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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 18.11.2024

18.11.2024 - Artikel

Reisen der Bundesaußenministerin nach Brüssel zum Rat für Auswärtige Beziehungen der EU, nach Warschau, nach Eriwan und nach Baku zur UN-Weltklimakonferenz (COP29)

Deschauer (AA)

Guten Morgen auch von meiner Seite! Ich habe Ihnen heute mehrere Reisen anzukündigen. Die Außenministerin ist gerade in Brüssel beim EU-Außenrat. Zu den Schwerpunkten hat sie sich bereits heute Morgen geäußert. Es geht unter anderem um die transatlantischen Beziehungen der Europäischen Union nach den Wahlen in den Vereinigten Staaten und natürlich auch um die Fragestellung der weiteren Unterstützung für die Ukraine. Die dramatische Lage im Nahost steht einmal mehr im Fokus. Als EU wollen wir den Druck hoch halten, sodass endlich mehr Hilfslieferungen in den Gazastreifen gelangen können. Die Außenministerin wird am heutigen Nachmittag auch ein Gespräch mit NATO-Generalsekretär Rutte führen. Hierbei wird sicherlich auch das Thema der Lage in der Ukraine im Zentrum stehen.

Morgen wird die Ministerin zunächst nach Warschau reisen. Sie wird dort auf Einladung des polnischen Außenministers an einem Treffen im erweiterten Weimarer Format gemeinsam mit den Außenministern Frankreichs und Italiens sowie der designierten Hohen Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik teilnehmen. Auch die Außenminister Spaniens und Großbritanniens werden aller Voraussicht nach zugeschaltet sein.

Anschließend geht es am selben Tag weiter in die armenische Hauptstadt Eriwan, wo die Außenministerin mit ihrem armenischen Amtskollegen Mirsojan zusammentreffen wird, um über die regionale Zusammenarbeit zu sprechen.

Am Abend geht es dann nach Baku, um dort ab Mittwoch gemeinsam mit der Europäischen Union die Verhandlungen für Deutschland zu führen und die deutsche Delegation auf der COP29 zu leiten. Sie wissen, dass das Verhandlungsteam der Bundesregierung bereits vor Ort ist. Sie übernimmt dort von der Staatssekretärin und Sonderbeauftragten für internationale Klimapolitik Jennifer Morgan. Im Rahmen der Verhandlungen und am Rande wird die Außenministerin zahlreiche Gespräche führen, auch mit Vertretern der Zivilgesellschaft.

[…]

Frage

(zur Reise der Bundesaußenministerin nach Warschau) Das ist ja durchaus ein ungewöhnliches Format. Haben Sie schon einen Namen dafür? Wird man in Zukunft, im Vorfeld sozusagen der verschärften Sicherheitslage, die ja auch mit der amerikanischen Präsidentschaftswahl zusammenhängt, häufiger solche Treffen erwarten können? Was sind Ihre Pläne mit diesem Bündnis?

Deschauer (AA)

Sie sprechen die morgige Reise der Außenministerin nach Warschau an. Ich denke, dieser Besuch und das Treffen sind Ausdruck der Notwendigkeit, aber auch der engen Abstimmung im Kreise von Kernpartnern der Europäischen Union. Ich denke, das bedarf nicht unbedingt eines Labelings, sondern es zeigt, dass die gemeinsame Sorge unter anderem um die Lage in der Ukraine, aber auch um Frieden und Sicherheit für die Europäische Union als Ganzes drängend ist. Gerade diese Länder und der erweiterte Kreis ich sprach ja davon, dass die Zuschaltung der britischen Kolleginnen und Kollegen im Gange sein wird sind besonders wichtig.

Zusatzfrage

Sie haben aber noch keine konkreten Pläne gefasst, wie es damit weitergeht. Schaut man erst einmal, wie es morgen läuft?

Deschauer (AA)

Ich denke, das Treffen an sich ist erst einmal wichtig, der enge Austausch zwischen Partnerinnen und Partnern der Europäischen Union und darüber hinaus in Europa. Es handelt sich ja um Mitgliedstaaten der Europäischen Union bzw. der NATO. Es gibt die gemeinsame große Sorge angesichts der Sicherheitslage in Europa und vor allem der Lage in der Ukraine. Dass ein Austausch dazu sehr wichtig und sehr eng ist und dass enge Abstimmungen vonstattengehen müssen, ist ein Zeichen an sich.

