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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 23.06.2023
Reise der Bundesaußenministerin nach Südafrika
[Hinweis: der Reisebeginn wurde zwischenzeitlich auf Montagnachmittag, 26.06., verschoben.]
WAGNER (AA): Ich darf Ihnen eine Reise der Außenministerin nach Südafrika ankündigen.
Außenministerin Baerbock wird am Sonntagnachmittag, 25. Juni, nach Südafrika reisen. In Kapstadt wird Außenministerin Baerbock am Montag Termine mit der Zivilgesellschaft zu den Themen der Aufarbeitung der Apartheid und der Situation der LGBTIQ-Community in Afrika wahrnehmen. Sie wird dort außerdem die University of the Western Cape besuchen und sich dort mit Studentinnen und Studenten austauschen. Ein weiterer Termin in Kapstadt wird ein Firmenbesuch sein. Die Firma ist Teil des von Deutschland geförderten Impfstoffhubs der Weltgesundheitsorganisation, mit dem der Ausbau der Produktion von Impfstoffen auf dem afrikanischen Kontinent gefördert werden soll.
Am Dienstag wird Außenministerin Baerbock dann in Pretoria sein und dort gemeinsam mit ihrer südafrikanischen Amtskollegin der deutsche-südafrikanischen Binationalen Kommission vorsitzen. Diese Kommission tagt in der Regel alle zwei Jahre und ist Ausdruck der besonders engen Partnerschaft zwischen Deutschland und Südafrika. Es wird bei den bilateralen Gesprächen auch um die konkrete Zusammenarbeit bei Themen wie dem grünen Wasserstoff und der dualen Ausbildung von Fachkräften gehen. Nach der Sitzung der Kommission wird es am Dienstag dann um 12 Uhr deutscher Zeit eine gemeinsame Pressekonferenz geben.
Im Anschluss wird Außenministerin Baerbock die deutsche Schule in Pretoria sowie eine Vanadiummine in der Region North West besuchen. Für alle, die genau wie ich nicht wissen, was Vanadium ist: Das ist ein essenzieller Bestandteil für die Herstellung nachhaltiger Batterien. Mit Südafrika unterhalten wir ja eine Partnerschaft für eine gerechte Energiewende.
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FRAGE: Ich habe zwei Fragen, zum einen die Frage, ob Sie noch ein bisschen ausführen können, was genau das Ziel des Besuchs der Abbaustätte von Vanadium in Südafrika ist. Wird sich die Außenministerin zweitens auch gegenüber der südafrikanischen Außenministerin zu der Einladung von Wladimir Putin zu dem BRICS-Treffen im August verhalten, für das Südafrika dieses Jahr ja das Gastgeberland ist?
WAGNER: Sehr gerne! Zu dem Termin in der Vanadium-Mine kann ich sagen: Ich habe ja schon gesagt, dass Vanadium ein essenzieller Bestandteil bei der Herstellung von nachhaltigen Batterien und damit sozusagen auch ein wichtiges Instrument bei der Transformation des zu mehr als 80 Prozent kohlebasierten Elektrizitätssektors in Südafrika ist. Der Abbau und die abschließende Weiterverarbeitung dieses Rohstoffs trägt in der traditionellen Kohleabbauregion, in der sich diese Mine befindet, dazu bei, dass die Energiewende in Südafrika sozial gerecht gestaltet wird und Arbeitsplätze erhalten bleiben. Das ist sozusagen die Stoßrichtung dieses Termins.
Zu dem, was Sie da angesprochen haben: Da stellen sich ja sozusagen völkerrechtliche Fragen. Südafrika hat ja selbst auch schon unterstrichen, dass es Vertragsstaat des Römischen Statuts ist und sich diesbezüglich in interner Prüfung befindet. Aus unserer Sicht ist natürlich jeder Vertragsstaat des Römischen Statuts ganz umfassend zur Kooperation verpflichtet. Die Außenministerin hat sich dazu ja auch schon klar geäußert. Ich gehe davon aus, dass der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und seine globalen Auswirkungen, die ja die Länder in Afrika ganz besonders treffen, natürlich auch Gegenstand der Gespräche in Pretoria sein werden.
FRAGE: Herr Wagner, können Sie sagen, ob bei dem Besuch auch irgendeine Form von Unterzeichnung oder Absichtserklärung zur Lieferung von Palladium geplant ist?
