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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 29.07.2020
- COVID-19: Testpflicht für Urlaubsrückkehrer aus Risikogebieten
- Berufung von Nurhan Soykan in das Projekt des Auswärtigen Amts zu Religion und Außenpolitik
- Medienberichte über angebliche Waffenlieferungen aus Deutschland nach Kosovo
- Sanktionen gegen am Schmuggel von Waffen nach Libyen Beteiligte
- Weitere Informationen
COVID-19: Testpflicht für Urlaubsrückkehrer aus Risikogebieten
FRAGE: Frau Nauber, steht schon genau fest, an welchem Tag die Testpflicht für Reiserückkehrer aus Risikogebieten in Kraft tritt, es aber vor allen Dingen die zusätzlichen Testmöglichkeiten für alle Rückkehrer gibt?
Zweitens. Ist es richtig, dass die gesetzliche Krankenversicherung die Kosten dieser Tests tragen muss?
NAUBER (BMG): Ich fange einmal von hinten an. In Umsetzung der Beschlüsse, auf die sich Gesundheitsminister von Bund und Ländern letzte Woche verständigt haben, gilt es für uns, zwei Teile umzusetzen. Das sind zum einen freiwillige Tests für alle Rückkehrer aus dem Ausland, die für diese kostenlos sein sollen. Dazu hat sich Minister Spahn vorhin gegenüber der FUNKE Mediengruppe geäußert. Die Kosten für diese Tests übernimmt der Bund über den erhöhten Zuschuss zur Krankenversicherung. Ich zitiere dazu gerne noch einmal den Minister:
„Wir müssen vermeiden, dass das Virus durch den Reiseverkehr unbemerkt nach Deutschland eingetragen wird. Darum kann sich jeder testen lassen, der nach Deutschland einreist. Die Tests können durch die Gesundheitsämter auch an Flughäfen, Bahnhöfen oder anderen Reiseknoten oder bei allen niedergelassenen Ärzten erfolgen. Diese kostenfreien Tests schützen alle. Niemand soll aus finanziellen Gründen auf sie verzichten, denn Gesundheit darf keine Frage des Geldbeutels sein.“
So viel zu der letzten Frage.
Zur ersten Frage, was die Kostenübernahme angeht: Die Erweiterung der Testverordnung des Bundes soll noch in dieser Woche in Kraft treten. Der Minister hat ja schon angekündigt, dass es eine Anordnung zu verpflichtenden Tests für Reiserückkehrer aus Risikogebieten geben soll. Diese soll in der nächsten Woche in Kraft treten. Ich kann Ihnen aber noch keinen konkreten Tag nennen.
ZUSATZFRAGE: Der Minister sprach von Montag. Ist das denkbar?
NAUBER: Denkbar ist alles Mögliche. Wir arbeiten daran so schnell wir können. Es ist uns natürlich ein Anliegen, dass das so schnell wie möglich geschieht und sich alle darauf einstellen können. Wir arbeiten mit Hochdruck daran.
FRAGE: Frau Nauber oder Herr Burger, die Risikogebiete sind ja bisher als Länder klassifiziert, zum Beispiel die Türkei. Gibt es Überlegungen, das auch enger zu fassen? Der bayerische Ministerpräsident hatte das ja auch mal angeregt. Zum Beispiel könnten in Katalonien Pflichttests greifen, wenn Reisende aus solchen Regionen zurückkommen, in denen es schon Warnhinweise gibt.
BURGER (AA): Es ist in der Tat grundsätzlich möglich, dass Risikogebiete auch unterhalb der nationalen Ebene ausgewiesen werden. Das hat es in der Vergangenheit auch schon gegeben, beispielsweise für bestimmte US-Bundesstaaten. Das wird auch in Zukunft ein mögliches Instrument sein.
ZUSATZFRAGE: Dann frage ich konkret nach: Was ist mit Katalonien?
