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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 5.08.2024

05.08.2024 - Artikel

Nahostkonflikt

Frage

Herr Kiesewetter von der CDU fordert eine Beteiligung Deutschlands an einer etwaigen Schutzkoalition für Israel. Ich möchte mich erkundigen, ob sich die Bundesregierung schon eine eingehende Meinung dazu gebildet hat.

Büchner (BReg)

Die Bundesregierung verfolgt mit großer Sorge die Situation in Nahost. Wie Sie wissen, hat der Bundeskanzler mehrfach alle Seiten dazu aufgefordert, nichts zu irgendeiner weiteren Eskalation beizutragen. Über alle weiteren Dinge verbietet es sich geradezu hier zu spekulieren.

Frage

Herr Fischer, es gibt ja jetzt Vermittlungsversuche zwischen Israel und dem Iran. Israel ist Ihr Alliierter. Gab es irgendwelche Gespräche am Wochenende, bzw. gab es auch Gespräche mit der iranischen Seite, um einen Krieg zu verhindern?

Fischer (AA)

Sie wissen ja, wir stehen auf allen Ebenen mit den Parteien in der Region in Kontakt. Das schließt das Auswärtige Amt ein, das schließt die Außenministerin ein. Wie Sie wissen, hatte die Außenministerin noch vor Kurzem Kontakt zu ihrem iranischen Amtskollegen und hat zu Deeskalation aufgerufen. Das wissen Sie vielleicht noch nicht, aber am Freitag hat die Außenministerin mit dem jordanischen Außenminister telefoniert, bevor dieser in Richtung Iran aufgebrochen ist. Auch mit den Partnern oder den Spielern in der Region steht sie in Kontakt. Wir sprechen intensiv mit allen Partnern, die unsere Sorge teilen. Sie haben ja auch gesehen, dass es gestern eine Schalte der G7-Außenministerinnen und ‑Außenminister gab. Seien Sie versichert, die Bundesregierung nutzt alle Kanäle, um auf eine Deeskalation der Lage hinzuwirken. Um es noch einmal klar sagen: Es gilt, eine Eskalation zu vermeiden, und sie ist auch vermeidbar. Dazu bedarf es Zurückhaltung auf allen Seiten, und dazu rufen wir auf.

Frage

In der letzten Woche wurde die Kritik laut, die Bundesregierung habe keinerlei Einwirkungsmöglichkeiten auf Israel und auf den Krieg in der Region. Wie würden Sie darauf antworten?

Fischer (AA)

Sie wissen ja, dass die Außenministerin alle paar Wochen seit dem 7. Oktober in der Region war und mit allen Beteiligten in Kontakt steht. Der Bundeskanzler war in der Region und hat telefoniert. Ich glaube, das, was wir zu sagen haben, wird schon gehört.

Wir haben ja lange über die humanitäre Lage im Gazastreifen gesprochen. Die ist noch immer furchtbar, aber am Anfang waren die Bedingungen noch furchtbarer. Die Stromversorgung und die Wasserversorgung waren abgestellt. Es ging überhaupt keine humanitäre Hilfe rein. Wir haben gemeinsam mit unseren Partnern darauf hingewirkt, dass mehr humanitäre Hilfe reinkommt, dass die Menschen dort versorgt werden können und dass Grenzübergänge geöffnet werden, die geschlossen waren. Die Außenministerin hat maßgeblich dafür gesorgt, dass Kinder aus einem SOS-Kinderdorf aus Gaza evakuiert werden konnten. Es gibt viele kleine Dinge und einige Punkte, bei denen wir unseren Einfluss haben geltend machen können. Dass die humanitäre Lage in Gaza nicht noch schlimmer ist, als sie ist, ist sicherlich auf das Einwirken vieler, aber auch von uns zurückzuführen.

Was die allgemeine Lage angeht, kann man nur sagen: Wir stehen fest zu dem Biden-Plan, der auch von den Vereinten Nationen indossiert ist. Wir rufen alle Seiten dazu auf, sich jetzt umgehend auf diesen Plan zu verständigen, einen humanitären Waffenstillstand einzuhalten und die Geiseln freizulassen.

Zusatzfrage

Sie haben jetzt gesagt, Sie sprechen mit Israel und werden auch gehört. Die Kernfrage, bei der es immer wieder hieß, Sie sprechen dazu, ist allerdings die Frage, ob sich Israel in seiner Kriegsführung an das internationale Recht hält. Inzwischen ist umfangreich dokumentiert, dass das nicht der Fall ist. Wird Deutschland da wirklich gehört, und, wenn nein, wie kann man da von deutscher Seite Einfluss nehmen, oder wie versucht man es?

Fischer (AA)

Wir haben ja eine Reihe von Dingen gemacht. Die Unterstellung in Ihrer Frage möchte ich jetzt nicht so stehen lassen. Israel hat das Recht zur Selbstverteidigung im Rahmen des Völkerrechts. Wir rufen Israel dazu auf, genau so vorzugehen. Wir haben regelmäßig auch hervorgehoben, dass Israel seine Art der militärischen Operationsführung so anpassen muss, dass Zivilisten noch besser geschützt werden. Gleichzeitig haben wir zum Beispiel auch die Lage im Westjordanland nicht aus dem Blick verloren. Sie wissen, dass es dort, auch von uns initiiert, eine Reihe von Sanktionen gegen extremistische, gewalttätige Siedler und deren Organisationen gegeben hat. Ich glaube, wir sind auf allen Ebenen aktiv und in Kontakt und bemühen uns, dazu beizutragen, die Situation zu verbessern.

