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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 07.12.2020
- Abschiebestopp bezüglich Syriens
- Covid-19: Soforthilfe der EU für Belarus
- Atomabkommen mit Iran
- Treffen des russischen Außenministers mit Bundestagsabgeordneten der AfD
- Parlamentswahlen in Venezuela
- Einstellung der Ermittlungen wegen des Verdachts der Spionage gegen ehemaligen Botschafter
- Brexit-Verhandlungen zwischen Großbritannien und der EU
- Interview mit Bundesaußenminister Maas
- Weitere Informationen
Abschiebestopp bezüglich Syriens
FRAGE: Hat sich an der Einschätzung des Auswärtigen Amtes bezüglich der Situation in Syrien seit dem letzten Lagebild etwas verändert?
An das BMI und ebenso das Auswärtige Amt: Was bedeutet das für die Diskussion über eine Verlängerung des Abschiebestopps bezüglich Syriens bei der IMK?
ADEBAHR (AA): Wie Sie wissen, sind die Lageberichte, die das Auswärtige Amt erstellt und die dann Grundlage für die Entscheidungsbehörden im Zuständigkeitsbereich des Innenministeriums sind, um in Einzelfällen Asylentscheidungen zu treffen, Verschlusssache. Deswegen kann ich aus diesen Lageberichten hier nicht zitieren oder berichten.
Der jüngste Lagebericht des Auswärtigen Amtes ist vom November 2019. Im Moment wird der neue Lagebericht 2020 erstellt. Wir gehen davon aus ‑ ich weiß nicht, ob der Kollege vom BMI noch etwas hinzufügen will ‑, dass dieser der Innenministerkonferenz rechtzeitig zu ihren Beratungen vorliegen wird.
Unabhängig von diesem Lagebericht sind unserer Einschätzung nach die humanitäre und die politische Lage in Syrien weiterhin sehr komplex und sehr volatil. Die humanitäre Lage ist katastrophal. Syrer sind weiterhin zahlreiche Gefahren aus ganz unterschiedlichen Richtungen ausgesetzt, auch vom Regime selbst, wenn sie nach Syrien zurückkehren. Das Regime geht weiterhin rücksichtslos gegen die Bevölkerung vor.
GRÜNEWÄLDER (BMI): Ich kann gern noch ergänzen. Wie Sie wissen, hat der Bundesinnenminister mehrfach angekündigt, dass er auf der diese Woche anstehenden Innenministerkonferenz dafür eintreten wird, dass „wir anstelle eines generellen Abschiebestopps künftig zumindest für Straftäter und Gefährder wieder in jedem Einzelfall prüfen, ob Abschiebungen nach Syrien möglich sind“. Diese Aussage gilt nach wie vor. Nun gilt es zunächst einmal, die Beratungen bei der Innenministerkonferenz abzuwarten. Eine Presseunterrichtung wird am Freitag hier stattfinden.
FRAGE: Frau Adebahr, wie bewertet das AA den Vorschlag von Herrn Seehofer und auch anderen Landesinnenministern, den generellen Abschiebestopp für Syrien aufzuheben? Ist das in irgendeiner Weise gerechtfertigt?
Hat Frau Merkel auch eine Meinung, Herr Seibert?
ADEBAHR: Ich bewerte hier keine Vorschläge aus dem politischen Raum. Die grundsätzliche Haltung des AA zur Lage in Syrien habe ich dargestellt.
Ansonsten gilt das, was der Kollege aus dem BMI gerade gesagt hat. Diese Beratungen werden die Innenminister führen. Dem werde ich hier nicht vorgreifen.
SEIBERT (BReg): Ich habe nichts hinzuzufügen. Wir sind in dem vorgesehenen Prozess. Das heißt, dass aufgrund einer neuen und der aktuellen Lage in Syrien entsprechenden Bewertung des Auswärtigen Amtes die Innenminister, die dafür zuständig sind, beraten werden. Diese Beratungen sind jetzt abzuwarten.
ZUSATZ: Frau Adebahr, ich habe von Ihnen jetzt nichts gehört, woraus hervorginge, dass sich an der Lage in Syrien irgendetwas so geändert hätte, dass dies es rechtfertigen könnte, an dem generellen Abschiebestopp irgendetwas zu ändern. Korrigieren Sie mich, wenn ich mich verhört habe!
