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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­­­­­pressekonferenz vom 24.11.2023

24.11.2023 - Artikel

28. Weltklimakonferenz (COP 28) in Dubai

Hebestreit (BReg)

Herzlich willkommen auch von mir! Es geht um die öffentlichen Termine des Bundeskanzlers in der kommenden Woche. […] Damit sind wir auch schon beim Freitag der kommenden Woche, dem 1. Dezember. An diesem Tag nimmt der Bundeskanzler in Dubai an der 28. Weltklimakonferenz teil, der sogenannten COP 28. Auf dieser 28. Klimakonferenz werden weltweit drängende Klimaschutzfragen diskutiert. Dabei geht es vor allem um eine globale Bestandsaufnahme, eine Art Bilanz bisheriger Klimaschutzanstrengungen, die Beschlüsse mit Blick auf aktuelle sowie neue Klimaschutzpläne fassen wird. Die globale Bestandsaufnahme findet fortan alle fünf Jahre statt. Konkret geht es um den weltweit beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien ‑ da möchte man bis 2030 eine Verdreifachung erreichen ‑, um die internationale Klimafinanzierung und darum, wie wir uns besser an Klimaveränderungen anpassen und mit Klimaschäden bzw. deren Kosten umgehen.

Der Bundeskanzler hat über das gesamte Jahr, beispielsweise beim Petersberger Klimadialog im Rahmen der G20 sowie beim Klimagipfel des UN-Generalsekretärs für globale Ziele zum Ausbau der erneuerbaren Energien und zur Steigerung der Energie geworben. Wie Sie wissen, ist dem Bundeskanzler der von ihm initiierte Klimaclub ein besonderes Anliegen. Es freut uns daher, verkünden zu können, dass der Bundeskanzler direkt nach seiner Ankunft in Dubai am Freitag zum „full launch“ des Klimaclubs einladen wird, gemeinsam mit dem zweiten Co-Vorsitzenden, Chiles Staatspräsident Gabriel Boric, in Dubai vertreten durch seinen Außenminister van Klaveren Stork. Mit diesem „full launch“ wird die Aufbauphase des Klimaclubs offiziell beendet. Nachdem bereits ein Arbeitsprogramm und ein Governance-Statut verabschiedet sowie ein Sekretariat eingerichtet wurden, ist der Klimaclub nun mit 33 Mitgliedern voll funktionsfähig. Der Schwerpunkt seiner Arbeit wird auf einer beschleunigten Dekarbonisierung der Industrie liegen.

Darüber hinaus wird der Bundeskanzler am Rande des Gipfels auch bilaterale Gespräche führen. Das bietet Gelegenheit, mit relevanten Akteuren vertieft zu klimapolitischen und anderen Fragen der bilateralen Zusammenarbeit zu sprechen.

Im Vorfeld der Teilnahme des Bundeskanzlers an der COP 28 wird es auch ein Briefing, wie üblich hier in der Bundespressekonferenz, geben, und zwar am Donnerstag, dem 30. November ab 11.30 Uhr.

[…]

Frage

Herr Hebestreit, Sie haben ja gesagt, ein Ausstieg aus den fossilen Energien zeichne sich am Horizont ab. Nun ist es nach allen vorliegenden Studien außerhalb des Möglichen, so sagt der IPCC, dass das 1,5-Grad-Ziel noch erreicht wird, und auch für das 2-Grad-Ziel in Übereinstimmung mit dem Pariser Abkommen müssten die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 28 Prozent gesenkt werden. Das ist auch sehr viel. Mit welcher realistischen Zielperspektive einer Senkung und dann eines Klimaziels geht die Bundesregierung in diese COP?

Hebestreit (BReg)

Ich glaube, die nationalen Klimaziele sind Ihnen bekannt. Das sind die Ziele, auf die sich diese Koalition verständigt hat. Die verfolgen wir trotz der Schwierigkeiten, die sich natürlich dadurch ergeben haben, dass Russland die Ukraine überfallen hat, dass dadurch Energielieferungen weggebrochen sind, dass wir darauf zurückfallen mussten, auch Kohlekraftwerke, die ja deutlich emissionsstärker sind, wieder in Betrieb zu nehmen. Das ist also nicht immer ein ganz linearer Weg, der uns dabei zur Verfügung steht, weil es ja auch für alle auf der Strecke gut ausgehen muss. Das sind die Punkte, die wir haben.