Frage

Am Wochenende sind erstmals Forderungen nach einem Engagement der Bundeswehr bei einer Eskalation des Konflikts laut geworden. Herr Büchner und Herr Collatz, ist das denkbar, und ist es, wenn nicht jetzt, dann denkbar, wenn es tatsächlich zu einem großen Krieg im Nahen Osten kommt?

Büchner (BReg)

Diese Frage habe ich gerade schon beantwortet. Das ist eine hypothetische Frage, über die ich hier nicht spekulieren will.

Collatz (BMVg)

Auch Minister Pistorius hat die Frage schon gestern Abend mit, wie ich finde, klaren Sätzen beantwortet. Das steht im Moment nicht zur Debatte.

Zusatzfrage

Im Moment?

Collatz (BMVg)

So hat er es, glaube ich, gestern gesagt.

Zusatzfrage

Werden denn Vorbereitungen getroffen für den Fall, dass doch?

Collatz (BMVg)

Kein Kommentar.

Frage

Herr Fischer, die Außenministerin war ja zu diesem Thema in Paris. Können Sie vielleicht noch kurz ausführen, wie man sich da koordiniert hat und wie man sich in Zukunft bei möglichen Einsätzen oder Reaktionen mit Frankreich absprechen wird, ob man da gemeinsame Dinge plant?

Fischer (AA)

Sie wissen ja, dass Frankreich gerade auch außenpolitisch einer unserer engsten Partner ist, mit dem wir auf allen Ebenen eng und vertrauensvoll zusammenarbeiten. Natürlich haben auch die Lage im Nahen Osten und die gemeinsamen Bemühungen um eine Deeskalation der sehr angespannten Lage eine wichtige Rolle in dem Gespräch der Außenministerin mit ihrem französischen Amtskollegen gespielt.

Zusatzfrage

Sie können keine weiteren Details ausführen, ob man schon weiß, wie sich die beiden Länder in dieser Lage verhalten werden?

Fischer (AA)

Sehen Sie es mir nach, dass wir hier nicht aus vertraulichen Gesprächen berichten. Aber Sie können davon ausgehen, dass wir auf das Engste koordiniert sind und uns allerbestens abstimmen.

Frage

Ein anderer Aspekt bei Nahost ist der Bericht vom UN-Menschenrechtsbüro. Ich weiß nicht, ob Sie schon darauf reagiert hatten, Herr Fischer. Herr Türk hat verlauten lassen, dass die palästinensische Autonomiebehörde an willkürlichen Verhaftungen, Folter und Misshandlungen in dem Gebiet beteiligt sei, um Kritik und politischen Widerstand in der Westbank zu erdrücken. Insbesondere geht es darum, dass Palästinenser, die seit dem 7. Oktober von Israel festgehalten werden, misshandelt und gefoltert werden, und das nicht nur im Einzelfall, sondern offenbar systematisch. Es geht um Käfighaltung, Nahrungs-, Wasser- und Schlafentzug und unter anderem um Waterboarding. Wie reagiert die Bundesregierung auf die Folter?

Fischer (AA)

Sie waren offensichtlich im Urlaub. Wir haben diese Themen regelmäßig hier behandelt. Ich kann wiederholen, dass sich die Ministerin bereits in ihrer Herzliya-Rede umfassend zu dem Thema geäußert und die Frage der Behandlung palästinensischer Gefangener in ihren bilateralen Gesprächen immer wieder angesprochen hat. Wir haben hier oder auch in den Gesprächen mit den israelischen Partnern immer wieder deutlich gemacht, dass es internationale Standards zur Behandlung von Gefangenen gibt, an die sich die israelische Regierung halten muss, dass diese Vorwürfe dringend aufgeklärt werden müssen und dass palästinensische Gefangene mit Respekt für ihre Menschenwürde behandelt werden müssen. Wir fordern von Israel außerdem Zugang zu Gefangenen, etwa über das IKRK. Der Zugang wird dem IKRK verwehrt. Wir fordern auch ein Ende des Einsatzes der Administrativhaft. Das habe ich hier in den letzten Tagen und Wochen schon mehrfach ausgeführt.

Zusatzfrage

Am Freitag gab es keine RegPK. Der Bericht kam am Donnerstag, glaube ich, heraus. Dementsprechend frage ich. Das war Herr Türks Bericht. Den kennen Sie ja.

Fischer (AA)

Wir kannten ihn schon vorher. Ich habe mich auch schon vorher dazu eingelassen. Aber das ist am Ende auch egal. Unsere Position ist ja bekannt, Herr Jung. Dass diese Vorwürfe schockierend sind und dass die Dinge, so sie denn vorgefallen sind, dringend und umfassend aufgeklärt und beendet werden müssen, ist doch klar.

Frage

Herr Fischer, Sie haben noch einmal betont, dass die Zivilisten in Gaza besser geschützt werden müssen. Am Wochenende wurde wieder eine Schule angegriffen. Es gab Dutzende von toten Kindern. Ein Al-Jazeera-Korrespondent und sein Kameramann wurden im Auto erschossen, obwohl beide eine Presseweste anhatten. Verurteilen Sie diese Angriffe?

