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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­pressekonferenz vom 09.12.2020

09.12.2020 - Artikel

Medienberichte über eine Einigung im EU-Haushaltsstreit

FRAGE: Es wird gemeldet, dass es aus Polen und Ungarn unter anderem durch den polnischen Vizeregierungschef eine Bestätigung dafür gebe, dass es eine Einigung mit Deutschland über den Haushalt der EU geben solle. Können Sie das bestätigen? Wie schaut diese Verständigung aus?

FIETZ (BReg): Ich möchte mich auf das berufen, was die Bundeskanzlerin heute Morgen im Bundestag gesagt hat. Dort hat Sie gesagt: „Wir suchen jetzt nach Möglichkeiten, unter Beibehaltung natürlich dieses Rechtsstaatsmechanismus Lösungen zu finden, um diese Blockade aufzuheben.“

Sie wissen, dass es das Veto von Polen und Ungarn gibt, weil der Finanzrahmen im Zusammenhang mit dem Rechtsstaatsmechanismus steht. Die Kanzlerin hat heute Morgen gesagt, sie könne noch nicht sagen, ob das gelingen werde. Ich kann Ihnen hier nur sagen, dass bei diesem Prozess zu beachten ist, dass eine Lösung von allen Beteiligten im Kreis der EU27 mitgetragen werden muss.

FRAGE: An Frau Fietz und vielleicht an Frau Adebahr: Herr Feldhoff hat schon darauf hingewiesen, dass ein deutsches Kompromisspapier von Ungarn und Polen angenommen worden sei. Dies melden beide Regierungen und bestätigen es.

Deswegen wüsste ich gern, ob Sie damit zufrieden sind, dass zumindest diese beiden EU-Staaten, die das Finanzpaket bisher blockiert haben, jetzt zugestimmt haben. Können Sie uns Einzelheiten dazu nennen, wie dieses Kompromisspapier aussieht?

FIETZ: Ich kann meinen Äußerungen von eben nichts weiter hinzufügen. ‑ Vielleicht Frau Adebahr?

ADEBAHR (AA): Ich auch nicht. ‑ Es wäre doch schön, wenn in den nächsten Tagen eine Einigung gelänge.

FIETZ: Das ist sicherlich richtig.

ZUSATZFRAGE: Es gab ja auch Berichte aus Brüssel, dass man, wenn diese beiden Staaten nicht zustimmen sollten, einen anderen Weg geht ‑ Szenario B ‑, bei dem 25 Staaten ohne Polen und Ungarn dieses 750-Milliarden-Euro-Paket zwischenstaatlich beschließen. Dann würden diese beiden Länder leer ausgehen. Ist das ein Konzept, das die Bundesregierung mitgehen würde?

FIETZ: Ich denke einmal, dass Sie auf diese Frage meinen Hinweis als Antwort nehmen können, dass es darauf ankommt, eine Lösung im Kreis der EU-27 zu finden.

Nuklearabkommen mit Iran / Vorschlag des Iran zu einer regionalen Sicherheitskonferenz

FRAGE: Frau Adebahr, der iranische Präsident Hassan Rohani hat heute wiederholt neue Verhandlungen zum Iran-Nuklearabkommen abgelehnt. Ich hätte gerne eine Reaktion dazu.

Eine zweite Frage zum Thema Iran: Der Iran hat sich für eine regionale Sicherheitskonferenz ausgesprochen, um Spannungen in der Region des Persischen Golfs abzubauen. Einen ähnlichen Vorschlag hatte auch der UN-Generalsekretär António Guterres gemacht. Wie steht die Bundesregierung zu so einem Vorschlag?

ADEBAHR (AA): Ich denke, zu Fragen des JCPOA ist unsere Haltung unverändert, und die habe ich hier oft vorgetragen. Insofern gibt es da keinen neuen Stand.

Zum Thema regionale Bemühungen: Die Bundesregierung ist grundsätzlich für alle Ansätze und alle Ideen offen, die dazu führen, dass man sich in der Region unterhält und dass man zu guten nachbarschaftlichen und friedlichen Beziehungen findet. Insofern kommt es sicherlich immer darauf an, wie einzelne Vorschläge ausgestaltet sind. Dieser iranische Vorschlag liegt mir jetzt nicht vor, ich kenne ihn im Detail nicht. Ich kann Ihnen deshalb nur sagen, dass wir für Ausgleichsbemühungen von den Staaten aus der Region für die Region natürlich grundsätzlich offen sind.

