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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 23.10.2024
Reisen der Bundesaußenministerin nach Libanon, Frankreich und zu den deutsch-indischen Regierungskonsultationen in Indien
Deschauer (AA)
Guten Morgen Ihnen allen! Ich darf Ihnen mitteilen, dass Außenministerin Baerbock, wie Sie vielleicht bereits mitbekommen haben, heute Vormittag in Libanon zu einer Nahostreise eingetroffen ist. Themen ihrer Gespräche vor Ort werden angesichts der aktuellen Lage vor allem mögliche Schritte hin zu einer diplomatischen Lösung sein, die die Sicherheitsinteressen sowohl Israels als auch des Libanon wahrt. Die Außenministerin führt in Libanon politische Gespräche sowie Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern von Hilfsorganisationen. Für die Außenministerin ist es die vierte Reise nach Libanon und die zwölfte Reise in den Nahen und Mittleren Osten seit den Terroranschlägen der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023.
Ihre Eindrücke von vor Ort wird die Außenministerin nach Paris mitnehmen, wo sie morgen, am Donnerstag, an der von Frankreich organisierten Libanonkonferenz teilnimmt. Dort stehen neben der sich verschlechternden humanitären Lage auch die internationalen diplomatischen Anstrengungen in Richtung einer Einstellung der Kampfhandlungen und auf Schritte zur Überwindung der politischen Krise in Libanon im Fokus.
Ich kann Ihnen auch sagen, dass die Außenministerin, wie Sie vielleicht bei uns auf X gesehen haben, am Montag, also im Vorlauf zu dieser Reise, mit ihrem israelischen Amtskollegen telefoniert hat und auch diese Eindrücke auf die heutige Reise sowie auf die Konferenz am Donnerstag mitnimmt.
Sodann darf ich Ihnen, anknüpfend an die Ankündigung der stellvertretenden Regierungssprecherin ‑ das war hier am Montag eine Fragestellung ‑, mitteilen, dass sich die Reise der Außenministerin in die Republik Indien fortsetzt, und zwar zu den Regierungskonsultationen, an denen sie teilnimmt. Sie wird dort am Freitag, den 25. Oktober, an den siebenten deutsch-indischen Regierungskonsultationen teilnehmen.
Der Indopazifik allgemein, aber auch Indien ganz speziell sind für Deutschland und Europa von essenzieller Bedeutung. Deshalb intensiviert die Bundesregierung ihre Beziehungen zu Partnern in der Region. Indien ist, wie Sie wissen, nicht nur das bevölkerungsreichste Land und die fünftgrößte Volkswirtschaft der Welt, sondern spielt auch für uns als wichtiger strategischer Partner eine essenzielle Rolle. Das wird durch die Tatsache unterstrichen, dass es die siebenten Regierungskonsultationen sind.
Die Themenpalette wurde am Montag bereits genannt. Sie umfasst Fragen der Wirtschaft, des Klimaschutzes, natürlich auch einen Vorgriff auf die Weltklimakonferenz bis hin zum Thema der Fachkräftemobilität. Diese Fragen beschäftigen auch uns im Auswärtigen Amt intensiv. Die Außenministerin wird am Freitag gemeinsam mit Bundesminister Heil mit indischen Fachkräften zusammenkommen und im Anschluss ihren indischen Amtskollegen Jaishankar zu bilateralen Gesprächen treffen.
Am Samstag steht auch noch der Fregattenbesuch in Goa gemeinsam mit dem Bundeskanzler an. Die deutsche Marine macht heute im Rahmen ihres Indo-Pacific Deployment Station und ist derzeit mit der Fregatte „Baden-Württemberg“ und dem Einsatzgruppenversorger „Frankfurt am Main“ vor Ort.
Frage
Frau Deschauer, könnten Sie bitte sagen, wie die Außenministerin nach Indien kommt? Fliegt sie zusammen mit dem Bundeskanzler, oder ist noch ein drittes Flugzeug in Richtung Indiens unterwegs? Denn Herr Habeck startet ja heute schon.
Deschauer (AA)
Ich kann Ihnen sagen, dass die Außenministerin, wie Sie dem von mir angekündigten Reiseverlauf entnommen haben, vorher für die Bundesregierung an der Libanonkonferenz in Paris teilnimmt. Das heißt, dass sie sich von dort nach Indien begeben wird, das Ganze mit Linienflug.