Der Austausch wird morgen stattfinden. Im Nachgang dazu kann ich sicherlich etwas mehr darüber berichten, wie die Gespräche gelaufen sind.

Russischer Angriffskrieg gegen die Ukraine

Frage

Wusste die Bundesregierung vorher, dass Biden die weitreichenden Waffen zusagen würde? Wird das Folgen für die Taurus-Diskussion haben?

Büchner (BReg)

Ja, die Bundesregierung war darüber informiert, und nein, es hat keine Auswirkungen auf die Entscheidung des Bundeskanzlers, Taurus nicht zu liefern.

Frage

Frau Jenning, können Sie noch einmal sagen, über welche von Deutschland gelieferten Waffen, die für solche Angriffe auf russischem Gebiet genutzt werden könnten, die Ukraine aktuell verfügt?

Jenning (BMVg)

Grundsätzlich darf ich Sie hinsichtlich der gelieferten Systeme ganz allgemein auf die öffentlich zugängliche Liste verweisen, die die Bundesregierung bereithält und die immer aktuell gehalten wird.

Weil das eben ein bisschen anklang, möchte ich die Möglichkeit nutzen, zu betonen, dass es keine deutschen Waffen sind, sondern dass es sich dann um ukrainische Waffen handelt, die die Ukraine im Rahmen des Völkerrechts entsprechend einsetzen darf.

Alle von uns gelieferten Waffen fallen nicht in die Kategorie der weitreichenden Waffen. Auch das haben wir an dieser Stelle schon häufig diskutiert. Dem habe ich nichts weiter hinzuzufügen.

Frage

Frau Deschauer, Frau Jenning, würden Sie noch einmal die Position Ihrer Minister in der Taurus-Debatte wiedergeben? Sowohl Herr Pistorius als auch Frau Baerbock haben, denke ich, Sympathie für die Lieferung der Taurus-Raketen. Hat sich das jetzt geändert? Russland hat durch den massiven Angriff am Wochenende die Energieinfrastruktur des Landes massiv beeinträchtigt. Könnte das nicht ein Auslöser sein, die Entscheidung zu revidieren?

Deschauer (AA)

Ich kann anfangen und es sehr kurz machen. Ich kann auf das Statement der Außenministerin heute am Rande des RfAB verweisen, das Sie nachhören könnten. Darin hat sie sich zur Gesamtlage in der Ukraine geäußert, zur dramatischen Lage ‑ die Ministerin war erst vor Kurzem dort zu Besuch ‑ und auch zu der Notwendigkeit, die Luftverteidigung der Ukraine intensiv zu stärken.

Jenning (BMVg)

Auch der Verteidigungsminister hat sich heute dazu eingelassen, und zwar in Donauwörth. Dementsprechend möchte ich auf seine Äußerung verweisen.

Frage

Frau Baerbock hat sich positiv zu der Entscheidung der US-Regierung geäußert. Wie steht der Kanzler dazu?

Büchner (BReg)

Wie gesagt, war der Bundeskanzler darüber informiert. Das Ja von Präsident Biden zur Lieferung der TACAMS ist, wie Sie wahrscheinlich nachvollziehen können, sehr eng konditioniert, um beispielsweise die Ukraine gerade auch in der Grenzregion Kursk zu unterstützen.

Noch einmal: Die Entscheidung des Bundeskanzlers ist unverändert.

Zusatzfrage

Ich habe noch eine etwas grundsätzlichere, vielleicht naive Frage ans Verteidigungsministerium. Wenn ein Land ein anderes angreift und mit Raketen und Drohnen überzieht, warum diskutiert man dann überhaupt darüber, dass das andere Land das nicht tun darf? Was ist die Grundlage dafür? Das würde mich interessieren.

Jenning (BMVg)

Sie wissen, dass grundsätzlich immer in der Regierung insgesamt beraten und auch entschieden wird, was getan und was geliefert wird. Ich habe dazu von dieser Stelle aus keinen weiteren Sachstand zu übermitteln.