Ansonsten, was die COP 28 und die genauen Ziele angeht, muss ich mich im Augenblick auf das Briefing, das wir nächste Woche durchführen werden, kaprizieren. Da bin ich im Augenblick nicht sprechfähig.

Fischer (AA)

Vielleicht kann ich etwas ergänzen, weil die Außenministerin die Verhandlungen für Deutschland ja führen wird und auch an der entscheidenden Phase der Verhandlungen teilnehmen und dafür anreisen wird. Die genauen Reisedaten werden wir Ihnen dann zu einem späteren Zeitpunkt geben.

Wie Sie wissen, wird auf der COP 28 in Dubai erstmals Bilanz gezogen, wo die Welt im Klimaschutz steht. Wir wissen auch aus den Studien, die Sie zitiert haben: Die Welt ist nicht auf Kurs, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens einzuhalten. Aber das Abkommen von Paris, das 1,5-Grad-Ziel, und die nachfolgenden Klimakonferenzen haben sowohl bei den Vertragsstaaten als auch einer Vielzahl von Akteuren in Unternehmen, Städten und Finanzinstitutionen zu mehr Klimaschutzanstrengungen geführt. Deshalb muss die COP 28 ein Wendepunkt werden und Weichen für eine klimaneutrale und resiliente Zukunft stellen. Entweder wir machen weiter wie bisher, oder wir beschließen gemeinsam, dass wir den entscheidenden Wandel zur Klimaneutralität als Weltgemeinschaft herbeiführen. Deshalb setzen wir uns als Bundesregierung für ein globales Ziel ein, die erneuerbaren Energien bis 2030 mindestens zu verdreifachen und die jährliche Energieeffizienzrate zu verdoppeln. Wir benötigen auch ein Bekenntnis der Vertragsparteien zum Ausstieg aus fossilen Energien, zuallererst aus der Kohle. Wir brauchen dafür ein klares Signal an die Wirtschaft und den Privatsektor.

Frage

Wird die Ministerin dann auch mit ihrem chinesischen Amtskollegen in Gespräche treten? Im Moment werden in China neue Steinkohlegruben erschlossen und neue Steinkohlekraftwerke gebaut, und zwar in einem Ausmaß, das das erneuerbarer Energieträger weit übertrifft. Das ist kontraproduktiv. Wird das ein Gesprächsthema zwischen der Ministerin und ihrem chinesischen Gesprächspartner sein?

Fischer (AA)

Wie Sie wissen, stehen wir mit China ja in einem engen Kontakt, auch zum Klimaschutz. Vor Kurzem war Jennifer Morgan, unsere Staatssekretärin für die Klimafragen, in China und hat dort die entsprechenden Gespräche geführt. Unser Ziel ist es, dass die Ziele des Pariser Klimaabkommens eingehalten werden, und dazu braucht es eine weltweite Anstrengung, eine Anstrengung, die Europa betrifft, die alle Kontinente betrifft und die eben auch China betrifft.

Frage

Herr Hebestreit, bei der Konferenz wird es ja eben auch um den Abschied von fossilen Energien und damit auch um den Ausstieg aus neuen Projekten gehen. Vom Kanzler ist bekannt, dass er zum Beispiel mit Gasprojekten im Senegal liebäugelt und das gerne unterstützen würde. Deswegen stelle ich die Frage: Wie stünde er zu einem solchen Ausstieg aus fossiler Energie, oder hat er diese Projekte auch schon selbst abgehackt?

Hebestreit (BReg)

