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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 02.09.2024
- Fund der Leichen von sechs von der Hamas am 7. Oktober 2023 genommenen Geiseln
- Arbeitsgespräch von Vertretern der Bundesregierung, der Länder und der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag zum Maßnahmenpaket zur Verbesserung der Sicherheitslage in Deutschland
- Anschlag auf die Nord-Stream-Pipelines
- Abschiebungen nach Afghanistan
Fund der Leichen von sechs von der Hamas am 7. Oktober 2023 genommenen Geiseln
Wagner (AA)
Die Nachricht über die Ermordung sechs weiterer Geiseln der Hamas ist schier unerträglich. Darunter befand sich auch eine Person mit deutscher Familie. Gemeinsam mit ihren Familien haben wir uns in den letzten elf Monaten mit Hochdruck für ihre Freilassung und die Freilassung der verbliebenen deutschen Geiseln eingesetzt und bis zum Schluss mit ihnen gebangt und gehofft. Ihren Familien und Freunden gilt unser tiefstes Mitgefühl.
Wir werden natürlich weiterhin mit Hochdruck daran arbeiten, dass alle Geiseln freigelassen werden und zu ihren Familien zurückkehren können. Dabei kommt es jetzt ganz besonders darauf an, dass die laufenden Gespräche über einen humanitären Waffenstillstand, der die Region stabilisieren kann, fortgesetzt werden und zu einem Ende kommen. Hamas muss die Geiseln, die in ihrer Gewalt sind und um ihr Leben fürchten, freilassen.
Gleichzeitig ‑ das ist nicht minder wichtig ‑ muss die unvorstellbare Not in Gaza gelindert werden. Insofern ist der Beginn der Impfkampagne gegen Polio ein gutes Zeichen. Diese Impfkampagne der WHO wird auch von der Bundesregierung aktiv unterstützt.
Frage
Herr Wagner, Sie sagen, die Bundesregierung habe sich seit Monaten dafür eingesetzt, dass diese Geiseln freigelassen würden. Spätestens jetzt, nachdem ein Meeting geleakt wurde, in dem Netanjahu ganz klar gemacht haben soll, dass nicht die Freilassung der Geiseln seine Priorität ist, sondern seine militärischen Ziele dort, ist klar, dass das für die Netanjahu-Regierung nicht an oberster Stelle steht. Die Bundesregierung hat diese Regierung aber seit Monaten unterstützt, zum Beispiel auch durch die Amicus-Curiae-Stellungnahme vor dem Strafgerichtshof, was bedeuten wird, dass ein Haftbefehl, der gegen Netanjahu möglicherweise ausgesprochen wird, zumindest nach hinten verschoben wird. Warum hat man das getan?
Wagner (AA)
Ich würde darum bitten, dass wir diese Dinge trennen. Zum einen müssten Sie die Frage nach den Prioritäten der israelischen Regierung natürlich der israelischen Regierung stellen. Ich kann hier nur für das Auswärtige Amt sprechen und darstellen, was unsere Prioritäten sind. Unsere Prioritäten sind ganz eindeutig die Freilassung der noch verbliebenen Geiseln aus den Händen der Hamas, die Linderung der Lage und des Leids der Menschen in Gaza über humanitäre Hilfe und all die anderen Dinge, die wir tun, und auch die diplomatischen Bemühungen, auf einen Weg zu kommen, der uns zu einer nachhaltigen Lösung des Nahostkonflikts bringt, die in einer Zweistaatenlösung gefunden werden muss.
Weil Sie den Amicus-Curiae-Brief angesprochen haben, noch einmal zur Klarstellung: Dabei handelt es sich um eine vom Gericht erbetene Übermittlung unserer Rechtsposition. Es geht darum, darzustellen, dass Komplementarität ein wichtiges Prinzip des internationalen Rechts ist, das heißt, dass die Dinge primär in den jeweiligen Nationalstaaten ermittelt und verfolgt werden müssen und erst dann, wenn das nicht erfolgt, vor dem IStGH. Insofern würde ich darum bitten, das nicht zu vermengen.
Zusatzfrage
Seit wann ist das Außenministerium der Auffassung, dass es nicht die höchste Priorität Netanjahus ist, in seinem Vorgehen in Gaza die Geiseln zu befreien, und welche Schlüsse hat man daraus gezogen, seit man dies gemerkt hat?
Wagner (AA)
Noch einmal: Zu den Prioritäten der israelischen Regierung müssten Sie die israelische Regierung befragen. Ich kann nur noch einmal darauf verweisen, was unsere Prioritäten sind. Ich erspare Ihnen und den Zuhörern aber, sie jetzt noch einmal herunterzurattern.
Ich denke, wir sind bei unserem Blick auf diesen Konflikt sehr klar. Wir sind sehr aktiv. Die Außenministerin war, wie Sie wissen, zu zahlreichen Momenten in der Region und ist in ständigem Kontakt mit unseren Partnern und mit Akteuren in der Region, die dort auch Einfluss haben. Wir setzen uns mit Nachdruck dafür ein, dass die Geiseln freikommen, dass die Lage in Gaza besser wird und dass wir eine nachhaltige Lösung für diesen Konflikt finden.