Frage

Die FDP möchte bekanntlich das Thema der Taurus-Lieferungen auf die Tagesordnung des Bundestags setzen. Gehe ich recht in der Annahme, dass es keine Auswirkungen für die Bundesregierung hätte, wenn der Bundestag einen entsprechenden Beschluss fassen würde, weil der Bundessicherheitsrat über Waffenlieferungen entscheidet?`

Büchner (BReg)

Ja, die Bundesregierung entscheidet über Waffenlieferungen.

Frage

Meine Frage geht entweder an Herrn Büchner oder ans Verteidigungsministerium. Trifft es zu, dass ein Vertrag über die Lieferung von etwa 4000 KI-gesteuerten Kampfdrohnen an die Ukraine abgeschlossen wurde und die Lieferung demnächst beginnen könnte? Sie werden wegen ihrer hohen Reichweite auch Minitaurus genannt.

Büchner (BReg)

Die Nachricht ist nicht neu. Auf unserer Internetseite finden Sie regelmäßig die aktualisierte Übersicht über Waffen und Waffensysteme, die wir der Ukraine geliefert haben oder künftig liefern werden. Dort sind auch die 4000 bewaffneten Drohnen bereits seit Oktober aufgeführt. Der Verteidigungsminister hat sich zur Lieferung bewaffneter Drohnen bereits im Juni 2024 geäußert, ebenso der Bundeskanzler beim jüngsten Besuch von Präsident Selenskyj.

Jenning (BMVg)

Ich darf an dieser Stelle ergänzen, dass es sich bei diesen Drohnen um taktische Drohnen mit einer eingeschränkten Reichweite handelt und dass der skizzierte Bezug zum Taurus, der in den Berichterstattungen gemacht wird, nicht besteht.

Zusatzfrage

Die allgemeine Information, Herr Büchner, war durchaus bekannt, das ist richtig. Aber sie wird jetzt konkretisiert, vor allem mit dem Hinweis darauf, dass diese Drohnen eine viermal höhere Reichweite als konventionelle, jetzt schon im Einsatz befindliche Drohnen hätten. Stimmt das nicht, Frau Jenning? Ist das falsch?

Jenning (BMVg)

Tatsächlich hat sich der Verteidigungsminister in dem bereits erwähnten Statement auch zu genau diesem Bereich eingelassen hat. Man kann hierbei wirklich von einer eingeschränkten Reichweite sprechen. Genauere Informationen können Sie dem Statement entnehmen.

Frage

Können Sie ausschließen, dass im Rahmen des G20-Treffens in Rio de Janeiro ein Austausch zwischen deutschen und russischen Behörden stattfinden wird?

Büchner (BReg)

Mir ist jedenfalls nicht bekannt, dass dort ein bilaterales Treffen geplant wäre.

Zusatzfrage

Vielleicht in einem anderen Format?

Büchner (BReg)

Mehr kann ich Ihnen dazu nicht sagen.

Zusatzfrage

Und informell?

Büchner (BReg)

Dieselbe Antwort.

Frage

Ich würde gern die Frage des Kollegen von vorhin an Sie, Herr Büchner, aufgreifen. Die Frage war, wie Deutschland, wie die Bundesregierung, wie der Bundeskanzler die Entscheidung aus Washington sieht, diese sehr weitreichende Waffen nun doch an die Ukraine zu schicken. Sie hatten gesagt, die Entscheidung, dass Deutschland das nicht liefere, sei unverändert. Aber die Frage war vielmehr, wie man es politisch bewertet, dass die jetzige amerikanische Administration, der wichtigste militärische Verbündete der Bundesrepublik, in dieser Lage für die Ukraine und zu dieser Zeit, da Präsident Biden noch im Amt ist und Herr Trump im nächsten Jahr kommt, solch eine Kehrtwende vollzieht. Vielleicht könnten Sie nicht auf die Entscheidung verweisen, dass diese Regierung noch keine Taurus-Marschflugkörper schickt, sondern etwas dazu sagen, dass sich die USA dazu entschlossen haben, diesen Schritt zu gehen.

Büchner (BReg)

Seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges gab es und gibt es immer eine sehr, sehr enge Abstimmung zwischen Deutschland und seinen Verbündeten, insbesondere mit den USA. Sie wissen auch, dass der Bundeskanzler und der amerikanische Präsident ein sehr enges und vertrauensvolles Verhältnis pflegen. Auch in der Vergangenheit schon haben wir die einzelnen Entscheidungen der einzelnen Staaten, die die Ukraine unterstützen, nicht kommentiert. Dabei bleibt es natürlich auch in diesem Zusammenhang.

