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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 06.11.2024
Präsidentschaftswahl in den USA
Frage
Herr Hebestreit, nachdem es die Gratulationen gab, wüsste ich gern, wo Sie konkrete Auswirkungen der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten auf die deutsche Politik erwarten?
Hebestreit (BReg)
Ich denke, für diese Antwort ist es noch ein bisschen zu früh. Offiziell ist es, meine ich, erst eine gute Stunde her, dass Donald Trump zum Sieger der US-Präsidentschaftswahl gekürt worden ist. Der Kanzler hat in seinem Statement schon deutlich gemacht, wie die Grundsituation ist, dass vieles, was die Administration vorhat, erst noch ausbuchstabiert werden muss, und wir gemeinsam mit unseren europäischen Freundinnen und Freunden auf eine gedeihliche Zusammenarbeit setzen.
Zusatzfrage
Herr Wagner, was bedeutet das für die deutsche Wirtschaft? Haben Sie vielleicht auch intern Berechnungen darüber angestellt ‑ es gibt ja Berechnungen von Ökonomen ‑, wie hoch der Effekt der Wahl Trumps, der doch sehr hohe Zölle auf europäische Produkte angekündigt hatte, für die deutsche Wirtschaft sein kann? Droht ein weiterer Rückschlag für den Erholungsprozess?
Wagner (BMWK)
Lassen Sie mich zuerst noch kurz darauf hinweisen, dass sich auch unser Vizekanzler und Minister. Robert Habeck, heute zur Wahl geäußert und dabei Präsident Trump zur Wahl gratuliert hat. Er hat dabei noch einmal betont, dass Deutschland und die USA tiefe Beziehungen verbinden, unsere Volkswirtschaften sehr eng verflochten und wir Partner und Verbündete sind und dass das Ziel ist, dass wir an diese Zusammenarbeit, an diese engen Verbindungen anknüpfen.
Zu den wirtschaftlichen Auswirkungen: Zunächst ‑ ich denke, das hat auch der Regierungssprecher gerade gesagt ‑ ist es natürlich sehr, sehr früh, wenn es darum geht, konkrete, vielleicht schon im Wahlkampf genannte Maßnahmen zu identifizieren und daraus schon konkrete Schlüsse zu ziehen. Richtig ist aber, dass sich das BMWK sehr intensiv mit dem Ausgang der Wahl und damit, was das für die deutsche Wirtschaft, für den deutschen Standort bedeuten kann, beschäftigt und sich gemeinsam mit der Europäischen Kommission in den letzten Monaten Szenarien intensiv angeschaut hat, was gegebenenfalls Folge der Wahl sein könnte.
Ich darf auch noch einmal daran erinnern, dass Auswirkungen für alle Szenarien zu erwarten waren. Es war, denke ich, im Vorhinein klar, dass sich selbst dann, wenn die Präsidentin Kamala Harris geheißen hätte, die Handelspolitik, die Wirtschaftspolitik und auch der Fokus der USA hätten ändern können. Wir haben uns diese Szenarien angeschaut. Wir haben im Oktober auch noch einmal intensiv mit der Europäischen Kommission darüber gesprochen, die ja die Zuständigkeit in Handelsangelegenheiten hat. Auch war eine Delegation der Europäischen Kommission hier, und wir haben mit ihr hier in Berlin gesprochen.
Ich bitte aber um Verständnis dafür, dass wir jetzt nicht zu einzelnen hypothetischen Maßnahmen konkrete Aussagen treffen können. Ich kann nur sagen, dass wir uns die Sachen natürlich angeschaut haben.
Frage
Herr Hebestreit, einmal grundsätzlich gefragt: Hat die Bundesregierung einen Plan, wie man mit einem faschistischen Präsidenten umgeht?
Hebestreit (BReg)
Ich weiß nicht, worauf Sie das beziehen wollen. Wir sprechen gerade über das deutsch-amerikanische Verhältnis.
