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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 12.08.2024
Nahostkonflikt
Frage
Der Bundeskanzler hat gestern mit Benjamin Netanjahu telefoniert und ihm Unterstützung erklärt. Hat er das Massaker von Gaza verurteilt oder nicht? Glauben Sie eigentlich noch, dass Israel ein rechtsstaatlicher Staat ist oder jetzt anders geworden ist?
Büchner (BReg)
Zunächst einmal mache ich mir die von Ihnen benutzten Beschreibungen der Vorfälle dort nicht zu eigen, weil wir auch noch gar nicht genau wissen, was sich dort zugetragen hat. Es ist völlig richtig: Der Bundeskanzler hat gestern in seinem Telefonat mit Premierminister Netanjahu und auch in seiner heutigen Erklärung mit Staatspräsident Macron und Premierminister Starmer unterstrichen: Die gesamte Region befindet sich in einer äußerst gefährlichen Lage, und niemand kann ein Interesse daran haben, diese weiter zu eskalieren. Die Bundesregierung setzt daher mit ihren Partnern ihre Bemühungen fort, die Eskalation und einen regionalen Flächenbrand zu verhindern. Klar ist in dieser angespannten Lage: Die Kämpfe müssen nun enden und alle Geiseln freigelassen werden. - Ich glaube, damit hat sich der Bundeskanzler auch sehr deutlich geäußert und positioniert. Zudem brauchen die Menschen in Gaza ganz dringend eine uneingeschränkte Lieferung und Verteilung von Hilfsgütern.
Die Bundesregierung schließt sich außerdem dem Aufruf der USA, Katars und Ägyptens an beide Seiten an, die Gespräche wieder aufzunehmen, offene Punkte abzuschließen und ohne weitere Verzögerung mit der Umsetzung des Abkommens, also des Biden-Plans, zu beginnen. Das wäre auch ein wesentlicher Beitrag, um Spannungen in der gesamten Region zu reduzieren. Gemeinsam mit dem französischen Staatspräsidenten Macron und dem britischen Premierminister Starmer warnte der Bundeskanzler den Iran und seine Verbündeten vor einem Angriff auf Israel. Mit einem solchen Angriff würden sie die Chancen für Frieden und Stabilität im Nahen Osten gefährden. Mehr denn je kommt es jetzt darauf an, die destruktive Spirale der Vergeltungsgewalt zu durchbrechen, Spannungen abzubauen und sich konstruktiv für eine Deeskalation einzusetzen.
Zu Ihrer letzten Frage: Ja, Israel ist ein demokratischer Rechtsstaat, und da gibt es keine andere Bewertung.
Frage
Herr Büchner, es fällt auf, dass in der Erklärung das Wort „Waffenstillstand“ vorkommt. Das hatte die Bundesregierung in den vergangenen Monaten eher vermieden zu verwenden. Was hat dazu geführt, dass Sie es jetzt einsetzen?
Büchner (BReg)
Das möchte ich im Einzelnen nicht interpretieren. Aber richtig ist die Feststellung, dass die Erklärung so lautet, wie sie lautet.
Zusatzfrage
Ja, daran besteht ja kein Zweifel, wenn man sie so liest, wie sie lautet. Dennoch ist die Frage ja legitim, warum jetzt ein Begriff verwendet wird, der in der Vergangenheit vermieden wurde. Aber Sie möchten das nicht kommentieren. Das muss man dann zur Kenntnis nehmen.
Gab es in diesem Gespräch nach Ihrer Kenntnis beim Bundeskanzler das, was man aus einem Telefonat mit dem US-Präsidenten als „Bullshit-Moment“ berichtet gefunden hat?
Büchner (BReg)
Sie wissen ja, dass wir Details persönlicher Gespräche mit anderen Staats- und Regierungschefs hier nicht berichten. Es gibt ja eine Pressemitteilung nach diesem Gespräch, die Sie ja auch kennen. Darüber hinaus wollen wir uns hier nicht einlassen. Aber vielleicht möchte das Auswärtige Amt noch etwas ergänzen.
