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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­­­­­pressekonferenz vom 12.04.2024

12.04.2024 - Artikel

Teilnahme der Außenministerin an der Konferenz für den Sudan und seine Nachbarländer in Paris

Fischer (AA)

Ich habe eine Reise von Außenministerin Baerbock nach Paris anzukündigen. Ein Jahr nach Ausbruch des Kriegs im Sudan richten Frankreich, Deutschland und die Europäische Union am kommenden Montag, den 15. April, in Paris eine internationale Konferenz für den Sudan und seine Nachbarländer aus. Die Konferenz baut ‑ einige von Ihnen wissen das ‑ auf die Reise von Außenministerin Baerbock in die Region im Januar auf. Die Konferenz gliedert sich in drei Teile. Beginnen wird die Konferenz am Montag mit einem Minister- und Ministerinnentreffen am Vormittag, bei dem Vertreterinnen und Vertreter aller Vermittlungsinitiativen im Sudankonflikt sowie weitere relevante externe Akteure zusammenkommen. Wichtig ist, dass die verschiedenen Vermittlungsstränge, die es im Sudankonflikt gibt, in Zukunft besser koordinieren und einen politischen Prozess befördern, der dann zu einer Lösung des Konflikts führen kann. Dieser Teil der Konferenz ist nicht presseöffentlich.

Am Nachmittag sollen im Rahmen einer Geberkonferenz dringend benötigte neue humanitäre Mittel für die Menschen im Sudan eingeworben werden. Die Vereinten Nationen warnen derzeit vor einer akuten Hungersnot mit Hunderttausenden Toten, wenn die internationale Gemeinschaft ihre Hilfe für den Sudan und die umgebenden Länder nicht drastisch hochfährt, in die ja viele Menschen aus Sudan geflüchtet sind. Dieser Teil der Konferenz ist presseöffentlich. Die Außenministerin wird dort eine Eröffnungsrede halten.

Parallel zu den beiden Konferenzteilen kommen in Paris Vertreterinnen und Vertreter der sudanesischen Zivilgesellschaft zusammen. Wir unterstützen diese dabei, sich zu vernetzen und sich auf eine gemeinsame Vision für einen demokratischen Sudan zu verständigen. Dieser Teil ist ebenfalls nicht presseöffentlich.

Vor Beginn der Konferenz wird es gegen 9.30 Uhr am Montag eine Pressekonferenz der drei Veranstalterinnen und Veranstalter geben, nämlich von Außenministerin Baerbock, Frankreichs Außenminister Séjourné und dem Hohen Vertreter Borrell. Das alles wird im französischen Außenministerium stattfinden. - Vielen Dank.

Nahostkonflikt

Frage

Eine Frage an Herrn Fischer: Es gab ein Telefonat von Frau Baerbock mit ihrem iranischen Amtskollegen mit dem Appell, eine Eskalation im Nahen Osten zu vermeiden. Vielleicht können Sie schildern, was Ihr Eindruck nach dem Gespräch ist. Kann das gelingen, oder ist eine solche Eskalation unabwendbar?

Fischer (AA)

Es ist richtig, dass die Außenministerin gestern mit ihrem iranischen Amtskollegen gesprochen und darauf hingewirkt hat, dass deeskaliert wird und es nicht zu einer regionalen Eskalation kommt. Die Außenministerin hat sich ja selbst dazu geäußert und gestern in einer Pressekonferenz gesagt, dass die diplomatischen Telefonleitungen heißlaufen, weil wir uns sehr intensiv mit unseren Partnern in der Region abstimmen und versuchen, auf die Akteure einzuwirken, die zu einer Deeskalation beitragen können. Sie hat in der Pressekonferenz auch gesagt, dass jetzt niemand weiteres Öl ins Feuer gießen dürfe, dass niemand ein Interesse an einem Flächenbrand mit völlig unvorhersehbaren Folgen haben könne und deshalb alle Akteure in der Region aufgefordert seien, verantwortlich zu handeln und Zurückhaltung zu üben. In diesem Sinne hat sie mit ihrem iranischen Amtskollegen gesprochen.