In Iran inhaftierte Menschenrechtsaktivistin Nasrin Sotudeh

FRAGE: In welcher Weise setzt sich die Bundesregierung künftig für politische Gefangene im Iran ein, speziell mit Fokus auf die Menschenrechtsaktivistin Nasrin Sotudeh?

ADEBAHR (AA): Die Bundesregierung hat sich schon lange und immer wieder intensiv für Nasrin Sotudeh eingesetzt, und dazu können Sie, glaube ich, jetzt zum Tag der Menschenrechte auch etwas von Bärbel Kofler, unserer Menschenrechtsbeauftragten, nachlesen. Wir haben uns immer für sie eingesetzt und tun das auch weiterhin.

Das Thema der Menschenrechtslage in Iran ‑ dass diese schlecht ist und dass wir uns dort eine andere Situation wünschen und diese auch fordern ‑ besprechen wir mit Iran regelmäßig und immer wieder auf allen Ebenen. Unsere Haltung zur Todesstrafe, die europäische Haltung zur Todesstrafe, ist länglich bekannt: Wir lehnen die Todesstrafe unter allen Umständen ab. Auch das ist etwas, was wir mit Iran immer wieder thematisieren.

Ursprung des Coronavirus

FRAGE: Die Welt leidet unter einer Pandemie. Die fünf befreundeten westlichen Geheimdienste der Five Eyes, also von Neuseeland, Australien, Kanada, Großbritannien und den USA, haben Erkenntnisse, dass das Virus aus chinesischen Laboren in Wuhan stammen soll. Hat sich die Bundesregierung eigentlich einmal bei der chinesischen Regierung über die Umstände der Geschehnisse in den Laboren Wuhans erkundigt bzw. sich überhaupt erkundigt, ob das Virus aus China kommt? Teilt die Bundesregierung die Erkenntnisse der Five Eyes, also der Geheimdienste der westlichen Staaten?

FIETZ (BReg): Ich kenne diese Erkenntnisse nicht, von denen Sie hier sprechen, und kann sie deshalb auch nicht kommentieren.

ZUSATZFRAGE: Darüber ist doch im Sommer berichtet worden. Das ist doch allgemein bekannt. Es gibt ein Dossier dazu! Sind wir davon als Bundesregierung abgekoppelt?

FIETZ: Ich kann Ihnen hier darüber jetzt keine Auskunft geben.

ZUSATZFRAGE: Hat der Bundesnachrichtendienst Erkenntnisse?

FIETZ: Sie wissen, dass wir über Erkenntnisse des Bundesnachrichtendienstes und überhaupt aller Sicherheitsdienste hier nicht berichten.

ADEBAHR (AA): Ich kann noch anfügen, dass es eine sehr allgemeine Formulierung ist, dass die Five Eyes im Sommer einen Bericht veröffentlicht hätten. Ich glaube, das ist einfach eine allgemeine Aussage in Bezug auf „hätte“, die Frau Fietz jetzt nicht kommentiert hat.

Wenn ich noch etwas anfügen darf, möchte ich gerne sagen, dass Sie ja sicherlich verfolgt haben, dass sich die Weltgesundheitsorganisation, die in Genf angesiedelt ist, mit ihren Mitgliedern seit Monaten darum kümmert, wobei sich Deutschland aktiv einbringt, dass es eine sogenannte Ursprungsmission gibt ‑ eben nach China und mit internationalen Experten besetzt ‑, um dort den Ursprung und den Hergang des Anfangs der Pandemie unabhängig und international zu untersuchen und festzustellen. Daran arbeitet die WHO, und wir sind –

ZURUF: (ohne Mikrofon, akustisch unverständlich)

ADEBAHR: - aktiver Teil der WHO, um auch dabei zu helfen, dass diese Mission dorthin geschickt wird.

VORS. FELDHOFF: Entschuldigung! Sie können gleich nachfragen, aber bitte unterbrechen Sie nicht die Sprecher der Bundesregierung. Es ist hier ja keine Talkshow, sondern Sie stellen eine Frage, Sie erhalten eine Antwort und haben die Möglichkeit zur Nachfrage. Das sind unsere Prinzipien, und ich bitte diese zu berücksichtigen.

ZURUF: (ohne Mikrofon, akustisch unverständlich)

VORS. FELDHOFF: Jetzt sind Sie dran.

ZUSATZFRAGE: Seit mehr als einem Jahr ist das Infektionsgeschehen ja nun bekannt, und die WHO hat es in einem Jahr noch nicht geschafft, dorthin zu kommen. Wann soll das endlich passieren? Wie wird sich vor allen Dingen die Bundesregierung dafür starkmachen?