Zusatzfrage
Gerade demonstrieren Hunderttausende Menschen in Israel unter anderem für eine Freilassung der Geiseln, aber auch für ein Ende des Krieges und gegen die Netanjahu-Regierung. Ist die Bundesregierung solidarisch mit diesen protestierenden Menschen?
Wagner (AA)
Ich glaube, das ist Ausdruck dessen, dass Israel ein demokratisch verfasstes Land ist. Dass diese Menschen für ihre Positionen auf die Straße gehen, ist, denke ich, etwas vollkommen Normales.
Noch einmal: Uns geht es darum, in diesem Konflikt, der schon viel zu viele Opfer gefordert hat und schreckliches Leid auf beiden Seiten bringt, zu einer Lösung zu kommen, zu einem Weg zu kommen, ihn nachhaltig zu beenden. Das ist schwierig, und es sind ganz dicke Bretter, die dabei gebohrt werden. Das ist angesichts der Lage in Gaza eine enorme Anstrengung, nicht nur von uns, sondern von der internationalen Gemeinschaft. Aber ich denke, darauf liegt unser Fokus, unsere Priorität.
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Frage
Herr Wagner, noch einmal zu dem, was Sie eben zu der getöteten Geisel mit einer deutschen Familie gesagt haben: Können Sie sagen, ob die betroffene Person auch die deutsche Staatsbürgerschaft hat und ob es sich dabei um die namentlich auch von Herrn Seibert genannte Carmel Gat handelt?
Wagner (AA)
Sie wissen ja, dass wir bezüglich der konkreten Details in diesen Fällen immer sehr schmallippig sind, nicht, weil wir Ihnen nichts sagen wollen, sondern einfach schon aus Gründen des Persönlichkeitsrechtsschutzes. Ich kann Ihnen aber sozusagen allgemein sagen, dass unter den sechs gestern aufgefundenen ermordeten Geiseln keine Geisel mit deutscher Staatsangehörigkeit war. Sehen Sie es mir nach, dass ich eben bezüglich Namen und weiterer Details hier sehr zurückhaltend bin, einfach auch aufgrund des Persönlichkeitsrechtsschutzes.
Arbeitsgespräch von Vertretern der Bundesregierung, der Länder und der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag zum Maßnahmenpaket zur Verbesserung der Sicherheitslage in Deutschland
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Frage
Vielleicht klappt es ja so herum: Falls weitere Ressorts beteiligt sind und für sich selbst sprechen möchten, könnten sie mitteilen, ob sie dabei sind, beispielsweise das AA oder das BMJ?
Wagner (AA)
Weil Sie mich angesprochen haben, kann ich so weit gehen, dass ich sage, dass die grüne Regierungsseite dabei natürlich eingebunden ist und dass das Vizekanzleramt und das Auswärtige Amt da Hand in Hand arbeiten.
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Zusatzfrage
Herr Wagner, wenn Sie Hand in Hand arbeiten ‑ das wäre ja bei grünen Ministerien zu hoffen ‑, wer wäre denn tatsächlich physisch dabei, das BMWK oder das AA?
Wagner (AA)
Ich bleibe jetzt einmal bei dem, was ich gesagt habe. Sie können davon ausgehen, dass sich beide Ministerien da eng abstimmen.
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Anschlag auf die Nord-Stream-Pipelines
Frage
Die Außenpolitik der Bundesregierung spielte bei den Landtagswahlen ja eine außerordentliche Rolle. Deshalb stelle ich meine Frage. Seit vergangener Woche gibt es Hinweise darauf, dass der von Generalbundesanwalt gesuchte mutmaßliche Nord-Stream-Attentäter in die Ukraine geflüchtet ist, und zwar mithilfe eines Fahrzeugs, das der ukrainischen Botschaft in Warschau zuzuordnen ist. Wird die Bundesregierung auf die Regierung Selenskyj zugehen und Druck machen, dass der Tatverdächtige Wolodymyr S. in der Ukraine verhaftet wird und nach Deutschland ausgeliefert wird?
Wagner (AA)
Das sind ja, wie Sie wissen, Ermittlungen, die beim Generalbundesanwalt laufen. Deshalb verweise ich Sie an den. Dort laufen die und liegen in dieser Zuständigkeit, und deshalb ist das die richtige Adresse für Ihre Fragen.
Zusatzfrage
Das eine ist ‑ das weiß ich wohl ‑, dass der Generalbundesanwalt die Hoheit über die Ermittlungen innehat. Das andere ist, wenn es Hinweise darauf gibt, dass eine Regierung in eine Flucht involviert ist. Dann denke ich doch wohl, dass das Außenministerium oder die Bundesregierung diese Berichte zumindest zur Kenntnis nehmen und dann daraus Schlüsse ziehen. Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus den Berichten, dass die ukrainische Botschaft möglicherweise in die Flucht des vom Generalbundesanwalt Gesuchten involviert ist?