Es ist in der Tat richtig, dass die Lage im Nahen Osten derzeit äußerst angespannt ist, wir das mit großer Sorge sehen und deshalb mit all unseren Möglichkeit gemeinsam mit anderen an einer Deeskalation arbeiten.

Frage

Herr Fischer, es gibt in diesem Zusammenhang auch Vermittlungsbemühungen vor allem durch die arabischen Golfstaaten. Oman ist eines der Länder. Gab es in den letzten Tagen Gespräche mit den Ländern in der Region, die sich um Vermittlung bemühen, also mit Oman und Katar, die ja gute Beziehungen zum Iran haben?

Fischer (AA)

Ich sagte ja: Die diplomatischen Telefonleitungen laufen heiß. Das gilt nicht nur für die Außenministerin, das gilt natürlich auch für unsere Botschaften in der Region, die im engen Kontakt mit ihren Gastregierungen stehen, das gilt aber genauso für die Kolleginnen und Kollegen auf den verschiedensten Ebenen im Auswärtigen Amt, die ihre Kontakte in die Region und zu unseren Partnern, zum Beispiel in den USA, nutzen, um dazu beizutragen, dass es jetzt nicht zu einem Flächenbrand kommt.

Wir bereiten uns zwar auf alle Szenarien vor, und gestern hat auch der Krisenstab im Auswärtigen Amt mit besonderem Fokus auf Iran und Israel getagt. Aber gleichzeitig ist es noch nicht zu spät. Deshalb tun wir gemeinsam mit unseren Partnern in der Welt und ganz besonders auch in der Region ‑ einige von denen, die Sie genannt haben, sind hierbei sehr engagiert ‑ alles dafür, zu einer Deeskalation beizutragen und zu verhindern, dass es zu einer weiteren schwerwiegenden militärischen Auseinandersetzung kommt.

Zusatzfrage

Herr Fischer, Sie haben gerade den Krisenstab erwähnt. Das zeigt ja, wie brisant die Situation ist. Wird die deutsche Botschaft in Teheran weiterhin offen bleiben? Gibt es Pläne, das Personal dort zu reduzieren?

Fischer (AA)

Ich werde mich zu unseren Notfallplänen nicht öffentlich äußern, kann Ihnen aber sagen, dass unsere Botschaften in der Region derzeit offen sind.

Frage

Herr Fischer, Sie haben in Ihrer ersten Antwort die Intention der Ministerin in dem Gespräch mit dem iranischen Außenminister dargestellt. Mich interessiert die Reaktion des iranischen Außenministers. Stimmte sie hoffnungsfroh?

Sie haben gesagt, Sie bereiteten sich auf alle Szenarien vor. Nun hat der amerikanische Präsident ja schon so etwas Ähnliches gesagt wie, im Falle eines iranischen Angriffs würden die USA aufseiten Israels aktiv werden. Das klingt nach einer robusten Reaktion. Wie würde sich denn die Bundesregierung in einem solchen Fall verhalten?

Fischer (AA)

Wir arbeiten jetzt konkret daran, die Situation zu deeskalieren. Das war der Hintergrund des gestrigen Telefonats der Außenministerin, und darauf konzentrieren wir uns jetzt. Dazu sind wir mit unseren Partnern in der Region und, wie Sie gesehen haben, auch mit dem iranischen Außenminister in engem Austausch. Ich glaube, es ist an Iran, selbst Auskunft über seine Haltung in dem Gespräch zu geben, weil wir aus vertraulichen Gesprächen bekanntermaßen nicht unterrichten.

Frage

Sie sprachen davon, alles dafür zu tun, dass kein Öl ins Feuer gegossen werde. Erfüllt die Ankündigung des israelischen Verteidigungsministers, im Falle eines iranischen Angriffs werde Israel geeignete Gegenmaßnahmen ergreifen, den Charakter von „Öl ins Feuer gießen“?

Fischer (AA)

Ich werde mich zu einzelnen Äußerungen hier nicht einlassen. Wir haben in den letzten Tagen verschiedene Äußerungen aus der Region gehört. Klar ist, dass wir ein solches Szenario vermeiden wollen. Wir wollen ein Szenario vermeiden, in dem der Iran Israel oder israelische Interessen militärisch angreift. Genauso wollen wir vermeiden, dass es dann dadurch zu einem Flächenbrand kommt.