Der Bundeskanzler hat auch im Namen der Bundesregierung sehr deutlich gemacht, dass wir auch damit umgehen müssen, dass aufgrund des russischen Überfalls auf die Ukraine ‑ ‑ ‑ Ich glaube, wenn ich es richtig weiß, dass etwa ein Viertel des weltweit vorhandenen Gases eigentlich für viele Leute nicht mehr handelbar ist. Da gibt es Sanktionen. Deswegen, weil alle Länder eine wirtschaftliche Entwicklung haben sollen ‑ das ist diese Zwischenphase, bis wir so weit sind, dass der Hochlauf der erneuerbaren Energien überall auf der Welt Fuß gefasst hat ‑, muss es auch möglich sein, in einer Zwischenphase Erdgas zu benutzen, und auch diese Länder sollen die Möglichkeit haben, Erdgas zu fördern. Genau das ist der Punkt. Es ist jetzt also nicht so, wie es ein bisschen in Ihrer Frage anklang, als müssten da Erdgasquellen für den deutschen Verbrauch erschlossen werden, sondern so, dass der Markt insgesamt etwas mehr Gas erhält, damit unter anderem auch deutlich emissionsstärkere Kohlekraftwerke ‑ das war ja gerade die Frage von Herrn Jessen mit Blick auf China, aber das gilt auch anderenorts ‑ dafür zurückgefahren werden können. Das ist so ein bisschen das Projekt, das auch der Bundeskanzler verfolgt.

Zusatzfrage

Mit anderen Worten: Bei einem Verzicht auf neue fossile Projekte oder einem Verzicht auf öffentliche Mittel für solche Projekte ginge Deutschland nicht mit?

Hebestreit (BReg)

Da gibt es zumindest, wenn das so generell ist, gewisse Ausnahmebedingungen, die auch innerhalb der Bundesregierung besprochen worden sind.

Fischer (AA)

Aber klar ist: Wir halten an den Pariser Klimazielen fest.

Frage

Herr Fischer, Sie meinten ja, diese Klimakonferenz solle ein Wendepunkt sein. Bisher hat sich die Bundesregierung nie dafür eingesetzt, dass alle fossilen Energien verboten werden, also nicht nur Öl und Kohle, sondern auch Gas. Habe ich Sie richtig verstanden, dass die Ministerin das jetzt als Ziel hat?

Fischer (AA)

Es geht darum, dass wir einen schrittweisen Ausstieg hinbekommen, und es geht darum, dass wir die Pariser Klimaziele einhalten können. Darauf werden wir hinarbeiten. Wie ich ja schon gesagt habe, ist die Welt derzeit nicht auf dem Weg der Einhaltung der Pariser Klimaziele. Wenn wir so weitermachen wie bisher, werden die Temperaturen deutlich höher ansteigen. Das heißt, es braucht das gemeinsame Bekenntnis der Weltgemeinschaft dazu, hier noch einmal eine Schippe draufzulegen, schneller in erneuerbare Energien einzusteigen und dies dann auch gemeinsam anzugehen.

Zusatz

Bisher legt die Welt ja eine Schippe drauf in Sachen Öl- und Gasförderung. Es gibt ja neue Studien aus dem Stockholm Environment Institute; das werden Sie auch alles kennen.

Fischer (AA)

Deshalb geht es ja darum, den Einsatz der erneuerbaren Energien bis 2030 mindestens zu verdreifachen und auch die Energieeffizienzraten zu verdoppeln, einfach, um auf der einen Seite Energie auf klimaneutralem Weg herzustellen und auf der anderen Seite die Energie, die hergestellt wird, effizienter zu nutzen.

Haufe (BMWK)

Die Darstellung ist so nicht korrekt. Die G7-Staaten haben sich erst in diesem Jahr noch einmal klar dazu bekannt, dass es einen Ausstieg aus allen fossilen Energieträgern geben muss. Das ist das Ziel der G7-Staaten, das ist das Ziel der Europäischen Union, und das vertreten wir auch auf der Weltklimakonferenz. Das haben auch schon vorhergehende Bundesregierung vertreten. Sie wissen vielleicht, dass in Glasgow die entscheidende Frage war, ob in der Abschlusserklärung das „phase out“ oder eben eine schwächere Formulierung stehen soll, und es waren maßgeblich die EU-Staaten, die sich für eine starke Formulierung, für eine „phase out“-Formulierung, eingesetzt haben. Es ist also nicht richtig, wenn Sie darstellen, dass sich Deutschland und die Europäische Union nicht für einen vollständigen Ausstieg aus den fossilen Energieträgern eingesetzt hätte. Das Gegenteil ist der Fall.

