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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­­­­­pressekonferenz vom 13.09.2023

13.09.2023 - Artikel

Hilfen für Libyen nach Unwetterkatastrophe

FRAGE: Meine Frage ist zum Thema Libyen. Herr Hebestreit ‑ oder vielleicht auch alle anderen zuständigen Ministerien ‑, gab es schon eine Anfrage nach Hilfen? Laufen schon Nothilfen? Vielleicht können Sie das einmal beschreiben.

WAGNER (AA): Das kann ich gern machen. - Lassen Sie mich vorab sagen, dass die vorliegenden Informationen ‑ Sie haben ja die Bilder aus den Regionen zwischen Bengasi und Tobruk gesehen ‑ natürlich dramatisch sind. Auch die Außenministerin hat sich gestern schon dazu eingelassen.

Ganz konkret läuft jetzt vor Ort die Bedarfsanalyse. In solchen Fällen ist es ganz wichtig, dass wir rasch handeln, aber vor allen Dingen auch koordiniert. Dabei hat auch die UN, die vor Ort vertreten ist, eine ganz wichtige Rolle.

Gemäß den ersten Situationsberichten, die wir jetzt von den Vereinten Nationen kennen, dürften vor allen Dingen Notunterkünfte, Trinkwasser, medizinische Versorgung, Stromaggregate und Ähnliches benötigt werden. Dazu stehen wir jetzt mit den internationalen Partnern eng in Kontakt.

Libyen hat gestern Abend den EU-Katastrophenschutzmechanismus aktiviert. Das Auswärtige Amt ist mit dem THW ‑ dazu wird der Kollege vom BMI vielleicht noch etwas ergänzen können ‑ eng in Kontakt und hat auch schon ein Hilfspaket zusammengestellt. Libyen hat diese angebotenen Güter auch akzeptiert. Wir sind jetzt in den konkreten Planungen und Transportplanungen, wie man sie so schnell wie möglich vor Ort bekommt.

Ansonsten prüft auch das Deutsche Rote Kreuz nach unserer Kenntnis eine Unterstützungsmöglichkeit über die Zusammenarbeit mit dem Roten Halbmond. Der Nothilfefonds der Vereinten Nationen ‑ er nennt sich CERF ‑, dessen größter Einzahler Deutschland ist, hat soeben angekündigt, 10 Millionen US-Dollar schnell zur Verfügung zu stellen. Im Grunde kommt jeder vierte Dollar, den dieser Fonds ausschüttet, aus Deutschland. Wir koordinieren jetzt mit unseren Partnern das, was wir machen, und schauen ganz genau hin, was hilft und wie wir schnell helfen können.

ZUSATZFRAGE: Wie ist Hilfe momentan überhaupt möglich? Denn das Land ist ja allein schon aufgrund der vielen Milizen schwierig zu bereisen.

WAGNER: Wir haben im Moment noch keine Hinweise darauf, dass die politische Teilung Libyens die Hilfe in irgendeiner Form beeinträchtigt. Die international anerkannte Regierung in Tripolis hat sehr schnell Gelder freigegeben und Hilfe in die betroffenen Gebiete entsandt. Wir werden das natürlich sehr genau beobachten.

KALL (BMI): Nur ganz kurz ‑ Herr Wagner hat ja schon etwas gesagt ‑ etwas zu den konkreten Hilfen des THW, die angeboten wurden und jetzt auch angenommen worden sind. Das ist ein Hilfspaket im Wert von 500 000 Euro, vom AA finanziert, mit Decken, Schlafsäcken, Isomatten, Zelten, Wasserfiltern und Stromerzeugern. Diese Hilfsgüter wurden zusammengestellt und sollen jetzt per Luftfracht auf schnellstem Weg dorthin gebracht werden.

COLLATZ (BMVg): Die Bundeswehr ist auch im Spiel. Wir tauschen uns gerade eng mit dem THW aus, wie wir gegebenenfalls den Transport unterstützen können, falls Lufttransportkapazitäten im zivilen Bereich nicht ausreichen sollten.