ADEBAHR (AA): Zu Ihrer ersten Aussage: Wir haben jetzt Mitte Dezember 2020. Insoweit will ich das einmal stehen lassen.

Wir sind als Mitglied der WHO dabei, zu helfen und die Beratungen darüber zu intensivieren, dass eine unabhängige und mit Experten bestückte Mission nach China reisen kann. Dazu bedarf es eines Dialogs mit China. Der wird seit geraumer Zeit geführt. Wir sind sehr dafür, dass er zu einem Ergebnis führt, nämlich dem Ergebnis, dass eine Mission dort einreisen kann, sich informieren kann ‑ gerade auch in der Region Wuhan ‑ und einfach die Umstände klären kann oder sich anschauen kann, wie die Anfangsphase der Pandemie verlief.

FRAGE: Es gibt Berichte darüber, dass sich das Leben in China weitgehend stabilisiert hat. Mich würde interessieren: Monitort das Auswärtige Amt die Situation in China und in anderen Ländern? Gibt es auch einen Austausch innerhalb der Bundesregierung, im Rahmen dessen man sich anschaut, wie das dort funktioniert und was wir für Lehren daraus ziehen können? Wie funktioniert da der Informationsfluss?

ADEBAHR: Bezüglich Corona, meinen Sie?

ZUSATZ: Genau.

ADEBAHR: Wir haben, glaube ich, 220 verschiedene Missionen und Botschaften und informieren uns zum Beispiel über diese Botschaften vor Ort über die Lage in den jeweiligen Ländern, also darüber, wie dort das Corona-Infektionsgeschehen verläuft und welche Regeln die einzelnen Länder haben. Es ist ja für uns von Relevanz, was Ein- und Ausreisen und die Bewertung von Risikogebieten angeht, und natürlich auch für die internationalen Organisationen, was andere machen, wie es dort vorangeht, was man vielleicht lernen kann und wie die Situation ist. Natürlich gibt es innerhalb der Bundesregierung auch Gespräche und Beratungen, und es gibt auch Berichte aus den Botschaften, die wir hierfür heranziehen und die wir uns anschauen - als Bundesregierung und gemeinsam mit den beteiligten Häusern, die an verschiedenen Ecken innerhalb der Bundesregierung mit dem Coronakomplex zu tun haben.

ZUSATZFRAGE: Haben Sie konkrete Erkenntnisse darüber, woran es liegen könnte, dass sich das Leben in China schon weitgehend normalisiert hat?

ADEBAHR: Dass sich das Leben dort weitgehend normalisiert hat, ist jetzt eine Aussage und Einschätzung von Ihnen. Das ist etwas sehr allgemein. China ist sehr groß, und ich glaube, dort gibt es auch große regionale Unterschiede in Bezug darauf, wie und unter welchen Bedingungen sich das Leben dort normalisiert. Meiner Kenntnis nach ist es so, dass in China auch auf lokale Ausbrüche in größeren Regionen und in Städten immer wieder mit Maßnahmen reagiert wird, die für eine kleinere oder, weil China so groß und so bevölkerungsreich ist, auch eine recht große Region gelten.

Bericht des Auswärtigen Amtes zur Lage in Syrien

FRAGE: Hat das Auswärtige Amt der Innenministerkonferenz wie geplant den Lagebericht zu Syrien vorgelegt? Zu welchen Ergebnissen kommt das Auswärtige Amt, was die Sicherheitslage angeht?

ADEBAHR (AA): Ich glaube, die erste Frage kann das BMI beantworten.

Zum Lagebericht wiederhole ich gerne noch einmal das, was ich schon oft gesagt habe: Das ist ein eingestufter Bericht. Deswegen werden wir daraus nicht zitieren und auch keine Inhalte öffentlich bekannt geben. Unsere grundsätzliche Einschätzung zur Lage in Syrien habe ich hier zuletzt am Montag, glaube ich, ausführlich dargelegt.

VORS. FELDHOFF: Herr Alter, können Sie sagen, ob der Bericht eingegangen ist?

ALTER (BMI): Ich entnehme der Aussage meiner Kollegin, dass er offenbar in unsere Richtung abgesandt wurde. Ob er eingegangen ist, prüfe ich gerne und hoffe, dass ich die Antwort noch während dieser Veranstaltung nachreichen kann.

[…]

VORS. FELDHOFF: Herr Alter kann den Lagebericht zu Syrien nachliefern.

ALTER: Ich kann die Frage von Frau Buschow beantworten. Der Bericht ist im Bundesinnenministerium eingegangen und kann also in den kommenden drei Tagen bei der Innenministerkonferenz als Grundlage genutzt werden.