BURGER: Was die konkrete Lage in Spanien angeht, so beobachten wir diese natürlich sehr genau. Sie haben mitbekommen, dass wir gestern unsere Reise- und Sicherheitshinweise für Spanien aktualisiert haben. Wir raten dort bis auf Weiteres von nicht notwendigen touristischen Reisen in die Regionen Aragón, Katalonien und Navarra ab, weil dort zuletzt leider die Infektionszahlen wieder steigen und es in einigen Orten auch zu teils massiven Einschränkungen des öffentlichen Lebens kommt. Klar ist: Wenn das Infektionsgeschehen vor Ort es erfordert, werden wir auch ohne zu zögern wieder Reisewarnungen für einzelne Gebiete oder auch für ganze Länder aussprechen. Das geschieht immer in der Gesamtschau des Infektionsgeschehens.
ZUSATZFRAGE: Das würde dann bedeuten, dass auch die Pflichttests greifen?
BURGER: Die Pflichttests sind nicht an die Reisewarnungen gebunden, sondern an die Liste der Risikogebiete. Das sind zwei Listen, bei denen es sehr viele Überschneidungen gibt, die aber eben nicht identisch sind. Es ist tatsächlich so, dass es Länder gibt, die kein Risikogebiet sind. Als ein Beispiel nenne ich Neuseeland, wo das Infektionsgeschehen sehr niedrig ist, für das wir aber trotzdem eine Reisewarnung aussprechen, weil wir für die Reisewarnung über die Infektionszahlen hinaus auch weitere Risikofaktoren, die Reisende betreffen können, natürlich in den Blick nehmen müssen, wenn es zum Beispiel Einschränkungen bei der Einreise für Deutsche gibt, oder wenn nicht sicher ist, ob dort auch Rückflugmöglichkeiten für Reisende bestehen. Das heißt, nicht jedes Land, für das es eine Reisewarnung gibt, ist auch ein Risikogebiet. Aber natürlich ist das Infektionsgeschehen für beide ein entscheidendes Kriterium.
FRAGE: Ich habe zwei Verständnisfragen.
Herr Alter, können Sie erläutern, was passiert, wenn ich aus einem Risikogebiet komme, am Flughafen den Test machen soll, mich aber weigere?
Frau Nauber, was ist mit zweiten Tests? Ich könnte mich ja am letzten Urlaubstag im Risikogebiet anstecken. Die Inkubationszeit beträgt vier Tage. Ich könnte mich am Abflughafen anstecken; ich könnte mich im Flugzeug anstecken. Werden Sie zweite Tests veranlassen?
NAUBER: Sie meinen Pflichttests?
ZUSATZ: Ja.
NAUBER: Ich würde Sie tatsächlich bitten, abzuwarten, bis die Anordnung fertiggestellt ist. Ich verweise aber gerne noch einmal darauf, dass im GMK-Beschluss schon der Hinweis enthalten ist, dass eine zweite Testung bei einem negativen Test innerhalb von fünf bis sieben Tagen ‑ ich glaube, das war der Zeitraum ‑ sinnvoll ist. Wie die Anordnung genau aussieht, kann ich Ihnen jetzt noch nicht sagen. Ich würde Sie bitten, noch einen Moment abzuwarten. Wir arbeiten, wie gesagt, mit Hochdruck daran. Sie wird in Kürze vorliegen.
ZUSATZFRAGE: Wie soll das gehen? Wenn jemand aus einem Risikogebiet einreist, soll er sich dann eine Woche später noch einmal irgendwohin begeben und den zweiten Test machen?
NAUBER: Wie gesagt, wie genau die Anordnung dann ausformuliert ist, kann ich Ihnen jetzt noch nicht sagen.
ALTER (BMI): Ich kann Sie auch nur auf die laufenden Gespräche verweisen. Das ist eine Frage der praktischen Ausgestaltung. Das ist eine Anordnung, die nach dem Infektionsschutzgesetz getroffen werden soll. Dieses Gesetz wird dann auf Länderebene vollzogen, und die Bundespolizei ist im Rahmen ihrer eigenen Aufgaben beteiligt. Wie konkret das mit welchen Eventualitäten und gegebenenfalls Konsequenzen daraus ausgestaltet wird, ist Gegenstand der Gespräche.
