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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­­­­­pressekonferenz vom 19.04.2024

19.04.2024 - Artikel

Petersberger Klimadialog

Hebestreit (BReg)

[…] Am Freitag, dem 26. April, wird der Bundeskanzler von 9.30 Uhr bis 11 Uhr gemeinsam mit dem Präsidenten von Aserbaidschan, Ilham Alijew, am Petersberger Klimadialog im Auswärtigen Amt teilnehmen. Dort wird er ebenso wie der Staatspräsident eine Rede halten, und im Anschluss wird er sich an einer Paneldiskussion beteiligen. Aserbaidschan ist der Gastgeber der diesjährigen Weltklimakonferenz COP 29.

Dieses Mal stehen beim Petersberger Klimadialog vor allem das Thema Klimafinanzierung und die Umsetzung der Beschlüsse der letzten Klimakonferenz, COP 28, auf der Agenda. Diese verfolgen das Ziel, den Ausbau der erneuerbaren Energien zu verdreifachen und die Energieeffizienz zu verdoppeln, um die Abkehr von fossilen Energien zu beschleunigen. Beim Petersberger Klimadialog wird es darum gehen, die Neufassung der Ziele der Klimafinanzierung vorzubereiten, die zentrale Aufgabe bei der nächsten Weltklimakonferenz in Baku sein wird.

Einbestellung des russischen Botschafters ins Auswärtige Amt

Wagner (AA)

Ich habe eine Erklärung zur gestrigen Einbestellung des russischen Botschafters abzugeben.

Der Botschafter der Russischen Föderation wurde gestern ins Auswärtige Amt einbestellt. Die Einbestellung stand im Zusammenhang mit der durch den Generalbundesanwalt veranlassten Festnahme zweier deutsch-russischer Staatsangehöriger aufgrund des dringenden Tatverdachts, unter anderem in einem besonders schweren Fall für einen ausländischen Geheimdienst tätig gewesen zu sein. Es geht dabei insbesondere auch um den Vorwurf der Verabredung zur Herbeiführung von Sprengstoffexplosionen in Deutschland.

Dem Botschafter wurde in aller Deutlichkeit übermittelt, dass der deutsche Rechtsstaat keine Agententätigkeit und Sabotageakte, noch dazu auf deutschem Staatsgebiet, toleriert. Russland muss derartige Aktivitäten unverzüglich einstellen.

Sie wissen, dass sich die Außenministerin und andere Mitglieder der Bundesregierung dazu geäußert haben. Ich sage das noch einmal, weil wir die Darstellung des Sachverhalts der Botschaft der Russischen Föderation in den sozialen Medien und die dortige Androhung von Konsequenzen in aller Deutlichkeit zurückweisen.

[…]

Frage

Ich habe Fragen an Herrn Wagner.

Zum einen wüsste ich gern, wie Sie die Reaktion des russischen Botschafters charakterisieren würden. Sie haben ja gesagt, dass Sie Drohungen in aller Deutlichkeit zurückweisen. Aber vielleicht können Sie die Reaktion für uns einmal einordnen.

Zum anderen wüsste ich gern, warum es in diesem Fall, aber nicht in früheren Fällen eine Einbestellung gab. Es gibt diesen BND-Spion, der offensichtlich ein Selbstanbieter war, und auch den Mann vom BAAINBw. Liegt es daran, dass es dieses Mal keine Staatsbediensteten waren oder daran, dass Gewalt geplant war? Was macht aus Ihrer Sicht den Unterschied?

Wagner (AA)

Ich fange beim Letzten an. Sie können sicher sein, dass wir unsere Haltung und Position immer auf dem geeigneten Weg mitteilen.

Zur ersten Frage. Sehen Sie mir nach, dass ich aus diesem internen Gespräch nicht berichte und auch nicht darüber spekuliere, wie die Reaktionen zu deuten sind. Aber die nochmalige Klarstellung, dass wir Drohungen und die Androhung von Konsequenzen strikt zurückweisen, war mir ein Anliegen, weil die russische Botschaft dazu auch öffentlich kommuniziert hat.

Zusatzfrage

Ich meinte die öffentliche Reaktion. Wie würden Sie die charakterisieren? Sie haben gesagt, dass sie es zurückweisen, aber wie war diese Reaktion aus Ihrer Sicht?

