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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 09.11.2022

09.11.2022 - Artikel

Homophobe Äußerungen des katarischen WM-Botschafters

FRAGE: Das geht an Frau Sasse: Der katarische WM-Botschafter Khalid Salman hat Schwulsein als „geistigen Schaden“ bezeichnet. Können Sie queeren Menschen noch zur Reise nach Katar raten? Und hat das Auswärtige Amt seine Reisehinweise in dieser Hinsicht angepasst oder beabsichtigt es, das noch zu tun?

SASSE (AA): Ihre Frage gibt mir zum einen Gelegenheit, auf unsere Reise- und Sicherheitshinweise hinzuweisen. Die überprüfen wir fortlaufend und passen sie an, sofern das notwendig ist. Sie finden sie immer auf der Website. Vor Reisen nach Katar, das kann ich an dieser Stelle ausdrücklich sagen, warnen wir an dieser Stelle im Moment nicht. Wir haben die Äußerungen aus der Reportage, die gestern Abend gesendet wurde, natürlich zur Kenntnis genommen. Es handelt sich da auch aus unserer Sicht um einen unglaublichen homophoben Ausfall. Das widerspricht auch dem, was uns unsere Ansprechpartner in der katarischen Regierung zugesichert haben. Darauf kann vielleicht auch das BMI noch einmal eingehen, weil Frau Faeser auch vor Kurzem auch vor Ort war. Vielleicht noch einmal zur Klarstellung: Die Regierung Katars hat uns eine Zusicherung gegeben, dass alle Fans bei der Fußballweltmeisterschaft der Männer erwünscht und willkommen sind. Darauf verlassen wir uns. Aber da der Bereich Sport im Innenministerium liegt, würde ich da Herrn Kall auch noch das Wort geben.

KALL (BMI): Ich kann nicht wahnsinnig viel ergänzen. Die Bundesinnenministerin, die auch für den Sport zuständig ist, saß gestern hier in der Bundespressekonferenz zu einem anderen Thema, ist aber danach gefragt worden. Der Kollege wird sich erinnern. Sie hat diese homophobe Äußerung aus Katar auch kommentiert. Darauf möchte ich gern verweisen. Sie hat noch einmal die Sicherheitsgarantie für alle Fans – im Wortlaut: „gleich, woher sie kommen, gleich, wen sie lieben, gleich, woran sie glauben“ –, die ihr der katarische Premier- und Innenminister bei der Reise gegeben hat, betont und gesagt, dass für uns kein Anlass besteht, an dieser Garantie zu zweifeln.

SASSE: Darf ich noch kurz einen Punkt ergänzen? Was die Reise- und Sicherheitshinweise angeht, da ist auch eine ausdrückliche Passage zu den Rechten von LGBTIQ-Personen enthalten. Auch diese Passage wird natürlich laufend überprüft und im Lichte von Entwicklungen angepasst.

ZUSATZFRAGE: Herr Kall, Sie haben jetzt gesagt, Sie hätten keinen Grund, an dieser Garantie zu zweifeln. Da kann man vielleicht geteilter Meinung sein. Wie wollen Sie denn sicherstellen, dass das so eingehalten wird. Werden Sie das irgendwie kontrollieren? Die Frage richtet sich im Zweifelsfall auch noch einmal mit an das AA.

KALL: Die Bundesinnenministerin hat sich ja auf diese Sicherheitsgarantie bezogen, die eben der Premierminister, der gleichzeitig Innenminister ist, gegeben hat, und hat gesagt, sie hat keine neuen Anzeichen von ihm selbst, also von dem für die Sicherheit in Katar Verantwortlichen, dass sich daran etwas geändert haben sollte. Das war ihr Wortlaut von gestern. Darauf möchte ich mich gern beziehen. Das einzuhalten, ist ganz allein Sache der katarischen Regierung. Aber das ist etwas, woran man sie eben auch messen kann. Für die Sicherheit dort ist Katar verantwortlich. Es war aber ein Novum, dass einer ausländischen Regierung erstmals eine solche Garantie gegeben wurde. Die Bundesinnenministerin hat ausdrücklich darauf hingewiesen: Da geht es LGBTIQ, also um homosexuelle Menschen, um queere Menschen, aber da geht es auch um den Schutz von Frauenrechten und von Frauen vor Gewalt, da geht es auch um den Schutz vor Rassismus und Antisemitismus, wenn wir da auf die Menschenrechtslage schauen und das, was eben von dieser Garantie für alle Fans erfasst sein soll, dann ist das auch ein weiterer Fokus.

FRAGE: Ist das eigentlich eine Sicherheit durch katarische Gesetze oder vor katarischen Gesetzen? Der Emir von Katar hat ja darauf hingewiesen, dass in Katar die Regeln der dortigen Kultur gelten. Und nach denen ist – soweit bekannt – Homosexualität verboten und wird bestraft. Deswegen ist die Frage keine Anekdote. Schützt diese Sicherheitsgarantie vor der Anwendung katarischer Gesetze? Oder wie ist das zu verstehen?

