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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 08.07.2022
Tod des ehemaligen Premierministers Japans Shinzō Abe infolge eines Attentats
HEBESTREIT (BReg): Heute beginne ich mit einer sehr traurigen Nachricht. Mit Fassungslosigkeit und tiefer Trauer hat die Bundesregierung die Nachricht vom Tode Shinzō Abes aufgenommen. Der langjährige Ministerpräsident Japans ist heute Vormittag an den Folgen eines Attentates gestorben.
Der Bundeskanzler kondoliert seinem Kollegen, dem japanischen Ministerpräsidenten Fumio Kishida. Unsere Gedanken sind in diesen schweren Stunden bei der Familie des Opfers, aber auch bei unseren japanischen Freundinnen und Freunden. Wir stehen auch in dieser schweren Stunde eng an der Seite Japans.
Nordirland-Protokoll
FRAGE: Herr Burger, Ihre Staatssekretärin, Frau Lührmann, hat sich heute Morgen schon zu den EU-britischen Beziehungen geäußert und gesagt, sie hoffe, dass die Gespräche zwischen beiden Seiten gut fortgeführt werden, aber das Nordirland-Protokoll stehe nicht zur Diskussion. Mich würde interessieren, ob Sie sich angesichts der Tatsache, dass Premier Johnson ja noch mindestens einige Wochen im Amt bleiben wird und möglicherweise jemand, der seine Linie weiterverfolgen wird, ihn beerben wird, Sorgen machen, dass die britische Seite weiterhin diese harte Linie beim Nordirland-Protokoll verfolgen wird, und ob Sie irgendwelche Chancen sehen, dass dieses Problem in nächster Zukunft gelöst werden kann.
BURGER (AA): Ich weiß nicht, ob das jetzt der Versuch ist, mir einen Kommentar zu den innenpolitischen Entwicklungen in Großbritannien zu entlocken. Auf diesen Aspekt der Frage würde ich jetzt sozusagen gar nicht eingehen ‑ dafür haben Sie bestimmt Verständnis ‑ sondern vielleicht einfach noch einmal sagen, was unsere Position zum Nordirland-Protokoll ist.
Die Außenministerin hat sich dazu auch vor einigen Tagen in einem gemeinsamen Namensartikel mit ihrem irischen Amtskollegen in einer großen britischen Tageszeitung geäußert. Aus unserer Sicht ist klar, dass einseitige Maßnahmen keine Lösung sein können. Die Einhaltung internationaler Abkommen, und ein solches ist das Nordirland-Protokoll ja, ist entscheidend für die Aufrechterhaltung unserer auf Regeln basierenden internationalen Ordnung. Wir sind selbstverständlich ‑ darin sind wir uns in der EU völlig einig ‑ mehr als bereit und von uns aus sogar extrem daran interessiert, bestehende Schwierigkeiten bei der Umsetzung konstruktiv zu besprechen und gemeinsam mit Großbritannien nach Lösungen zu suchen. Die EU-Kommission hat genau dafür im Oktober 2021 eine ganze Reihe von konstruktiven Vorschlägen vorgelegt, die auf die Sorgen und Nöte der Bevölkerung in Nordirland eingehen.
Wir sind und bleiben gesprächsbereit gegenüber Großbritannien. Wir möchten, dass es hier eine einvernehmliche Lösung gibt, die die tatsächlichen praktischen Schwierigkeiten bei der Umsetzung ausräumen, damit die Menschen in Nordirland in Frieden und in Sicherheit leben können, damit das Karfreitagsabkommen weiter ungestört umgesetzt werden kann und damit gleichzeitig die Integrität des EU-Binnenmarkts sichergestellt ist. Aus unserer Sicht muss das der Weg sein: Dialog, Gespräche. Insofern setzen wir darauf, dass die britische Seite auch nicht an einer Eskalation interessiert sein kann, und hoffen auf eine Bereitschaft, sich wieder in konstruktive Gespräche zu begeben. Einseitige Maßnahmen sind, wie gesagt, aus unserer Sicht jedenfalls kein Beitrag zur Lösung.
ZUSATZFRAGE: Dann frage ich einmal anders nach: Eröffnet der Abgang von Premier Johnson denn die Möglichkeit, jetzt dieses Problem, das ja schon länger schmort, endlich zu lösen?
BURGER: Ich werde mich, wie gesagt, jetzt nicht auf die innenpolitischen Vorgänge in Großbritannien einlassen. Das ist aus unserer Sicht eine völkerrechtliche Frage. Wir haben hier einen völkerrechtlichen Vertrag mit dem Vereinigten Königreich, und das Vereinigte Königreich als solches ‑ ganz gleich, wer dort die politische Verantwortung trägt ‑ ist aus unserer Sicht verpflichtet, die Verpflichtungen, die es eingegangen ist, auch einzuhalten. Darauf bestehen wir. Gleichzeitig sind wir mit jeder britischen Regierung zu konstruktiven Gesprächen bereit. Das ist ja auch das, was Staatsministerin Lührmann, auf die Sie sich in Ihrer Frage bezogen haben, auch so betont hat.
FRAGE: Herr Burger, einfach noch einmal etwas zugespitzter gefragt, weil die Abstimmung im Unterhaus über das Gesetz jetzt für nächsten Mittwoch anberaumt ist: Ich hätte ganz gerne gewusst, ob Sie es denn gut fänden, wenn diese Abstimmung am kommenden Mittwoch nicht stattfände. Das wäre ja nämlich genau diese Eskalation, vor der Sie gerade gewarnt haben.