Ergänzend frage ich das Wirtschaftsministerium, ob Südafrika eines der Länder ist, von denen man sich auch die Lieferung von kritischen Rohstoffen nach Deutschland erhofft.
WAGNER: Zu Ihrer Frage: Ich weiß von Absichtserklärungen hinsichtlich der Themen „grüner Wasserstoff“ und „duale Ausbildung von Fachkräften“. Mir sind Absichtserklärungen in Bezug auf Vanadium jetzt nicht bekannt, aber vielleicht weiß tatsächlich das zuständige Fachressort mehr.
EINHORN (BMWK): Konkret zu Palladium oder Erklärungen, die dort eventuell abgeschlossen werden, kann ich jetzt auch nichts sagen. Aber ich kann noch einmal darauf hinweisen, dass Minister Habeck ja auch im vergangenen Dezember in Südafrika und in Namibia war, und ein wichtiges Thema der Reise war natürlich auch die Transformation der Energiesysteme, die Transformation hin zur Klimaneutralität. Dabei sind Südafrika und damals eben auch Namibia wichtige Partner für uns, um auch in Zukunft weltweit mit den entsprechenden Rohstoffen handeln zu können, versorgt zu werden und natürlich auch Technologien auszutauschen. Insofern, ja, ist Südafrika dabei ein wichtiger wirtschaftlicher Partner, nicht nur im Bereich der Rohstoffe, aber auch im Bereich der Rohstoffe.
ZUSATZFRAGE: Es wurde ja auch die Verarbeitung von Palladium erwähnt und dass das für Südafrika sehr wichtig sein könnte. Der Kanzler hat jetzt gerade in Paris erwähnt, dass man den Ländern generell bei der Rohstoffverarbeitung helfen möchte. Sie haben jetzt auch noch den Aufbau eines Impfstoff-Hubs erwähnt, der in Deutschland vereinbart wurde. Gibt es eigentlich seitens des Wirtschaftsministeriums Hilfen für diese Weiterverarbeitung von Rohstoffen vor Ort oder den Aufbau von Düngemittelfabriken oder Ähnliches?
EINHORN: Es gibt ja verschiedene Hilfen im Bereich der Außenwirtschaftsförderung. Was oder ob es da jetzt konkret an Projekten mit Südafrika gibt, müsste ich nachschauen und gegebenenfalls nachreichen. Aber es gibt die Möglichkeit, Projekte im Rahmen der Außenwirtschaftsförderung zu fördern. Es ist richtig: Unser Ansinnen ist es, dass wir dort, wo wir jetzt auch weltweit eine engere Kooperation mit Ländern eingehen, um eben die Energietransformation voranzubringen, nicht nur nach Rohstoffen Ausschau halten, dass wir dort nicht nur zum Beispiel Wasserstoff herholen wollen, sondern dass es unser Anliegen ist, das immer auf Augenhöhe zu tun und auch vor Ort die Wirtschaft mitzunehmen und dafür Sorge zu tragen und darauf zu achten, dass auch die Wirtschaft vor Ort profitiert und auch in der Lieferkette und in der Wertschöpfung weiter profitiert, als das unter Umständen bisher der Fall war.
WAGNER: Ich kann noch etwas ergänzen. Vielleicht haben wir uns falsch verstanden: Bei mir ging es um Vanadium. Ich könnte jetzt nicht den Unterschied zu Palladium erklären, aber ich weiß, dass wir eine Vanadium-Mine besuchen.
EINHORN: Ich glaube, ich habe auch Palladium gesagt.
WAGNER: Das liegt ja auch semantisch irgendwie sehr nahe beieinander.
FRAGE: Ich möchte bei der politischen Chemie bleiben und doch noch einmal das Thema der Positionierung Südafrikas zum Angriffskrieg gegen die Ukraine ansprechen. Es ist ja deutlich geworden, dass in großen Teilen Afrikas und auch in Südafrika Putins Narrativ dann doch mehr Zustimmung als in anderen Teilen der Welt findet. Wie wird die Außenministerin versuchen, die südafrikanischen Gesprächspartner davon zu überzeugen, dass das Putinsche Narrativ eben keine Wiedergabe der Realität und plausiblen Nachvollziehbarkeit von Abläufen beinhaltet?