Aber das ändert nichts daran, dass es diesbezüglich ein sehr abgestimmtes Vorgehen und ein großes Vertrauensverhältnis zwischen den Verbündeten gibt.

Zusatzfrage

Während des gesamten Krieges sieht man eigentlich, dass Deutschland den Verhältnissen ein wenig hinterherläuft. Es ist natürlich notwendig, dass man auf die Verhältnisse an der Front und auf den Schlachtfeldern reagiert. Aber haben Sie manchmal das Gefühl, dass man immer hinterherläuft und nicht vor die Aktion kommt?

Büchner (BReg)

Nein. Das ist Ihre Bewertung oder Unterstellung. Ich finde, davon kann keine Rede sein. Deutschland ist mit großem Abstand der größte Unterstützer der Ukraine im laufenden Jahr und auch im kommenden Jahr. Daher sehe ich keinen Grund, das so einzuordnen.

Frage

Herr Büchner, wusste der Bundeskanzler, als er mit Putin sprach, schon von der Entscheidung des amerikanischen Präsidenten?

Büchner (BReg)

Über den minutiösen Ablauf, wann wer wie und wo informiert wurde, kann ich hier keine Auskunft geben.

Frage

Herr Büchner, kurz nach dem längeren Telefonat mit Präsident Putin hat dieser am Wochenende die Ukraine mit schweren Raketen- und Drohnenangriffen überzogen. Welche Message ist das aus Sicht des Bundeskanzlers?

Büchner (BReg)

Sie sehen, dass der russische Präsident unverändert einen erbarmungslosen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt. Nichtsdestoweniger hielt und hält der Bundeskanzler es für richtig, mit dem russischen Präsidenten einmal wieder zu sprechen und im persönlichen Gespräch auch noch einmal sehr deutlich das klarzumachen, was sowohl er als auch die westlichen Verbündeten erwarten, dass Russland nämlich diesen Krieg umgehend beendet und seine Truppen aus der Ukraine abzieht.

Frage

Frau Jenning und Frau Deschauer, werden Ihre beiden Minister wegen der aktuellen Frontlage in der Ukraine vor dem Winter versuchen, den Bundeskanzler in seiner Haltung, was Taurus betrifft, umzustimmen, oder gilt diesbezüglich einfach: „Der Chef entscheidet, und wenn er entscheidet, dann akzeptieren wir das“?

Deschauer (AA)

Herr Büchner hat hier für die Bundesregierung gesprochen. Die Haltung der Außenministerin ist hinlänglich klar. Sie hat sich auch heute zu der amerikanischen Entscheidung geäußert. Die Außenministerin war, wenn ich richtig zähle, das achte Mal in der Ukraine, zuletzt just vor zwei Wochen. Sie hat aus eigener Anschauung erleben müssen ‑ ich habe diese Reise begleitet ‑, was die Ukrainerinnen und Ukrainer seit morgen auf den Tag genau tausend Tagen erleben. Unsere Unterstützung wird ungebrochen sein. Dafür ist die Außenministerin seit Tag 1 eingetreten. Das wird sie weiterhin tun. Sie hat vor zwei Wochen ein neues Paket an Winterhilfe mit nach Kyjiw gebracht.

Es wird sicherlich auch im Rahmen des RfAB, der gerade in Brüssel tagt, ein wichtiges Thema sein, wie wir Europäer die Ukraine weiterhin in ihrem Abwehrkampf gegen den russischen Terror, der vor allem aus der Luft kommt, unterstützen können. Dazu gehört ganz insbesondere die Unterstützung der Luftverteidigungsfähigkeiten.

Zu all diesen Fragestellungen ist die Bundesregierung immer im ausführlichen Gespräch, gerade das Auswärtige Amt und das Verteidigungsministerium, aber auch das Bundeskanzleramt. Aber wir werden sicherlich nicht aus internen Beratungen, sei es in der Europäischen Union oder im Rahmen der Bundesregierung, berichten.

Jenning (BMVg)

Dem kann ich mich anschließen. Auch der Verteidigungsminister hat sich mehrfach und immer entsprechend positioniert, dass wir an der Seite der Ukraine stehen. Wie es eben ausgeführt wurde, werden wir aus diesen internen Gesprächen natürlich hier nicht berichten.