BURGER: Wir würden es für gut befinden, wenn die britische Regierung bzw. die britische Seite den von uns angebotenen Weg des Dialogs und der einvernehmlichen Lösung der Probleme wählt und nicht auf einseitige Schritte setzt, die die Situation aus unserer Sicht nur weiter verkomplizieren und außerdem viel Vertrauen zerstören.
FRAGE: Wir erwarten natürlich nicht, dass Sie sich zu innenpolitischen Vorgängen in Großbritannien äußern. Gleichwohl lautet die Frage nach politischen Verhältnissen aus deutscher Sicht: Ist die britische Regierung, bei der man im Moment ja gar nicht so richtig weiß, wer aktuell dazugehört und wer nicht, aus deutscher Sicht ein uneingeschränkt handlungsfähiger und belastbarer Partner, mit dem man sowohl kurz- als auch langfristige politische Verabredungen treffen kann?
BURGER: Ich kann Ihnen von keinen Einschränkungen in der Zusammenarbeit berichten.
Budget des Deutschen Akademischen Austauschdienstes
FRAGE: Weil ich gerade eine Pressemeldung dazu bekommen habe, würde ich ganz gerne das Wissenschaftsministerium, das Finanzministerium und das Auswärtige Amt fragen: Der Deutsche Akademische Austauschdienst sagt, ihm stünden wegen des neuen Haushalts massive Budgetkürzungen bevor. Meine Frage ist: Ist angesichts der Tatsache, dass Deutschland gerade für ausländische Fachkräfte und qualifizierte Einwanderer attraktiver werden will und diese Art von Austausch dazu beitragen kann, jetzt der richtige Zeitpunkt, solche Einschnitte vorzunehmen, und was ist der Grund dafür?
REICHEL (BMBF): Ich kann gerne anfangen, und die Kollegen können gerne ergänzen. Was ich sagen kann, ist, dass trotz der sehr komplexen haushälterischen Lage das BMBF insgesamt mit Blick auf die kommenden Jahre einen Aufwuchs der Mittel im Vergleich zur ursprünglichen Planung verzeichnen kann. Dank dessen kann das BMBF auch in schwierigen Zeiten den eingeschlagenen Kurs fortsetzen und zentrale Zukunftsprojekte vorantreiben. Auf diese Weise wird unser Ministerium eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung der großen Themen der kommenden Jahre spielen.
Grundsätzlich ist natürlich in diesem Zusammenhang das Haushaltsjahr 2023 von besonderen Herausforderungen geprägt, da die Rahmenbedingungen des Haushalts 2022 für das Jahr 2023 in verstärkter Form fortgelten. Weiterhin bestimmen die Folgen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine in sehr vielen Bereichen die aktuelle Politik der Bundesregierung und haben auch die Haushaltsaufstellung in erheblichem Maße beeinflusst. Gleichzeitig gilt die verfassungsrechtliche Schuldenregel in 2023 nach zwei Jahren, in denen sie ausgesetzt war, wieder uneingeschränkt.
ZUSATZFRAGE: Da gehen Sie jetzt aber nicht auf das spezielle Thema ein. Ist das nicht Ihr Gebiet?
REICHEL: Zum DAAD liegt mir vor, dass die Mittel von 2021 auf 2022 sogar leicht gestiegen sind.
BURGER (AA): Ich habe tatsächlich die konkrete Äußerung, auf die Sie sich beziehen, nicht vorliegen. Ich könnte mir vorstellen, dass das auch einen Bezug zum Haushalt des Auswärtigen Amts hat. Ich würde mir aber tatsächlich gerne erst anschauen, worauf genau Sie sich beziehen, und dann eine Antwort dazu nachreichen.
Ich kann Ihnen dazu grundsätzlich sagen, dass insbesondere für den Haushalt dieses Jahres alle Ressorts eine globale Minderausgabe zu tragen haben. Davon ist auch das Auswärtige Amt betroffen. Das ist in einer Situation, in der sich in dringenden internationalen Krisen der Handlungsbedarf eher noch verstärkt, natürlich schwierig. Wir sind in Gesprächen auch mit den Mittlern der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik über die Frage, wie mit dieser Minderausgabe umgegangen werden kann und wie hier strategisch priorisiert werden kann.
Aber wie gesagt, im Einzelnen muss ich Ihnen dazu eine präzisere Antwort noch nachliefern, wenn ich mich vergewissern konnte, worauf genau Sie sich beziehen.
Russischer Angriff auf die Ukraine
FRAGE: An Herrn Hebestreit und vielleicht auch Herrn Burger: Putin hat gestern erklärt, das Land habe in der Ukraine ja noch nicht mal angefangen. Was bedeutet diese Aussage aus deutscher Sicht?
HEBESTREIT (BReg): Ich glaube, wir sollten uns hier nicht in die Exegese von Aussagen des russischen Präsidenten begeben. Ich glaube, der Krieg, den wir da jetzt seit fünf oder viereinhalb Monaten erleben, spricht für sich und gegen den russischen Präsidenten. Alles Weitere wird sich zeigen. Ich glaube, das ist auch Teil einer Kriegsrhetorik, die man nicht von dieser Stelle aus interpretieren sollte.
ZUSATZFRAGE: Ich verstehe schon, dass Sie sagen, man solle so ein Narrativ nicht dadurch befördern, dass man es überhaupt auch nur erwähnt. Auf der anderen Seite: Kann man einen Satz wie „Wir haben ja noch nicht einmal angefangen“ überhaupt anders verstehen als als Ankündigung, die Kriegshandlungen noch zu verschärfen?
HEBESTREIT: Da der erste Teil Ihrer Frage so richtig ist, würde ich es auch mit Blick auf den zweiten Teil so halten, dass ich mich auf eine solche Diskussion hier gar nicht einlassen möchte.