ADEBAHR: Das ist Ihre Bewertung meines Vortrages. Ich sehe darin keine Frage, die ich beantworten könnte.
FRAGE: Frau Adebahr, Sie sagten eben, Sie bewerteten keine Vorschläge aus dem politischen Raum. Das war aber doch ein Vorschlag oder eine Meinungsäußerung eines Ministerkollegen. Das ist ja nicht das, was man eigentlich den politischen Raum nennt. Vielleicht können Sie doch etwas dazu sagen, ob sich die Lage in Syrien so verändert hat, dass man nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes dorthin abschieben kann.
Herr Grünewälder, wenn es nach den Vorstellungen des Ministers eine Einzelfallprüfung geben soll, wie wäre es dann zu rechtfertigen, wenn im Einzelfall auch Straftäter mit willkürlicher Verfolgung und Folter zu rechnen haben? Ist dann dennoch, ungeachtet dieser Perspektive, eine Abschiebung denkbar?
ADEBAHR: Ich kann für das Auswärtige Amt nur noch einmal wiederholen, dass wir auch jetzt noch nach wie vor grundsätzlich der Meinung sind, dass die Lage in Syrien sehr schwierig, die humanitäre Lage katastrophal ist und dass es dort zahlreiche Gefahren für Syrerinnen und Syrer gibt, wenn sie dorthin zurückkehren, aus allen Richtungen und auch vom Regime. Das ist das, was das Auswärtige Amt im Moment als Lageeinschätzung hat.
GRÜNEWÄLDER: In der Tat geht jeder Abschiebung eine Einzelfallprüfung voraus. Für die Rückführungen sind die Länder zuständig, und diese führen die Prüfungen, ob eine Abschiebung möglich ist, durch. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern.
FRAGE: Könnten Sie vielleicht noch einmal erläutern, wie Ihr Minister und Ihr Ministerium darauf kommen, angesichts einer unverändert katastrophalen Lage im Land jetzt den generellen Abschiebestopp zu überdenken?
GRÜNEWÄLDER: Sie wissen, dass sich vor einigen Wochen in Dresden ein Mord an einem Paar ereignet hat. Danach hat sich der Bundesinnenminister dahingehend geäußert, dass er dafür eintrete, in Zukunft eine Einzelfallprüfung vornehmen zu wollen, und sich bei der IMK dafür einsetzen wolle, dass der Abschiebestopp nicht verlängert wird. Das ist der aktuelle Stand, und das gilt nach wie vor.
Covid-19: Soforthilfe der EU für Belarus
FRAGE: EU-Kommissionspräsidenten Ursula von der Leyen hat im Oktober ein Paket in Höhe von 50 Millionen Euro an Corona-Soforthilfen für Belarus versprochen. Wenn man jetzt, zwei Monate später, bei humanitären Organisationen in Deutschland nachfragt, die mit Belarus zusammenarbeiten, dann heißt es, diese Gelder seien nicht abrufbar. Es wird auch zurückgespiegelt, dass es auch bei Anruf und Nachfrage bei der Delegation der EU-Kommission in Minsk heißt, dass diese Gelder eigentlich nicht zur Verfügung stünden. In diesen 50 Millionen stecken ja signifikant auch deutsche Steuergelder. Deswegen würde mich interessieren: Wie ist die Sachlage der Bundesregierung bezüglich dieser verkündeten 50 Millionen Euro Soforthilfe für Belarus? Die Frage geht im Zweifelsfall an das AA und, falls es da Infos gibt, auch an das BMF.
ADEBAHR (AA): Zur Fragen der Auszahlung von EU-Mitteln müsste ich Sie schon bitten, sich an die EU zu wenden und dort nachzufragen, wie der Programmstand ist. Ich glaube, unsere politische Haltung zu Belarus ist bekannt.
Bekannt ist auch, dass wir uns zum Thema Corona in der EU solidarisch zeigen und dafür werben, dass wir die Programme, die im Entwurf sind und beraten werden, möglichst schnell auszahlen und wir uns alle solidarisch durch diese Krise bewegen.
Wie aber der aktuelle Stand zu diesen möglichen Hilfen ist, das müssten Sie bitte dort erfragen.