Zusatz
Ich rede von Donald Trump, der auch von Kamala Harris und den politischen Beobachtern mittlerweile als Faschist bezeichnet wird.
Hebestreit (BReg)
Ich mache mir diese Bezeichnung selbstverständlich nicht zu eigen. Insofern kann ich auch keine Antwort auf Ihre Frage geben.
Zusatzfrage
Weil sich die Bundesregierung nicht mit den Realitäten auseinandersetzen möchte, damit, wer Herr Trump ist?
Hebestreit (BReg)
Die Bundesregierung setzt sich mit den Realitäten auseinander, auch damit, wer Präsident Trump ist. Präsident Trump ist in demokratischen Wahlen gewählt worden, und es gehörte sich so, dass man versucht, sich mit allen, mit denen man in den internationalen Beziehungen zu tun hat, freundschaftlich und konstruktiv auseinanderzusetzen. Dieses Angebot, diese Haltung halten wir auch der neuen Trump-Administration gegenüber ein.
Frage
Herr Hebestreit, wir haben Sie in den letzten Wochen immer einmal wieder gefragt, ob die Bundesregierung und auch das Kanzleramt schon Kontakte zur Trump-Administration oder Vorbereitungen für den Fall haben, dass Donald Trump die Wahl gewinnt. Können Sie uns für die, die sich damit nicht so gut auskennen, einmal mitnehmen und beschreiben, wie das aussieht, wie die Kontakte sind, ob es schon Ansprechpartner gibt und ob Sie vielleicht in den letzten Wochen, Monaten usw. schon konkrete Kontakte geknüpft haben?
Hebestreit (BReg)
Grundsätzlich passiert das nicht nur im Bundeskanzleramt, sondern natürlich in der ganzen Bundesregierung. Herr Wagner hat schon sehr ausführlich geschildert, was an Austausch beispielsweise das Wirtschafts- und Klimaschutzministerium pflegt. Auch das Auswärtige Amt pflegt intensiven Austausch, auch das Kanzleramt. Wir sind in engen Kontakten mit der republikanischen Seite, mit republikanischen Senatorinnen und Senatoren bzw. auch Abgeordneten des Repräsentantenhauses sowohl bei den Demokraten als auch bei den Republikanern. In jeden Besuch des deutschen Bundeskanzlers in Washington waren immer auch Treffen mit Abgeordneten sowie mit Senatorinnen und Senatoren einbezogen. Dabei waren auch immer Vertreter „von beiderseits des Ganges“, wie es in den USA heißt, also von beiden Parteien, anwesend. In den vergangenen Monaten hat es darüber hinaus natürlich auch intensivere Kontakte in die Denkfabriken gegeben, die es in den USA viel stärker gibt als bei uns in Deutschland und die, weil die Administrationen auch anders aufgestellt ist als bei uns, im Prinzip die künftige Politik vorbereiten. Aber das Wichtige ist, dass solche Kontakte vertraulich und vertrauensvoll gehandhabt werden. Deshalb kann ich sie hier nicht aufblättern. Aber auch diesbezüglich können Sie davon ausgehen, dass das zu einer professionellen Vorbereitung gehört.
Es ist auch anders, als es vielleicht vor acht Jahren der Fall gewesen sein mag. Die Wahrscheinlichkeit, dass der künftige US-Präsident Donald Trump heißen könnte, hat uns schon länger beschäftigt. Insofern hatte man genügend Zeit und die Erfahrung aus der ersten Wahlperiode von 2017 bis 2021, um sich damit auseinanderzusetzen.
Zusatzfrage
Der Bundeskanzler ‑ das haben wir alle gehört ‑ hat dem gewählten Präsidenten gratuliert. Hatte der Kanzler Kontakt mit Kamala Harris, nachdem das Ergebnis feststand?
