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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 26.04.2024
Empfang des Präsidenten der Demokratischen Republik Kongo, Konflikt in Ostkongo
Hoffmann (BReg)
[…] Bundeskanzler Olaf Scholz wird am Sonntag, den 28. April, gegen 19 Uhr den Staatspräsidenten der Demokratischen Republik Kongo, Félix Tshisekedi, im Bundeskanzleramt empfangen. Nach der Begrüßung sind Gespräche unter anderem im Rahmen eines gemeinsamen Abendessens geplant. Die Demokratische Republik Kongo ist im vergangenen Jahr als 13. Land dem G20 Compact with Africa beigetreten. Ich kann den vertraulichen Gesprächen natürlich nicht vorgreifen. Es wird bei den Gesprächen aber sicher auch um unsere Wirtschaftsbeziehungen gehen und darum, wie die Demokratische Republik Kongo grundsätzlich stärker von privaten Investitionen profitieren kann. Ebenso wird der Konflikt in Ostkongo auf der Tagesordnung stehen. Dies ist ein langjähriger Konflikt, bei dem Ruanda die Lage zuletzt verschärft hat. Die territoriale Integrität Kongos darf nicht weiter verletzt werden. Wir unterstützen hier die Vermittlungsbemühungen Angolas. […]
Frage
Frau Hoffmann, habe ich Sie gerade richtig verstanden? Das war eine relativ klare Schuldzuweisung an Ruanda, dass die Konflikte in Ostkongo derzeit so eskalieren?
Hoffmann (BReg)
Ja, wir sind der Meinung, dass die territoriale Integrität Kongos nicht weiter verletzt werden kann und dass sich die Lage zuletzt durch das ruandische Vorgehen verschärft hat.
Zusatzfrage
Welche konkreten Bemühungen unternimmt denn die Bundesrepublik derzeit, um dort auf Ruanda einzuwirken?
Hoffmann (BReg)
Ich kann hier nur noch einmal sagen, dass wir die Vermittlungsbemühungen Angolas unterstützen und dies natürlich auch Thema des Gesprächs zwischen dem Präsidenten und dem Bundeskanzler sein wird.
Fischer (AA)
Ich kann hinzufügen, dass wir natürlich alle die laufenden Bemühungen um Frieden und Stabilität in der Region der Großen Seen unterstützen und uns dabei natürlich auch für die Konfliktbewältigung in der Demokratischen Republik Kongo einsetzen. Dafür befinden wir uns unter anderem mit Ruanda in Gesprächen. Die Außenministerin war zuletzt kurz vor Weihnachten in Ruanda. Da ist es neben anderen Dingen wie der Eröffnung einer Impfstofffabrik natürlich auch um die Situation in Ostkongo gegangen.
Hoffmann (BReg)
Ich kann noch zur Entwicklungszusammenarbeit ergänzen: Wir haben 2023 in Ostkongo zusätzlich zu unserer Entwicklungszusammenarbeit von über 200 Millionen Euro auch humanitäre Hilfe in Höhe von 47 Millionen Euro geleistet. 2024 wird das trotz sinkender Mittel eine humanitäre Priorität für uns bleiben.
Frage
Können Sie sagen, welche Rolle die Bodenschätze des Kongo für die Bundesregierung spielen?
Hoffmann (BReg)
Dazu kann ich hier jetzt direkt nichts sagen. Wir haben ja gesagt: Natürlich werden auch wirtschaftliche Beziehungen Thema der Gespräche sein. Das ist ja ganz normal.
Fischer (AA)
Um das klarzustellen: Es geht hier um die Beilegung eines Konfliktes, nicht um Bodenschätze.
Zusatz
Der Konflikt dreht sich im Osten des Kongos aber unter anderem auch darum, dass die Bodenschätze illegal nach Ruanda fließen und dann auf den Weltmarkt gelangen.