Deschauer (AA)
Ja, ich kann gerne ergänzen. Auch zu der Frage von vorhin möchte ich gerne noch einmal auf den X-Post des Auswärtigen Amts zu den Berichten über die schlimmen Vorfälle vom Wochenende auf eine Schule in Gaza hinweisen.
Zu Ihrer Frage: Wir haben in der Vergangenheit als Bundesregierung ‑ als Auswärtiges Amt, die Außenministerin ‑ auf verschiedene Art und Weise immer wieder eine Feuerpause, einen humanitären Waffenstillstand, das Ende von Kampfhandlungen gefordert. Insofern ist das etwas, was die Bundesregierung nachhaltig und bereits seit geraumer Zeit fordert. Es geht darum, dass die Kämpfe enden müssen. Denn es muss ein Raum geschaffen werden für die Geisel-Verhandlungen, so wie es auch in der Erklärung des Bundespresseamts gestern zum Ausdruck kam, und die Unterstützung für die Menschen in Gaza, die seit Monaten Not leiden. Deswegen kann ich nicht erkennen, dass die Bundesregierung in der Vergangenheit nicht zu einem Ende der Kampfhandlungen aufgerufen hat, sondern wir haben immer wieder gesagt: Eine Feuerpause, ein humanitärer Waffenstillstand, der zu einer nachhaltigen Lösung, zu einer nachhaltigen Beendigung der Kämpfe führt, ist wichtig. Das ist insbesondere in der jetzigen Situation so wichtig, um einen Weg aus der drohenden weiteren Eskalation der Lage in Nahost zu finden.
Frage
Frau Deschauer, Frankreich, Großbritannien und die EU haben diesen Angriff scharf verurteilt. Herr Büchner hat ihn gerade nicht verurteilt. Wieso fällt es Ihnen so schwer, solch einen Angriff zu verurteilen, wenn so viele Kinder barbarisch sterben?
Deschauer (AA)
Ich habe ja auf den X-Post des Auswärtigen Amts verwiesen, in dem wir eine sehr klare Sprache zu den Berichten gefunden haben, die uns schockieren, die entsetzlich sind. Insofern kann ich nicht erkennen, dass wir da keine klare Sprache gefunden haben. Im Gegenteil: Wir haben auch noch einmal betont, dass die Menschen, die dort seit Monaten Not leiden und immer wieder vor den Kämpfen fliehen müssen, nicht weiter zwischen die Fronten geraten dürfen, und insbesondere, dass die wiederholten Angriffe der israelischen Armee auf Schulen aufhören und rasch aufgeklärt werden müssen. Insofern ist das vielleicht noch einmal eine ausführlichere Antwort auf Ihre Frage. Die Position der Bundesregierung ist da klar: Die Menschen, gerade wenn sie an Orten wie Schulen oder auch Krankenhäusern Schutz suchen, bedürfen besonderen Schutzes. Dies ist natürlich eine Verpflichtung der israelischen Armee, der Kriegsführung, diesen besonderen Schutz auch zu berücksichtigen. Insofern haben wir uns zu diesem schrecklichen Vorfall und den Berichten, die wir darüber kennen, geäußert.
Büchner (BReg)
Ich glaube, auch die Haltung des Bundeskanzlers ist in diesem Zusammenhang völlig klar. Der Bundeskanzler hat auch immer wieder betont, dass jedes zivile Opfer eines zu viel ist. Zugleich dürfen wir hier nicht zu einer Verantwortungsumkehr kommen. Wie Sie wissen, hat diese ganze fürchterliche Lage, in der wir heute sind, mit einem bestialischen Terrorangriff der Hamas auf Israel angefangen. Israel hat das Recht, sich zu verteidigen. Zur Realität vor Ort gehört auch, dass die Hamas Schulen, Krankenhäuser und Kindergärten als Kommandozentralen benutzt und einsetzt und die Menschen im Gazastreifen auch völlig gegen ihren Willen als Schutzschilde missbraucht. Auch das ist traurige Realität in dieser Situation. Ich glaube, man muss sehr vorsichtig sein, hier einseitig Berichten, die von der Hamas verteilt werden, aufzusitzen und alles zu glauben, was von dieser Seite verbreitet wird.