ZUSATZFRAGE: Aber es liegt ja schon auch in der Verantwortung des AA, wenn deutsche humanitäre Organisationen versuchen, Gelder von diesem angeblichen 50-Millionen-Soforthilfepaket für Belarus zu beantragen und dann von der EU-Kommission selbst oder zumindest der Delegation zurückgespiegelt wird, dass es diese Gelder de facto gar nicht gibt. Das wäre ja schon ein Thema, dem sich auch das AA widmen könnte.
ADEBAHR: Ich kann jetzt nicht verifizieren, ob es so ist, dass, wie Sie sagen, die EU-Kommission sagen würde, diese Gelder gebe es gar nicht. Unsere grundsätzliche Haltung ist, dass wir dafür sind, dass Hilfen gezielt, schnell, genau und solidarisch in der EU verteilt werden. Zu Ihren Behauptungen müssten Sie die EU-Kommission befragen.
Atomabkommen mit Iran
FRAGE: Frau Adebahr, ich habe eine Frage zu dem Nuklearabkommen mit dem Iran. Ihr Minister hat sich am Wochenende in einem Interview für ein erweitertes Nuklearabkommen mit dem Iran ausgesprochen. Es ging konkret um das iranische Raketenprogramm und um Teherans Rolle in der Region. Wie wird das, was das Verfahren angeht, aussehen? Wird man, wenn die Amerikaner am Verhandlungstisch sitzen, diese Themen besprechen? Können Sie dazu etwas Konkretes sagen?
Zweitens. Arabische Staaten in der Region, unter anderem Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate, hatten sich dafür eingesetzt, auch an den Nuklearverhandlungen teilzunehmen. Wie ist die deutsche Position, was diese Forderung angeht?
ADEBAHR (AA): Ich möchte Sie gerne darauf hinweisen, dass sich Außenminister Maas heute Morgen zu diesem Thema im Deutschlandfunk geäußert hat. Dort hat er gesagt, dass mittlerweile aus dem Team von Joe Biden deutlich gesagt wurde, dass in den USA ein Diskussionsinteresse und auch ein Interesse daran besteht, zu dem Atomabkommen mit dem Iran zurückzukehren. Der Minister hat gesagt, dass er das als außerordentlich wichtig ansieht, denn ohne die USA ist das Abkommen weniger wert.
Natürlich ist es wichtig, dass der Iran zu seinen Verpflichtungen bezüglich des Abkommens zurückkehrt. Perspektivisch ist es so, dass wir uns vorstellen könnten, als Partner des JCPOA mit der neuen US-Regierung darüber in einen Dialog einzutreten, wie man das Nuklearabkommen revitalisieren und dorthin zurückkehren kann. Natürlich wird dann ‑ das wird sich aber alles erst nach dem 20. Januar abspielen ‑ auch darüber zu reden sein, wie man weitere Fragen ‑ etwa die Rolle Irans in der Region oder das iranische Raketenprogramm ‑ adressiert. Insofern ist es heute verfrüht, hier an dieser Stelle einen genauen Fahrplan darlegen zu wollen. Es gibt die grundsätzliche Bereitschaft, diesen Weg mit der neuen US-Regierung zu gehen.
Was die Beteiligung von weiteren Partnern betrifft, kann ich heute nur sagen, dass die Partner des JCPOA „as it is“ bekannt sind und dass dies Partner sind, die als Vertragspartner der IAEO und natürlich der EU über dieses Abkommen reden. Aber wie sich ein weiterer größerer Dialogprozess in der Region gestaltet, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt natürlich noch nicht wirklich absehbar. Insofern wird man schauen, in welchen Dialog man mit der neuen amerikanischen Regierung, so sie denn Ende Januar/Anfang Februar im Amt ist, eintritt. Dann wird sich Schritt für Schritt zeigen, wie das vorangeht.
ZUSATZFRAGE: Nun hat der Iran diese Forderung abgelehnt. Was ist, wenn der Iran sagt, dass er darüber nicht sprechen will? Geht es erst einmal nur darum, das JCPOA zu stärken? Sie haben von „revitalisieren“ gesprochen. Was ist, wenn der Iran sagt, dass er darüber nicht reden will? Wird es dann Sanktionen geben? Was ist dann der nächste Schritt?