WAGNER: Ich kann den Gesprächen jetzt natürlich nicht vorgreifen. Aber die Außenministerin hat ja immer wieder sehr stark den Punkt gesetzt, dass natürlich letztlich alle Staaten dieser Welt ein großes Interesse daran haben, dass wir die internationale regelbasierte Ordnung und Prinzipien wie die Unverletzlichkeit territorialer Souveränität einhalten ‑ das ist ja auch ein Prinzip, das unsere Partner in anderen Teilen der Welt immer wieder als sehr wichtig hochhalten ‑, und dass wir natürlich ein Interesse daran haben, dass diese völkerrechtlichen Prinzipien gelten und dass die UN-Charta gilt. Ich nehme an, dass auf der Grundlage natürlich das Gespräch ‑ ‑ ‑ Es ist auch nicht so, dass wir mit unseren Partnern in Südafrika jetzt sozusagen neu in den Dialog einsteigen, sondern das ist ja ein fortlaufender Dialog. Sie stand ja auch schon in der Vergangenheit mit ihrer südafrikanischen Amtskollegin in Kontakt. Insofern werden wir an diese Gespräche anknüpfen.
ZUSATZFRAGE: Wird Deutschland versuchen, dass es eine Art gemeinsame Erklärung gibt, in der diese Position und vor allem die völkerrechtliche Position der Unantastbarkeit der territorialen Integrität gemeinsam verdeutlicht werden? Wenn es bei einem Dissens bleibt, wird die Außenministerin dann im Ergebnis der Reise diesen Dissens vor Ort auch öffentlich machen?
WAGNER: Es ist keine schriftliche gemeinsame Erklärung geplant. Es wird ja aber eine gemeinsame Pressekonferenz geben, und ich gehe stark davon aus, dass auch dieses Thema dabei eine Rolle spielen wird. Darauf würde ich Sie jetzt verweisen.
Debatte um eine Verlängerung der Amtszeit von NATO-Generalsekretär Stoltenberg
FRAGE: Sie hatten erwähnt, Frau Hoffmann, dass es in Brüssel ein vorgeschaltetes Essen mit dem NATO-Generalsekretär geben wird. Könnten Sie bitte noch einmal erläutern, was dafür die Beweggründe sind? Geht es dabei darum, ob Herr Stoltenberg noch eine verlängerte Amtszeit bekommen soll, oder was genau will man mit ihm besprechen?
HOFFMANN (BReg): Das kann ich jetzt leider im Voraus nicht sagen. Ich kann den Gesprächen nicht vorgreifen. Ich kann auch inhaltlich nichts Näheres dazu sagen. Ich würde davon ausgehen, dass es auch dabei um den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine gehen wird. Aber weiter kann ich darüber nicht spekulieren.
FRAGE: Auch wenn Sie den Themen nicht vorgreifen, wäre die Bundesregierung denn damit einverstanden oder würde sie es befürworten, wenn es eine verlängerte Amtszeit für Herrn Stoltenberg gäbe?
HOFFMANN: Auch darauf würde ich mich jetzt hier nicht einlassen wollen. Das sind ja Dinge, die in der Regel vertraulich miteinander besprochen werden, nicht öffentlich.
Ich kann mich zu der Frage vielleicht nur noch insoweit ein bisschen auf Mutmaßungen einlassen, als eben einer der Schwerpunkte des EU-Gipfels das Thema „Sicherheit und Verteidigung“ ist und man natürlich dabei auch auf den NATO-Gipfel in Vilnius Mitte Juli vorausblicken wird. Es wird im Rahmen des Gipfels eben auch eine Aussprache über die Zusammenarbeit zwischen der NATO und der EU geben. Das könnte dann natürlich auch in dem Gespräch mit Herrn Stoltenberg eine Rolle spielen.
ZUSATZFRAGE: Natürlich kann man Gesprächen nicht vorgreifen, aber warum können Sie bei der politischen Sachlage, die wir haben ‑ Angriffskrieg, Rolle der NATO ‑, denn nicht sagen, dass es mehr als unwahrscheinlich wäre, wenn dies bei dem Mittagessen, was ja ein informelles Treffen ist, nicht besprochen werden würde? Warum können Sie also nicht wenigstens das sagen? Ich meine, halten Sie alle Menschen, die das beobachten, für unfähig, so weit zu denken?
HOFFMANN: Überhaupt nicht! Ich merke ja, dass speziell Sie, aber auch viele andere, mit Sicherheit in der Lage sind, zu denken und vorauszudenken. Aber ich habe ja gesagt, was in etwa die Themen sein könnten, und möchte mich jetzt nicht hinsichtlich einer speziellen Frage darauf festlegen, dass das unbedingt ein Thema sein wird.
