nachreichung: Aus Sicht des AA gibt es keinen Anlass, an der abschließenden Feststellung der OAS zu zweifeln. - Dabei ist die Grundlage, auf der wir jetzt fragen, ja diese Studie über die absolut mangelhafte Auswertung der OAS. Warum gibt es also keinen Anlass? Es gibt doch ‑ auch nach den jetzigen Recherchen der „New York Times“ ‑ jeglichen Anlass, daran zu zweifeln!
Sie haben ja selbst immer wieder darauf gesetzt, dass es zu Neuwahlen kommt. Darum haben Sie die Übergangspräsidentin Añez unterstützt. Jetzt, nach sieben Monaten, gibt es weder einen Termin für Neuwahlen noch irgendwelche Neuwahlen. Würden Sie mittlerweile von einem Putsch sprechen?
ADEBAHR: Wenn ich über die Antwort hinaus, die wir nachgereicht haben, einen neuen Stand haben sollten, dann würde ich ihn Sie wissen lassen.
Urteil gegen den russischen Regisseur Kirill Serebrennikow
FRAGE: Der Regisseur Kirill Serebrennikow ist der Veruntreuung von Fördergeldern schuldig befunden worden, und zwar in einem umstrittenen Verfahren, das als politisch angesehen wird. Nimmt die Bundesregierung dazu Stellung oder hat eine Stellungnahme abzugeben?
SEIBERT (BReg): Wir haben den heutigen Schuldspruch zur Kenntnis genommen. Die Verkündung des Strafmaßes steht ja nach unseren Informationen noch aus.
Wie Sie wissen und wie wir hier auch häufig im Zusammenhang mit anderen Fällen dargestellt haben, verfolgt die Bundesregierung die Entwicklung in Russland und den dortigen Umgang mit Oppositionspolitikern, mit Journalisten, mit der Zivilgesellschaft, mit Künstlern und Künstlerinnen sehr genau. Prinzipien von OSZE und Europarat gelten auch für Russland, also das Recht auf freie Meinungsäußerung, die Kunstfreiheit sowie faire Bedingungen für die Präsentation von abweichenden politischen Vorstellungen. Das sollte unseres Erachtens auch in der Russischen Föderation gewährleistet sein. Das hat die Bundesregierung auch in Kontakten mit Vertretern der Russischen Föderation zum Fall Serebrennikow betont.
FRAGE: War die Bundesregierung in irgendeiner Weise durch einen Prozessbeobachter wie einen Botschafter vertreten?
ADEBAHR (AA): Unsere Vertretung hat den Prozess in seiner Gesamtheit sehr aufmerksam verfolgt. Die Antwort darauf, ob heute jemand dabei war, müsste ich nachreichen.
ZUSATZFRAGE: Aber insgesamt waren bei Prozessterminen und Verhandlungen, soweit die öffentlich waren, Beobachter vor Ort?
ADEBAHR: Ja.
Nachlieferung des Auswärtigen Amts zum Fall Kirill Serebrennikow
Zum Prozessauftakt wie am heutigen Prozesstag ist ein Mitarbeiter der Deutschen Botschaft Moskau anwesend gewesen.
Wir haben außerdem heute mit Erleichterung aufgenommen, dass der international bekannte Regisseur Serebrennikow und seine Mitangeklagten nicht in Haft müssen. Zugleich ist der Schuldspruch nur schwer nachzuvollziehen. Angesichts der angekündigten Rechtsmittel appellieren wir an Russland, die Überprüfung dieses Urteil in einem transparenten, fairen und rechtsstaatlichen Berufungsverfahren schnellstmöglich zuzulassen.
Die Bundesregierung wird das Verfahren weiterhin aufmerksam verfolgen und setzt sich weltweit für die Freiheit von Kunst und Meinung ein.