Zusatzfrage
Fliegt sie mit dem Kanzler zurück?
Deschauer (AA)
Ich habe jetzt nicht alle Feinheiten der Flugchoreografie, aber der Regierungssprecher nickt.
Hebestreit (BReg)
Wir nehmen sie mit.
Deschauer (AA)
Das ist sehr freundlich.
Hebestreit (BReg)
Und den Verteidigungsminister nehmen wir auch mit.
Deschauer (AA)
Das ist auch freundlich. Damit ist die Frage beantwortet, denke ich.
Hebestreit (BReg)
Herr Collatz guckt ganz begeistert.
Zusatz
Das wäre die Anschlussfrage gewesen, weil am Montag auch offenblieb, was mit dem Verteidigungsminister ist. Fliegt er mit dem Kanzler hin und zurück?
Collatz (BMVg)
So ist es.
Hebestreit (BReg)
Beides!
Collatz (BMVg)
Ganz genau!
Nahostkonflikt
Frage
Im Zusammenhang mit dem Thema des Libanons möchte ich fragen, was die Bundesregierung ‑ das geht, Frau Deschauer, vielleicht auch an Sie ‑ zu dem Vorwurf des früheren israelischen Botschafters sagt, der Verweis auf die Resolution 1701 sei nicht zielführend, weil in dieser Resolution zwar das UNIFIL-Mandat festgelegt werde, aber UNIFIL 18 Jahre lang nicht dafür gesorgt habe, dass die Resolution auch umgesetzt werde, und deswegen ein großes Tunnelsystem im Süden Libanons habe errichtet werden können.
Deschauer (AA)
Vielen Dank für die Frage zu dem Teil der Reise und auch zu UNIFIL. Dazu kann ich sagen, dass der Fehler, wenn man es so formulieren kann, natürlich nicht bei UNIFIL liegt, sondern darin, dass die Resolution in Gänze umgesetzt werden muss. Das sagen wir als Bundesregierung hier seit geraumer Zeit. Das möchte ich unterstreichen. Für uns liegt der Schlüssel zum Frieden weiterhin in der vollen Umsetzung der Resolution 1701.
Die Ministerin wird sicherlich auch heute bei ihren Gesprächen in Beirut Gelegenheit haben, sich darüber auszutauschen und auch darüber zu sprechen, wie dies in der aktuellen Situation gelingen kann. Dafür wird es natürlich der Bereitschaft der Konfliktparteien bedürfen.
Zusatzfrage
Aber es ist doch zumindest eine zeitliche Koinzidenz, dass UNIFIL dort im Südlibanon stationiert wurde und gleichzeitig die Hisbollah das tat, was laut Resolution ausdrücklich nicht passieren sollte, nämlich sich in diesem Gebiet aufzuhalten und auch militärische Stellung auszubauen.
War die UN-Resolution also falsch designt? Hatte UNIFIL nicht die Mittel, um das durchzusetzen? Woran lag es?
Deschauer (AA)
Ich denke, das müssen Sie aus Ihrer Perspektive bewerten. Das tun Sie gerade auch, denke ich.
Ich kann nur sagen, dass für die Bundesregierung eine vollumfängliche Umsetzung der Resolution 1701 der Schlüssel ist, um die Möglichkeit zu schaffen, dass ein Friede in dieser Region möglich sein wird. Eine diplomatische Lösung muss beinhalten, dass die Menschen im Norden Israels nicht länger den Angriffen der Hisbollah ausgesetzt sind. Dazu sind vor allem Verhandlungen der beteiligten Parteien notwendig. Sie kennen auch die deutsche Unterstützung für UNIFIL, die wir seit geraumer Zeit leisten. Dass UN-Friedensmissionen natürlich oft in sehr schwierigem Umfeld operieren, ist, denke ich, auch kein Geheimnis. Die Rahmenbedingungen sind schwierig.
Insofern würde ich mich Ihrer Interpretation jetzt nicht anschließen, sondern noch einmal mit Nachdruck unterstreichen, dass die Bundesregierung die volle Umsetzung der Resolution befürwortet.