Fischer (AA)
Es gibt verschiedene Komponenten dieses Konflikts, und das ist sicher eine. Für uns steht aber die Bemühung im Vordergrund, Frieden in der Region herzustellen und dies voranzutreiben, und gleichzeitig die Menschen - es gibt dort bis zu 7 Millionen Binnenvertriebene - in dem Konflikt mit humanitären Maßnahmen zu unterstützen.
Reise der Außenministerin nach Saudi-Arabien
Fischer (AA)
Ich habe Ihnen eine Ankündigung der Reise der Bundesaußenministerin nach Saudi-Arabien mitgebracht. Am Montag wird die Außenministerin nach Riad reisen und dort wichtige regionale Partner in der Region zu Gesprächen treffen. Im Fokus wird natürlich die Lage im Nahen und Mittleren Osten stehen. Unter anderem wird sie dort bilaterale Gespräche mit dem Außenminister der Vereinigten Arabischen Emirate führen und auch die UN-Koordinatorin der humanitären Hilfe in Gaza, Sigrid Kaag, treffen.
Bei dem Besuch wird es darum gehen, in Bezug auf die vielen verschiedenen Brandherde der Krise in Nahost an der Deeskalation und an Fortschritten hin zu einer friedlichen Zukunft zu arbeiten. Hierbei kommt auch den Golfstaaten eine wichtige Rolle zu. Noch immer sind viele Geiseln in der Gefangenschaft der Hamas. Sie müssen nach über 200 Tagen endlich freikommen. Auch die humanitäre Lage in Gaza ist weiterhin katastrophal. Wir arbeiten an Verbesserungen der Bedingungen der Menschen dort. Dafür braucht es einen viel besseren Schutz und Zugang für humanitäre Helfer. Auch eine langfristige Perspektive wird dringend benötigt, damit irgendwann Palästinenserinnen und Palästinenser in Sicherheit und Würde in einem eigenen Staat leben können, Seite an Seite mit Israelis. Wie es bei all diesen Themen zu Fortschritten kommen kann, wird das Thema der Gespräche der Ministerin sein und im Mittelpunkt der Reise stehen.
Frage
Herr Fischer, welche Rolle kann die Herangehensweise der feministischen Außenpolitik an der Stelle in Riad spielen?
Fischer (AA)
Feministische Außenpolitik heißt zunächst einmal, dass wir alle Blickwinkel in Betracht ziehen, insbesondere die von marginalisierten Gruppen wie Frauen und Kindern. Uns geht es bei diesem Konflikt in Gaza darum, dass wir dazu beitragen, die Lage der Menschen, die unter diesem Konflikt leiden, zu verbessern.
Frage
Sie hatten gesagt, dass Frau Baerbock in Riad die Vertreterin der Arabischen Emirate und UN-Vertreter trifft. Wird sie denn auch auf Vertreter des saudischen Regimes treffen, und wenn ja, auf wen?
Fischer (AA)
Ich gehe davon aus, dass sie auch saudische Gesprächspartner haben wird. Wir sind aber noch dabei, das Programm festzuzurren. An dem Tag werden sich mehrere Außenministerinnen und Außenminister in der Region aufhalten. Ich gehe davon aus, dass sich daraus ein bunter Strauß an Gesprächen entwickelt.
Zusatzfrage
Ein Kollege hat es ja gerade schon angesprochen: Wird denn die Ministerin die frauenverachtende Politik des saudischen Regimes öffentlich ansprechen?
Fischer (AA)
In all unseren Gesprächen sprechen wir selbstverständlich Menschenrechtsfragen an.
Zusatz
Ich meinte jetzt: öffentlich.
Fischer (AA)
Ich weiß gar nicht, ob es dort überhaupt einen öffentlichen Auftritt gibt. Es werden intensive Gespräche über die Lösung im Nahen Osten sein. Im Übrigen hat die Ministerin diese Themen aber auch immer wieder öffentlich angesprochen.