KALL: Das sind Fragen, die muss die dortige Regierung beantworten. Zu dem, was uns von der Regierung dort gesagt wurde, habe ich mich hier geäußert. Aber das einzuhalten und auch mit Leben zu füllen, die Menschenrechtslage auch weiter zu verbessern und Reformen fortzusetzen – all das ist natürlich Sache Katars. Da die Bundesinnenministerin bei ihrem Besuch betont, dass wir Katar in dem Reformprozess in Verbesserung der Menschenrechtslage, in Verbesserung der Lage der Wanderarbeiter weiter unterstützen und begleiten wollen. Aber das umzusetzen, ist natürlich Sache dieses Staates, Katars. Und zur dortigen Rechtslage und zu Einzelheiten müssten Sie tatsächlich die dortige Regierung fragen. Das ist allein in dortiger Verantwortung.

ZUSATZFRAGE: Eine Nachfrage an das Auswärtige Amt: Hat das AA erwogen oder erwägt es, eine Reisewarnung für deutsche Homosexuelle auszusprechen? Die Rechtslage ist ja trotz dieser Garantie dann doch prekär.

SASSE: Ich glaube, ich muss eine Passage aus meinen Ausführungen eben wiederholen. Ich habe ausdrücklich darauf Bezug genommen, dass in unseren Reise- und Sicherheitshinweisen, die wir fortlaufend überprüfen und aktualisieren, wo nötig, eine Passage zu den Rechten von LGBTIQ-Personen enthalten ist. Und auch diese Passage gilt selbstverständlich tagesaktuell und wird regelmäßig überprüft. Ich habe auch gesagt, dass wir vor Reisen nach Katar im Moment nicht warnen.

ZUSATZFRAGE: Das habe ich schon verstanden. Aber die Frage ist: Warum warnen Sie nicht davor, wenn denn dann doch im Grunde katarisches Recht diesen Menschen Strafe androht, weil ihre Einstellung oder ihr Verhalten gegebenenfalls verboten ist?

SASSE: Vielleicht noch einmal ganz grundsätzlich, aber ich glaube, das ist hoffentlich aus unseren Ausführungen bisher auch deutlich geworden: Es herrscht mit Blick auf die Rechte von LGBTIQ-Personen aus unserer Sicht eine schwierige Situation in Katar vor. Diese schwierige Situation ist uns allen in der Bundesregierung bewusst. Wir nehmen diese Kritik, die wir am Umgang mit LGBTIQ-Personen haben, regelmäßig mit der katarischen Regierung auf, haben das auf allen Ebenen getan. Frau Faeser hat das bei ihrem Besuch getan, die Außenministerin hat das bei ihren Gesprächen mit ihrem Counterpart aus Katar getan, und wir tun das auch weiterhin. Wir sind uns dieser Situation bewusst. Wir weisen insofern darauf hin, als sich das auf die Sicherheitslage auswirkt. Wie gesagt: Unsere Reise- und Sicherheitshinweise überprüfen wir regelmäßig, wir passen sie an, und wir sind mit der katarischen Regierung bezüglich dieses Themas fortlaufend im Gespräch.

Kriegsreparationen an Polen / geplanter Ort des Erinnerns und der Begegnung mit Polen

FRAGE: Frau Sasse, gibt es bereits eine Antwort des Außenministeriums auf die polnische Note, die Kriegsreparationen betrifft? Wenn ja, was steht darin?

In diesem Zusammenhang habe ich noch eine zweite Frage. Es geht um den geplanten Ort des Erinnerns und der Begegnung mit Polen. Wurde das Projekt jetzt quasi auf Eis gelegt? Gibt es einen Zusammenhang mit der Diskussion um Reparationen?

SASSE (AA): Ich würde Ihnen gerne die Antwort auf beide Fragen nachreichen, weil ich den aktuellen Stand nicht dabei habe.

US-Zwischenwahlen

FRAGE: Frau Sasse, eine Frage zu den US-Midterms. Bei den letzten Wahlen waren OSZE-Beobachter aus Deutschland vor Ort. Wie viele waren dieses Mal wo vor Ort?

SASSE (AA): Dass OSZE-Beobachter auch dieses Mal vor Ort waren, kann ich Ihnen sagen. Die genaue Zahl müsste ich aber nachreichen. Die Kollegen hören mit. Das heißt, die Zahl kann ich vielleicht noch nachliefern.

ZUSATZFRAGE: Vielleicht können Sie sagen, wie viele OSZE-Beobachter insgesamt aus Deutschland vor Ort waren und vielleicht sogar wo.

SASSE: Sofern wir die genauen Zahlen haben, tue ich das gerne. Ansonsten ist die OSZE natürlich auch Ansprechpartner.