ADEBAHR: Das ist eine recht hypothetische Frage. Unsere Position ist, das JCPOA zu revitalisieren. Wir hoffen, dass der Iran sich daranhalten möge. Die USA haben ein Interesse an diesem Prozess signalisiert. Dann ist doch die Hoffnung, dass man in einen konstruktiven Vorwärtsprozess eintritt. Aber wie genau das ausgestaltet werden wird ‑ hoffentlich positiv und konstruktiv ‑, werden wir erst Ende Januar/Anfang Februar ‑ so muss man es ja sogar formulieren ‑ anfangen können zu sehen.
Treffen des russischen Außenministers mit Bundestagsabgeordneten der AfD
FRAGE: Frau Adebahr, am morgigen Dienstag, dem 8. Dezember, wird der russische Außenminister Lawrow eine Delegation von Bundestagsabgeordneten der AfD empfangen. Manche Experten betrachten dieses Treffen als ein politisches Signal des Kremls nach Berlin. Wie schätzt das Auswärtige Amt dieses Treffen ein? Sind solche Kontakte für die deutsch-russischen Beziehungen hilfreich oder eher nachteilig?
ADEBAHR (AA): Das ist eine Reise, die meiner Kenntnis nach vom Deutschen Bundestag als Reise einer Fraktion des Deutschen Bundestages genehmigt worden ist. Ich bewerte diese Reise jetzt nicht. Es ist eine Reise, die genehmigt wurde. Das Auswärtige Amt und die Botschaft in Moskau sind in dem ganz normalen Maß, das gesetzlich vorgegeben ist, involviert. Die Reise wird ja erst stattfinden. Insofern kann ich heute nur das zum Prozedere mitteilen, was es dazu zu sagen gibt.
Parlamentswahlen in Venezuela
FRAGE: Gestern fanden Parlamentswahlen in Venezuela statt. Wie bewertet die Bundesregierung die Situation in Venezuela und auch die Situation von Juan Guaidó, dessen Mandat zeitlich beschränkt ist? Lassen Sie mich bitte Ihre Kollegin Frau Sasse zitieren, die im November sagte: „Wie wir uns nach den Parlamentswahlen positionieren, werden wir entscheiden, wenn es soweit ist.“ Sie sagte weiter: „Wir können Anfang Dezember aber gerne noch einmal darauf zurückkommen.“
ADEBAHR (AA): In Venezuela haben in der Tat gestern sogenannte Parlamentswahlen stattgefunden. Wir haben die Berichterstattung darüber zur Kenntnis genommen. Wir hatten ja bereits im Vorfeld große Zweifel geäußert, die tatsächlich durch den Wahlablauf auch nicht ausgeräumt wurden. Unsere Befürchtungen haben sich bestätigt: Aus unserer Sicht waren die Wahlen nicht frei und fair und genügten auch nicht internationalen Mindeststandards. Sie genügten auch nicht der Notwendigkeit eines inklusiven politischen Prozesses zur Überwindung der nationalen Krise, die wir seit geraumer Zeit in Venezuela sehen.
„Having this in mind“ konsultieren wir mit unseren europäischen Partnern jetzt, wie wir uns nach dieser Wahl verhalten, und stimmen unsere Meinung ab. Das ist natürlich etwas, was erst heute und in den nächsten Tagen passiert. Diese Beratungen gehen weiter. Wir erhoffen uns, dass man auch innerhalb der EU eine gemeinsame Haltung findet.
ZUSATZFRAGE: Beabsichtigt die Bundesregierung, aktiv Bewegung auf europäischer Ebene zu fordern, was das Thema angeht?
ADEBAHR: Wir bringen uns mit unserer Haltung, die ich gerade dargelegt habe, natürlich aktiv in den Prozess ein.
FRAGE: An der Wahl haben 107 Parteien teilgenommen, darunter auch die sozialdemokratische und christdemokratische Opposition. Gleichzeitig hat am Wahltag Staatssekretär Berger vom Auswärtigen Amt gesagt, der einzige legitime Führer Venezuelas sei Juan Guaidó. Juan Guaidó ist just Teil der radikalen Opposition, die zum Boykott der Wahlen aufruft. Mit welcher Intention unterstützt das Auswärtige Amt jemanden wie Guaidó, der zum Wahlboykott aufruft, aber nicht die dialogbereite christdemokratische und sozialdemokratische Opposition, inklusive der Schwesterparteien von SPD und CDU?