Zusatzfrage
Frau Deschauer, mehrere arabische Staaten, unter anderem Katar, haben jetzt eine internationale Untersuchung dieses Massakers verlangt. Unterstützt die Bundesregierung solche Untersuchungen?
Deschauer (AA)
Wir haben das klar gefordert. Wir haben gesagt, entsprechende Angriffe müssen aufgeklärt werden.
Zuruf
International oder durch Israel?
Deschauer (AA)
Auch da kennen Sie unsere Position. Wir hatten hier gerade die Frage zum Thema demokratischer Rechtsstaat. Es ist unsere klare Erwartung, dass die entsprechenden Mechanismen in einem demokratischen Rechtsstaat genutzt werden und funktionieren. Wir sehen die israelische Seite da in der Pflicht, dies in einem ersten Schritt zu tun. Dazu fordern wir sehr klar auf.
Frage
Frau Deschauer, die Israelis ‑ der Täter ‑ sollen das aufklären. Also wie immer bei Ihnen, ja?
Deschauer (AA)
Was soll ich zu Ihrer Frage sagen, außer dass ich noch einmal darauf verweise, was ich eben gesagt habe? Es gibt ein klares, übrigens auch in der internationalen Gerichtsbarkeit ‑ das hatten wir ja in Vergangenheit hier auch verschiedene Male ‑ vorgesehenes Prinzip der sogenannten Komplementarität. Insofern ist es doch an einem demokratisch verfassten Staat, die Dinge, die passieren und aufgeklärt gehören, auch anzugehen. Das ist eine klare Forderung der Bundesregierung. Insofern würde ich auch noch einmal darauf verweisen, dass es natürlich in einem demokratisch verfassten Rechtsstaat auch einen Unterschied zwischen den verschiedenen Gewalten gibt - eine Gewaltenteilung. Die klare Aufforderung der Bundesregierung, dass solche Vorfälle aufgeklärt gehören, ist Ihnen bekannt.
Zusatz
Na ja, der Punkt war ja ‑ der Kollege hat es ja gerade gesagt ‑: Es gibt internationale Stimmen, die sagen, das muss international aufgeklärt werden und eben nicht vom Täter. Gleichzeitig ist Den Haag ja unter anderem aktiv geworden, weil Israel seine eigenen Kriegsverbrechen nicht aufklärt. Jetzt fordern Sie genau das, was in der Vergangenheit nicht passiert ist, warum Herr Khan in Den Haag aktiv geworden ist, eben weil die Israelis das nicht selbst machen.
Deschauer (AA)
Okay. Sind wir jetzt bei einer IStGH-Frage, oder sind wir jetzt noch bei dem aktuellen Vorfall? Dazu hatte ich mich geäußert, und zwar mit sehr klarer Sprache, die Sie auf dem X-Account des Auswärtigen Amtes noch einmal nachlesen können, mit einer klaren Bewertung und mit einer klaren Aufforderung. Insofern würde ich es jetzt, glaube ich, dabei belassen.
Frage
Herr Büchner, Sie warnten davor, einseitigen Erklärungen zu glauben. Zur Begründung der Angriffe gab es in der Vergangenheit regelmäßig die einseitige Erklärung Israels, dass in Wahrheit nur Hamas-Kommandozentralen angegriffen würden, die sich in den Schulen verborgen hätten. Vor dem Hintergrund der Aufklärung, die auch von Israel zu leisten ist, Frau Deschauer, wie Sie sagten: Ist im Ergebnis dieser Aufklärung in jedem dieser Fälle ‑ es gab ja viele Angriffe auf viele Schulen und andere Einrichtungen ‑ nach Ihrer Kenntnis hinreichend nachgewiesen worden, dass sich dort tatsächlich Hamas-Zentralen befunden hatten?