ZUSATZFRAGE: Sie sind ja auch Bundespolizist. Sie werden doch wissen, was passiert, wenn man sich einer Anordnung oder Verordnung verweigert. Ist dann Zwang von Polizeiseite die Folge?
ALTER: Ich halte es nicht für praktikabel, dass man das mit Zwang durchsetzt. Sondern dann ist eben die Frage, welche Alternative besteht. Wenn man beispielsweise jetzt aus einem Risikogebiet einreist, wird man nicht getestet, sondern man hat die Pflicht, 14 Tage in Quarantäne zu gehen. Möglicherweise wird es ein Wechselspiel geben. Aber das sind laufende Gespräche, denen ich nicht vorgreifen kann.
FRAGE: Frau Nauber, eine Frage zu der Finanzierung. Bedeutet Ihre erste Antwort zur Finanzierung der Tests, dass das BMG nun einen Bundeszuschuss zum Gesundheitsfonds beschlossen hat? Wenn ja, wie hoch wird der sein?
NAUBER: Es gibt ja schon einen Bundeszuschuss. Es ist auch bereits beschlossen, dass dieser erhöht wird.
Im Übrigen hat der Minister schon mehrfach angekündigt, dass er sich im Herbst, wenn alle Zahlen vorliegen, noch einmal mit den Kassen zusammensetzen und schauen wird, wie dann die Lage ist. Dann wird man weitersehen.
FRAGE: Warum wurde die RKI-Liste der Corona-Risikogebiete seit neun Tagen nicht aktualisiert, obwohl sich die Lage in vielen Ländern zugespitzt hat? Wann gibt es die nächste Aktualisierung?
BURGER: Ich kann dazu sagen ‑ diese Liste wird gemeinsam vom Auswärtigen Amt, dem BMI und dem BMG gepflegt ‑, dass wir diese Liste anlassbezogen jederzeit, mindestens vierzehntägig, aktualisieren können. Aber wenn es aufgrund des Infektionsgeschehens eine dringende Notwendigkeit gibt, kann das auch schneller passieren.
FRAGE: Frau Nauber, Herr Burger, ab wann gilt denn eigentlich ein Gebiet als Risikogebiet? Gibt es dafür feste Kriterien oder werden diese Kriterien im Laufe der Zeit angepasst? Wie sieht das in dem Bereich aus?
BURGER: Ein Kriterium ist natürlich einerseits die quantitative Pandemieentwicklung, also die Ansteckungszahlen, wie sie gemeldet werden. Darin fließt natürlich auch eine Bewertung ein, inwiefern die Datengrundlage, die es in einem bestimmten Land gibt, eigentlich verlässlich ist oder nicht. Für die Europäische Union haben wir dazu die Daten des ECDC; für andere Länder ist die Datengrundlage teilweise nicht so einfach zu ermitteln.
Dann gibt es aber auch eine qualitative Bewertung, bei der es um die Fragen geht: Wie zuverlässig und stabil ist das Gesundheitssystem vor Ort? Gibt es ausreichende Testkapazitäten? Gibt es überzeugende Hygieneregeln? All das fließt in die Bewertung von Risikogebieten mit ein.
ZUSATZFRAGE: Das ist also ein Set von festen Kriterien, anhand derer entschieden wird, ob ein Gebiet als Risikogebiet eingestuft wird? Das sind also immer die gleichen Kriterien und ab einer bestimmten Zahl gilt zum Beispiel ein Gebiet als Risikogebiet?
BURGER: Entschieden wird in der Gesamtschau dieser Kriterien. Da fließen, wie gesagt, auch qualitative Faktoren mit ein. Es sind natürlich dieselben Kriterien, die für alle Länder gelten.