Hebestreit (BReg)
Zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht. Er hatte auch keinen direkten Kontakt mit dem gewählten US-Präsidenten. Das hat auch ein bisschen damit zu tun, dass man dort, wenn ich richtig gerechnet habe, in den frühen Morgenstunden war, als das Ergebnis letztendlich gültig war. Ich denke, in den nächsten Tagen wird auch eine direkte Kontaktaufnahme möglich werden.
Frage
Herr Regierungssprecher, die Außenministerin ist heute Morgen von einem zweitägigen Ukrainebesuch wiedergekommen und hat danach im Zusammenhang mit der Wahl von Herrn Trump gesagt, jetzt seien Investitionen in die europäische Sicherheit nötig, die man jetzt groß denken und groß machen müsse. Am Freitag wird der informelle EU-Gipfel in Budapest stattfinden. Herr Orbán hat schon gesagt, es brauche eine neue EU-Strategie.
Nun hieß es , Herr Scholz, der Kanzler, habe sich mit Herrn Macron vor der Äußerung heute abgestimmt. Haben die beiden vielleicht auch über einen deutsch-französischen Vorschlag oder Vorstoß für eine solche EU-Strategie gesprochen? Gibt es dafür konkrete Ideen? Denn Herr Trump wird den Gipfel am Freitag ja bestimmen und beherrschen.
Hebestreit (BReg)
Es ist richtig, dass der Bundeskanzler heute früh mit dem französischen Präsidenten telefoniert hat. Sie haben die Situation nach dem zu dem Zeitpunkt zwar noch nicht feststehenden, aber sich schon abzeichnenden Ergebnis der US-Präsidentschaftswahl miteinander besprochen und vereinbart ‑ das haben wir über die sozialen Medien auch kundgetan ‑, dass sie eng zusammenstehen wollen und auch alles Weitere eng europäisch abstimmen möchten.
Morgen findet zunächst einmal das Treffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft statt. Dort sind auch diejenigen europäischen Staaten vertreten, die nicht der EU angehören. Das ist vielleicht ein ganz günstiger Zeitpunkt, um miteinander ins Gespräch zu kommen ‑ beispielsweise wird auch der britische Premier Starmer mit dabei sein; das ist hilfreich ‑, bevor ab morgen Abend der informelle Rat der europäischen Staats- und Regierungschefs in Budapest stattfindet. Ich würde mich wundern, wenn die Auswirkungen der amerikanischen Präsidentschaftswahl dort nicht zur Sprache kommen würden. Ein solcher informeller Gipfel zieht aber keine Beschlüsse nach sich, sondern es ist ein Austausch, der schon dem Namen nach informell ist. Diese Informalität will man auch nicht durch Konzepte oder Vorschläge einschränken.
Insgesamt geht es aber darum, den europäischen Pfeiler der NATO zu stärken. Das tun viele europäische Staaten schon seit Längerem. Sie wissen, dass die Bundesrepublik in diesem Jahr das Zwei-Prozent-Ziel der NATO erstmals einhält und festgelegt hat, dass sie es in den nächsten Jahren weiter einhalten wird. Auch viele andere Länder halten das Ziel ein. Einige wenige müssen noch etwas tun. Aber die Situation hat sich insofern schon deutlich verändert. Ich erinnere gern daran, dass wir den deutschen Verteidigungsetat in den vergangenen sieben Jahren verdoppelt haben. Auch das sind massive weitere Lasten, die Deutschland für die gemeinsame Verteidigung des Bündnisgebietes trägt. Der Kanzler hat in seinem Statement heute auch noch einmal deutlich gemacht, dass von der transatlantischen Partnerschaft beide Seiten profitieren, sowohl die USA als auch Europa. So möge es auch bleiben.
Zusatzfrage
Ich möchte noch eine Anschlussfrage an Ihre doch sehr ausführlichen Äußerungen stellen. Schließt sich der Bundeskanzler der Forderung der Außenministerin an, an, jetzt Investitionen in die europäische Sicherheit groß zu denken und groß zu machen?