Büchner (BReg)
Wie in vielen bewaffneten Konflikten können wir den genauen Hergang von Ereignissen von hier aus nicht einschätzen. Das gilt auch für diesen Fall. Deshalb würde ich mir hier auch nicht solch eine Rhetorik ‑ „Täter“ usw. ‑ zu eigen machen. Klar ist, wie auch Frau Deschauer gesagt hat, dass all solche Dinge aufgeklärt werden müssen, dass solche Aufklärungen und Untersuchungen aber auch Zeit brauchen. Deshalb kann ich dazu retrospektiv über die letzten Monate hinweg keine Bewertung vornehmen.
Zusatzfrage
Das Wort „Täter“ haben Sie bei mir, glaube ich, nicht gehört. Aber jemand, der einen Angriff fliegt, ist ein Angreifer. Wenn bei diesen Angriffen Menschen, auch Zivilisten, ums Leben kommen, dann sind das einfach Opfer dieses Angriffs. Das ist doch objektiv so. Danach habe ich gefragt. Meine Frage ging ja nur dahin. Ich gehe einmal davon aus, dass die Bundesregierung auch interessiert ist, die Ergebnisse dieser Aufklärung zu erfahren. Das war eine schlichte Lernfrage. War es nach Ihrer Kenntnis so, dass die israelischen Aufklärungsergebnisse in jedem Fall hinreichend nachweisen konnten, dass sich an den angegriffenen Orten tatsächlich Hamas-Kommandozentralen befanden? Das war meine Frage.
Büchner (BReg)
Ich kann dazu nur sagen, dass ich keine Kenntnis darüber habe, inwieweit diese Untersuchungen abgeschlossen sind.
Frage
Ich habe eine Frage zum Internationalen Strafgerichtshof, wenn es okay ist. Frau Deschauer, es gibt Meldungen, wonach Ihr Ministerium einen Brief an den Internationalen Strafgerichtshof geschickt und gebeten hat, von einem Haftbefehl gegen Netanjahu abzusehen. Können Sie solch eine Meldung bestätigen?
Deschauer (AA)
Ich glaube, ich muss das noch einmal grundsätzlicher aufdröseln. Ich kann einen Brief bestätigen. Darüber gibt es nicht nur Meldungen, sondern er ist meiner Kenntnis nach auf der Webseite des IStGH öffentlich einsehbar, eine Stellungnahme beim IStGH im sogenannten Amicus-Curiae-Verfahren. Das bezieht sich darauf, dass der IStGH die Möglichkeit eröffnet hat, einen sogenannten Antrag auf Zulassung einer Amicus-Curiae-Stellungnahme einzureichen. Davon hat die Bundesregierung ‑ so wie andere Staaten und auch andere internationale Organisationen ‑ Gebrauch gemacht. Das Schreiben wurde vergangene Woche, und zwar am 6. August, als Stellungnahme eingereicht und ist dort meiner Kenntnis nach einsehbar.
Ich würde jetzt den Brief nicht komplett in allen Verästelungen darlegen, aber es geht im Wesentlichen um das Prinzip der Komplementarität, zu dem wir uns ja hier gerade in Bezug auf eine andere Frage auch schon einmal geäußert haben. Es geht darum, dass der IStGH innerstaatliche, also nationale Strafgerichtsbarkeit ergänzt, nicht ersetzt. Das setzt natürlich voraus, dass entsprechend vorher, bevor sich eine internationale Strafgerichtsbarkeit in allen Details mit einer Angelegenheit befasst, auch einem funktionierenden unabhängigen Justizsystem in einem Staat ausreichend Zeit gegeben wird, um Ermittlungen vorzunehmen. Das ist ein wesentlicher Aspekt dieses Briefes.
Der zweite Aspekt, den auch die internationale Strafgerichtsbarkeit, nämlich der IStGH selbst, vorsieht, ist, dass dann, wenn ein Staat bereit ist, mit dem Chefankläger des IStGH ‑ darum geht es ja im Moment; das ist nach unserem Verständnis bei Israel der Fall ‑ zu kooperieren, diesem Staat entsprechend Raum und Zeit eingeräumt werden muss, um zunächst entsprechende Ermittlungen in der eigenen nationalen Gerichtsbarkeit vorzunehmen. - Das sind die wesentlichen Aspekte des Briefes.