FRAGE: Herr Hebestreit, es war am Montag schon einmal hier Thema, welche Auswirkungen die US-Midterms auf Deutschland haben könnten. Das waren natürlich Spekulationen vor der Wahl. Jetzt haben wir Wahlergebnisse. Wir haben zwar noch nicht alle, aber den Trend. Ich hätte ganz gerne gewusst, wie zufrieden oder unzufrieden die Bundesregierung mit diesem Ausgang ist.

HEBESTREIT (BReg): Um im Land zu bleiben: Nice try! Noch gibt es keine belastbaren Ergebnisse. Ich habe gerade eben noch einmal geguckt: Weder im Haus noch im Senat ist klar, wie das Rennen ausgegangen ist. Ansonsten arbeitet der Bundeskanzler wie auch die gesamte Bundesregierung mit dem US-Präsidenten und der US-Administration sehr eng und vertrauensvoll zusammen. So wird es auch weiter gehen. Ansonsten warten wir ab, was diese demokratischen Wahlen in den USA für Mehrheiten bringen. Und dabei bleibt es.

ZUSATZFRAGE: Es gibt ja schon Aufforderungen aus der Wirtschaft, dass die Bundesregierung auf jeden Fall, also unabhängig von den letzten Ergebnissen, die noch ausstehen, eine neue Handelsinitiative starten sollte. Gibt es seitens des Kanzleramts Bemühungen, diesbezüglich aktiv zu werden?

HEBESTREIT: Sie wissen ja, wie wir es mit hypothetischen oder spekulativen Fragen handhaben: Wenn wir etwas mitzuteilen haben, mache ich das sehr gerne. Dazu im Augenblick nichts.

FRAGE: Ein Ergebnis, dass wir schon kennen, ist, dass J.D. Vance in den Senat einziehen wird. Freut sich der Bundeskanzler denn mit dem Autor, der sein Leben verändert hat, dass dieser jetzt Senator ist?

HEBESTREIT: Tatsächlich ist er sehr begeistert von dem Buch „Hillbilly Elegy“, das J.D. Vance vor einigen Jahren geschrieben hat. Der Bundeskanzler ist – ich glaube, ich darf soweit gehen, das zu sagen – verblüfft, welche politischen Veränderungen sich seit der Autorenschaft dieses Buches im Leben vom J.D. Vance vollzogen haben. Aber natürlich wird er sich dazu auch jeder Emotion entheben und auch mit ihm, sollte es zu einer Begegnung kommen, gut zusammenarbeiten. Allerdings muss man sagen: Seine Begeisterung über das Buch ist deutlich höher als über den Politiker J.D. Vance.

Liste des Zentrums gegen Desinformation des nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrats der Ukraine

FRAGE: Frau Sasse, wir hatten am Montag die Frage diskutiert, ob dem Auswärtigen Amt „Terrorlisten“ in der Ukraine bekannt seien. Herr Mützenich, der SPD-Fraktionsvorsitzende, hat ja davon gesprochen, dass er auf einer solchen geführt worden sei. Da sagten Sie, die Existenz von „Terrorlisten“ sei Ihnen nicht bekannt. War Ihnen zu dem Zeitpunkt denn nicht bekannt, dass ein Vertreter der ukrainischen Regierung in Bezug auf die Namen dieser Liste von „Informationsterroristen“ gesprochen hat?

SASSE (AA): Zum einen muss ich ganz kurz korrigieren: Ich glaube, Frau Hoffmann hat sich am Montag zu dieser Frage geäußert.

ZUSATZ: Ja, das ist richtig.

SASSE: Dieser Antwort, die Frau Hoffmann auf Ihre Frage am Montag gegeben hat, habe ich heute auch nichts hinzuzufügen.

ZUSATZFRAGE: Dann wiederhole ich die Frage: Wenn der Vertreter einer Regierung, die eine ‑ ich nenne jetzt einmal so – schwarze Liste führt, in Bezug auf die Namen auf dieser Liste von „Informationsterroristen“ spricht, wie soll man eine solche Liste denn dann anders bezeichnen?

SASSE: Wie gesagt, Frau Hoffmann hat sich ausführlich zum Thema Desinformationsliste geäußert. Sie hat sie, glaube ich, auch ausdrücklich als solche bezeichnet. Diesen Äußerungen von Frau Hoffmann habe ich heute nichts hinzuzufügen.

HEBESTREIT (BReg): Ich glaube, sie hat auch ihrer Zufriedenheit darüber Ausdruck gegeben, dass eine solche Liste – wie immer man sie jetzt präzise bezeichnen möchte – aus dem Internet gelöscht worden ist. Das ist eine gute Entwicklung.

ZUSATZ: Darf ich dann noch etwas dazu sagen?

HEBESTREIT: Aber sehr gerne.

ZUSATZ: „Aus dem Internet gelöscht“ heißt ja nicht, dass die Liste nicht mehr existiert. Sie ist nur öffentlich nicht mehr einsehbar.

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