Die Frage, die ich eigentlich gestellt habe, nämlich die Frage, ob die beiden, Macron und Scholz, auch über eine gemeinsame europäische Initiative ‑ einer packt es an, und dann machen die beiden etwas, legen etwas vor, überlegen etwas ‑ gesprochen haben, haben Sie nicht beantwortet. War es also kein Thema, dass man gemeinsam etwas tut?
Hebestreit (BReg)
Erstens nehme ich es als Lob, dass Sie meine Ausführungen so ausführlich und gut fanden. Zweitens hatte ich zumindest intendiert, Ihre Frage dadurch zu beantworten: Es gibt kein konkretes Konzept für einen informellen Gipfel. Aufgrund der Tatsache, dass er informell ist, gibt es keine Vorlagen, die dort miteinander verhandelt werden. Das Telefonat heute Morgen war auch ein eher kurzes zur allgemeinen Abstimmung. Es waren keine konkreteren, intensiveren Verhandlungen oder Gespräche, die man getätigt hat.
Zu den Äußerungen der Außenministerin kann ich nur sagen: Natürlich, das tut die Bundesrepublik. Ich habe eben auch schon ausgeführt, wie intensiv unsere Investitionen sind. Der Bundeskanzler hat in den vergangenen elf Monaten auch die europäischen Partnerinnen und Partner dazu aufgefordert, mit Blick auf die Ukraine das Ihrige zu tun. Auch wir wollen bezüglich der Summen, die wir in die Verteidigung und die Unterstützung der Ukraine stecken, nicht nachlassen. Insoweit ist es, denke ich, allgemeiner Konsens, dass Europa weiterhin den europäischen Pfeiler der NATO stärken muss und stärken wird.
Frage
Herr Hebestreit, ist schon überlegt worden, den gewählten amerikanischen Präsidenten nach Berlin einzuladen? Geschieht das möglicherweise zusammen mit Herrn Macron? War eine solche Einladung möglicherweise auch schon vor der Wahl eine Überlegung, sodass sie auch für Frau Harris gegolten hätte, wäre sie denn gewählt worden?
Hebestreit (BReg)
Grundsätzlich laden wir gerade unsere engsten und engen Verbündeten immer gern nach Deutschland ein. Ich denke, Usus ist es eher, dass man zum Antrittsbesuch zum amerikanischen Präsidenten bzw. zur amerikanischen Präsidentin reist. Das alles muss sich erst finden. Noch ist das offizielle Ergebnis zumindest noch nicht verbürgt. Wenn ich mich an mein Studium richtig erinnere, dann ist es so, dass es, denke ich, bis zum 6. Januar dauert, bis das Ergebnis offiziell feststeht. Am 20. Januar folgt die Vereidigung. Danach ist der Präsident offiziell im Amt. Dann ergeben sich all die Themen, die Sie jetzt schon angesprochen haben. So viel Geduld kann man, denke ich, noch aufbringen.
Sie haben noch gut in Erinnerung, dass der scheidende amerikanische Präsident erst vor drei Wochen in Berlin zu Gast war. Insofern gehen wir davon aus, dass es in der nächsten Amtszeit von Donald Trump womöglich auch zu einem Besuch in Deutschland kommen wird. Ich erinnere mich aus früheren Funktionen daran, dass er im Rahmen eines G20-Gipfels, wenn ich mich richtig erinnere, im Jahr 2017unter anderem die schöne Stadt Hamburg besucht hat.
Zusatzfrage
Herr Scholz hat am Ende seines Statements die erhebliche Polarisierung der Gesellschaft in Amerika erwähnt und dann sinngemäß gesagt, wir hier sollten zusammenstehen oder zusammenbleiben. Fürchtet der Bundeskanzler, dass das Ausmaß an Polarisierung, das wir in den USA sehen, irgendwann auch hier Fuß fasst, wenn wir nicht gegensteuern? Welche Strategie hat er, um solch eine Polarisierung zu verhindern?