FRAGE: Wo werden die Flieger landen?

COLLATZ: Das wissen wir noch nicht.

SCHÖNECK (BMZ): Ich möchte noch etwas ergänzen. Unsere Anteilnahme gilt den Verletzten und Hinterbliebenen von Vermissten und Toten. Wir schauen auch, dass wir jetzt den Menschen vor Ort unmittelbar helfen, vor allem, dass sie das Nötigste und ein Dach über den Kopf bekommen. Dafür haben wir jetzt zusätzlich zu der bestehenden Unterstützung für den Wiederaufbau Libyens kurzfristig 4 Millionen Euro bereitgestellt.

Da wir bereits seit 2015 im Wiederaufbau Libyens engagiert sind, können wir jetzt vor Ort schnell Hilfe über die Strukturen mobilisieren, die wir dort bereits geschaffen haben. So sind zum Beispiel schon erste Ärztinnen und Ärzte sowie Helferinnen und Helfer aus Gesundheitszentren, die wir mit wiederaufgebaut haben, auf dem Weg in die Überschwemmungsgebiete. In Kürze werden auch Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter folgen, um sich dann speziell um Kinder und Jugendliche zu kümmern. Außerdem können wir kurzfristig Notunterkünfte ausstatten und dringend benötigtes Material aus anderen Landesteilen dorthin liefern, wie Decken, Kleidung, Kindernahrung und Medikamente.

FRAGE: Ich hätte ganz gerne ‑ wahrscheinlich an das Auswärtige Amt ‑ die folgende Frage gestellt: Es gibt Warnungen, dass der EU-Katastrophenschutzmechanismus mit der Vielzahl von Krisen, die wir im Moment haben, finanziell überfordert ist. Gibt es Überlegungen in der Bundesregierung, eine Aufstockung dieses Mechanismus zu unterstützen?

WAGNER: Ich habe zum jetzigen Zeitpunkt nichts anzukündigen. Aber wir schauen uns natürlich genau an, wie wir da aufgestellt sind. Das tun wir in Zusammenarbeit mit unseren europäischen Partnern und auch innerhalb der Bundesregierung.

[…]

WAGNER: Zu Libyen: Es wurde gefragt, wie viele Deutsche sich ‑ ‑ ‑ Es gibt ja schon länger eine Ausreiseaufforderung und natürlich eine Reisewarnung in Bezug auf Libyen. Sie kennen unser System ELEFAND, mit dem sich Deutsche im Ausland registrieren können. Darin ist für Libyen eine sehr niedrige zweistellige Zahl registriert. Aber das wissen Sie auch, weil wir es hier schon öfter erklärt haben. Das System kennt sozusagen keinen Automatismus, wenn jemand ausgereist ist oder schon länger nicht mehr vor Ort ist. Insofern gehen wir dem, wie viele dort noch sind, jetzt nach.

Hilfe für Marokko nach dem Erdbeben

FRAGE: Wenn wir über Hilfe reden, darf ich auch gleich nach Marokko fragen. Vielleicht können Sie uns auch dazu einen Stand geben. Hat sich das weiterentwickelt? Ist die marokkanische Regierung jetzt willens oder in der Lage, Hilfe auch aus anderen Ländern anzunehmen, unter anderem von Deutschland?

WAGNER (AA): Die Lage in dem betroffenen Gebiet in Marokko ist weiterhin schwierig. Wir beobachten das. Nach wie vor gibt es kein Hilfeersuchen vonseiten der marokkanischen Behörden an uns. Aber wir stehen mit diesen natürlich eng im Austausch und halten uns bereit zu helfen, sollte das angefordert werden. Das Technische Hilfswerk hat bereits zwei Experten im Bereich des Katastrophenmanagements an unsere Botschaft in Rabat entsandt.

FRAGE: Herr Schöneck, um wie viele Ärztinnen und Ärzte sowie nachfolgend Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter handelt es sich, die, wenn ich Sie recht verstehen, jetzt im Grunde schon im Land sind und dann in die Katastrophengebiete hinüberwechseln können?