ADEBAHR: Ich habe gerade dargelegt, dass wir den Wahlprozess und auch sozusagen den „run-up“ zum Wahlprozess als nicht fair und frei und auch nicht als einen Prozess betrachten, der den internationalen Mindeststandards genügt. Insofern hat sich unsere Haltung diesbezüglich nicht verändert.
Man muss auch sehen, dass die Wahlbeteiligung ‑ die offiziellen Zahlen sprechen von 31 Prozent; es ist sicherlich spannend zu sehen, wie hoch die Zahlen wirklich sind ‑ historisch niedrig war, was aus unserer Sicht auch ein Beleg dafür ist, dass die venezolanische Bevölkerung ganz offenbar kein sehr großes Vertrauen in diesen Wahlprozess gesetzt hat.
FRAGE: Ich habe keine direkte Frage zu dieser ‑ in Anführungsstrichen ‑ komischen Wahl in Venezuela, sondern zu Herrn Guaidó selbst. Die Bundesregierung und auch die EU haben immer wieder gesagt, dass er ihr Mann ist, weil er der Präsident der Nationalversammlung ist. Das wird er ab sofort ja nicht mehr sein. Wird Herr Guaidó auch nicht mehr Ihr Mann sein?
ADEBAHR: Die Nationalversammlung, die jetzt existiert, existiert weiter bis zum 5. Januar. Man muss sehen, wie sich der Prozess in Venezuela nach dieser Abstimmung vom Wochenende überhaupt weiter gestaltet.
Zu Ihrer Frage ist noch zu sagen, dass sich unsere Haltung zum Gesamtkomplex Venezuela und auch zu Herrn Guaidó nicht durch diese Ereignisse vom Wochenende verändert hat. Es gibt, wie gesagt, noch bis zum 5. Januar die Nationalversammlung, wie wir sie jetzt sehen. Wie es dann weitergeht, wird sicher in Venezuela entschieden werden. Wir beraten darüber mit unseren EU-Partnern.
Einstellung der Ermittlungen wegen des Verdachts der Spionage gegen ehemaligen Botschafter
FRAGE: Es geht um das Bundesamt für Verfassungsschutz, das den ehemaligen Botschafter Gerhard Sabathil der Spionage für China verdächtigt und das ein Jahr lang untersucht hatte. Jetzt ist alles niedergeschlagen worden, aber Herr Sabathil ist seiner beruflichen Existenz beraubt und möchte jetzt eine Millionenklage einreichen und rehabilitiert werden. Wie geht das BMI damit um? Was ist da üblich? Hat er Chancen auf eine Rehabilitierung?
GRÜNEWÄLDER (BMI): Die Formulierung „niedergeschlagen worden“ möchte ich mir hier nicht zu eigen machen. Es ist richtig, dass die Ermittlungen eingestellt worden sind, aber auch da gibt es ja verschiedene Nuancierungen.
Ansonsten äußert sich das BMI zu Ermittlungsverfahren nicht, auch wenn sie abgeschlossen sind, und zudem auch nicht zu Einzelfällen.
Brexit-Verhandlungen zwischen Großbritannien und der EU
FRAGE: Herr Seibert, wie groß ist die Hoffnung der Kanzlerin, dass es auf dem Gipfel am Donnerstag und Freitag oder am Rande des Gipfels vielleicht einen Durchbruch in den Brexit-Verhandlungen geben könnte? Das, was man aus Brüssel hört, ist ja wenig hoffnungsfroh.
SEIBERT (BReg): Ja, wir ‑ das heißt, die EU und Großbritanniens Vertreter ‑ befinden uns in der entscheidenden Phase dieser Verhandlungen. Es bleibt nur noch wenig Zeit bis zum Ende der Übergangsphase; das konnten wir Ihnen auch letzte Woche schon sagen.
Die europäische Seite ist konstruktiv, aber sie hat natürlich auch Erwartungen an so ein Abkommen. Es wird jetzt noch weiter intensiv verhandelt. Mehr kann ich Ihnen dazu nicht sagen. Ich nenne auch keine Erwartungen oder Zwischenstände, was Optimismus oder Pessimismus angeht. Das sind ganz schwierige Verhandlungen.