Wagner (AA)

Was wir als Bundesregierung dazu zu sagen haben, ist, dass das ein schwerwiegender Vorwurf ist, zu dem jetzt auch Ermittlungen laufen. Das hat der Kollege Kall vom BMI ausgeführt. Wir haben gestern den russischen Botschafter einbestellt, um ihm unsere Haltung dazu sehr deutlich zu machen und ihm mitzuteilen, dass solche Aktivitäten zu unterlassen sind.

Frage

Zum zeitlichen Ablauf, Herr Wagner: Dieses Statement der russischen Botschaft, das auch über Social Media verbreitet wurde, erfolgte nach der Einbestellung?

Wagner (AA)

Das kann ich jetzt hier nicht aufarbeiten. Der Termin im Auswärtigen Amt war um 16 Uhr.

Zusatzfrage

Die Botschaft hat darum gebeten, dass umgehend die konsularische Betreuung der beiden Verdächtigen ermöglicht werden soll. Können Sie sagen, ob das erfolgt?

Wagner (AA)

Die Frage der konsularischen Betreuung ist immer in den Umständen und durch die Justizbehörden, bei der die Personen festgehalten werden, zu prüfen. Selbstverständlich erlauben wir konsularische Betreuung, sofern diese denn gewünscht ist. Ich weiß nicht und kann darüber jetzt hier auch nicht spekulieren, ob das in diesem Fall so ist. Ich möchte aber einordnend noch einmal sagen, dass wir es hier mit einem Fall zu tun haben, bei dem zwei Personen vorgeworfen wird, in einem besonders schweren Fall mit einem ausländischen Geheimdienst kooperiert zu haben. Das spielt bei der Prüfung sicherlich auch eine Rolle.

[…]

Nahostkonflikt

[…]

Frage

Sie sprachen den iranischen Angriff auf Israel an. In dem Zusammenhang gab es auch schon Diskussionen, die Sanktionen gegen Iran noch zu verschärfen. Wenn man sich aber zum Beispiel das deutsch Handelsvolumen mit dem Iran anschaut, dann sieht man, dass dieses gerade in den letzten Monaten ganz deutlich gestiegen ist. Sehen Sie insoweit Handlungsbedarf?

Hebestreit (BReg)

Wir haben gerade gestern und vorgestern auf der Ebene der EU-Staats- und Regierungschefs miteinander diskutiert, wie wir mit weiteren Sanktionen umgehen. Wir machen es ja in der Regel europaweit. Wenn Sie sich die Ratsschlussfolgerungen von gestern genau anschauen, so gab es gestern einige Positionen. Es wird ständig überprüft werden müssen, wie wirksam das ist und ob man weitere Schritte gehen muss.

Wagner (AA)

Vielleicht kann ich noch ergänzen, auch wenn ich der Kollegin aus dem BMWK nicht vorgreifen will. Da Sie auf die Handelszahlen anspielen, will ich einordnend sagen, dass sich der Handel mit Iran auf einem historisch niedrigen Niveau bewegt und ja auch weiteren sanktions- und embargorechtlichen Vorgaben unterliegt. Er ist zum Beispiel im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr um ein Viertel gesunken und liegt 40 Prozent unter dem Niveau des Jahres, in dem die bis dato stärksten Wirtschaftssanktionen in Kraft waren. Ich würde darum bitten, jetzt nicht die Zahlen von zwei Monaten zu bewerten. So etwas muss man in der Jahresstrecke sehen. – Ich spiele auf Medienberichte von gestern an.

Zusatzfrage

Ich habe ja die aktuellen Ereignisse angesprochen. Den deutlichen Anstieg sollte schon in diesem Licht sehen.

Frage

Herr Wagner, Deutschland ist ja ein enger Alliierter und auch strategischer Partner Israels. Israel ist jetzt natürlich der Feind Irans. Wir befinden uns in einem Krieg. Wird die Deutsche Botschaft in Teheran weiterhin aufbleiben?

Wagner (AA)

Der Regierungssprecher hat ja gerade dargestellt, was im Moment das Kernanliegen unserer Bemühungen ist. Es geht darum, in einer sehr gefährlichen, angespannten Lage im Nahen und Mittleren Osten auf alle Seiten einzuwirken, nicht zu eskalieren. Es ist schon gesagt worden: Die Außenministerin war in dieser Woche zu Gesprächen in Israel. Sie ist zur Stunde noch beim Treffen der G7-Außenministerinnen und Außenminister in Italien, bei dem diese Frage natürlich auch eine ganz zentrale Rolle spielt. Selbstverständlich ist es wichtig, dass wir jetzt alle verfügbaren Kanäle nutzen, um einzuwirken. Die Außenministerin hat in der letzten Woche und dann noch einmal am Wochenende selbst mit dem iranischen Außenminister gesprochen.