FRAGE: Frau Nauber, eine Frage zu den Pflichttests. Wie hoch werden die Kosten sein?
NAUBER: Das wird davon abhängen, in welchem Umfang die Tests in Anspruch genommen werden. Ich habe ja vorhin ausgeführt, dass wir über die Pflichttests hinaus gerade die Testverordnung des Bundes anpassen, die regelt, in welchen Fällen sich Personen ohne Symptome testen lassen können. Das hängt ganz stark davon ab, in welchem Umfang das in Anspruch genommen wird. Insofern kann ich das nicht genau beziffern.
ZUSATZFRAGE: Sie können keine Summe nennen? Im Ministerium wird nicht über Summen geredet, wenn es um Geld geht? Eine Milliarde Euro, drei Milliarden Euro?
NAUBER: Wie gesagt, das hängt davon ab, wie das in Anspruch genommen wird. Deswegen können wir das vorab nicht seriös quantifizieren.
FRAGE: Stimmt es, dass es einen Mangel an bestimmten Ingredienzen für die PCR-Coronatests gibt?
NAUBER: Was ich Ihnen sagen kann, ist, dass die Kapazität für die Tests im Moment bei gut 1,2 Millionen pro Woche liegt. Ich habe mir heute noch einmal die aktuellen Zahlen geben lassen. Davon wird im Moment ungefähr die Hälfte ausgeschöpft. Ich glaube, die Zahlen sprechen für sich.
Berufung von Nurhan Soykan in das Projekt des Auswärtigen Amts zu Religion und Außenpolitik
FRAGE: An der Berufung von Nurhan Soykan vom Zentralrat der Muslime in die Abteilung Religion und Außenpolitik des Auswärtigen Amts entzündet sich parteiübergreifend scharfe Kritik. Ihr wird vorgeworfen, sich nicht klar genug von Antisemitismus und Islamismus zu distanzieren und die umstrittenen Al-Quds-Demonstrationen verteidigt zu haben. Hält das Auswärtige Amt an der Berufung Soykans fest? Wie begegnen Sie der Kritik?
BURGER (AA): Vielen Dank. Ich würde zuerst gerne kurz etwas zum Hintergrund dieses Projekts ausführen.
Das Auswärtige Amt ergänzt die klassische Außenpolitik zwischen Staaten um eine Außenpolitik der Gesellschaften, und das tun wir schon seit Jahren und zu verschiedensten Themen. Seit dem Jahr 2016 arbeiten wir auch zum Thema Religion und Außenpolitik. Die Idee ist ganz einfach: 84 Prozent der Weltbevölkerung bekennen sich zu einer Religion, die Strukturen der Religionsgemeinschaften reichen häufig bis in die entlegensten Orte, und ihre Stimme wird gerade dort auch gehört. Deswegen möchte das Auswärtige Amt Religionsgemeinschaften auf die damit einhergehende Verantwortung für Frieden ansprechen. Das Auswärtige Amt möchte den Einfluss dieser Religionsgemeinschaften besser verstehen und das konstruktive Potenzial stärken. Dazu möchte das Auswärtige Amt auch durch den Kontakt mit Vertretern verschiedener Religionen auch die eigene Kompetenz in diesem Feld verstärken.
Die Kritik an dem Projekt zu Religion und Außenpolitik nehmen wir sehr ernst. Das gilt natürlich besonders auch für die kritischen wie auch die positiven Rückmeldungen von religiösen Verbänden und Vereinen, die diesem Themenfeld grundsätzlich aufgeschlossen gegenüberstehen. Diese Wortmeldungen nehmen wir aufmerksam an und sind für die Beiträge dankbar. Wir werden in den kommenden Tagen einen intensiven Beratungsprozess zu diesem Projekt mit religiösen Verbänden und Vereinen und anderen, die dazu Beiträge leisten können, aufnehmen. Es ist uns wichtig, die Kritikpunkte genau anzuhören und darauf einzugehen. An einigen Stellen wird es vielleicht auch darum gehen, Missverständnisse auszuräumen, etwa was die Funktion des Projekts und der Berater angeht. Ziel dieses Gesprächs- und Austauschprozesses, den wir anstoßen möchten, ist es, das Projekt im Bereich von Religion und Außenpolitik so auszugestalten, dass es breite Unterstützung von denjenigen in Politik und Gesellschaft erhält, die wir für diese Arbeit brauchen. Bis dahin lassen wir die Arbeit an dem Projekt ruhen.