Frage
Frau Deschauer, Sie haben gerade die diplomatische Lösung für den Libanon angesprochen. Was macht Sie zuversichtlich, dass Israel überhaupt eine diplomatische Lösung will? Israel geht ja militärisch und auch sehr brutal vor.
Welche Rolle spielt die Hisbollah aus Ihrer Sicht für eine diplomatische Lösung? Die Hisbollah ist ein Teil der libanesischen Regierung.
Deschauer (AA)
Ich denke, dass man immer zuversichtlich sein muss, dass eine Lösung möglich ist. Anders können wir unsere Aufgabe nicht betreiben. Das treibt uns an, und das treibt, denke ich, die ganze Bundesregierung an. Wir sind mit Nachdruck dabei, unseren Anteil daran zu tun.
Wir haben uns ‑ das kann ich gern wiederholen ‑ in den letzten Tagen und Wochen natürlich immer besorgt über das Ausmaß des militärischen Vorgehens auch der israelischen Seite in Libanon und auch in dicht besiedelten Gebieten geäußert. Das wird sicherlich auch heute zur Sprache kommen. Ich möchte den Gesprächen der Ministerin vor Ort nicht vorgreifen. Auch unsere Besorgnis angesichts der humanitären Lage vor Ort sprechen wir auch gegenüber der israelischen Regierung an. Es ist auch völlig klar, dass es keine rein militärische Lösung geben kann. Um also, wie ich sagte, dem Schlüssel für eine friedliche Lösung, sprich der Resolution 1701, Geltung zu verleihen, ist natürlich eine Gesprächsbereitschaft und auch eine Handlungsbereitschaft der verschiedenen Konfliktparteien notwendig.
Zusatzfrage
Habe ich richtig verstanden, dass das auch die Hisbollah betrifft?
Deschauer (AA)
Die Hisbollah hat die Wahl und wird dazu aufgefordert, den Raketenbeschuss, den sie unmittelbar nach dem 7. Oktober 2023 begonnen hat, einzustellen. Insofern betrifft die Aufforderung zu einem, wenn man das so bezeichnen kann, konstruktivem und deeskalatorischen Verhalten natürlich auch die Hisbollah, und zwar insofern, dass sie ihre Handlungen einstellt. Dazu fordern wir die Hisbollah natürlich auf.
Frage
Zahlreiche Länder werfen Israel Kriegsverbrechen und völkerrechtswidriges Agieren im Libanon vor, darunter die libanesische Regierung selbst und auch der EU-Partner Spanien. Teilt die Außenministerin diese Einschätzung der libanesischen Regierung und auch des EU-Partners Spanien, oder plant sie, das Agieren Israels gegenüber dem libanesischen Partner zu verteidigen?
Deschauer (AA)
Ich weiß nicht genau, wie ich auf Ihre Ja-oder-Nein-Frage antworten soll. Ich kann aber noch einmal darauf verweisen, dass die Ministerin gerade vor Ort ist, um für die Bundesregierung im Gespräch mit den Ansprechpartnern in einer wahnsinnig schwierigen Situation Lösungen auszuloten.
Zur Frage von Völkerrechtsverletzungen: Wie Sie wissen, ist es nicht an uns, darüber letztendlich zu befinden, sondern die Bewertung dieser Fragestellungen wird üblicherweise von unabhängigen Gerichten auf Basis von Untersuchungen vorgenommen.
Insofern möchte ich noch einmal betonen, dass die Ministerin vor Ort ist, um im Rahmen der Pendel- und Krisendiplomatie einen Beitrag dazu zu leisten, auszuloten, wie es zu einer friedlichen Lösung kommen kann.
Zusatz
Aber es ist doch von entscheidender Bedeutung für die Gespräche, die Frau Baerbock in Beirut führen wird, ob sie davon ausgeht, dass Israel im Libanon Kriegsverbrechen begeht, oder nicht. Sie wird dazu ja eine Haltung entwickelt haben, sonst ergäbe das ganze Treffen keinen Sinn.