SCHÖNECK (BMZ): Das sind Mitarbeitende aus Zentren, die bereits im Land bestehen und wiederaufgebaut worden sind und die jetzt in die betroffenen Überschwemmungsgebiete reisen. Die genaue Zahl habe ich hier nicht vorliegen, kann ich bei Interesse gerne nachliefern.

ZUSATZ: Ich bitte darum.

FRAGE: Das hätte mich jetzt auch interessiert, wie viele Entwicklungshelferinnen und ‑helfer vor Ort sind. - Herr Wagner, wissen Sie, wie viele Deutsche vor Ort sind, außer dem Botschaftspersonal?

WAGNER: Sie meinen in Libyen?

ZUSATZ: Ja.

WAGNER: Wir haben bisher keine Informationen, dass deutsche Staatsangehörige betroffen sind.

ZUSATZFRAGE: Wie viele deutsche Staatsangehörige an sich sind im Land?

WAGNER: Das muss ich nachreichen, wenn ich dazu etwas nachreichen kann.

Nahostfriedensprozess

FRAGE: Meine Frage richtet sich an Herrn Wagner. Heute vor 30 Jahren haben Herr Rabin, Herr Arafat und US-Präsident Clinton das sogenannte Oslo-Abkommen unterzeichnet. Gibt es eine Bilanz seitens der Bundesregierung zum Nahostfriedensprozess der letzten 30 Jahre?

WAGNER (AA): Das ist schon fast eine tief philosophische Frage. - Ich habe an dieser Stelle auch auf Fragen von Ihnen schon öfter gesagt, dass wir die Entwicklung in Israel und in den palästinensischen Gebieten mit Sorge beobachten und dass die Zunahme von Gewalt im Nahen Osten an dieser Stelle zuletzt leider viel zu oft Thema war.

Der Grundgedanke von Oslo ‑ Sie sprechen ja das Abkommen an ‑ ist auch 30 Jahre später aktueller denn je. Ohne eine politische Lösung für diesen Konflikt wird es nicht gelingen, den Ursachen der Gewalt im Nahen Osten zu begegnen. Insofern ist uns natürlich bewusst, dass die Bedingungen für den Friedensprozess im Moment schwierig sind. Nichtsdestotrotz setzen wir uns natürlich weiter dafür ein, dass es gelingt, die grundlegenden Voraussetzungen für die Realisierbarkeit einer Zwei-Staaten-Lösung zu erhalten und dann mittelfristig einen Friedensprozess auch wieder möglich zu machen.

ZUSATZFRAGE: Die Bundesregierung war ja Unterstützer dieses Abkommens, nicht Unterzeichner. Hat die Bundesregierung den Eindruck, dass sich die Vertragspartner an diesen Vertrag, an dieses Abkommen gehalten haben?

WAGNER: Ich würde jetzt hier ungern in eine geschichtliche Exegese einsteigen. Aber das, was ich Ihnen gerade gesagt habe, ist unsere Haltung zu der Lage vor Ort und zu dem, was es braucht, um zu einem nachhaltigen Frieden im Nahen Osten zu kommen.

Mittel des Auswärtigen Amts für humanitäre Hilfe

FRAGE: Ich habe eine Frage an Herrn Wagner. Es geht um das Thema humanitäre Hilfe. Es geht auch um das World Food Programme, diesmal nicht Stichwort „Afghanistan“, sondern allgemein. Die Organisation beklagt eine Finanzierungslücke für das laufende Jahr von 60 Prozent. Deutschland gehört zu den wichtigsten Gebern. Hierfür sind knapp 537 Millionen US-Dollar zugesagt worden. Im letzten Jahr waren es 1,8 Milliarden. Was ist der Grund für diesen großen Einschnitt?