Ich möchte dazu auch noch anfügen: Ein Teil der Wortmeldungen, die es in den letzten Tagen dazu gegeben hat, vor allem in den sozialen Medien, spricht leider auch die Sprache unverhohlener antimuslimischer Ressentiments bis hin zu offenem Rassismus. Wortmeldungen dieser Art haben in einem demokratischen Diskurs keinen Platz, und die weisen wir auf das Schärfste zurück.
VORS. BUSCHOW: Ich erinnere noch einmal an die konkrete Frage: Hält das AA an der Berufung fest? Die andere Frage ist: Nach welchen Kriterien wurde Frau Soykan ausgewählt?
BURGER: Wie gesagt, wir möchten über dieses Projekt mit denjenigen, die sich dafür interessieren, und auch mit denjenigen, die Kritik daran geäußert haben, in einen Beratungsprozess eintreten, und wir möchten dieses Projekt im Rahmen dieses Austauschs so weiter ausgestalten, dass es breite Unterstützung von denjenigen in Politik und Gesellschaft erhält, die wir dafür brauchen.
FRAGE: Habe ich Sie richtig verstanden: Sie lassen das Projekt ruhen? Können Sie das noch einmal erklären? Das Ganze liegt jetzt also auf Eis, bis dieser Diskussionsprozess abgeschlossen ist? Das gilt dann ja auch für die Berufung, oder nicht?
BURGER: Die Arbeit an dem Projekt lassen wir so lange ruhen, bis wir in diesem Beratungsprozess an einen Punkt gekommen sind, wo wir den Eindruck haben, dass wir die breite Unterstützung aus Politik und Gesellschaft dafür haben, die wir dafür brauchen.
ZUSATZFRAGE: Das gilt dann auch für die Personalie?
BURGER: Das gilt für die gesamte Arbeit an dem Projekt.
Medienberichte über angebliche Waffenlieferungen aus Deutschland nach Kosovo
FRAGE: Es gibt aktuell immer mehr Berichte darüber, dass die Bundesregierung grünes Licht für Waffenlieferungen an den Kosovo gegeben habe. Der serbische Präsident Vučić hat sich genauso wie der Verteidigungsminister Serbiens auch schon dazu geäußert. Wie lautet die Stellungnahme der Bundesregierung oder des Bundesverteidigungsministeriums zu diesem Sachverhalt?
COLLATZ (BMVg): Zu Waffenlieferungen kann ich keine Angaben machen.
ZUSATZFRAGE: Frau Demmer?
DEMMER (BReg): Mir ist der Sachverhalt nicht bekannt. Ich würde gegebenenfalls etwas nachliefern.
ZUSATZFRAGE: Herr Burger?
BURGER (AA): Das gilt für mich auch. Soweit das überhaupt in der Zuständigkeit des Auswärtigen Amtes läge, müsste ich diesbezüglich etwas nachreichen.
ZUSATZFRAGE: Dann hätte ich eine Zusatzfrage zu dem Themenkomplex. Es ist ja allgemein bekannt, dass das kosovarische Parlament ebenfalls grünes Licht für den Aufbau einer Armee im Kosovo gegeben hat. Das sorgt jetzt natürlich regional gerade für erhebliche Unruhe. Wie lautet die Einschätzung der Bundesregierung? Wie steht sie dazu? Es wird ja auch von vielen Völkerrechtlern gesagt, dass das gegen die Resolution 1244 des UN-Sicherheitsrats verstoßen würde. Wie positioniert sich die Bundesregierung dazu?