Deschauer (AA)
Ich stimme der Annahme. die Sie in Ihrer Fragestellung aufgestellt haben, nicht zu. Ich verweise auf das, was ich sagte. Das hat Gültigkeit. Es ist nun einmal so, dass darüber letztendlich nicht von politischer Stelle befunden wird. Das tun wir hier nicht, das wissen Sie. Sie wissen auch ‑ das habe ich, meine ich, eben schon gegenüber Ihrem Kollegen gesagt ‑, dass wir uns besorgt über das Ausmaß von militärischem Vorgehen der israelischen Seite geäußert haben. Dies tut auch die Ministerin. Gleichzeitig ist aber natürlich klar, dass Israel sein Selbstverteidigungsrecht ausüben kann und dass das Grenzen des humanitären Völkerrechts haben muss. Die Ableitung des Ganzen machen andere. Das machen unabhängige Stellen.
Zusatz
Nur eine kurze Verständnisfrage: Sie meinten, das obliege unabhängigen Gerichten. In der Endinstanz haben Sie ja recht. Aber jetzt unterstützen mindestens 13 Länder die Genozidklage Südafrikas vor dem IGH. Deutschland ist das einzige Land, das die andere Seite wählt und Israel unterstützt. Das war sehr wohl ein politischer Akt. Daher sehe ich zumindest einen gewissen Widerspruch zwischen Ihrer vorherigen Aussage und der Tatsache, dass Deutschland Israel vor dem IGH beisteht.
Deschauer (AA)
Ich denke, dann müssten wir noch einmal auf die diversen Austausche zum Thema des IGH, die wir hier schon hatten, rekurrieren. Ich denke, das alles können Sie nachlesen. Deutschland ist im IGH-Verfahren keine beteiligte Partei, sondern hat, wie das im internationalen Völkerrecht üblich ist, eine Positionierung im Grundsatz abgeben können. Das kennen Sie, das haben Sie verfolgen können. Insofern gibt es hier keinerlei Widerspruch.
Aber ja, Deutschland hat an dieser Stelle und auch vor den internationalen Gerichten klar die Haltung zum Ausdruck gebracht, dass wir den Völkermordvorwurf nicht für stichhaltig ansehen, weil es eine klare Definition gibt, was ein Genozid, ein Völkermord ist. Das ist die intentionale Zerstörung einer ethnischen, religiösen Gruppe. Das können wir hier nicht erkennen. Wir sind, denke ich, auch nicht das einzige Land, das sich entsprechend geäußert hat.
Ich verweise aber noch einmal auf den ausführlichen Austausch zum IGH, den wir und auch der Regierungssprecher hier schon hatten. Das alles können Sie nachlesen.
[…]
Frage
Der israelische Sicherheitsminister Ben-Gvir hat sich für eine Wiederbesiedlung von Gaza durch Israelis ausgesprochen, auch für eine Vertreibung von Palästinensern. Sie haben sich wiederholt für eine Zweistaatenlösung ausgesprochen. Gestern hat der Bundeskanzler das auch noch einmal getan. Wie ist das vereinbar mit diesen Äußerungen des Ministers, der ja auch Teil der israelischen Regierung ist?
Deschauer (AA)
Genau diese Frage möchte ich sehr gerne beantworten, weil die Äußerungen, die wir gehört haben ‑ es geht ja um die Teilnahme von fünf israelischen Ministern an einer Veranstaltung, die eine Wiederbesiedlung Gazas beworben haben, das planen und das aktiv vorhaben ‑, tatsächlich eine inakzeptable Provokation sind, die die Bundesregierung klar ablehnt. Wir verurteilen das bzw. Äußerungen und Vorhaben dieser Art auf das Schärfste. Gaza gehört den Palästinenserinnen und Palästinensern. Eine israelische Wiederbesiedlung lehnt die Bundesregierung ab. Das wäre nicht nur völkerrechtswidrig, sondern auch sicherlich schädlich für jegliche politische Lösung, auch mit Blick auf eine Zweistaatenlösung, und wäre auch sicherlich nicht hilfreich für die Geiseln, die ebenfalls dringend einen Waffenstillstand brauchen.
Russischer Angriffskrieg gegen die Ukraine
Frage
Das ist eine Frage an mindestens drei Institutionen vorn auf dem Podium. Es geht um die Entsendung nordkoreanischer Soldaten sozusagen in den fernen Westen an die ukrainische Front. Wie bewerten Sie das? Ist das ein Kriegseintritt Nordkoreas? Ihre Einschätzung, bitte!