Reisen der Außenministerin (Teilnahme am Regionalforum der Union für den Mittelmeerraum, Treffen der NATO-Außenministerinnen und –Außenminister, OSZE-Ministerinnen- und –Ministerrat)

Fischer (AA)

Ich möchte Ihnen gerne einen Einblick in eine intensive Reisewoche der Außenministerin geben. Die geht am Sonntag los. Die Außenministerin wird am 26. November, also am Sonntag, nach Barcelona reisen und dort am Sonntag und Montag am achten Regionalforum der Union für den Mittelmeerraum teilnehmen. Die Union für den Mittelmeerraum ‑ die meisten von Ihnen wissen es wahrscheinlich ‑ ist 2008 gegründet worden und ein multilaterales Forum für den politischen Dialog und regionale Kooperation. Die Zielsetzung der Union ist die Förderung von Stabilität und Integration im gesamten Mittelmeerraum. Sie ergänzt in diesem Bereich die Instrumente der EU im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik. Die Außenministerin wird dort an der Plenarsitzung der Ministerinnen und Minister teilnehmen.

Außerdem wird das Treffen die Gelegenheit zu einer Reihe von bilateralen Gesprächen der Außenministerin geben, insbesondere mit den Ministerkollegen aus dem arabischen Raum. Dabei geht es dann darum, den Gesprächsfaden, den sie auf ihren jüngsten drei Reisen in die Region aufgenommen hat, weiterzuführen. Im Zentrum des Forums steht in diesem Jahr die aktuelle Lage im Nahen Osten, insbesondere ihre Auswirkungen auf Stabilität und Sicherheit in der Region und die humanitäre Lage in Gaza. Hierbei soll es vor allem auch darum gehen, wie eine langfristige Perspektive für die Stabilisierung der Region aussehen kann.

Dann wird die Außenministerin am Dienstag zum Treffen der NATO-Außenministerinnen und ‑Außenminister nach Brüssel reisen. Im Rahmen des Treffens wird es am Dienstag, das ist der 28. November, zunächst zwei Arbeitssitzungen geben. Zunächst ist nachmittags eine Sitzung im Kreis der NATO-Verbündeten geplant. Themen werden dort unter anderem Russland, die Lastenteilung unter den Verbündeten und die Vorbereitung des Jubiläumsgipfels in Washington im Juli 2024 sein. An einer zweiten Arbeitssitzung am späten Nachmittag des Dienstags wird auch der Hohe Repräsentant der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Josep Borrell, teilnehmen. Das Thema dabei wird die Lage auf dem westlichen Balkan sein.

Am zweiten Tag, also am Mittwoch, dem 29. November, wird zum ersten Mal der NATO-Ukraine-Rat auf Ebene der Außenministerinnen und Außenminister tagen. Wie Sie wissen, gibt es dieses Gremium seit dem NATO-Gipfel in Vilnius im Juli dieses Jahres.

Dann wird die Außenministerin am Abend des 29. Novembers ‑ wir sind also immer noch beim Mittwoch ‑ in Skopje eintreffen, um dort am 30. November und am 1. Dezember am OSZE- Ministerinnen- und -Ministerrat teilzunehmen, der dieses Jahr unter dem Vorsitz Nordmazedoniens steht. Das wären die Reiseankündigungen für diese Woche.

Äußerungen des russischen Präsidenten zum Angriffskrieg auf die Ukraine

Frage

Herr Fischer, gibt es eine Reaktion auf Herrn Putins Aussagen beim G20-Gipfel? Dort hatte er sich zu den russischen Aggressionen in der Ukraine, wie er selbst gesagt hat, geäußert und gesagt: Ja, natürlich, kriegerische Handlungen sind immer eine Tragödie. Man müsse aber darüber nachdenken, wie diese Tragödie beendet werden könne. - Versteht die Bundesregierung das als Verhandlungsaufforderung?

Fischer (AA)

Ich war ja bei dem G20-Gipfel nicht dabei. Das machen ja die Staats- und Regierungschefs. Aber wenn Herr Putin diesen Krieg beenden will, dann ist das ganz einfach: Dann zieht er seine Truppen aus der Ukraine zurück und beendet seinen Bruch des Völkerrechts.

[…]

Feuerpause zwischen Israel und der Hamas

Frage

Herr Fischer, ich hätte gerne eine Reaktion zu dem Waffenstillstand, der ja heute Morgen begonnen hat. Israel hat auch gesagt, dass es nach der Feuerpause die Kampfhandlungen wieder aufnehmen werde. Gibt es dazu eine Stellungnahme von Ihrem Haus?