BURGER: Auch das würde ich gerne nachreichen.
ZUSATZFRAGE: Herr Collatz?
COLLATZ: Keinerlei Zuständigkeit bei uns!
ZUSATZFRAGE: Inwiefern nicht zuständig?
COLLATZ: Das BMVg ist mit Waffenlieferungen nicht befasst. Wir verkaufen unsere Waffen nicht.
ZUSATZ: Dann würde ich also gerne Frau Demmer fragen. Das ist schon ein hochbrisantes Thema! Es wäre schon interessant, dazu eine konkrete Stellungnahme der Bundesregierung zu erhalten, die sich ja im Dialog zwischen Serbien und Kosovo engagiert.
VORS. BUSCHOW: Es war ja zugesichert worden, dass es eine Nachlieferung geben werde. Das ist bedauerlicherweise bei einigen Themen manchmal der Fall. Ich glaube, auf diese Art und Weise kommen wir gerade nicht weiter, auch wenn Sie noch dreimal sagen, dass Sie es gerne jetzt hätten.
ZUSATZ: Nein. Ich würde nur gerne noch ein weiteres Mal Frau Demmer danach fragen. Vielleicht hat Sie noch eine Stellungnahme abzugeben.
DEMMER: Ich habe Ihnen ja gerade gesagt, dass ich den Sachverhalt nicht kenne und gegebenenfalls etwas nachliefern würde. Sie kennen ja grundsätzlich unsere restriktiven Rüstungsexportrichtlinien.
ZURUF: Um diese ging es ja in der Zusatzfrage jetzt nicht!
DEMMER: Die Antwort auf die Zusatzfrage wird gegebenenfalls das Auswärtige Amt nachliefern.
Sanktionen gegen am Schmuggel von Waffen nach Libyen Beteiligte
FRAGE: Zum Waffenschmuggel nach Libyen: Herr Burger, Ihr Minister hat gestern über eine Vereinbarung der Bundesrepublik, Frankreichs und Italiens gesprochen, wonach Unternehmen, die Waffen über Drittländer nach Libyen schicken, sanktioniert werden. Können Sie uns nähere Einzelheiten nennen? Wie würde das konkret aussehen?
Ich hatte vor einiger Zeit auch eine Frage nach einem Bericht gestellt, wonach deutsche Lkws der Gruppe MAN in Libyen gesichtet worden sind, auf denen Luftabwehrraketensysteme montiert worden sind. Sie wollten dieser Sache nachgehen. Haben Sie da schon einen Einblick erhalten?
BURGER (AA): Hinsichtlich der letzten Frage habe ich keinen neuen Stand dabei. Wenn wir darüber inzwischen etwas Neues wissen sollten, dann würde ich das gerne nachreichen.
Zum Thema der Sanktionen: Ich glaube, Sie beziehen sich wahrscheinlich auf Äußerungen des Außenministers von gestern.
ZUSATZ: Ja, auf ein Interview mit dem Bonner „General-Anzeiger“ von gestern.
BURGER: Ah, das Interview von Montag! – Es ist so, dass wir uns derzeit gemeinsam mit unseren europäischen Partnern in Überlegungen bezüglich neuer Sanktionen gegen solche Individuen und Unternehmen befinden, die am Waffenschmuggel nach Libyen beteiligt sind. Es geht darum, dass Sanktionen gegen individuelle Personen oder Unternehmen ergriffen werden, deren Vermögen in der EU eingefroren werden kann und denen im Fall von Personen die Einreise in die EU untersagt wird. Das bezieht sich auf das bereits bestehende EU-Sanktionsregime in Bezug auf Libyen, im Rahmen dessen Sanktionen gegen Individuen und Unternehmen möglich sind, die den Friedensprozess in Libyen untergraben. Neben den bestehenden UN-Sanktionen sind auf diese EU-Sanktionsliste derzeit 16 Personen für eine Einreisesperre vorgesehen, und die Vermögen von 19 Personen sind bereits eingefroren worden. Wir beraten derzeit mit unseren europäischen Partnern über die Listung weiterer Personen und Unternehmen, speziell nun mit Blick auf deren Beteiligung am Waffenschmuggel.