Fischer (AA)

Noch einmal grundsätzlich: Jeder Zivilist und jedes Kind, die in Gaza sterben, sind einer zu viel. Grundsätzlich unterliegen zivile Einrichtungen besonderem Schutz und dürfen nicht zum Ziel werden. Diesen Schutz können sie verlieren, wenn sie militärisch genutzt werden. Wir alle wissen, dass sich die Hamas immer wieder hinter Zivilistinnen und Zivilisten verschanzt. Es ist ein Grundproblem in Gaza, dass die Hamas palästinensische Zivilistinnen und Zivilisten als menschliche Schutzschilde missbraucht. Das wissen Sie.

Gleichzeitig ist die israelische Armee dazu verpflichtet, Zivilistinnen und Zivilisten zu schützen. Wenn Menschen, die in Schulen Schutz suchen, nun immer öfter zu Tode kommen, dann stellt sich doch auch für uns sehr dringlich die Frage, ob der Schutz von Zivilistinnen und Zivilisten in ausreichendem Maße gewährleistet ist. Klar ist: Die Zivilbevölkerung darf nicht zwischen die Fronten geraten.

Zusatzfrage

Und der Angriff auf Journalisten?

Fischer (AA)

Die Pressefreiheit ist ein hohes Gut. Sie muss gerade auch in bewaffneten Konflikten geschützt werden. Auch in Gaza müssen Journalistinnen und Journalisten berichten können, ohne ins Kreuzfeuer zu geraten. Wir wissen, dass Al-Jazeera-Zuschauerinnen und ‑Zuschauer die Situation auch über die Arbeit des getöteten Al-Jazeera-Korrespondenten verfolgt haben. Zu dem Einzelfall selbst liegen uns keine eigenen Erkenntnisse vor. Wir kennen die Stellungnahme der israelischen Seite, und wir kennen die Stellungnahme von Al-Jazeera zu dem Fall.

Es ist aber klar, dass es in einem Fall, in dem einem Al-Jazeera-Journalisten der Vorwurf gemacht wird, als Terrorist tätig gewesen zu sein, der gezielt getötet wurde, an der israelischen Armee ist, für diese Behauptung und für diese Vorwürfe Beweise vorzulegen.

Frage

Herr Fischer, Sie hatten in der vergangenen Woche alle Deutschen noch einmal dringlich dazu aufgerufen, aus dem Libanon auszureisen, solange das noch geht. Haben Sie Erkenntnisse, ob der Aufruf angekommen ist, ob da eine Bewegung stattgefunden hat?

Fischer (AA)

Ich glaube, der Aufruf ist angekommen, weil wir diejenigen, die auf unserer ELEFAND-Liste registriert sind, alle haben anrufen lassen, durchtelefoniert und zur sofortigen Ausreise aufgerufen haben. Wir sehen, dass die Zahlen derjenigen, die sich auf unserer Krisenvorsorgeliste registriert haben, weiter in die Höhe gegangen sind. Ich hatte letzte Woche davon gesprochen, dass sich 1300 Personen auf der ELEFAND-Liste, auf der Krisenvorsorgeliste Libanon haben registrieren lassen und sie angeben, dass sie im Land sind. Mittlerweile sind wir bei 2100 Personen. Wir gehen davon aus, dass eine Reihe von Personen ausgereist sind. Gleichzeitig gehen wir davon aus, dass sich eine Reihe von Personen, die sich bislang nicht registriert haben, jetzt zumindest registriert haben, um auch direkt über unsere Botschaft und unsere Krisenvorsorgemechanismen informiert werden zu können.

Zusatzfrage

Haben Sie eine Schätzung, eine Größenordnung, wie viele Deutsche sich über die Liste hinaus ungefähr im Land befinden könnten?

Fischer (AA)

Ich werde hier nicht mit Zahlen hantieren. Wir kennen die 2100 Personen, die sich bei uns registriert haben. Das sind diejenigen, die wir über unsere Krisenmechanismen und Kommunikationsmittel erreichen können. Es gibt auch immer eine gewisse Anzahl von Landsleuten, die sich nicht registrieren lassen. Wir glauben aber, dass sich die Zahl derjenigen, die nicht registriert sind, in der letzten Woche hat reduzieren lassen. Das sieht man auch an dem Anstieg der Zahlen derjenigen, die sich jetzt in die Krisenvorsorgeliste eingetragen haben.

Frage

Ich möchte auf die israelischen Erklärungen und Rechtfertigungen für die Angriffe zurückkommen. Herr Fischer, es macht Ihnen erkennbar wenig Freude, hier immer wieder dieselben Antworten zu geben. Es macht auch wenig Freude, immer wieder dieselben Fragen stellen zu müssen.

In der vergangenen Woche hat US-Präsident Biden in einem Telefonat zu Premierminister Netanjahu gesagt: “Stop bullshitting me!„, auf Deutsch: Hör auf, mich zu verarschen! ‑ Stärker kann man nicht zum Ausdruck bringen, dass man die Position des Gegenübers für nicht mehr glaubwürdig hält. Worauf stützt sich die Bundesregierung, die offenbar noch immer israelischen Regierungsangaben vertraut und an sie glaubt?