Fischer (AA)

Es ist ja erst einmal ein Zeichen der Hoffnung für die Menschen in Gaza, dass die vereinbarte Feuerpause nun tatsächlich in Kraft ist und einstweilen auch zu halten scheint. Das heißt, die Parteien kommen dem ersten Teil der Vereinbarung nach. Nun kommt es darauf an, dass sich alle Parteien weiterhin an die gemeinsamen Vereinbarungen halten und dass auch tatsächlich die Geiseln, die, wie wir alle wissen, Furchtbares durchgemacht haben, freikommen und bald wieder in Sicherheit sind und ihre Familien in die Arme schließen können. Sie wissen: Teil der Vereinbarung ist auch, dass dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz Zugang zu den Geiseln gewährt wird, die noch in der Gewalt der Hamas verbleiben. Auch das ist ein wichtiges Element, dessen Einhaltung zentral ist.

Wichtig ist auch, dass jetzt die Gelegenheit genutzt wird, humanitäre Hilfe zu den Menschen nach Gaza zu bringen. Wenn ich es den Agenturmeldungen richtig entnommen habe, hat das heute Morgen begonnen. Wichtig ist vielleicht zu wissen, dass die Bundesregierung sich auf diesen Moment vorbereitet hat und wir mit unseren Hilfslieferungen für die Menschen in Gaza bereitstehen. Um jetzt Hilfe leisten zu können, haben wir in den vergangenen Wochen unsere humanitäre Hilfe für die Menschen vor Ort auf mehr als 160 Millionen Euro mehr als verdoppelt. Das meiste Geld dient der Beschaffung von Grundnahrungsmitteln wie Mehl, Hirse, Reis, Kichererbsen und Öl für die Not leidende Bevölkerung im Gazastreifen. Am Mittwoch hat auch unsere Sondergesandte für die humanitäre Hilfe in der Region in Kairo noch einmal eine weitere Aufstockung unserer Unterstützung in Höhe von fünf Millionen Euro verkündet, die dem UNHCR und dem ägyptischen Roten Halbmond zugutekommen. Damit können nun Kleidung, Decken, Schlafmatten etc. nach Gaza gebracht werden. Sie wissen ja: Der Winter kommt. Außerdem unterstützt Deutschland Ägypten mit 1,5 Millionen Euro, damit dort Verletzte aus dem Gazastreifen behandelt werden können. Dies vielleicht zu diesem Teil der humanitären Hilfe.

Wichtig ist auch noch, dass wir das Rote Kreuz unterstützen, damit medizinische Verbrauchsgüter, Verbandsmaterialien, Spritzen, Kanülen etc. in den Gazastreifen hineinkommen, weil, wie Sie alle wissen, die medizinische Versorgung dort sehr prekär ist und es an allem fehlt.

Zu Ihrer zweiten Frage würde ich sagen, dass es erst einmal wichtig ist, dass jetzt die Feuerpause hält, dass die Geiseln freikommen und die humanitäre Hilfe in den Gazastreifen kommt. Die Lage ist weiterhin volatil. Deshalb richten sich all unsere Anstrengungen jetzt darauf, diese Feuerpause erst einmal zu stabilisieren und die Geiseln, von denen wir wissen, dass sie freikommen sollen, auch tatsächlich freizubekommen.

Von dieser Stelle auch noch einmal großer Dank an Katar und Ägypten, die in diesem Bereich in den letzten Wochen ja intensiv vermittelt haben und mit denen wir praktisch seit dem 7. Oktober in einem permanenten Kontakt hinsichtlich der Frage des Waffenstillstands, der Geiselfreilassung und der humanitären Hilfe standen, genau wie mit den USA und Israel!

Frage

Israel lässt ja auch Palästinenser frei. Herr Fischer, haben Sie Kenntnis, ob Deutsche darunter sind? Es sind ja mehrere Hundert, meist Frauen und Jugendliche, und einem Großteil der Menschen wurde kein Prozess gemacht.

Fischer (AA)

Ich glaube, diese Frage haben Sie vorgestern schon einmal gestellt, oder ein Kollege von Ihnen hat sie vorgestern schon gestellt.

Zusatz

Ich nicht.

Fischer (AA)

Ich habe Ihnen dazu nichts zu berichten.