ZUSATZFRAGE: Ich habe noch eine Frage zu diesen MAN-Lkws: Wurde da überhaupt einmal nachgeforscht? Ist es überhaupt nicht wichtig, dass da deutsche LKWs in der libyschen Hauptstadt sind, auf die Luftabwehrraketen montiert worden sind?
BURGER: Mir liegt der aktuelle Stand dazu, wie gesagt, im Moment nicht vor. Ich werde das nachreichen.
FRAGE: Ich habe jetzt einfach nur noch einmal eine allgemeine Verständnisfrage. Wer sind denn nach Ansicht der Bundesregierung die Hauptverantwortlichen für die katastrophale Lage, die aktuell und nach wie vor in Libyen herrscht, Frau Demmer und Herr Burger?
BURGER: Das haben wir hier in der Vergangenheit sehr häufig vorgetragen. Ich tue es gerne wieder. Unserer Meinung nach liegt der Schlüssel dazu, Stabilität in Libyen zu schaffen, darin, dass insbesondere die internationalen Akteure, die den libyschen Konfliktparteien bei der Kriegsführung mit Geld, mit Waffen und mit Söldnern helfen, diese Einmischung beenden und sich stattdessen ihren Einfluss auf die Konfliktparteien zu Nutze machen, um sie dazu anzuhalten, sich einer politischen Lösung zu öffnen.
Wir haben hier in Berlin im Januar eine große Konferenz zu Libyen abgehalten. Dazu hatten wir gezielt die Akteure eingeladen, die aus unserer Sicht Einfluss in Libyen nehmen. Von all denen erwarten wir, dass sie diesen Einfluss, wie gesagt, im Sinne einer politischen Lösung nutzen.
ZUSATZFRAGE: Genau darauf zielte meine Frage ab. Wer sind diese Akteure also, die für das Auswärtige Amt jetzt, wie es für sich analysiert hat, die Hauptverantwortlichen für die aktuelle Zuspitzung der Situation oder der einfach katastrophalen Situation vor Ort sind? Das war genau die Frage.
Wie beurteilen Sie denn jetzt aufgrund der aktuellen Geschehnisse vor Ort eigentlich im Nachhinein den Erfolg der Konferenz in Berlin?
BURGER: Ich glaube, wenn man sich die Entwicklung in Libyen ansieht, dann kann man mit dieser Entwicklung überhaupt nicht zufrieden sein. Es gab im vergangenen halben Jahr eine weitere militärische Eskalation. Derzeit ist die militärische Lage ruhig, aber die zugrunde liegenden Spannungen sind nicht gelöst, und es findet auch weiterhin eine Zufuhr von Waffen bzw. Material statt. Deswegen halten wir an unseren Bemühungen fest, die Konfliktparteien und diejenigen, die sie von außen unterstützen, dazu zu drängen, diese militärische Konfrontation zu vermeiden und sich stattdessen wieder einer politischen Lösung zu öffnen.
Ich glaube, der Erfolg der Berliner Libyen-Konferenz liegt darin, dass Strukturen und diplomatische Prozesse geschaffen wurden, in denen diese politische Verständigung stattfinden kann, und dass es mit den 5+5-Gesprächen, mit den militärischen Gesprächen und auch mit den Gesprächen auf der wirtschaftlichen Ebene einen Fahrplan dafür gibt, wie ein solcher Prozess gestaltet werden kann. Nur braucht es dazu vor allem den politischen Willen und die politische Bereitschaft auf beiden Seiten des Konflikts, einzusehen, dass niemand diesen Konflikt militärisch für sich entscheiden wird und dass nur eine politische Lösung weiteres Leid in Libyen verhindern kann.