Hebestreit (BReg)
Ich denke, das war ein Aufruf an uns alle. Das ist ja nicht nur ein amerikanisches Phänomen. Wir sehen in vielen westlichen Gesellschaften, dass die Stimmung stärker polarisierend wird. Das mag durch die Nutzung sozialer Medien noch verstärkt werden, in denen man sich ganz anders austauscht, als man es im direkten Miteinander voneinander gewohnt ist. Diesen Appell hat der Bundeskanzler schon häufiger erhoben, zuletzt, denke ich, in seiner Neujahrsansprache für das Jahr 2024. Das ist also ein dauerhaftes Mahnen von ihm. Es geht, denke ich, an die Adresse aller politischen und auch gesellschaftlichen Akteure, dass man bei all den verständlichen Unterschieden, die man hat, was politische Positionen und was vielleicht auch gesellschaftliche Wertvorstellungen angeht, versucht, zusammenzubleiben ‑ dann sei das Land stärker ‑ anstatt sich gegeneinander zu treiben. Ich denke, das war sein Punkt, ohne dass er konkreter nahelegen wollte, dass wir schon in Situationen oder in einer Atmosphäre seien, wie sie uns der US-Wahlkampf jetzt vor Augen geführt hat.
Frage
Herr Hebestreit, ich möchte an die vorige Frage anknüpfen. Beobachter oder Analysten der US-Wahl sind sich relativ einig darüber, dass dieses doch sehr deutliche Wahlergebnis Ausdruck einer anderen Art von Spaltung ist, nämlich einer wachsenden Distanz zwischen Regierten und Regierenden. Die Einschätzung ist allgemein die, dass das Volk sagt: Wir haben die Schnauze voll von dem, was man als Elite bezeichnen mag. ‑ Sehen Sie ähnliche Gefahren oder Tendenzen für Deutschland und auch für Ihre Regierung? Hier stehen demnächst ja auch Wahlen an.
Hebestreit (BReg)
Ich habe in den letzten Tagen einiges verfolgt, was die amerikanischen Wahlen angeht und was Experten gesagt haben. Ich bin mir nicht sicher, ob ich den gleichen Eindruck habe wie Sie, dass man so einheitlich diese These habe. Ich denke, diese These ist vor allem seitens der Republikanischen Partei massiv in den Diskurs getragen worden. Es gibt diese These; ich weiß aber nicht, ob sie so einheitlich von allen geteilt wird. Insofern hat sie, denke ich, ihre Berechtigung, genauso wie auch andere Thesen ihre Berechtigung haben, aber es bringt jetzt nichts, das hier miteinander auszudiskutieren.
Grundsätzlich geht die Bundesregierung davon aus, dass sie gewählt ist. Sie ist für vier Jahre gewählt, und sie hat die Aufgabe, die anstehenden Probleme zu lösen. Dabei ist sie gerade, wie Sie im Augenblick auch merken, sehr intensiv in Auseinandersetzungen und Gesprächen, was den Haushalt 2025 und auch die Frage angeht, wie wir auf die schwächelnde Situation der deutschen Industrie reagieren können. Diese Gespräche haben das Ziel, zu einer konstruktiven, gemeinsamen Lösung zu kommen.
Zusatzfrage
Nachfrage an Sie oder vielleicht auch Herrn Fischer: Befürchten Sie, dass dieser Tag mit seinen Resultaten zu einem schwarzen Tag für Palästina und vor allem für die Ukraine werden könnte? Die Sprecherin des russischen Außenministeriums hat das Wahlergebnis mit einem Halleluja öffentlich kommentiert. Das gibt auch einen Eindruck wieder.