FRAGE: Am Montag wird es auch ein Treffen von Herrn Stoltenberg mit dem Verteidigungsminister geben, und in Litauen wird dann auch der NATO-Rat anwesend sein, der ja normalerweise in Brüssel tagt, also alle 31 NATO-Botschafter. Ist das etwas Besonderes, oder ist das business as usual, oder warum treffen sich jetzt alle auf einmal in Litauen?
HOFFMANN: In Litauen findet ja der NATO-Gipfel statt. Deshalb treffen sich dort alle. Ich bin nicht sicher, ob ich Ihre Frage richtig verstanden habe.
ZUSATZFRAGE: Ich meine mit Blick auf den NATO-Rat an sich: Ist es üblich, dass, wenn der deutsche Verteidigungsminister nach Litauen reist, auf einmal der NATO-Rat dort aufschlägt, oder ist das etwas Besonderes?
HOFFMANN: Herr Wagner nickt!
WAGNER (AA): Es ist nicht unüblich, glaube ich, dass die NATO-Botschafterinnen und ‑Botschafter sich auch einmal an anderen Orten im Bündnisgebiet treffen. Das gibt es immer wieder einmal. Ich würde das jetzt einmal als besonderes Zeichen der Stärkung der Ostflanke und der Solidarität mit unseren Bündnispartnern im Baltikum werten.
Israelischer Drohnenangriff im Westjordanland
FRAGE: Am Mittwochabend wurden bei einem israelischen Drohnenangriff im Westjordanland drei Palästinenser getötet. Es war der erste Luftschlag dieser Art seit etwa 20 Jahren. Wie beurteilt das Auswärtige Amt die Aktion und die Situation?
WAGNER (AA): Ich hatte mich hier bereits diese Woche zur Lage in Israel und in den besetzten palästinensischen Gebieten eingelassen. Wir sehen die Zunahme an Gewalt und Gewaltakten von Siedlern, aber eben auch an anderen Gewaltakten mit großer Sorge und sind im Gespräch mit unseren Partnern und mit der israelischen Regierung, um auf Deeskalation hinzuwirken. Diese Schritte zu Deeskalation sind jetzt wichtig, um wieder auf einen Pfad zu kommen, der eine politische Lösung dieses Konflikts und eine Zweistaatenlösung möglich macht.
ZUSATZFRAGE: Meine Frage basiert auf Ihren Einlassungen und Erklärungen zu Anfang dieser Woche. Das ist aber nun eben ‑ ich habe versucht, es zu sagen ‑ doch einfach eine neue Situation, zum ersten Mal seit fast 20 Jahren gezielte Tötungen durch Drohnenangriffe. Mindestens der israelische Sicherheitsminister hat das zur Strategie erklärt und gesagt, die Zeit für solche gezielten Tötungen sei gekommen.
Wie beurteilt die Bundesregierung diese offensichtlich von Teilen der Regierung bewusst vorgenommene Eskalation der Situation, und welche konkreten Forderungen haben Sie an die israelische Regierung, um dem entgegenzuwirken?
WAGNER: Auch dazu hatte ich mich am Montag eingelassen. Es gilt natürlich, dass Israel wie auch jeder andere Staat das Recht hat, sich zu verteidigen. Dabei gilt aber immer der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der eingesetzten Mittel. Es ist doch ganz klar, dass der Schutz der Zivilbevölkerung das oberste Gebot sein muss. Das thematisieren wir auch immer wieder mit den israelischen Partnern.
ZUSATZFRAGE: Ist nach Ihrer Auffassung bei diesem gezielten Anschlag, bei der gezielten Tötung durch Drohneneinsatz die Verhältnismäßigkeit gewahrt?
WAGNER: Ich habe zu diesem konkreten Vorfall keine eigenen Erkenntnisse über das hinaus, was in der öffentlichen Berichterstattung ist, die ich hier mit Ihnen teilen könnte. Insofern kann ich mich jetzt auch nicht zu einer völkerrechtlichen Einordnung der Geschichte einlassen. Aber es gilt im Grundsatz, was ich eben gesagt habe. Für uns ist ganz klar und wichtig, dass Israel natürlich das Recht hat, sich gegen Angriffe zu verteidigen. Aber dabei gilt das Gebot der Verhältnismäßigkeit. Das thematisieren wir auch mit unseren israelischen Partnern immer wieder.