Ich kann noch eine dritte Sache hinzufügen: Die Ermittlungen in der vom IStGH als „Situation in Palestine“ bezeichneten Situation wurden vom Chefankläger lange vor dem abscheulichen Angriff der Hamas vom 7. Oktober 2023 eingeleitet. Der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Erlass von Haftbefehlen, die noch nicht erteilt sind ‑ das muss ich hier auch noch einmal hinzufügen ‑, bezieht sich auf Handlungen, die nach dem 7. Oktober erfolgt sind. Es handelt sich dann doch faktisch um neue inhaltliche Sachlage und Ermittlungen. Insofern sind wir einer Bitte ‑ Sie können den Brief nachlesen ‑ des IStGH gefolgt, von der Möglichkeit einer entsprechenden Stellungnahme Gebrauch zu machen. Ich möchte mir Ihre Aussage oder Meldungen, die Sie zitieren, dass wir damit Ermittlungen in irgendeiner Form behindern oder verzögern wollen, nicht zu eigen machen. Im Gegenteil: Indem wir explizit einer Bitte des IStGH folgen, zeigen wir, dass wir das internationale Rechtssystem und die Strafgerichtsbarkeit deutlich unterstützen und entsprechend stärken wollen.
Büchner (BReg)
Zu Ihrer Bemerkung, es sei ein Wechsel in der Sprache, dass wir von einem Waffenstillstand sprechen: Der Bundeskanzler hat das schon zweimal vorher gemacht. Das kann ich hier gerne nachreichen. In einem Statement im April in China sagte der Kanzler:
„Wir wollen gern erreichen, dass die Geiseln freigelassen werden und es einen Waffenstillstand gibt, der jetzt längerfristig in Kraft treten kann. Das muss schnell möglich werden.“
Und bei der Pressekonferenz mit dem französischen Staatspräsidenten Macron vom Mai 2024 hat der Kanzler gesagt:
„Unsere Forderung ist klar: Die Hamas-Terroristen müssen alle Geiseln unverzüglich freilassen und in einen längerfristigen Waffenstillstand einwilligen.“
Es gibt also schon mindestens zwei weitere Belegstellen. Ein kompletter Wechsel ist es an der Stelle nicht.
Frage
Frau Deschauer, können Sie uns noch einmal hinsichtlich der norwegischen Situation und der Westbank die Folgen Ihres Statements dazu erklären? Sie haben es ja bisher nur verurteilt.
Deschauer (AA)
Wir haben uns zu der Thematik klar geäußert. Insofern würde ich das „nur“ jetzt einmal in Anführungszeichen setzen.
Zu Ihrer Frage ‑ es war, glaube ich, eher eine Aussage ‑: Wir haben dazu klar Stellung bezogen. Wir sehen diese Entscheidung so an, dass sie sich gegen die Erfüllung der Osloer Verträge richtet. Insofern ist es ein Rückschritt auf dem Weg zu einer Zweistaatenlösung, der die Bundesregierung, auch wenn sie sehr weit entfernt scheint, größte Bedeutung beimisst und die wir weiterverfolgen. Wir stehen natürlich bezüglich aller Aspekte in dem Nahostkonflikt, aber auch bezüglich dieser Frage mit den Ansprechpartnern im Gespräch.
Zusatzfrage
Wenn Sie selbst sagen, das verstößt gegen die Osloer Verträge, was folgt dann jetzt daraus, außer, dass Sie das wieder doof finden? Sie verurteilen das. Und weiter?
Deschauer (AA)
Wir sind in intensiven Gesprächen mit allen Ansprechpartnern der Region. Dass Diplomatie nicht eine Funktion ist, wo man auf einen Knopf drückt und am anderen Ende etwas herauskommt, müsste Ihnen, glaube ich, als Gast dieser Pressekonferenz inzwischen bekannt sein. Das sind alles langwierige Prozesse und Gespräche. Das sind sehr dicke Bretter, die gebohrt werden müssen. Insofern: Wir befinden uns in engen diplomatischen Bemühungen bezüglich aller Facetten des Nahostkonflikts. Das schließt auch, wie Sie an unserer klaren Pressemitteilung gemerkt haben, den Fall hinsichtlich der norwegischen Diplomaten ein.