Frage
Die arabischen Staaten haben ja diesen Krieg immer scharf kritisiert. Wird das Thema israelischer Kriegsverbrechen bei dieser Konferenz angesprochen werden?
Fischer (AA)
Es wird, wie gesagt, darum gehen, wie wir diesen Konflikt dahin führen können, dass es zunächst einmal zu einem humanitären Waffenstillstand kommt. Wir werden sicherlich auch Fragen wie den Geiselaustausch in den Blick nehmen. Katar spielt da eine wichtige Rolle. Das sind Dinge, die dort besprochen werden. Vor allen Dingen wird es natürlich auch darum gehen, noch einmal den Blick in die Zukunft zu richten, weil wir neben dem aktuellen Konflikt auch einen Weg nach vorne finden müssen, wenn es einmal zu einem Waffenstillstand kommt, nämlich eine Perspektive für eine Zweistaatenlösung vorzuskizzieren und dann daran weiterzuarbeiten. Auch das ist Thema der Reise.
Reise des Bundeskanzlers nach China
Frage
Herr Wagner, eine Frage zu China: NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat gestern bei einer Rede in Berlin die Rolle Beijings im ukrainischen Krieg sehr scharf kritisiert und hat China vorgeworfen, es heize den Konflikt an. Stimmt die Bundesregierung dem zu?
Hoffmann (BReg)
Sie wissen ja, dass der Bundeskanzler im Rahmen seiner kürzlich erfolgten Chinareise auch sehr ausführliche Gespräche über das Thema Ukraine und über den russischen Angriff gegen die Ukraine geführt hat, unter anderem auch mit dem Staatspräsidenten Xi. Da war klar, dass sich beide darin einig sind, dass man sich um eine politische Lösung für Frieden in der Ukraine bemühen muss und dass es insbesondere auch an China ist, seinen Einfluss in Moskau in diesem Sinne geltend zu machen, damit ein Ende des russischen Angriffskrieges bewerkstelligt werden kann. Das war auch ein Ziel der Reise.
Es wird im Sommer eine hochrangige Konferenz in der Schweiz geben, und im Vorfeld dieser Konferenz werden China und Europa bzw. China und Deutschland sich weiterhin intensiv abstimmen, um dort einer Lösung näher zu kommen. ‑ So viel würde ich dazu gerne allgemein sagen.
Zusatzfrage
Frau Hoffmann, Diplomatie ist ja eine Sache, aber wenn man ein Land beschuldigt, dass es einen Konflikt anheize, dann ist das eine ganz andere Sache. Sehen Sie das ähnlich, wie es der Generalsekretär gesagt hat?
Hoffmann (BReg)
Wie gesagt, unser Ziel ist es, mit China in dem Sinne im Austausch zu sein, dass China sich einbringt, um eine politische Lösung des Konflikts zu fördern und vor allen Dingen auch seinen Einfluss auf Russland in diesem Sinne geltend zu machen. Darüber hinaus ist uns sehr wichtig, dass es von China aus keine Waffenlieferungen an Russland geben soll. Das hat die chinesische Führung in den Gesprächen auch so dargestellt. Ein weiteres Thema waren sogenannte Dual-Use-Güter, und wir drängen darauf, dass auch diese nicht an Russland geliefert werden.
Fischer (AA)
Vielleicht kann ich noch ergänzen, dass wir als Europäische Union auch schon chinesische Unternehmen gelistet haben, die verdächtigt werden, Güter nach Russland geliefert haben, bzw. die auch nachgewiesenerweise Güter nach Russland geliefert haben, die den russischen Kriegsanstrengungen zugutekommen. Insofern ist das ein Thema, das bei den Gesprächen des Bundeskanzlers, aber auch der Außenministerin zum Beispiel am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz mit der chinesischen Seite schon eine sehr wichtige und auch prominente Rolle gespielt hat. Es kann nicht sein, dass ein Land einen völkerrechtswidrigen Krieg auf Umwegen unterstützt oder zumindest toleriert bzw. dass die Unternehmen eines Landes das tun.