Deschauer (AA)
Ich fange gern an. Wir hatten uns dazu schon am Montag geäußert. Ich kann darauf hinweisen, dass wir heute Morgen den Geschäftsträger der nordkoreanischen Botschaft in Berlin einbestellt und ihm mitgeteilt haben, dass wir aktuelle Meldungen über Truppenverlegungen von nordkoreanischen Soldaten nach Russland und dann möglicherweise in die Ukraine mit großer Sorge verfolgen. Sie finden eine entsprechende Äußerung von uns auf X. Wir würden einen solchen Schritt natürlich als Eskalation betrachten.
Frage
Können Sie das bitte noch ein bisschen näher erläutern? Wie lief das Gespräch ab, und was wurde dabei noch gesagt?
Deschauer (AA)
Aus vertraulichen Gesprächen referieren wir üblicherweise nicht. Ich selbst war nicht dabei. Deswegen müsste ich mich kundig machen. Aber Sie können sich vorstellen, dass das mit einer klaren Aussage unsererseits stattgefunden hat, wie wir die Lage einschätzen. Was unsere Erwartungshaltung ist, habe ich, denke ich, eben vorgetragen, und das haben wir auch auf X öffentlich gemacht.
Frage
Sie haben gesagt, inhaltlich könnten Sie nichts sagen. Können Sie sagen, wie lange das Gespräch gedauert hat?
Deschauer (AA)
Im Moment nicht. Wenn ich das noch nachliefern kann, dann tue ich das gern, aber ich muss schauen.
Zusatzfrage
Ist der Geschäftsträger momentan der einzige Vertreter hier, der diplomatisch mit Deutschland in Verbindung steht, oder ‑ ‑ ‑
Deschauer (AA)
Ich würde Ihnen Rückfragen zu Nordkorea en bloc beantworten, wenn ich das kann.
Frage
Gibt es Kontakte zu Südkorea, das als Reaktion auf diese Meldung angekündigt hat, dass es sich vorstellen könne, vielleicht auch Waffen an die Ukraine zu liefern? Wäre das aus Sicht der Bundesregierung ein willkommener Schritt?
Deschauer (AA)
Ich denke, Südkorea ist ein enger Partner der Bundesregierung und, wenn mich nicht alles täuscht, in verschiedenen Formaten im engen Austausch mit der Bundesregierung, sei es bilateral ‑ ich habe jetzt gerade nicht auf dem Zettel, wann zum letzten Mal ein physisches Treffen stattgefunden hat ‑, sei es als sogenannter assoziierter Partner in verschiedenen anderen Foren, selbst im Kontext der NATO. Insofern gibt es auch mit Südkorea einen regelmäßigen Austausch zur sicherheitspolitischen Lage im Kontext des Indo-Pacific Deployment, das wir hier schon verschiedentlich beleuchtet haben. Aber auch im Zusammenhang mit den Regierungskonsultationen mit Indien habe ich darauf referiert, dass die Lage in der weiteren Region insgesamt von strategischer Bedeutung für die Bundesregierung ist. Insofern sind wir im engen Austausch.
Zusatzfrage
Herr Hebestreit, würde es der Bundeskanzler, begrüßen, wenn Südkorea Waffen direkt an die Ukraine liefern würde? Ich meine, bisher hat es in Südkorea vor allem Waffeneinkäufe, Munitionseinkäufe gegeben.
Hebestreit (BReg)
Ich denke, von dieser Stelle aus obliegt es uns nicht, andere Länder aufzufordern, wie sie die Unterstützung der Ukraine gestalten, insbesondere wenn es eines qualitativ anderen Schrittes bedarf. Sie wissen, dass der Bundeskanzler im Rahmen der Europäischen Union immer wieder dafür geworben hat, dass die Länder, die die Ukraine unterstützen, was sowohl finanzielle als auch militärische Hilfslieferungen angeht, versuchen, das Mögliche möglich zu machen. Aber für die außerhalb Europas befindlichen Partner bleibt es bei einem allgemeinen Appell.