Hebestreit (BReg)
Das sind Werturteile, die Journalistinnen und Journalisten und politische Beobachter abgeben und womöglich auch begründen können. Aber das sollte nicht seitens der Regierung erfolgen. Wir haben es mit demokratischen Wahlen und dem Ergebnis demokratischer Wahlen zu tun. Wir wissen nicht, was die nächsten Monate bringen werden. Der Kanzler hat deutlich gemacht, dass die künftige Trump-Administration vieles erst einmal für sich definieren muss. Dort gibt es im Augenblick sehr unterschiedliche Vorstellungen, auch innerhalb der unterschiedlichen Lager in den USA. Jetzt schon zu sagen, wie sich das dann auswirken wird, wäre alles Spekulation.
Grundsätzlich ‑ das habe ich vorhin schon einmal betont ‑ setzen wir darauf, konstruktiv und partnerschaftlich auch mit der neuen US-Administration in Europa zusammenzuarbeiten. Das gilt es jetzt erst einmal zu bemühen.
Fischer (AA)
Wenn ich darf, will ich ergänzen, dass wir doch gut vorbereitet, mit großer Ernsthaftigkeit und vor allem auch mit einer gewissen Zuversicht an die Arbeit gehen und die Gespräche mit der neuen Regierung vorbereiten. Warum sind wir zuversichtlich? ‑ Weil unser Land in der Vergangenheit gezeigt hat, wie stark und wie kraftvoll es ist. Wir alle haben das zuletzt gesehen, als wir es geschafft haben, sehr schnell von den russischen Öl- und Gaslieferungen umzustellen, den erwarteten Kältewinter hier in Deutschland abzuwenden und unsere Energieversorgung umzustellen. Mit dieser Stärke und dieser Kraft, die wir in Deutschland und Europa haben, gehen wir in die Gespräche. Dabei geht es, wie die Außenministerin gesagt hat, darum, Europa weiterhin zu stärken. Daran arbeiten wir, um einen festen und weiterhin starken transatlantischen Pfeiler in Europa zu bilden.
Frage
Herr Hebestreit, ich möchte noch einmal auf die Ukraine zurückkommen. Hat man in der Bundesregierung ein bisschen durchgerechnet, was auf Deutschland zukommt, sollte Herr Trump mit seiner Warnung ernst machen und die Hilfe für die Ukraine einstellen oder radikal reduzieren? Gibt es in der Bundesregierung einen Plan B in Sachen der Ukraineunterstützung?
Hebestreit (BReg)
Wie gut wir vorbereitet waren, sehen Sie daran, dass wir dieses Jahr im Rahmen der G7 vereinbart haben, 50 Milliarden US-Dollar an Kredit aufzubringen, der der Ukraine zur Verfügung gestellt wird, damit die Ukraine unabhängig von einzelnen innenpolitischen Erwägungen zuverlässig die Mittel hat, um weiterhin auch Waffen zu kaufen und ihre Verteidigung zu stemmen. Parallel dazu hat die Bundesregierung nach jetzigem Stand ‑ wie Sie wissen, laufen die Haushaltsverhandlungen noch ‑ ihre bilaterale Hilfe auf vier Milliarden Euro festgelegt. Insofern ist da nicht von einem Fadenriss oder einem Einstellen der Hilfe zu reden. Wir haben es entgegen manchen Unkereien auch geschafft, dass dieser 50-Milliarden-Kredit auf den Weg gebracht werden konnte. Dies schafft eine zuverlässige Basis für die Ukrainerinnen und Ukrainer, die sich ‑ noch mal zur Erinnerung ‑ seit mehr als zweieinhalb Jahren einem erbarmungslosen Angriffskrieg Russlands gegenübersehen und sich auf heldenweise unter hohen Opfern verteidigen. Auch das ist eine Situation, die natürlich niemanden kalt lässt.
Zusatzfrage
Bereitet sich der Kanzler politisch darauf vor, demnächst sozusagen als Führer der pro-ukrainischen Koalition aufzutreten?