Fischer (AA)

Details aus Gesprächen des amerikanischen Präsidenten mit dem israelischen Ministerpräsidenten sind mir nicht bekannt. Daher ist mir die von Ihnen benutzte Wortwahl unbekannt.

Ich kann aber zum Beispiel sagen ‑ das habe ich auch schon letzten Mittwoch hier gesagt ‑, dass die schwierigen Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas durch die Tötung des politischen Führers der Hamas sicherlich nicht einfacher geworden sind, dass das nicht hilfreich war und dass wir gerade deshalb in dieser wirklich schwierigen Lage weiter alles versuchen müssen, um zu einem Geiselabkommen und einem humanitären Waffenstillstand in Gaza zu kommen.

Die Region darf nicht in einen grenzenlosen Konflikt abgleiten. Dazu nutzen wir die Kontakte, die wir haben. Ja, wir haben Kontakte zur israelischen Regierung, die wir in diesem Sinne nutzen und in denen wir eindringlich darauf hinwirken, dass die Situation nicht weiter eskaliert.

Genauso nutzen wir unsere Kontakte in die Region. Ich erwähnte vorhin das Gespräch mit dem jordanischen Außenminister, bevor dieser in den Iran aufgebrochen ist. Wir signalisieren auch in diese Richtung, dass Deeskalation und Mäßigung das Gebot der Stunde sind. Wir wirken natürlich auch auf die libanesische Regierung ein, dass sie ihre Verantwortung gegenüber der Hisbollah wahrnimmt und die Hisbollah zur Mäßigung anhält.

Wir stehen in diesen Stunden vor der Frage, ob die Dinge weiter eskalieren oder ob wir einen Ausstieg aus der Eskalationsspirale finden. Wir glauben, dass das noch möglich ist, und darauf arbeiten wir hin. Ob das gelingt, ist eine andere Frage.

Zusatzfrage

Das “Bullshit”-Wording“ ‑ ich gehe davon aus, dass es Ihnen zumindest aus der Berichterstattung bekannt ist ‑ fiel, als Netanjahu gegenüber US-Präsident Biden versicherte, er werde den Prozess Waffenstillstand gegen Geiselfreigabe forcieren. Darauf sagte Biden: Hör auf, mich zu verarschen! ‑ Hat die Bundesregierung irgendwelche Erkenntnisse darüber oder Einwirkungsmöglichkeiten, einen solchen Prozess selbst zu forcieren?

Fischer (AA)

Geht es jetzt um das Voranbringen des Biden-Plans?

Zusatz

Ja.

Fischer (AA)

Sie haben ja gesehen: Die G7 haben sich am Wochenende zusammengeschaltet. Wir unterstützen die Verhandlungskanäle, die es gibt. Wir wirken auf die Verhandler und auf die Konfliktparteien ein und tun das, was notwendig ist und was hilfreich sein kann, um in der Frage der Vereinbarung eines humanitären Waffenstillstands und der Geiselfreilassung voranzukommen. Dass es dafür höchste Zeit ist, wissen wir. Wenn es notwendig ist, wählen wir auch robustere Formen der Ansprache in unseren Gesprächen.

Frage

Sie wiederholen ständig: Sie sollen, sie müssen, wir fordern, wir sprechen mit ihnen. ‑ Es ist aber klar, das kommt nicht wirklich an. Israel hält sich nicht an diese Forderungen der deutschen Seite. Irgendwann nach so vielen Monaten stellt sich doch die Frage: Welche Konsequenzen zieht man? Wann sagt man, man distanziert sich ein Stück weit von einer Regierung, die sich an diese dringlichen Forderungen der Bundesregierung in keinster Weise hält und sie immer wieder mit Füßen tritt?

Fischer (AA)

Die Staatsräson, von der wir immer sprechen, betrifft den Staat Israel und seine Bevölkerung, nicht die Regierung. Das, was ich vorhin zu dem robusten Austausch gesagt habe, bezieht sich ausdrücklich auch auf die israelische Regierung.

Zusatzfrage

Verstehe ich das jetzt richtig: Bezüglich der Solidarität mit der israelischen Bevölkerung gibt es kein Rücken, aber es kann eine Veränderung in der Beziehung Deutschlands zu der aktuellen israelischen Regierung geben?

Fischer (AA)

Wenn Sie verfolgt haben, wie wir auf die Stürmung des Militärgefängnisses reagiert haben, an dem ein Kabinettsmitglied der israelischen Seite beteiligt war, dass wir das verurteilt haben und dass wir immer wieder auch auf die Verantwortung der israelischen Regierung für die Situation beispielsweise im Westjordanland hingewiesen haben, dann wissen Sie schon sehr genau, wofür wir stehen. Wir nehmen auch wahr, dass es in der israelischen Öffentlichkeit und in der israelischen Politik unterschiedliche Ansichten über den Kurs des Landes gibt.

Frage

Nur zwei Lernfragen. Zum einen: Wie viele der noch verbliebenen Geiseln in Gaza sind Ihrer Erkenntnis nach Deutsche und haben einen deutschen Pass?

Fischer (AA)

Da muss ich einen Moment nachschauen.