Geplante Erschließung eines Gasfeldes in der Nordsee
Frage
Das ist eine Frage an das Auswärtige Amt und an das Umweltministerium. Es geht um das geplante neue Gasfeld vor Borkum. Mich würde interessieren, Frau Deschauer, weil Sie als Ministerium ja die Verhandlungen bei den Klimakonferenzen führen und sich Deutschland ja auch für den Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe eingesetzt hat und dies ja auch mit beschlossen hat, wie die Ministerin und Ihr Ministerium die Billigung Deutschlands neuer fossiler Fördertürme in der Nordsee bewerten. Ist das Ihrer Meinung nach in irgendeiner Weise mit den klimapolitischen Beschlüssen auf den Klimakonferenzen zu vereinbaren?
An das BMU: Was halten Sie denn davon, dass jetzt noch neue fossile Fördermöglichkeiten von Deutschland gebilligt werden?
Deschauer (AA)
Ich glaube, das ist eine Fragestellung, die sich im Grundsatz tendenziell eher an das BMWK richtet, wenn ich richtig informiert bin, falls ‑ ‑ ‑
Zusatz
Nein, das ist auch eine außenpolitische Frage, gerade klimapolitisch, weil es ja sonst das eigene globale klimapolitische Engagement Deutschlands schwächen würde, wenn man sich einerseits bei Klimakonferenzen lautstark für den Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe einsetzt und gleichzeitig im Nachhinein selbst neue fossile Fördertürme in den eigenen Gewässern billigt. Das müssen Sie ja sehen!
Deschauer (AA)
Die inhaltliche Federführung für die Fragestellung liegt beim BMWK. Ich kann Ihnen versichern, dass die Bundesregierung und das Außenministerium natürlich zu unserer Klimaaußenpolitik stehen. Sie wissen, dass sich die Situation im Energiesektor nach dem brutalen russischen Angriffskrieg auf die Ukraine stark verändert hat. Natürlich nehmen wir die Stimmen aus der Zivilgesellschaft in dieser Angelegenheit zur Kenntnis und deutlich wahr. Die inhaltliche Federführung würde ich dann jetzt trotzdem bei den betrauten Ressorts belassen.
Stolzenberg (BMUV)
Vielleicht kann ich als Angesprochener anfangen. Es ist, glaube ich, noch einmal wichtig, genau hinzuschauen. Wir reden ja hierbei über ein Projekt, das noch im Genehmigungsverfahren ist und das nicht auf deutschem Hoheitsgebiet, sondern auf niederländischem umgesetzt wird. Aber Sie haben recht: Das Gasfeld erstreckt sich unterhalb des Nationalparks Wattenmeer. Allein die Tatsache, dass dort eben eventuell eine Gasförderung, sollte es eine Genehmigung geben, eingerichtet wird, erfüllt uns natürlich mit Blick auf den Meeresschutz mit Sorge. Aber wir wissen, dass die Nord- und die Ostsee eben stark genutzt werden. Ebenso streng sind eben die Umweltauflagen, die dafür gelten. Insofern gehen wir davon aus, dass die zuständige niedersächsische Behörde diese strengen Umweltstandards bei der Genehmigung dann eben auch als Messlatte nehmen wird, um entsprechend Auflagen dafür zu machen, sodass tatsächlich keine Beeinträchtigung des Meeresschutzes und seiner Funktion für den natürlichen Klimaschutz folgt.
Zusatzfrage
Das heißt, Sie machen sich nur Sorgen wegen des Meeresschutzes, nicht wegen der Gasförderung, der Förderung von fossilen Energien?
Stolzenberg (BMUV)
Grundsätzlich, muss man natürlich sagen ‑ das ist ja kein Projekt der Bundesregierung ‑, haben wir immer wieder klargemacht, dass wir eine Zementierung von fossilen Infrastrukturen kritisch betrachten. Aber in diesem Fall gilt es ja erst einmal noch, das Ganze zu genehmigen, und dabei hat der Bund der zuständigen Landesbehörde eben nicht hereinzureden.