Frage
Alle Kollegen haben bisher im Indikativ gesprochen, so als sei das erwiesen. Jetzt hat meines Wissens Pjöngjang offiziell dementiert. Auch Russland hat de facto dementiert. Hat denn ‑ das können Sie ja sagen ‑ der Vertreter Nordkoreas hier in Deutschland das in dem Gespräch ebenfalls dementiert?
Über welche eigenen Erkenntnisse verfügt die Bundesregierung in dieser Causa?
Deschauer (AA)
Sie wissen, dass wir uns über Erkenntnisse dieser Art, die ja üblicherweise nachrichtendienstlicher Art sind, mit Ihnen hier nicht austauschen. Dabei würde ich es auch jetzt belassen.
Ich werde Ihnen jetzt auch keine Details aus einem vertraulichen Gespräch mitteilen ‑ das tun wir hier üblicherweise ebenfalls nicht ‑, sondern ich habe berichtet, welche Erwartungshaltung die Bundesregierung dem Geschäftsträger der nordkoreanischen Botschaft in Klarheit übermittelt hat.
Zusatz
Aber das hat ja nichts mit Gemeinwohl, Staatswohl oder sonst etwas Derartigem zu tun. Wenn Pjöngjang offiziell dementiert hat, wäre es ja eher überraschend, wenn der Geschäftsträger das nicht getan hätte. Das können Sie beantworten, ohne dass dabei irgendwelche intimen Details hochkommen würden.
Deschauer (AA)
Da sind wir unterschiedlicher Auffassung, und dabei belasse ich es.
Frage
Noch einmal zum Thema Ukraine, aber ein bisschen weiter gefasst: Herr Hebestreit, der Kanzler hat beim Besuch von Präsident Biden noch einmal wiederholt: „as long as it takes“. Frau Stark-Watzinger hat das gestern in Kiew auch noch einmal gesagt. Zwei Wochen nach vorne geblickt: Gilt das auch unabhängig davon, wer in den USA demnächst gewählt wird?
Hebestreit (BReg)
Ja.
[…]
Deschauer (AA)
Es ging ja um die Fragestellung, wie die nordkoreanische Botschaft aufgestellt ist, und zwar ist sie es in Form eines Geschäftsträgers und einer weiteren Person. Das Gespräch, also die Einbestellung, hat mit dem Leiter unserer Asien-Pazifik-Abteilung stattgefunden.
Rüstungsexporte an Israel
Frage
Ich hatte hier bereits am 11. September bezüglich des im deutschen Besitz befindlichen Transportschiffs „MV Kathrin“ ‑ das gehört der Lübecker Reederei Lubeca Marine ‑ gefragt, welches derzeit RDX-Sprengstoff an Israels größte Rüstungsfirma Elbit Systems liefern soll. Die damals vom AA versprochene Nachreichung ist nie erfolgt. Jetzt gibt es einige weitere Entwicklungen. Nach Namibia haben auch Angola und EU-Partner Malta das Anlegen des Schiffes mit Verweis auf Entscheidungen des IGH und des UN-Menschenrechtsrats komplett verneint. Portugal hat dem Schiff die Flagge entzogen, mit der Begründung, dass man nicht wegen Komplizenschaft mit einem Völkermord angeklagt werden wolle. Standen denn das AA oder andere Ministerien in dieser Angelegenheit im Austausch mit ihren portugiesischen Counterparts, und teilt denn die Bundesregierung die Einschätzung und Aktivitäten Maltas und Portugals in Bezug auf dieses deutsche Schiff?
Deschauer (AA)
Wenn das Auswärtige Amt keine Nachreichung macht, dann bedauern wir das natürlich sehr. Das mag aber auch daran liegen, dass wir, wie Sie wissen, für rüstungsexportpolitische Fragen nicht federführend sind. Insofern können vielleicht auch Kolleginnen und Kollegen Erkenntnisse, so sie dann vorliegen, hier noch beisteuern.
Ich kann Ihnen nur noch sagen, dass wir die Medienberichterstattung vielleicht nicht ganz so intensiv wie Sie, aber dennoch sicherlich mitverfolgt haben und ‑ zumindest, was das Auswärtige Amt angeht ‑ weder eine Zuständigkeit noch eine Erkenntnislage vorliegen. Insbesondere genaue Versagungshintergründe, Flaggenentzüge usw. entziehen sich hier meiner Kenntnis.