Zusatzfrage

Da Sie gerade auf die Frage von vorhin die Praxis der menschlichen Schutzschilde im Krieg, angesprochen haben: Macht das Ihrer Erkenntnis nach nur eine Seite, oder haben Sie Erkenntnisse darüber, dass beide Seiten menschliche Schutzschilde nutzen?

Fischer (AA)

Ich habe jetzt keine Erkenntnisse darüber, dass Israel menschliche Schutzschilde nutzt.

Zusatzfrage

Diese UN-Berichte kennen Sie nicht?

Fischer (AA)

Ich habe Ihnen das gesagt, was ich dazu zu sagen habe. Die Praxis der Nutzung menschlicher Schutzschilde ist unakzeptabel. Das wissen wir beide.

Zusatzfrage

Dass die UN darüber berichtet hat, dass Israel das auch in Gaza und in der West Bank nutzt, kennen Sie nicht?

Fischer (AA)

Der Bericht ist mir nicht bekannt.

Es gab noch die Frage nach den Geiseln. Das müsste ich nachliefern.

[...]

Ich habe noch eine Nachlieferung zu Nahost. […]. Wir gehen davon aus, dass sich eine niedrige zweistellige Zahl von Personen mit Deutschlandbezug noch immer in der Geiselhaft der Hamas-Terroristen befindet.

[…]

Frage

Noch einmal an Herrn Fischer: Die EU-Kommission und der Auswärtige Dienst bitten darum, dass Mitgliedstaaten dabei helfen, 500 Kinder und Jugendliche mit Betreuern aus libyschen Folterlagern zu evakuieren. Vorgeschlagen wird das Resettlement-Verfahren. Wie wird sich die Bundesregierung daran beteiligen, und welche Hindernisse sind bekannt?

Fischer (AA)

Wir sind zu diesem Thema mit der EU in Gesprächen. ‑ Ansonsten müsste zum Thema Resettlement vielleicht auch die Kollegin aus dem BMI etwas sagen können.

Beylage-Haarmann (BMI)

Wenn wir dazu etwas nachliefern können, dann würden wir das auch nachliefern.

Zusatz

Das wäre super, danke.

Lage in Westsahara

Frage

Ich habe zur Außenpolitik eine Frage an Herrn Fischer. Das Thema ist Westsahara. Die französische Regierung hat letzte Woche ihre Position dazu sehr grundlegend geändert und faktisch Marokko mit seinen Plänen für die Westsahara freie Hand gegeben, wenn man das so zusammenfassen kann. Meine Frage ist, ob und welche Rolle das bei den Gesprächen der Außenministerin in Paris gespielt hat ‑ korrigieren Sie mich, wenn ich da etwas an öffentlichen Äußerungen übersehen habe ‑ und wie sich die Bundesregierung im Lichte des Völkerrechts verhält, das nach wie vor eine Selbstbestimmung der Sahraui-Bevölkerung über ihre nationale Zugehörigkeit vorsieht. Das müsste eigentlich ‑ wie sehen Sie das? ‑ mit den Plänen Marokkos unvereinbar sein.

Fischer (AA)

Wir haben die Entscheidung Frankreichs zur Kenntnis genommen und verfolgen die Entwicklung natürlich sehr aufmerksam. Die Rechtsauffassung der Bundesregierung, der Europäischen Union und der Vereinten Nationen ist, dass der Status der Westsahara ungeklärt ist. Diesen abschließend zu definieren, ist Gegenstand eines Verhandlungsprozesses unter Ägide der Vereinten Nationen. Die Vereinten Nationen führen die Westsahara weiterhin auf der Liste der Gebiete ohne Selbstregierung. Die Bundesregierung unterstützt alle Bemühungen der Vereinten Nationen, auf der Basis der einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrats zu einer gerechten, praktikablen, dauerhaften und für alle Seiten akzeptablen Lösung des Konflikts zu gelangen.

Zusatzfrage

Können Sie etwas dazu sagen, ob das bei den Gesprächen der Außenministerin in Paris eine Rolle gespielt hat? Das ist ja doch eine wesentliche Änderung, die Frankreich da in seinem Kurs vorgenommen und die wahrscheinlich auch eine internationale und europäische Dimension hat.

Fischer (AA)

Wie schon gesagt: Wir äußern uns nicht zu dem vertraulichen Inhalt bilateraler Gespräche. Aber ich kann im Groben sagen, dass die Gesamtregion des Nahen und Mittleren Ostens natürlich eine zentrale Rolle in dem Gespräch gespielt hat.

Frage

Hat die Bundesregierung im Vorfeld Kenntnis von dieser völkerrechtlichen Kursänderung aus Paris bekommen, dass jetzt die Billigung für das koloniale Recht des Stärkeren gelten soll?

Fischer (AA)

Wie gesagt: Wir haben die Entscheidung Frankreichs zur Kenntnis genommen.

Zusatz

Das war aber nicht die Frage.

Fischer (AA)

Das war aber meine Antwort.

Zusatzfrage

Hat die Bundesregierung im Vorfeld, vor dem Umschwenken, davon Kenntnis bekommen? Wurde sie darüber informiert?

Fischer (AA)

Ich habe Ihnen meine Antwort gegeben.

Zusatzfrage

Herr Büchner?