Hebestreit (BReg)
Also ich glaube, nach den Vereinigten Staaten von Amerika ist Deutschland der stärkste Unterstützer der Ukrainerinnen und Ukrainer, sowohl militärisch als auch finanziell als auch politisch. Jetzt muss man einmal sehen, wie die Vereinigten Staaten künftig agieren werden. Daraus ergeben sich dann vielleicht auch schon Antworten auf Ihre Frage.
Frage
Daran anknüpfend: Herr Hebestreit, Sie haben den Kredit zwar erwähnt, aber wäre Deutschland, wenn die USA als Unterstützer der Ukraine aushalten sollten, überhaupt in der Lage, die Hilfe zu stemmen, die dort nötig ist?
Hebestreit (BReg)
Sie haben in Ihrer Frage ja schon ausgeschlossen, was die Antwort wäre, nämlich: Es sind 50 Milliarden Dollar, und das ist eine sehr, sehr große Summe. Zur Erinnerung: Deutschland hat bilateral in diesem Jahr Militärgüter in Höhe von knapp acht Milliarden Euro geliefert. Insoweit ist das erst einmal eine Summe, die ich nicht einfach aus einer Frage ausklammern würde.
Grundsätzlich ist es auch nicht klug, jetzt zu spekulieren, wie womöglich eine US-Administration agieren könnte; insofern will ich das von dieser Stelle aus auch nicht tun. Aber wie Sie sehen können, hat es Vorbereitungen dafür gegeben, dass auch in diesen Phasen der Ungewissheit, in denen nicht ganz klar ist, wie Hilfen weitergehen, die finanzielle Basis dafür geschaffen ist, dass es davon unbeleckt weitergehen kann.
Zusatzfrage
Wie sahen die Vorbereitungen denn aus, was jetzt die Haushaltsberatungen angeht? Herr Pistorius hat ja ursprünglich auch acht Milliarden Euro mehr für die Bundeswehr gefordert; es sind dann letztendlich nur ein bisschen mehr als drei Milliarden Euro geworden. Sie haben die laufenden Haushaltsverhandlungen angesprochen: Ist im Gespräch, ob der Verteidigungsetat angesichts des Wahlausgangs noch einmal aufgestockt wird?
Hebestreit (BReg)
Grundsätzlich verschließt man ja niemals die Augen vor der Realität. Ansonsten kann ich den aktuell laufenden, fast zur Stunde laufenden Haushaltsverhandlungen natürlich nicht vorgreifen oder da eingreifen. Der Haushaltsgesetzgeber ist jetzt ebenfalls am Zuge. Die Haushaltsbereinigungssitzung im Deutschen Bundestag ist für Donnerstag in einer Woche terminiert, und der Haushalt soll zwei Wochen später im Deutschen Bundestag final beschlossen werden. Insofern wissen wir dann mehr. Im Augenblick laufen die Gespräche, und da kann ich von dieser Stelle aus nichts Sinnvolles beitragen.
Frage
Herr Hebestreit, als heute Morgen die ersten Glückwünsche des Kanzlers an Donald Trump gingen, hatten mehrere US-Medien das Rennen noch gar nicht für entschieden erklärt, und Frau Harris hatte ihre Niederlage auch noch gar nicht eingestanden. Könnten Sie noch einmal ganz kurz erklären, nach welchen Regeln Sie wann gratulieren und ob die frühe Gratulation in diesem Fall auch ein politisches Signal an den neu gewählten Präsidenten ist?