Ganz grundsätzlich haben mir die Kollegen trotzdem noch einmal mitgegeben, dass jeder Hafenstaat souverän entscheiden kann, welchen Schiffen er eine Genehmigung oder Einfahrt erteilt. Aber auch das sehe ich jetzt nicht genuin in dem Bereich des Auswärtigen Amtes verortet.
Zusatzfrage
Meine Frage war damals auch schon völkerrechtlich gemeint, nicht, was Direktausfuhrgenehmigungen angeht.
Mittlerweile fährt die „MV Kathrin“ auch unter deutscher Flagge. Das heißt, sie ist im deutschen Besitz und steht unter deutscher Flagge. Da würde mich trotzdem interessieren ‑ das können Sie auch gerne nachreichen ‑, welche völkerrechtliche Verantwortung denn die Bundesregierung trägt, wenn eine deutsche Reederei ein Schiff mit deutscher Flagge nach Israel entsendet und zumindest RDX-Sprengstoff, der hauptsächlich für Raketen und Fliegerbomben genutzt wird, nach Israel transportiert, also in ein Land, dem der IGH dieses Jahr die Plausibilität eines Völkermordes in Gaza zuerkannt hatte. Könnten Sie das kurz völkerrechtlich referieren?
Deschauer (AA)
Ich kann das nicht kurz völkerrechtlich referieren, weil ich bereits auf meine Aussagen verwiesen habe und weil ich die ganzen Annahmen, die Sie in Ihrer Fragestellung oder, besser, in Ihrem Statement geteilt haben, nicht nachvollziehen und auch nicht bestätigen kann. Ich weise noch einmal darauf hin, dass sich die Fragestellung vermutlich nicht wirklich an mich adressiert, auch wenn Sie das immer wieder betonen.
Alexandrin (BMDV)
Ich kann zum flaggenrechtlichen Teil vielleicht noch etwas ergänzen. Es ist so: Wenn ein Flaggenstaat beschließt, ein Schiff nicht mehr unter seiner Flagge zu führen, dann fällt es eben auf die jeweilige Flagge zurück, in dessen Staat sich der Eigentümer des Schiffes befindet. Deswegen erfolgte hier ein Wechsel zur deutschen Flagge.
Zusatzfrage
Ich habe noch einmal eine Verständnisfrage, weil ich mich an das Auswärtige Amt gewandt habe.
Vorsitzende Buschow
Das Auswärtige Amt hat jetzt zweimal gesagt, dass es nicht das zuständige Ressort ist! - Ich versuche nur, uns ein bisschen Zeit zu sparen und bitte um eine kurze Frage.
Zusatzfrage
Wir haben ja noch! - Ich mache es ganz kurz: Ich würde ganz gerne wissen, wer dann in den ganzen 16 Bundesministerien für völkerrechtliche Einschätzungen zuständig ist. Im Falle Portugals zum Beispiel war es explizit der Außenminister, der sich in diesem Kontext engagiert und zu Wort gemeldet hat. Deswegen würde ich fragen: Wieso fällt die Bewertung in Portugal in den Bereich des Außenministeriums und in der Bundesrepublik nicht?
Deschauer (AA)
Sie sprachen von einem Schiff, das ursprünglich unter portugiesischer Flagge stand. Da steht es dem portugiesischen Außenminister frei, sich dazu zu äußern. Ich habe Ihnen hier erläutert, dass ich nicht den gleichen Kenntnisstand oder Detailgrad des Kenntnisstandes habe, den Sie haben, und das Auswärtige Amt innerhalb der Bundesregierung auch nicht für Rüstungsexportpolitik federführend zuständig ist. Ich glaube also, das ist jetzt hier so ein bisschen ‑ ‑ ‑ Ich mache mich gerne noch einmal intensiver kundig. Wenn wir etwas beitragen können, dann tun wir das gerne. Aber Sie müssen auch akzeptieren, dass es gewisse Grundregeln gibt, und für Rüstungsexportpolitik ist nicht das Auswärtige Amt federführend zuständig.