Nahostkonflikt
Frage
Zur Situation in Gaza: Herr Fischer, lässt Israel nach Kenntnissen der Bundesregierung mittlerweile die gewünschten Mengen an Hilfslieferungen in den Gazastreifen?
Fischer (AA)
Wir sehen, dass es eine Steigerung bei der humanitären Hilfe für den Gazastreifen gegeben hat, aber ‑ auch das haben wir hier immer wieder hervorgehoben ‑ die Hilfe, die derzeit im Gazastreifen ankommt, reicht nicht aus. Es geht weiterhin darum, mehr Hilfe in den Gazastreifen zu bekommen, und da ist auch Israel gefordert.
Zusatzfrage
Die Offensive in Gaza soll ja kurz bevorstehen. Laut dem US-Portal Axios warten alle nur auf Netanjahus Anweisungen, dass die Evakuierung der Zivilbevölkerung in Rafah beginnen kann.
Erstens. Was tut die Bundesregierung gerade noch aktiv, um die Offensive zu verhindern? Denn dagegen sind sie ja.
Zweitens. Wissen Sie, wohin die Zivilbevölkerung aus Rafah evakuiert werden soll?
Fischer (AA)
Sie wissen ja, dass wir auf den verschiedensten Ebenen und den verschiedensten diplomatischen Strängen aktiv sind ‑ ich hatte vorhin schon die anstehende Reise der Bundesaußenministerin nach Saudi-Arabien erwähnt ‑, und Sie kennen auch unsere Ablehnung einer groß angelegten Offensive in Rafah, die die Ministerin und auch der Bundeskanzler bereits hervorgehoben haben. Die Ministerin war erst in der letzten Woche in Israel und hat ihre Gespräche auch genutzt, um diesen Punkt noch einmal deutlich zu machen.
Die aktuellen Berichte, laut denen die israelischen Vorbereitungen für eine Bodenoffensive auf Rafah voranschreiten, sehen wir vor diesem Hintergrund natürlich mit sehr großer Sorge. Auch das hat die Ministerin in ihren Gesprächen deutlich gemacht. Ich möchte auch noch einmal hervorheben, dass auch die G7 in der Abschlusserklärung nach dem G7-Treffen der Außenministerinnen und Außenminister in Capri ihre Sorge über die humanitären Folgen einer Bodenoffensive in Rafah zum Ausdruck gebracht haben. Sie wissen, dass sich in Rafah über eine Million Menschen aufhalten, die aus anderen Gegenden des Gazastreifens kommen, die von der israelischen Armee aufgefordert sind, die Kampfgebiete zu verlassen, und in Rafah Zuflucht gesehen haben. Ihre Versorgungslage ist weiterhin unzureichend. Sie sind von Hunger und Krankheiten geschwächt, und es ist derzeit wirklich nur schwer vorstellbar, wie sie an einen anderen Ort fliehen könnten.
Unabhängig davon hat Israel natürlich das Recht, sich gegen die Hamas zu verteidigen, aber dabei bleibt der Schutz von Zivilistinnen und Zivilisten das oberste Gebot. Wie das jetzt in einer Situation, wie wir sie in Raffa vorfinden können, gelingen soll, erschließt sich uns derzeit nicht.
Hoffmann (BReg)
Ich kann das vielleicht auch noch einmal bekräftigen. Der Bundeskanzler hat genau wie die gesamte Bundesregierung und auch im Namen des Europäischen Rats mehrfach gesagt, dass wir eine Offensive gegen Rafah ablehnen. Der Bundeskanzler hat am vergangenen Wochenende auch mit dem israelischen Präsidenten telefoniert, und Sie können davon ausgehen, dass diese Position auch deutlich gemacht worden ist.