WAGNER (AA): Ich glaube, das war letzte Woche schon einmal Thema hier. Vielleicht noch einmal ganz grundsätzlich: Wir kennen diese Äußerung des World Food Programmes. Wir teilen natürlich die Sorge des World Food Programmes. Die haben sich auch sehr allgemein zur Lage der Ernährungsunsicherheit und zu dem Anstieg des Hungers weltweit eingelassen. Insofern ist der Kampf gegen den Hunger global für die Bundesregierung weiterhin ein ganz wichtiges Anliegen. Wir haben im letzten Jahr insgesamt ‑ nicht nur für das World Food Programme ‑ rund 5 Milliarden Euro dafür bereitgestellt. Allein aus dem Haushalt des Auswärtigen Amtes gingen ja 2022 1,4 Milliarden Euro an das Welternährungsprogramm. Das entspricht einem Drittel unseres gesamten Haushalts. Deutschland ist seit 2016 zweitgrößter Geber des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen. Wir konnten jetzt Ende 2022 unsere humanitäre Hilfe im Bereich der Ernährungssicherheit noch einmal um rund 500 Millionen Euro aufstocken. In diesem Jahr ‑ das haben Sie erwähnt ‑ hat das Auswärtige Amt bereits 612 Millionen Euro allein für das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen bereitgestellt. Hinzu kommen dann Mittel, die an unsere NGO-Partner zur Sicherung der Ernährungssicherheit gehen, und das Jahr ist ja auch noch nicht abgeschlossen. Insofern sind das keine abschließenden Zahlen für dieses Jahr.

ZUSATZFRAGE: Nun ist es ja so, dass die humanitäre Hilfe an sich im Gegensatz zum nächsten Jahr in diesem und im letzten Jahr annähernd gleich gewesen ist. Können Sie vielleicht sagen, in welche Bereiche der Nothilfe stattdessen mehr Geld geflossen ist?

WAGNER: Wenn ich das nachreichen könnte, dann würde ich das tun. Lassen Sie mich das nachreichen.

Ankündigung des saudischen Kronprinzen zu einer neuen Seidenstraße

FRAGE: Ich habe eine Frage zu einem internationalen Wirtschaftsthema. Was hält die Bundesregierung von der Ankündigung des saudischen Kronprinzen, eine neue Seidenstraße zu errichten? Sie soll Asien mit Europa und Afrika über den Nahen Osten verbinden. Ist das ein Albtraum?

WAGNER (AA): Ob das ein Albtraum ist? Sie wissen, dass wir ja dem Thema der globalen Konnektivität auch eine große Wichtigkeit zumessen. Dazu gibt es ja auf EU-Ebene wichtige Initiativen. Global Gateway ist eine davon. Ich habe die Berichte dazu gesehen, aber ich würde das von hier aus jetzt nicht kommentieren. Es ist natürlich immer gut, wenn Länder miteinander kooperieren. Insofern würde ich es jetzt einmal dabei belassen.

ZUSATZ: Das war angeblich eine Ankündigung beim G20-Gipfel.

HEBESTREIT (BReg): Ich wollte gerade sagen: Es gab am Rande der G20-Zusammenkunft in Neu-Delhi am Wochenende auch eine gemeinsame Veranstaltung. Dabei waren auch der US-Präsident, der französische Präsident, der deutsche Bundeskanzler, die EU-Kommissionspräsidentin und viele weitere, die Vereinigten Arabischen Emirate und Ähnliche, die eine ähnliche Infrastrukturinitiative unternommen und auf den Weg gebracht haben. Ich glaube, im Lichte dessen ist es immer gut, wenn die Welt zusammenrückt, wenn sich die Warenströme und die Verbindungen verbessern. Insofern kann man das nur begrüßen.

Besuch der Bundesaußenministerin in Kiew

FRAGE: Herr Wagner, die Ministerin war ja vor zwei Tagen in Kiew und hat viele Themen angesprochen. Ein Thema, das ich jetzt von Ihrer Seite nicht mitbekommen hatte, war Nord Stream 2. Hat sich die Ministerin mit ihrem Kollegen bzw. mit der Regierung über das Thema ausgetauscht? Hat sie um Unterstützung bei den Ermittlungen gebeten?