Frage

Die Frage war konkret: Wird die Deutsche Botschaft zugemacht, oder bleibt sie offen?

Wagner (AA)

Es gibt keine Pläne, die Deutsche Botschaft in Teheran zu schließen.

[…]

Frage

Ich habe eine Frage an das Auswärtige Amt. Es geht um Berichte über das Treffen von Frau Baerbock mit Herrn Netanjahu, das nicht sehr harmonisch verlaufen sein soll. Es soll dabei erhebliche Auseinandersetzungen gegeben haben, vor allen Dingen über die Einschätzung der Versorgungslage in Gaza. Können Sie dazu etwas sagen? Ist die Information korrekt, dass man sich diametral auseinanderbewegt hat?

Wagner (AA)

Vielen Dank für die Frage. Sie wissen, dass wir uns grundsätzlich nicht zu Inhalten vertraulicher Gespräche äußern. Wir haben die Berichte natürlich gesehen, in denen offensichtlich über Inhalte dieses Gesprächs berichtet wurde.

Ich kann nur sagen: Es war ein intensives Gespräch. Ich denke, unsere Haltung zur Lage in Gaza und zum Nahostkonflikt und zur Zweistaatenlösung ist bekannt.

Nicht alle Darstellungen, die Sie in manchen Medien lesen können, sind vollends korrekt. Soweit kann ich schon noch Stellung nehmen. Ich habe aber auch Darstellungen in deutschen Medien gesehen, unter anderem in einem Newsletter eines Magazins, das es noch nicht so lange gibt, ohne jetzt den Namen zu nennen, die, denke ich, sehr viel näher an der Wahrheit sind.

Frage

Herr Wagner, ich habe zwei Fragen zu Gaza.

Erstens: In Medienberichten wird heute darüber berichtet, dass ein Angriff auf Rafah bevorstehe. Dazu hätte ich gern eine Reaktion.

Zweitens: Katar hat gesagt, dass es seine Vermittlerrolle im Konflikt zwischen Israel und Palästina überdenken werde. Auch dazu hätte ich gern eine Stellungnahme.

Wagner (AA)

Sie kennen die Haltung der Bundesregierung, was die Lage in Gaza angeht. Wir haben immer wieder deutlich gemacht, dass sich in Rafah nach wie vor eine große Anzahl von Menschen aufhält und dass eine großflächige Bodenoffensive, ein großflächiger Angriff auf Rafah eine humanitäre Katastrophe auslösen würde. Diese Haltung gilt fort.

Zusatzfrage

Zu Katar?

Wagner (AA)

Katar spielt eine sehr wichtige Rolle in den Bemühungen, die Geiseln endlich aus der Hand der Hamas freizubekommen. Wir stehen mit Katar in einer engen Abstimmung.

Frage

Herr Wagner, das, was in den Medien über dieses Gespräch angeführt wurde, war, dass sich beide Seiten im Wesentlichen inhaltlich sehr unterschiedliche Fotos über den Gazastreifen vorgehalten und darüber gesprochen hätten. Können Sie zumindest sagen, ob das so stattgefunden hat?

Wagner (AA)

Ich bleibe bei dem, was ich sagte. Es war ein sehr intensives Gespräch, ein sehr intensiver Positionsaustausch.

Hebestreit (BReg)

Vielleicht kann ich das an einer Stelle, wobei ich überhaupt nicht dabei gewesen bin, ergänzen, weil wir das ab und zu hier als Thema haben. Wir sagen, dass wir enge Freunde Israels sind. Das zeigt sich auch darin, dass wir unsere Positionen intern sehr offen miteinander austauschen. Dann ist es auch immer klug, dass solche Dinge intern bleiben, um eben die Offenheit gewährleisten zu können. Aber dass wir in dieser Frage deutlich anders auf gewisse Dinge blicken als die israelische Regierung, dürfte niemandem, der hier regelmäßig dabei ist, verborgen geblieben sein.

[…]

Frage

Ich möchte noch eine Frage zur Auseinandersetzung zwischen der Ministerin und Netanjahu stellen. Offiziell hat der deutsche Botschafter in Israel bestritten, dass das, was in den israelischen Medien publiziert wurde, stimmt. Sagen Sie, dass das, was in Israel publiziert wurde, falsch ist, dass es nicht stimmt, was dort gesagt wurde?