Zusatzfrage

Eine Einschätzung zur Lage in Gaza: Martin Griffiths, Leiter des OCHA und UN-Nothilfekoordinator, hat zum Tod und zur Zerstörung in Gaza gesagt, das sei „the worst ever“, also das Schlimmste, was er je gesehen habe. Mittlerweile sprechen auch andere UN-Experten davon.

Schließt sich die Bundesregierung der Lageeinschätzung der UN an?

Fischer (AA)

Ich weiß nicht, was alles Herr Griffiths in seinem Leben gesehen hat. Von daher kann ich das nicht einschätzen. Ein Konflikt, den ich verfolgt habe, war zum Beispiel der in Bosnien-Herzegowina, in dem über 100 000 Menschen gestorben sind. Das kann man, denke ich, einfach nicht vergleichen. Jeder Konflikt hat seine eigene Logik und seine eigenen Rahmenbedingungen. Ich denke, wenn man sich auf der Welt umschaut, dann erkennt man, dass es in unserer Lebenszeit eine Reihe von Konflikten gegeben hat, die mindestens so viele Tote hervorgerufen haben wie dieser Konflikt.

Zusatzfrage

Wissen Sie mittlerweile, wie viele Opfer es gibt?

Fischer (AA)

Wir sprechen immer über die Zahlen, die Sie genannt haben. Diese Zahlen kommen von der Hamas. Das heißt, dass wir sie nicht unabhängig überprüfen können, weil wir selbst keine Leute mehr vor Ort haben. Aber selbst die von der Hamas genannten Zahlen liegen deutlich unterhalb der Zahlen, die wir aus anderen Konflikten kennen.

Frage

Was können Sie uns über Gespräche von Vertretern des Auswärtigen Amtes in Israel und in den Palästinensergebieten über die Frage, wer Gaza nach dem Ende des Krieges regieren kann und wird, sagen?

Fischer (AA)

Es ist richtig, dass, wie es hier in einem großen Medium berichtet wurde, unser Staatssekretär Thomas Bagger gemeinsam mit dem außenpolitischen Berater des Bundeskanzlers kürzlich zu Gesprächen unter anderem in Tel Aviv und in Ramallah gewesen ist. Sie wissen, dass wir aus diesen bilateralen Gesprächen nicht berichten. Aber uns ist es wichtig ‑ das haben wir hier gelegentlich schon gesagt ‑, Ideen gemeinsam mit unseren internationalen Partnern zu entwickeln, auch mit Blick auf die Zukunft des Gaza-Streifens. Denn, auch wenn wir derzeit noch in der aktuellen Krise stecken, müssen wir uns doch darum bemühen, den Blick nach vorn zu richten und langfristige und nachhaltige Lösungen zu suchen. Auch vor diesem Hintergrund haben die Gespräche stattgefunden.

Sie wissen, dass uns dieses Thema schon länger begleitet. Die Außenministerin hat dazu bereits auf einem der vorangegangenen EU-Außenministertreffen das Gespräch mit ihren EU-Außenministerkollegen gesucht. Das war auch Thema des G7-Außenministertreffens in Tokio vor Kurzem. Die Frage, wie eine gute Zukunft für Gaza aussehen kann, in der Palästinenser friedlich und in Sicherheit leben können, was gleichzeitig die Sicherheit für Israel und den Frieden in der Region herstellt, treibt uns um. Wir beschäftigen uns intensiv damit und suchen gemeinsam mit unseren internationalen Partnerinnen und Partnern nach Wegen nach vorn.

Zusatzfrage

Es ist schon klar, dass Sie dazu keine Details nennen können. Im Kern ging es aber wohl um die Frage, ob die Autonomiebehörde nach einem Ende des Krieges eine stärkere Rolle auch in Gaza spielen könne. Eine solche Rolle hatte sie in den letzten Jahren eindeutig nicht.

Gibt es auf beiden Seiten ‑ Sie haben sie genannt, sowohl Palästinenser als auch israelische Regierung ‑ eine Bereitschaft im Denken für eine solche Perspektive, für eine solche stärkere Rolle?