VORS. FELDHOFF: Können Sie uns sagen, was in dem Bericht steht?

ALTER: Nein. Da schließe ich mich ganz den Ausführungen meiner Kollegen an.

Anschaffung bewaffneter Drohnen

FRAGE: Ich hätte ganz gerne das Verteidigungs- und das Außenministerium zum Thema Drohnen gefragt.

Herr Thiels, es gibt Berichte, dass die SPD die Anschaffung bewaffneter Drohnen nicht mittragen möchte, die das Verteidigungsministerium beschaffen möchte. Ich hätte ganz gerne gewusst, ob das Verteidigungsministerium damit rechnet, dass das in dieser Legislaturperiode nicht mehr geht.

Frau Adebahr, unterstützen Sie, politisch gesehen, diese Anschaffung?

THIELS (BMVg): Wie Sie wissen, werden wir Äußerungen im politischen Raum vonseiten der Bundesregierung hier nicht kommentieren. Das tun wir auch in diesem Fall nicht. Ich kann Ihnen aber gerne sagen, was die Haltung unseres Ministeriums und unserer Ministerin ist, die auch weithin bekannt ist: Wir sind der Überzeugung, dass der Schutz der Soldatinnen und Soldaten speziell im Einsatz oberste Priorität haben muss. Deswegen sind wir für die Anschaffung dieser bewaffneten Drohnen.

Es hat nicht erst in diesem Jahr, sondern schon seit vielen Jahren eine sehr umfängliche Debatte darüber gegeben ‑ die Argumente sind auch ausgetauscht ‑, sodass wir der Überzeugung sind, dass dieser Prozess jetzt entscheidungsreif ist und man darüber entscheiden kann. Das soll der Deutsche Bundestag jetzt tun. Wir schauen mit Spannung darauf, wie sich der Deutsche Bundestag dazu positionieren wird.

ADEBAHR (AA): Ich kann auch nur hinzufügen, dass ich für das Auswärtige Amt eine politische Debatte hier in diesem Raum nicht kommentiere und dass es eine Entscheidung des Deutschen Bundestages geben wird.

ZUSATZFRAGE: Frau Fietz, unterstützt die Bundesregierung insgesamt die Anschaffung dieser Drohnen? Ob der Bundestag dann zustimmt oder nicht, ist ja die zweite Frage. Ist das ein Ziel der Bundesregierung?

FIETZ (BReg): Auch für mich gilt, dass ich hier eine politische Debatte nicht kommentieren werde.

ZUSATZ: Es geht ja gar nicht um eine politische Debatte. Ich möchte nur wissen, ob die Bundesregierung für die Anschaffung bewaffneter Drohnen ist.

FIETZ: Ich kann meinen Äußerungen nichts hinzufügen.

Treffen des russischen Außenministers mit Bundestagsabgeordneten der AfD

FRAGE: Frau Adebahr, eine Frage zu einem Treffen, das gestern in Moskau zwischen Vertretern der AfD und Herrn Lawrow stattgefunden hat. Zum einen würde mich inhaltlich interessieren, ob Sie bewerten können, was dort passiert ist. Die AfD hat ja inhaltlich den Schulterschluss mit Russland bei Themen wie Alexej Nawalny und Weißrussland gesucht und die Position der Bundesregierung stark kritisiert.

Zum anderen gab es den Vorwurf von Herrn Hampel, dem außenpolitischen Sprecher der AfD, dass die Bundesregierung angeblich versucht habe, diese Reise zu verhindern. Können Sie dazu etwas sagen? Gibt es irgendeine Erklärung dazu?

ADEBAHR (AA): Inhaltlich möchte ich diese Reise nicht bewerten. Das war eine Fraktionsreise des Deutschen Bundestages. Unsere Position zum Beispiel zu dem Thema Nawalny kennen Sie; diese hat sich nicht geändert.

Was diese Reise anbelangt, ist für mich dieser Vorwurf nicht nachvollziehbar, weil die deutsche Botschaft in Moskau diese Reise ganz normal gemäß der Gesetzeslage betreut hat, wie man es für jede Fraktionsreise, die vom Deutschen Bundestag genehmigt wurde ‑ und um eine solche handelte es sich ‑ tut. Aus § 3 Absatz 1 des Gesetzes über den Auswärtigen Dienst leitet sich ab, dass die Botschaft ‑ sofern das gewünscht wird ‑ eine Betreuung anbietet und bei der Organisation hilft. Das hat unsere Botschaft in diesem ganz normalen Rahmen getan. Das ist der Stand, den ich Ihnen mitteilen kann.

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