Wagner (AA)

Ich denke, dass ich gesagt habe, was ich dazu zu sagen habe. Ich wiederhole es aber gern. Wir berichten nicht aus internen vertraulichen Gesprächen. Es war ein intensiver Austausch, in dem sicherlich auch deutlich geworden ist, dass wir unterschiedliche Positionen zu bestimmten Themen haben.

Ich würde aber davor warnen, die Zusammenfassung, die publiziert worden ist, als reales Abbild dessen, wie das Gespräch abgelaufen ist, zu nehmen. Aber es gilt das, was wir hier gesagt haben, dass es natürlich auch Ausdruck unserer engen Partnerschaft ist, dass man sich bei vertraulichen Gesprächen tief in die Augen schaut und Positionen und Haltungen deutlich macht.

Zusatzfrage

Aber Sie bestreiten nicht, dass das, was publiziert ist, nicht wahr ist?

Wagner (AA)

Ich habe es, denke ich, jetzt sehr klar eingeordnet.

Frage

Herr Wagner, Sie haben uns gesagt, Sie wollten aus dem Gespräch nicht berichten. Aber Sie können doch sicherlich, wenn Sie die vergangenen zwei Monate einmal Revue passieren lassen, eine allgemeine Einschätzung dazu abgeben, wie groß der Einfluss Deutschlands und seiner Diplomatie in Israel ist, auch wenn Sie das vielleicht ein bisschen im Zusammenhang mit dem Einfluss der USA ranken wollen.

Wagner (AA)

Ich denke, das Letzte, was ich an dieser Stelle tun möchte, ist, an uns selbst Haltungsnoten zu verteilen. Ich kann nur noch einmal darlegen, dass wir im Moment in einer wahnsinnig komplizierten Lage im Nahen und Mittleren Osten agieren, wo wir einerseits mit einem Konflikt in Gaza zu tun haben, ausgelöst durch den Terroranschlag der Hamas vom 7. Oktober mit über tausend Toten in Israel, einer israelischen Militäroperation gegen die Hamas, die in einem sehr schwierigen Umfeld, das Gaza eben ist, stattfindet, bei der sich intensiv Fragen des humanitären Völkerrechts und des humanitären Zugangs stellen, in der schon viel zu viele Menschen gestorben sind, in dem wir alles daran setzen, dass die Geiseln, die sich nach wie vor in den Händen der Hamas befinden, freikommen und wir uns auch intensiv dafür einsetzen, dass es mehr humanitären Zugang zum Beispiel zu Gaza gibt. Ich würde schon sagen, dass wir dabei in den vergangenen Wochen ein paar Fortschritte erzielen konnten. Das ist natürlich bei Weitem noch nicht genug. Aber das habe ich hier schon am Montag ‑ oder war es Mittwoch? ‑ dargelegt. Die Luftwaffe hat sich an Hilfsgüterabwürfen über Gaza beteiligt. Wir arbeiten mit den Staaten in der Region, die dort Einfluss haben, und mit den Vereinten Nationen intensiv zusammen, um sicherzustellen, dass mehr Hilfslieferungen nach Gaza hineinkommen und mehr Grenzübergänge geöffnet werden. Jetzt gibt es zusätzliche Lieferungen über einen weiteren Grenzübergang. Das ist eine gute Nachricht; aber es ist natürlich bei Weitem noch nicht genug. Deshalb sind wir ‑ wenn ich auf die vergangene Woche zurückblicke, möchte ich fast schon sagen: Tag und Nacht ‑ im Einsatz, an all diesen Dingen zu arbeiten.

Seit dem vergangenen Wochenende kommt noch eine sehr angespannte und schwierige Sicherheitslage mit Blick auf Iran und Israel hinzu, mit Blick auf die es jetzt auch darum geht, mit allen Partnern im Gespräch zu sein und auf alle einzuwirken, damit es nicht zu weiterer Eskalation kommt.

In dieser Gesamtgemengelage möchte ich ungern Haltungsnoten dafür verteilen, wo wir was erreicht haben und wo wir noch nicht da sind, wo wir vielleicht sein wollen, weil es uns in der Summe nicht davon abhalten wird, uns weiterhin für die Ziele einzusetzen, die wir dort vertreten.

[…]

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