Büchner (BReg)

Ich schließe mich dem Sprecher des AA an.

Anhaltende Demonstrationen in Großbritannien nach einem tödlichen Messerangriff

Frage

Herr Fischer, in England finden seit Tagen antimuslimische Krawalle statt. Die Situation ist im Wochenende noch einmal eskaliert. Dazu hätte ich gern eine Stellungnahme.

Fischer (AA)

Lassen Sie mich zunächst einmal sagen, dass unser Beileid den Angehörigen der Menschen gilt, die bei dem Angriff in Southport ums Leben gekommen sind. Wir sind in Gedanken bei den Opfern und ihren Angehörigen. Dieses grausame Verbrechen macht uns tief betroffen.

Nun ist es wichtig, die Hintergründe und Motive der Tat aufzuklären. Der mutmaßliche Täter wurde bereits einem Richter vorgeführt. Nun ist die Justiz am Zug.

Klar ist: Die friedliche Ausübung des Demonstrationsrechts und die freie Meinungsäußerung sind elementare Grundrechte. Aber die gewaltsamen, ausländerfeindlichen Ausschreitungen, die wir in Großbritannien beobachtet haben, verurteilen wir scharf. Alle diese Gewaltakte werden, wie es der britische Premierminister Starmer angekündigt hat, untersucht und nach seiner Ankündigung vor Gericht gebracht.

Aber gleichzeitig ‑ auch das lassen Sie mich sagen ‑ sehen wir viel Solidarität mit Geflüchteten im Vereinigten Königreich. Es gibt eine starke britische Zivilgesellschaft, die sich für Geflüchtete einsetzt und sie schützt. Umso empörender sind die Ausschreitungen, die wir in den letzten Tagen beobachtet haben.

Ergebnis der Präsidentschaftswahl in Venezuela

Frage

Ich habe eine Frage zum Thema Venezuela an Herrn Büchner oder Herrn Fischer. Gestern wurde eine gemeinsame Erklärung einer Gruppe EU-Staaten veröffentlicht. Wie ist diese Gruppe zustande gekommen? Wollten sich andere Staaten ihr nicht anschließen?

Büchner (BReg)

Ich kann Ihnen hier nur noch einmal den Fakt schildern. Die Bundesregierung ist sehr besorgt über die derzeitige Situation in Venezuela. Hierzu hat die Bundesregierung am 3. August gemeinsam mit ihren Partnern aus Italien, Frankreich, Spanien, den Niederlanden, Polen und Portugal eine Erklärung abgegeben. Gemeinsam mit ihren Partnern hat die Bundesregierung die venezolanischen Behörden dazu aufgerufen, das Recht der Bürgerinnen und Bürger Venezuelas auf friedliche Demonstrationen zu respektieren.

Fischer (AA)

Vielleicht kann ich ergänzen. Gestern Abend haben die EU-Außenministerinnen und EU-Außenminister ebenfalls in einer gemeinsamen Erklärung der 27 ihre Sorge über die Entwicklung in Venezuela zum Ausdruck gebracht und ebenso wie die Staats- und Regierungschefs dazu aufgerufen, Transparenz über die Wahlen herzustellen, es zu ermöglichen, dass die Wahlergebnisse glaubhaft und detailliert überprüft werden können, und die offiziellen Wahlprotokolle aus den einzelnen Wahllokalen zu veröffentlichen, damit diese unabhängig überprüft werden können. Denn sonst können die Wahlergebnisse nicht anerkannt werden. Jede weitere Verzögerung der Veröffentlichung, so die Außenministerinnen und Außenminister der EU, würfen nur mehr Zweifel bezüglich der Glaubwürdigkeit der offiziellen Ergebnisse auf. Sie wissen, dass die Opposition ihrerseits Kopien der Wahlprotokolle veröffentlicht hat, die auf eine deutliche Stimmenmehrheit für den Oppositionskandidaten hindeuten.

Zusatzfrage

Wenn die offiziellen Protokolle, wie zu erwarten steht, nicht veröffentlicht werden, gilt Edmundo González dann für Deutschland als Wahlgewinner?

Fischer (AA)

Wie gesagt, arbeiten wir darauf hin und fordern wir genauso wie die Menschen in Venezuela ein, dass die Wahlprotokolle jedes einzelnen Wahllokals veröffentlicht werden, damit die venezolanische Bevölkerung auf der Grundlage darüber entscheiden kann, wer die Wahlen gewonnen hat und wer nicht. Wir fordern Transparenz, und wir fordern natürlich auch ein Ende der Repression gegen Demonstrierende, die die Wahlergebnisse anzweifeln.

Frage

Die Intransparenz des Regimes ist das eine. Es gibt aber auch aus mittelamerikanischen und südamerikanischen Staaten die Kritik jetzt an die US-Seite, dass die US-Seite wieder einen Coup versucht wie 2019. Das hatte ja John Bolton auch öffentlich damals im Amt gesagt, als er für Trump gearbeitet hat. Sehen Sie jetzt Gemeinsamkeit zu der Wahl letztes Mal?