WAGNER (AA): Sie haben das Stichwort Ermittlungen genannt. Es laufen ja zu Nord Stream 2 Ermittlungen beim Generalbundesanwalt. Es ist gut, dass sie da laufen. Aus internen Gesprächen berichten wir ja sowieso nicht, aber die Ministerin hat sich, wenn ich mich richtig erinnere, letzte Woche auch in einem Interview mit der Funke Mediengruppe dazu eingelassen. Insofern würde ich Sie darauf verweisen.

ZUSATZFRAGE: Herr Kall, haben deutsche Behörden, also BKA und andere ermittelnde Behörden, bisher ein Rechtshilfegesuchen zum Thema Nord Stream 2 in Kiew gestellt?

KALL (BMI): Dazu müssten Sie sich an den Generalbundesanwalt wenden. Wir können hier zu dem Ermittlungsverfahren nichts sagen ‑ ansonsten verweise ich an die Kollegin des BMJ, weil das BKA beteiligt ist ‑, sondern nur an den GBA verweisen.

FRAGE: Ich habe noch eine Nachfrage zu dem Besuch, weil Minister Dmytro Kuleba der deutschen Außenministerin zu dem Taurus-System direkt gesagt hat: Ihr werdet es sowieso liefern. – Hat er damit recht?

HEBESTREIT (BReg): Ich kann nicht in die Zukunft schauen. Ich kann nur immer das sagen, was wir die ganze Zeit sagen, nämlich dass wir jede einzelne Waffenlieferung sehr genau auf die Auswirkungen für die Bundesrepublik Deutschland und die Auswirkungen für die NATO-Partner und auch die Auswirkungen vor Ort prüfen. Diese Prüfung läuft, und wenn es mehr mitzuteilen gibt, dann wird es das geben.

Ansonsten, glaube ich, habe ich aus der Ukraine in den letzten Tagen, Wochen und Monate viele lobende Worte dazu gehört, dass die Bundesrepublik Deutschland der zweitstärkste Unterstützer ‑ nicht nur, was finanzielle, humanitäre und auch politische Hilfe angeht, sondern auch, was Waffenlieferungen angeht ‑ ist und bleibt. Das wird dort sehr honoriert, und die meisten sprechen das auch offen aus.

FRAGE: Herr Wagner, die Frage, ob das Thema Nord Stream 2 ‑ Aufklärung, Ursachen ‑ Thema des Gesprächs der Ministerin mit der ukrainischen Regierung gewesen ist, haben Sie aber nicht beantwortet. Die könnten Sie doch aber beantworten. Das verhindert die Zuständigkeit des Generalbundesanwalts doch nicht.

WAGNER: Sie kennen ja unsere generelle Linie, dass wir uns zu internen Gesprächen, zumal auf internationaler Ebene, nicht äußern, auch, weil ich Ihnen natürlich sozusagen keinen Anlass geben will, dann zu spekulieren. In dem Fall ist es aber ganz klar: Es gibt Ermittlungen hinsichtlich dieser Vorkommnisse und dieses Anschlags auf die Nord-Stream-2-Pipeline. Die laufen beim Generalbundesanwalt. Insofern ist das auch kein Thema, das jetzt im Feld der Außenministerin liegt.

ZUSATZFRAGE: Wir erleben doch hier sehr wohl, dass hier auch über Gesprächsinhalte berichtet und diskutiert wird. Der Satz „Wir reden darüber grundsätzlich nicht“ stimmt ja sachlich gesehen nicht. Noch einmal: War es also ‑ ‑ ‑

WAGNER: Jetzt bin ich kein Jurist, aber „grundsätzlich“ heißt, soweit ich das kenne, „in der Regel“. Insofern gibt es sicherlich von der Regel ab und zu auch einmal eine Ausnahme. Aber es ist die grundsätzliche Regel, dass ich hier nichts aus Gesprächen der Außenministerin berichte.

ZUSATZFRAGE: Sie möchten uns also nicht sagen, dass das Thema Nord Stream 2 Inhalt des Gesprächs der Ministerin mit der ukrainischen Regierung war?