Zusatzfrage

Finden denn parallel oder im Nachgang zum Gespräch mit dem iranischen Außenminister auch hochrangige Gespräche mit der israelischen Regierung statt, in denen möglicherweise über Einschätzungen, Inhalte, Positionen kommuniziert und die Aufforderung vermittelt wird: „Lasst es lieber sein!“? Stichwort „Flächenbrand“ usw.?

Fischer (AA)

Sie können sich sicher sein, dass wir mit allen Spielern in der Region in engem Kontakt stehen. Dazu gehört auch Israel. Was wir dabei austauschen, habe ich ja hier öffentlich dargelegt.

Frage

Ist jetzt bei Warnhinweisen, bei Reisehinweisen, bereits der höchste Stand erreicht? Sie warnen ja vor Reisen und sagen, dass man sich nach Deutschland zurückbegeben solle. Gibt es darüber noch eine weitere Eskalationsstufe?

Fischer (AA)

Unsere Reise- und Sicherheitshinweise werden immer an die jeweilige Lage angepasst. Wenn man sich zum Beispiel die Hinweise für den Iran anschaut, so gibt es eine Reisewarnung und auch eine Ausreiseaufforderung. Mehr zu tun, als die Deutschen, die sich im Iran aufhalten oder beabsichtigen, in den Iran zu reisen, aufzufordern: „Reist nicht hin!“ oder vielmehr: „Reist aus!“ ist, glaube ich, schwierig.

Auch für Israel gilt eine Reisewarnung. Im Übrigen ist es für den Libanon und für die palästinensischen Gebiete ähnlich.

Zusatzfrage

Dem entspricht also die Entscheidung der Lufthansa, die entsprechenden Flüge jetzt aufzugeben? Oder wie kann man das werten?

Fischer (AA)

Ich will jetzt nicht über Maßnahmen der Lufthansa spekulieren. Aber es gibt schon seit Längerem eine Ausreiseaufforderung und eine Reisewarnung für den Iran.

Frage

Herr Fischer, vor zwei Tagen kam es zu einem Angriff auf einen Konvoi der Söhne des Hamas-Führers Ismael Hania. Dabei sind dessen drei Söhne ums Leben gekommen. Glauben Sie, dass dieser Vorfall die diplomatischen Verhandlungen zum Gazakrieg gefährden könnte?

Fischer (AA)

Ich glaube, es ist entscheidend, dass die Gespräche, die darauf abzielen, eine Waffenruhe zu erreichen und die Geiseln freizubekommen, fortgesetzt werden. Wir haben auch hier immer wieder betont: Es braucht jetzt dringend einen Durchbruch bei den Verhandlungen in Kairo. Alle Seiten müssen sich jetzt dazu durchringen, auch schmerzhafte Zugeständnisse zu machen. Das gilt auch für die Hamas. Dabei sind all jene gefordert, die noch Einfluss auf die Hamas nehmen können; denn die Geiseln müssen jetzt endlich freikommen. Nur so werden wir zu einer humanitären Feuerpause kommen, die dann auch zu einem nachhaltigen Waffenstillstand führt.

Zusatzfrage

Die Frage lautete, ob diese Aktion, die ja recht brisant gewesen ist, die Verhandlungen gefährden könnte.

Fischer (AA)

Wie gesagt, müssen wir alles dafür tun, dass die Verhandlungen vorankommen und wir zu einer humanitären Feuerpause kommen, die zu einem nachhaltigen Waffenstillstand führt. Denn unser Ziel ist es, die Geiseln freizubekommen.

[…]

Frage

Zur Kommunikation über die deutsche Rolle im Palästinakonflikt: Die deutsche Einlassung [zur Klage Nicaraguas vor dem Internationalen Gerichtshof] ist im Wortlaut dokumentiert und nachvollziehbar. Wie Sie sagten, wird die Kritik daran, dass Nicaragua nicht das Gespräch mit Deutschland gesucht habe, mehrfach vertreten. Bedeutet das, was Sie jetzt sagen, dass Deutschland Nicaragua auch nach der Anhörung vor dem IGH einen direkten inhaltlichen Austausch über die deutsche Position anbietet?