Hebestreit (BReg)
Sie haben recht, das stand noch nicht offiziell fest. Allerdings war rechnerisch, glaube ich, kaum noch ein anderes “outcome” zu erwarten. Wir haben ja schon darauf verwiesen, dass es eine enge Koordinierung mit dem französischen Staatspräsidenten auch in dieser Frage gegeben hat. Er hat, glaube ich, bereits um kurz nach neun auf Twitter gratuliert. Dann haben wir noch etwas abgewartet und haben unsererseits, glaube ich, um halb elf, wenige Minuten bevor dann das offizielle Ergebnis auch da war, gratuliert. Da würde ich jetzt nicht zu viel hineingeheimnissen. Wir waren nicht die Ersten und auch nicht die Letzten, die gratulieren. Auch nach einem so engen Wahlkampf, der es ja gewesen ist, gehört es sich dann, dass man die Glückwünsche ausspricht. Ich habe ja auch erwähnt, dass man in den USA, was die Ortszeit angeht, in den frühen Morgenstunden gewesen ist. Insofern, glaube ich, macht das keinen größeren Unterschied.
Frage
Ich möchte noch einmal auf das Statement der Außenministerin Bezug nehmen, die auch gesagt hat, es wäre jetzt Zeit ‑ ich paraphrasiere das ‑ selbstauferlegte Fesseln abzulegen, was Großinvestitionen angeht. Da würde mich von Herrn Hebestreit, aber auch vom BMF interessieren: Zieht man in Betracht bzw. hält man es für eine gute Idee, bei der Schuldenbremse eine Notlage zu erklären, falls das im Rahmen von Herrn Trumps Aktionen “in office” nötig sein sollte?
Eine zweite Frage: Herr Hebestreit, könnten Sie uns noch ein bisschen näher erklären oder erläutern, inwiefern sich Deutschland und Frankreich im Vorfeld der Wahl bereits über Szenarien wie eine Trump-Wahl abgesprochen haben bzw. welche Kontakte es da gab?
Hebestreit (BReg)
Wie in vielen Fragen gibt es eine sehr enge Abstimmung zwischen dem französischen Präsidenten und dem deutschen Bundeskanzler. Teil dieser engen Absprachen ist auch immer, dass man sie vertraulich hält. Aber Sie merken ja, wie eng man sowohl in den Reaktionen als auch in der grundsätzlichen Haltung in diesen Fragen koordiniert ist.
Zum ersten Teil: Das sind ja hypothetische Fragen, die Sie da zu Recht ansprechen. Eine Notlage kann man dann erklären, wenn sie vorhanden ist; man kann sie ja nicht erfinden. Man kann ja nicht einfach sagen: Ich finde, das ist jetzt eine Notlage. Das muss vielmehr verfassungsrechtlich fest und begründet sein. Das gilt im Rahmen der existierenden Schuldenregel.
Dann gibt es noch die Variante, dass man die Schuldenregel ändert. Dafür braucht es eine verfassungsändernde Mehrheit, also eine Zweidrittelmehrheit im Deutschen Bundestag und eine Zweidrittelmehrheit im Bundesrat. Da kann man sich jetzt auch die Wahrscheinlichkeiten ausrechnen, ob das möglich wäre oder nicht.
Grundsätzlich ist es aber so, dass die Regierung handlungsfähig ist, sein muss und bleiben wird. Insofern muss man immer wieder schauen, was die Realität bringt und wie man darauf reagiert. Ich würde jetzt aber auch nicht von Fesseln sprechen, die irgendwen hindern würden.
[…]
Frage
Zurück Donald Trump: Herr Hebestreit, spielt es für die Bundesregierung eine Rolle, dass der gewählte US-Präsident ein verurteilter Präsident ist, was für die USA und für die demokratische Welt ein Novum ist?
Hebestreit (BReg)
Es ist auf jeden Fall ein Novum für die Vereinigten Staaten. Ob es auch für die demokratische Welt ein Novum ist, müsste ich noch einmal überprüfen; ich glaube, das stimmt nicht ganz. Ich glaube, auch der brasilianische Präsident saß eine Zeit lang im Gefängnis. Insofern ist das nichts, was uns beschäftigt. Das ist ein abgeschlossenes rechtsstaatliches Verfahren in den Vereinigten Staaten.