Fischer (AA)

Ich denke, die Gespräche spielen sich alle innerhalb der fünf Leitlinien ab, die die Außenministerin in Tokio formuliert hat. Wenn Sie gestatten, würde ich sie Ihnen kurz in Erinnerung rufen. Es geht darum, dass von Gaza künftig keine terroristische Gefahr mehr für Israels Sicherheit ausgehen darf, dass Palästinenser nicht aus Gaza vertrieben werden dürfen, dass es keine Besetzung von Gaza geben darf, sondern den bestmöglichen internationalen Schutz geben muss, dass keine territoriale Reduzierung von Gaza angestrebt werden darf und dass ‑ in diese Richtung zielt Ihre Frage ‑ es keine Lösung über die Köpfe der Palästinenserinnen und Palästinenser hinweg geben darf. Am Ende müssen alle Palästinenser im Westjordanland und in Gaza ihre Belange selbstbestimmt repräsentieren können. Hierfür braucht es eine starke palästinensische Autonomiebehörde, die sowohl im Westjordanland als auch in Gaza handlungsfähig ist.

Frage

Herr Fischer, noch einmal zu Gaza: Mittlerweile haben die UN bekannt gegeben, dass über 20 unabhängige Experten vor einem Genozid in Gaza und einer zweiten Nakba gewarnt hätten. Das ist eine Warnung davor, dass das passieren kann. Auf seiner Instagram-Seite hat das Auswärtige Amt dagegen Vorwürfe in Sachen eines Genozids zurückgewiesen und geschrieben, dass dies jedweder Grundlage entbehre.

Nehmen Sie die Warnungen der UN-Experten nicht wahr?

Fischer (AA)

Wir sehen selbstverständlich auch Äußerungen aus den Vereinten Nationen. Aber gerade in diesem Instagram-Post haben wir unsere Sicht auf die Dinge noch einmal sehr deutlich gemacht. Man kann den Konflikt, denke ich, in vieler Weise beschreiben. Aber es ist einfach kein Genozid, den Israel an der palästinensischen Bevölkerung verüben würde. So etwas zu behaupten, entbehrt aus unserer Sicht jeglicher Grundlage.

Zusatzfrage

Haben die UN-Experten also keine Ahnung?

Fischer (AA)

Das weiß ich nicht. Aber ich kann allen nur dazu raten, hierzu einen Blick in die Völkerrechtskonvention zu werfen.

Festsetzung von vier Mitarbeitern der GIZ in Afghanistan

Frage

Frau May, Ihr Ministerium hat gestern bestätigt, dass in Afghanistan vier Mitarbeiter der GIZ von den Taliban festgesetzt worden seien. Können Sie sagen, ob das immer noch der Stand ist, wie es den Mitarbeitern geht und ob sie in irgendeiner Form Kontakt halten können?

Herr Fischer, welche Möglichkeiten hat das AA überhaupt, auf die Freilassung hinzuwirken, da es keinen direkten Kontakt gibt?

May (BMZ)

Ja, ich kann bestätigen, dass die die lokalen Mitarbeiter der GIZ weiterhin in Haft sind, wobei uns keinerlei offizielle Information erreicht hat, warum sie inhaftiert sind. Wir nehmen diese Lage sehr ernst und arbeiten über alle uns zur Verfügung stehenden Kanäle daran, dass die Kollegen freikommen.

Fischer (AA)

Wie Sie wissen, gibt es vor Ort eine EU-Vertretung. Unsere Botschaft ist geschlossen. Der Chargé d’Affaires der EU hat auf Arbeitsebene Kontakt zur De-facto-Regierung hergestellt, um die schnellstmögliche Freilassung der inhaftierten GIZ-Mitarbeiter zu erwirken.

Wie Sie wissen, verfügen wir auch über eigene Kanäle über unser Verbindungsbüro für Afghanistan in Doha. Wir arbeiten eng mit unseren Partnern zusammen, um eine Freilassung zu erwirken.

Zusatzfrage

Ist Ihnen über diese Kontakte mitgeteilt worden, welche Vorwürfe gegen die Mitarbeiter erhoben werden?

Fischer (AA)

Zu den Vorwürfen kann ich Ihnen derzeit genauso wenig etwas sagen wie die Kollegin. Im Übrigen will ich darauf hinweisen, dass diese Kontakte vertraulich sind und wir im Sinne der vier Inhaftierten und ihrer Sicherheit hier keine weiteren Ausführungen darüber machen können.

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