WAGNER: Ich teile Ihnen keinen Gesprächsinhalt der Gespräche der Außenministerin in Kiew mit.

HEBESTREIT: Ich nehme das einmal als hilfreichen Hinweis von Ihrer Seite an, dass wir von diesem Grundsatz weniger häufig abweichen sollten, um nicht in die Falle zu geraten, dass uns dann gesagt wird: Na, ab und zu erzählt ihr ja doch aus den Gesprächen! - Ich weiß nicht, ob Sie das mit Ihren Kolleginnen und Kollegen noch diskutieren wollen, aber das könnte man natürlich auch so herum drehen.

FRAGE: Wir bleiben im Kontext des Besuchs der Außenministerin in Kiew. Dort hat sie unter anderem gesagt, ich zitiere: Russlands perfides Ziel ist es, die Menschen in der Ukraine auszuhungern. – Mich würde interessieren, auf welcher faktischen Grundlage sie diese Aussage getroffen hat und was für Belege dem AA vorliegen, um diesen Vorwurf zu untermauern, weil „auszuhungern“ ja gerade auch im Kontext des hiesigen Landes eine fette Konnotation hat.

WAGNER: Sie brauchen sich nur die Bilder, Berichte und Untersuchungen, die es ja in mannigfaltiger Art gibt, anzuschauen, um zu sehen, was Russland in der Ukraine macht. Russland bombardiert dort Infrastruktur, Energieinfrastruktur. Ich glaube, es flogen allein im letzten Jahr 1500 Raketen auf die Energieinfrastruktur, die dann in der Konsequenz natürlich das Ergebnis haben, dass Menschen der Strom fehlt, dass Menschen die Wärmeversorgung, die Wasserversorgung fehlt, um sich zu versorgen. Russland bombardiert Getreidesilos, bombardiert Hafenanlagen in Odessa am Schwarzen Meer, um zu verhindern, dass Getreidelieferungen, Getreidetransporte stattfinden. Es gibt also sozusagen genug Belege dafür, dass Russland in der Ukraine einen brutalen Angriffskrieg führt, der auch das Ziel hat, im Winter die Bevölkerung zu zermürben, sie müde zu machen und sie von jeglicher Versorgung abzuschneiden.

ZUSATZFRAGE: Aber wir sprechen hier jetzt von der Außenministerin, und sie hat ja von „aushungern“ gesprochen. Alles, was Sie angeführt haben, inklusive der Weizenbestände ‑ ‑ ‑ Die sind ja für den Export gedacht. Aber welche Belege gibt es sozusagen dafür, dass Russland wie von der Außenministerin angeführt das erklärte Ziel hat, die Bevölkerung auszuhungern?

WAGNER: Teil des Besuchs der Außenministerin vor Ort war auch ein Gespräch mit Menschen, die im Osten der Ukraine unter der russischen Besatzung extreme Dinge erlebt haben und in ihrer Eindrücklichkeit in Bezug auf die Verbrechen, die ihnen da angetan werden, sozusagen kaum stärker sein könnte. Insofern lasse ich mich hier jetzt nicht auf sozusagen semantische Diskussionen mit Ihnen ein. Ich glaube, es ist für die ganze Welt sichtbar, was Russland in der Ukraine tut.

FRAGE: Herr Hebestreit, was führt Sie zu der Annahme, dass Journalisten Hinweise auf Transparenzhandhabung durch die Bundesregierung als Falle empfinden könnten?

HEBESTREIT: Ich glaube nicht, dass ich eine solche These aufgestellt habe. Ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass Sie uns darauf hingewiesen haben, dass wir ja ab und zu von unserem Grundsatz abweichen, aus bilateralen internen Gesprächen hier nichts preiszugeben. Wenn Sie daraus jetzt „Weich doch immer davon ab!“ machen, dann könnten wir in die andere Richtung gehen und sagen: Dann bleiben wir diesem Grundsatz treu. - Allerdings weiß ich nicht, ob diese Diskussion genau jetzt, um diese Zeit, in dieses Forum gehört.

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