Es bleibt unsere Haltung als Bundesregierung, dass es im Interesse beider Seiten ‑ Europas und Großbritanniens ‑ wäre, zu einem Abschluss zu kommen. Kompromissbereitschaft muss es auf beiden Seiten geben, aber natürlich gibt es, wie ich gerade sagte, auch Erwartungen an so ein Abkommen. Jede Seite hat auch rote Linien. Heute kann ich Ihnen noch nichts anderes sagen. Dies ist die entscheidende und sehr intensive Phase.
ZUSATZFRAGE: Heute Abend wird ja Frau von der Leyen noch einmal mit Herrn Johnson telefonieren. Wird sich die Kanzlerin vielleicht noch einmal persönlich in diese Gespräche mit Herrn Johnson einschalten?
SEIBERT: Die Verhandlungsführung für die 27 europäischen Mitgliedstaaten liegt bei Herrn Barnier und seinem Team - in enger Abstimmung mit den Mitgliedstaaten und mit der vollen Unterstützung der Mitgliedstaaten. Natürlich gibt es da auch immer wieder Rückkopplungen, und natürlich ist die Bundeskanzlerin wie auch der Außenminister jederzeit auf der Höhe der Verhandlungen.
Interview mit Bundesaußenminister Maas
FRAGE: Ich hätte noch eine Frage an Frau Adebahr. Heiko Maas hatte in einem am Freitag veröffentlichten Interview erklärt, dass die EU und die USA als Garant für den Frieden agierten. Ich tue mich mit meinen Erinnerungen daran schwer, wann das gewesen sein könnte. Deswegen würde mich interessieren, ob Sie denn konkrete Beispiele dafür hätte, dass die EU und die USA als Garant für Frieden agiert hätten.
ADEBAHR (AA): Es tut mir leid für Sie, wenn Sie sich nicht erinnern können, wann die EU, die ja im Menschenrechtsbereich sehr aktiv ist, die zivile und militärische Missionen auf der Welt durchführt, um Frieden zu sichern, die über ihre Mitgliedstaaten in den Vereinten Nationen aktiv ist und die sich weltweit für eine Partnerschaft zum Beispiel mit ASEAN und für Multilateralismus einsetzt, als EU und über ihre Mitgliedstaaten als jemand gewirkt hat, der ja für Menschenrechte, Frieden und Entwicklung kämpft. Wenn Sie sich daran nicht erinnern können, dann finde ich das schade. Aber Sie können zum Beispiel auf unserer Internetseite sehr viel darüber nachlesen, was die EU und Deutschland dafür tun.
ZUSATZFRAGE: Er hat ja die USA und die EU zusammen genannt. Jetzt haben Sie die USA auffälligerweise weggelassen. Können Sie denn in dieser Kombination von EU und USA Beispiele konkreter Art nennen - Syrien, Libyen?
SEIBERT (BReg): Der gemeinsame Kampf gegen den Terror des sogenannten „Islamischen Staates“, also der Kampf gegen den islamistischen Terror, ist etwas, bei dem Europa und die Amerikaner Seite an Seite stehen.
ZUSATZFRAGE: Ich habe noch eine Frage zu den Ausführungen von Herrn Maas. Er hat dann auch die rhetorische Figur „wir Europäer versus Russland und Türkei“ eingesetzt. Gehören demnach für den deutschen Außenminister die Türkei und Russland nicht zu Europa?
ADEBAHR: Sie reißen Dinge aus dem Kontext. Schauen Sie sich doch noch einmal die Antwort an. Um diese Frage ging es bei der Aussage des Ministers in diesem Zusammenhang nicht. Es ist ein Unterschied, ob man über die Europäische Union redet, in der beide nicht Mitglied sind, oder ob man zum Beispiel über einen europäischen Raum oder einen Kontinent redet, zu dem beide Länder geographisch gehören. Insofern ist das eine müßige Diskussion. Ich würde mich wirklich gerne noch einmal dagegen wehren, dass Sie im Rahmen von Wortklauberei Wortgruppen aus Antworten herausreißen und sie in andere Kontexte stellen. Das ist, glaube ich, nicht redlich.