Wagner (AA)
Ich verstehe ja sehr Ihr Interesse an dieser Thematik, aber Sie müssen auch verstehen, dass, wenn es um ein laufendes Ermittlungsverfahren geht, wir uns sehr schwertun, dies hier als Bundesregierung sozusagen in aller Öffentlichkeit zu kommentieren. Das ist ein Ermittlungsverfahren. Das läuft beim GBA. Es hat ja auch seinen Grund, dass diese Ermittlungsverfahren dort laufen. Deshalb sind diese Fragen an den GBA zu richten.
Zusatzfrage
Ein letzter Versuch: Vertraut die Bundesregierung darauf, dass die Regierung Selenskyj sie bei der Aufklärung des Nord-Stream-Falls unterstützt?
Hoffmann (BReg)
Ja.
Wagner (AA)
Das kann ich für das Auswärtige Amt auch nur unterstreichen.
Hoffmann (BReg)
Ich meinte, dass der Generalbundesanwalt unterstützt wird, um das noch einmal zu betonen.
Zusatzfrage
Das habe ich jetzt nicht verstanden. Das müssten Sie also noch einmal ausführen, wenn Sie etwas nachtragen.
Hoffmann (BReg)
Wenn Sie fragen, ob die Ermittlungen unterstützt werden, dann sind das ja die Ermittlungen des Generalbundesanwalts und nicht der Regierung. Bei Ihnen klang es eben so, als würde die Regierung die Ermittlung durchführen; das ist ja nicht der Fall.
Abschiebungen nach Afghanistan
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Frage
Wir haben ja jetzt schon mehrfach gehört, dass diese Abschiebeflüge mit Unterstützung von in der Region befindlichen Ländern organisiert wurden. Gleichzeitig wissen wir, dass die Bundesregierung technische Gespräche direkt mit den Taliban führt. Meine Frage zum Abschiebeflug in der letzten Woche: Wurde dieser Abschiebeflug auch ein Element solcher technischen Gespräche, die die Bundesregierung direkt mit den Taliban geführt hat?
Hoffmann (BReg)
Ich glaube, dass wir uns im Detail jetzt nicht dazu äußern.
Wagner (AA)
Ich kann schon sagen, dass es keine Direktgespräche mit den Taliban zu dieser Thematik gab ‑ einfach, weil Sie ja aufwerfen, wie unsere Beziehungen im Moment sind. Sie wissen, dass Anerkennungen ja immer zwischen Ländern und nicht zwischen Regierungen laufen. Es ist ja so, dass das grausame Regime, das die Taliban in Afghanistan aufgezogen haben, von kaum jemandem in der Welt anerkannt wird und so auch nicht von der Bundesregierung.
Insofern unterhalten wir keine normalen diplomatischen Beziehungen zu den Taliban. Die Taliban haben es selbst in der Hand, auf die Ausgestaltung unserer zukünftigen Beziehungen Einfluss zu nehmen, indem sie die Lage vor Ort verbessern und ihren internationalen Verpflichtungen, gerade in Sachen Menschenrechtsschutz, nachkommen.
Es gibt ‑ Sie haben es auch angesprochen ‑ sehr wohl technische Kontakte unterhalb der politischen Ebene, vor allen Dingen über das Verbindungsbüro der Taliban in Doha, weil wir ein Interesse haben, diesen Gesprächskanal zu nutzen, um eben auch solche Botschaften anzubringen. Aber es gab ‑ das sage ich noch einmal ‑ keinen Direktkontakt mit den Taliban zu der Problematik Abschiebeflug.
Zusatzfrage
Was genau definiert die Bundesregierung als technische Gespräche? Mich würde auch die Haltung des Innenministeriums interessieren.
Wagner (AA)
Ich kann das hier jetzt schwer weiter ausführen. Es sind immer Kontakte, die unterhalb der politischen Ebene sind. Es gibt ja keinen formal akkreditierten Botschafter ‑ wenn wir jetzt einmal in die völkerrechtliche, in die diplomatische Praxis schauen. Auch das wäre ja ein Zeichen für normale diplomatische Beziehungen. Insofern findet das auf der Ebene von Vertretern weit unterhalb der politischen Ebene statt ‑ wie gesagt, vor allen Dingen über unser Verbindungsbüro, das wir in Doha zu den dort ansässigen Vertretern der De-facto-Regierung in Kabul halten.
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Frage
Welchen Mechanismus haben AA und BMI in Gang gesetzt, um langfristig sicherzustellen, dass die Abgeschobenen in Afghanistan sicher sind, dass ihnen dort nichts geschieht, falls überhaupt irgendwelche Mechanismen in Gang gesetzt wurden?
Wagner (AA)
Da müsste ich an die Innenbehörden abgeben. Ich hatte ja schon ‑ ich glaube, in der letzten Woche ‑ dargestellt, was die Rolle des Auswärtigen Amtes in diesem Komplex ist, nämlich über unsere Asyllageberichte ein Bild der Lage vor Ort zu geben, auf das dann Innenbehörden und Gerichte zurückgreifen können, um ihre Entscheidungen zu treffen.
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