Fischer (AA)

Was wir sehen, ist, dass es eine Wahl gegeben hat, an der viele Kandidatinnen und Kandidaten, die teilnehmen wollten, nicht teilnehmen durften. Am Ende ist es einem Oppositionskandidaten gelungen, sich für die Wahlen zu registrieren. Die Wahlen haben stattgefunden, und jetzt werden die Wahlprotokolle nicht veröffentlicht. Deshalb unsere Forderung nach Transparenz. Ich kann darin nur das Bemühen erkennen, den venezolanischen Weg in Richtung Demokratie zu unterstützen und zu stärken.

Zusatzfrage

Ich hatte jetzt insbesondere auf das Verhalten der US-Seite verwiesen. Wie gesagt, hat Trump vor fünf Jahren versucht, da einen Coup zu gestalten. Unabhängig von dem, wie das Regime sich verhält: Jetzt kommen ja die Aufforderungen wieder von mittelamerikanischen und südamerikanischen Staaten, dass die USA das jetzt wieder probieren. Sehen Sie das?

Fischer (AA)

Welche Staaten meinen Sie?

Zusatz

Honduras hat das zum Beispiel gestern gerade gesagt, und auch die Brasilianer, Kolumbien und Mexiko haben da andere Töne natürlich jetzt angeschlagen.

Fischer (AA)

Was ich sehe, auch von brasilianischer Seite und von der übergroßen Mehrheit der lateinamerikanischen Staaten, ist genauso wie von uns der Aufruf dazu, die Wahlprotokolle transparent zu veröffentlichen. Sie haben gesehen, dass zum Beispiel die venezolanische Regierung die diplomatischen Beziehungen zu Argentinien abgebrochen hat. Daraufhin hat Brasilien, das Land, das Sie gerade genannt haben, die argentinische Botschaft sozusagen unter seinen Schutz gestellt und dort die brasilianische Flagge gehisst. Insofern weiß ich nicht, wo diese Behauptungen herkommen.

Im Übrigen erlauben Sie mir den Hinweis, dass Herr Bolten nicht Mitglied der aktuellen US-Administration ist.

Lage in Bangladesch

Frage

Herr Fischer, die Lage in Bangladesch hat sich weiter zugespitzt. Premierministerin Scheich Hasina ist zurückgetreten. Der Armeechef hat angekündigt, dass es eine Übergangsregierung geben soll. Scheich Hasina hat angeblich das Land verlassen. Wie bewerten Sie die Lage in Bangladesch ‑ Stand jetzt?

Fischer (AA)

Das ist ja eine Lage, die sich praktisch parallel zu dieser Regierungspressekonferenz entwickelt. Wir haben Kenntnis von Berichten, nach denen die Residenz der Premierministerin gestürmt worden sein soll. Wir beobachten die Lageentwicklung sehr genau ‑ unsere Kolleginnen und Kollegen an der Botschaft vor Ort. Darüber hinaus kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht viel sagen, weil sich die Dinge, wie gesagt, gerade entwickeln. Dabei würde ich es jetzt erst einmal belassen.

Zusatzfrage

Eine Nachfrage zur Rolle der Armee: Wie hoch schätzen Sie die Gefahr für die Demokratie in Bangladesch ein? Fürchten Sie, dass es jetzt möglicherweise zu einer militärischen Regierung kommt, und würden Sie davor warnen?

Fischer (AA)

Lassen Sie mich noch einmal sagen, dass wir die Entwicklung, gerade in den letzten Tagen und Wochen, natürlich mit großer Sorge verfolgt haben. Wir haben uns dazu ja schon gelegentlich geäußert.

Zu den jüngsten Entwicklungen: Ich habe noch keine Bestätigung für das, was Sie hier gesagt haben, dass sich der Generalstabschef geäußert hat. Von daher bitte ich nachzusehen, dass ich mich zum jetzigen Zeitpunkt dazu nicht äußern kann, weil die Dinge sich gerade in der letzten Stunde parallel zu der Regierungspressekonferenz entwickelt haben. Aber natürlich ist uns allen wichtig, dass Bangladesch seinen demokratischen Weg fortsetzt.

[…]

Frage

Vielleicht noch einen Satz zu den Deutschen, die sich noch in Bangladesch aufhalten. Gibt es da eine neue Maßgabe, wie sie sich verhalten sollen? Haben Sie einen Überblick, wie viele noch da sind? Gibt es da eine ELEFAND-Liste?

Fischer (AA)

Wir haben unsere Reise- und Sicherheitshinweise für Bangladesch zuletzt letzte Woche Mittwoch aktualisiert und an die Lage angepasst. Und um es kurz zu machen: Wir raten von Reisen nach Bangladesch ab.

Zu der Frage, wie viele Deutsche sich dort aufhalten oder sich in unserer Krisenvorsorgeliste ELEFAND registriert haben: Wir gehen davon aus, dass es sich um eine niedrige dreistellige Zahl Deutscher handelt. Diese sind mit mehreren Landsleutebriefen über die Entwicklung informiert worden.

Die Kollegen sagen mir gerade: Die Sicherheitshinweise sind soeben noch einmal angepasst worden. Wir raten jetzt dringend von Reisen nach Bangladesch ab.

Reise einer Landtagsdelegation von NRW nach Namibia

Frage

Herr Fischer, letzte Woche ist der Fall des nordrhein-westfälischen AfD-Abgeordneten und stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Sven Tritschler bekannt geworden, der bei einer Reise einer Landtagsdelegation nach Namibia dort einen Kranz am Grabmal eines deutschen Kolonialsoldaten niedergelegt und damit Verärgerung ausgelöst hat. Können Sie sagen, ob und wie sich das seitdem auf die deutsch-namibischen Beziehungen ausgewirkt hat?