Fischer (AA)

Wir sind selbstverständlich immer bereit, mit allen unseren Partnern über außenpolitische Fragen zu sprechen. Wir unterhalten diplomatische Beziehungen mit Nicaragua, und natürlich sind wir auch bereit, diese Frage mit Nicaragua weiter im bilateralen Dialog zu erörtern, wenn es von Nicaragua gewünscht wird.

Zusatzfrage

Bereitschaft kann heißen: „Sagt, wenn ihr das wollt; dann sind wir bereit.“ Bereitschaft kann auch heißen: „Wir bieten euch an, mit euch darüber zu reden; das würden wir gern tun, weil wir finden, dass eure Anklage in verschiedenen Punkten einfach sachlich falsche Behauptungen enthält.“ Aber ein solches offensives, aktives Angebot ist nicht Teil der deutschen Politik?

Fischer (AA)

Diese Unterstellung will ich zurückweisen. Nicaragua hat uns vor Einreichung der Klage nicht die Möglichkeit gegeben, in diesen Dialog einzutreten. Wir wären dazu zu jeder Zeit bereit gewesen.

Angekündigte Schließung der Botschaft Nicaraguas in Deutschland

Frage

Eine Frage zur Klage Nicaraguas vor dem Internationalen Gerichtshof: Nicaragua hat angekündigt, dass es seine Botschaft in Deutschland permanent schließen werde. Plant Deutschland die gleiche Aktion in Managua?

Fischer (AA)

Ich kann mich nicht zu den Gründen Nicaraguas verhalten, seine Botschaft hier zu schließen. Das mag verschiedene Gründe haben. Jedenfalls wird Nicaragua in Deutschland weiterhin diplomatisch vertreten sein. Wenn ich es richtig sehe, wird die österreichische Vertretung Nicaraguas beauftragt, auch die diplomatischen Beziehungen zu Deutschland zu pflegen.

Unsere Botschaft in Nicaragua ist offen, und wir haben auch nicht die Absicht, sie zu schließen.

Frage

Hat die deutsche Regierung eine offizielle Mitteilung zur Schließung der Botschaft von Nicaragua in Deutschland bekommen? Und wenn ja: Gab es eine Begründung für diese Entscheidung?

Fischer (AA)

Ich müsste mich noch einmal erkundigen, wie der Austausch mit der nicaraguanischen Seite war. Ich glaube, es ist uns durchaus offiziell angekündigt worden. Aber ich weise auch darauf hin, dass Nicaragua derzeit eine Reihe von Auslandsvertretungen schließt, einfach um Einsparmaßnahmen zu realisieren.

Zusatzfrage

Sie haben also überhaupt keine Information darüber, dass diese Entscheidung etwas mit der Klage in Den Haag zu tun hat?

Fischer (AA)

Mir ist es nicht bekannt. Nicaragua schließt, wie gesagt, eine Reihe von Auslandsvertretungen. Dazu gehört auch die Botschaft in Berlin. Das ist der Stand, den ich habe.

Im Übrigen gäbe es ja auch eigentlich gar keinen Grund, die Botschaft wegen des Verfahrens in den Haag zu schließen; denn es geht ja gerade darum, dass wir in einen Dialog über diese Dinge eintreten. Es war gerade eines der Dinge, die wir vor dem IGH eingefordert haben, dass Nicaragua, wenn es mit unserer Politik nicht einverstanden ist, zunächst das Gespräch mit uns sucht. Das wird natürlich schwieriger, wenn die Botschaft geschlossen ist.

Zusatzfrage

Könnten Sie, wenn Sie eine offizielle Mitteilung, eine Liste, von Nicaragua bekommen haben, diese und überhaupt die Information nachreichen?

Fischer (AA)

Ich habe ja gesagt, dass es uns angekündigt worden ist. Insofern haben wir eine offizielle Mitteilung bekommen. Aber es ist nicht üblich, in diesen offiziellen Mitteilungen auf die tieferen Gründe hinzuweisen. – Die Kollegen schreiben mir gerade, dass die Ankündigung schon im Januar eingegangen ist.

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