Fischer (AA)

Lassen Sie mich es so sagen: Wir haben diesen Vorgang mit größter Irritation zur Kenntnis genommen, und wir verurteilen dieses Vorgehen. Das haben wir dem namibischen Botschafter in Deutschland und auch dem Präsidenten des Landtags Nordrhein-Westfalen gegenüber zum Ausdruck gebracht.

Ich möchte an dieser Stelle sehr klar sagen: Dieser Vorgang repräsentiert nicht die Haltung der Bundesregierung. Die Aufarbeitung der deutschen Kolonialvergangenheit und der Versöhnungsdialog mit Namibia sind uns wichtige Anliegen. Daran lassen wir keinen Zweifel aufkommen. Wir arbeiten in den Verhandlungen mit Namibia weiter mit aller Kraft an einer Einigung. Sie wissen, gerade in den letzten Wochen wurden hier wichtige Fortschritte erzielt. Darauf wollen wir aufbauen.

Frage

Die Zivilgesellschaft fordert ja immer wieder, direkt mit den Nachkommen der Opfer über Entschädigungen zu verhandeln. Das haben Sie bisher nicht getan. Haben Sie einen Zeitplan, wann diese Verhandlungen in etwa zu einem aus Ihrer Sicht erfolgreichen Abschluss kommen könnten?

Fischer (AA)

Derzeit laufen konstruktive und sehr ergebnisorientierte Gespräche mit der namibischen Regierung, in der es um Umsetzungsfragen zur gemeinsamen Erklärung in einem Addendum geht. Die letzte Gesprächsrunde fand am 16. und 17. Juli hier in Berlin statt.

Der Afrikabeauftragte des Auswärtigen Amts und Botschafterin a. D. Itenge-Emvula als Vorsitzende der Namibischen Technischen Kommission haben die Gespräche geleitet. Vertreter der betroffenen Gemeinschaften waren daran immer beteiligt. Zudem tagen die zuständigen Arbeitsgruppen regelmäßig.

Aber ich bitte um Verständnis dafür, dass wir zu den Inhalten der Gespräche Vertraulichkeit vereinbart haben.

Frage

Kann man dem, was Sie jetzt schildern, entnehmen, dass man davon ausgeht, dass die Gespräche ‑ auch bezüglich der Zusammensetzung, wie Sie sie jetzt geschildert haben ‑ dieses Mal in absehbarer Zeit erfolgreicher sein werden als die vielen vorangegangenen Anläufe? Können Sie zeitlich einen Erwartungshorizont benennen?

Fischer (AA)

Wie gesagt, wir befinden uns in sehr konstruktiven Gesprächen mit der namibischen Regierung. Dabei möchte ich es zum jetzigen Zeitpunkt belassen.

EU-Ratspräsidentschaft Ungarns

Frage

Nur eine kurze Lernfrage nach einer weiteren Woche ungarischer Provokation. Unter anderem gab es das Visa-Thema mit den russischen Diplomaten, und Ungarn hat kurzfristig eine Resolution gegen Venezuela blockiert. Da würde mich noch einmal interessieren: Was ist eigentlich die deutsche Position zum Thema Konsequenzen für die ungarische EU-Ratspräsidentschaft ‑ ganz allgemein oder andere Konsequenzen ‑, und wo ist die rote Linie, wo man dann härtere Geschütze auffahren müsste?

Fischer (AA)

Zum einen zu Venezuela: Ich habe ja eben ausgeführt, dass es eine gemeinsame Erklärung der 27 EU-Außenministerinnen und Außenminister gab. Insofern können Sie dem entnehmen, dass gestern auch Ungarn zugestimmt hat.

Was die von Ihnen angerissene andere Frage angeht, so hat sich ja EU-Innenkommissarin Johansson schriftlich an die ungarische Regierung gewandt und um Aufklärung gebeten. Sie hat also einen Fragenkatalog übermittelt und um schnellstmögliche Beantwortung gebeten. Damit ist dieser Vorgang zunächst einmal in der Hand derer, in die er gehört, nämlich bei der EU-Kommission als Hüterin der Verträge.

Zusatzfrage

Ich möchte noch einmal nachfragen. Ich meinte meine Frage ganz allgemein, losgelöst von den konkreten Fällen. Wenn sich die ungarischen Provokationen, die sich ja eigentlich über Jahre verstärkt haben, so fortsetzen, was hält Deutschland für eine machbare Konsequenz in dem Fall? Oder wie stehen Sie derzeit zu Konsequenzen?

Fischer (AA)

Ungarn spürt die Konsequenzen ja schon, weil Ungarn im Rahmen der verschiedensten EU-Verfahren zum Beispiel Mittel aus dem Wiederaufbauplan der EU nicht erhalten hat. Sie wissen, dass ein Rechtsstaatsverfahren in Gang ist. Insofern setzt sich die EU schon seit langem damit auseinander. Die Folgen spürt Ungarn ja auch sehr direkt, indem sie weniger Mittel aus der EU bekommen, als sie bekommen könnten.

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