Frage

Herr Büchner, könnten Sie vor dem Hintergrund, dass auf der einen Seite das Telefonat mit dem russischen Präsidenten auch von der Ukraine explizit kritisiert worden ist und man gesagt hat, man habe nicht gewollt, das das stattfinde, und dass die Ukraine auf der anderen Seite in ihrem Siegesplan explizit um Taurus gebeten hat, diese Diskrepanz, dass man auf der einen Seite das tut, was die Ukraine nicht will, auf der anderen Seite aber dem, was die Ukraine will, nicht nachgibt, noch einmal erklären? Wie rechtfertigt die Bundesregierung diese Diskrepanz? Wie erklären Sie das auch Ihren ukrainischen Partnern?

Büchner (BReg)

Ich sehe da gar keine Diskrepanz. Aus Sicht der Bundesregierung ist beides richtig und notwendig, nämlich dass wir die Ukraine mit all dem unterstützen, was sie dringend braucht, ganz insbesondere, wie Frau Deschauer gerade gesagt hat, zur Stärkung der Luftverteidigung, zum Wiederaufbau der Energieinfrastruktur etc. jetzt vor einem weiteren schwierigen Kriegswinter. Zugleich aber ist es dem Bundeskanzler wichtig ‑ das hat er immer wieder betont ‑, die Unterstützung und gerade auch die militärische Unterstützung so zu organisieren, dass es nicht zu einer Eskalation dieses Krieges kommt. Deshalb gibt es für den Bundeskanzler bestimmte Grenzen, die er an der Stelle nicht überschreiten will. Er hat sich klar festgelegt und gesagt, dass diese Langstreckenwaffe nicht geliefert wird. Diese Haltung wird sich auch nicht mehr ändern.

Zusatzfrage

Aber er scheint bei beiden Entscheidungen relativ allein dazustehen. Wie kommuniziert man darüber mit Partnern, wenn man so isoliert ist?

Büchner (BReg)

Wie ich Ihnen gerade schon beschrieben habe, gibt es einen engen und fortlaufenden Austausch mit unseren Partnern.

Frage

Frau Deschauer, Präsident Selenskyj hat nach seiner harschen Kritik am Telefonat noch gesagt, er hoffe, dass es im nächsten Jahr gelingen werde, den Krieg mit diplomatischen Mitteln zu beenden. Welche Rolle können Deutschland und die deutsche Außenpolitik dabei spielen, ungeachtet der Tatsache, dass wir nicht wissen, wer wann im nächsten Jahr das Ressort führen wird? Bereiten Sie sich jetzt auf eine Rolle in diesem diplomatischen Prozess vor, und wie kann sie aussehen?

Deschauer (AA)

Vielen Dank. Ich glaube, als Bundesregierung sind wir seit tausend Tagen daran; denn tausend Tage dieses Krieges sind zu viel, und wir wünschen uns für die Ukrainerinnen und Ukrainer, dass dieser Krieg endlich endet. Das hat eine Person in der Hand, und das ist Putin, der den Krieg von einem Tag auf den anderen beenden könnte.

Es gab Ansätze, wie Sie wissen, insbesondere die Bürgenstockkonferenz, in der Präsident Selenskyj die Hand ausgestreckt hat, und auch da hat er versucht, Russland mit an den Tisch zu holen; denn am Ende des Tages kann dieser Krieg natürlich nicht weitergehen und es muss eine Lösung geben aber eine Lösung, die kein Diktatfrieden gegen den Willen der Ukraine sein kann, sondern die eine Lösung sein muss, die die Ukrainerinnen und Ukrainer auf dem Weg zum gerechten Frieden selbst bestimmen.

Das heißt, die Haltung der Bundesregierung ist diejenige, dass wir natürlich den Ukrainerinnen und Ukrainerinnen den Rücken stärken, soweit wir das können und solange sie das brauchen, und zwar in Form von militärischer Unterstützung, wirtschaftlicher Unterstützung, politischer Unterstützung. Darauf sind wir seit Tag 1 vorbereitet, und das schließt, wie wir hier schon besprochen haben, natürlich mit ein, dass es sicher eines Tages auch zu Gesprächen kommen muss. Aber wenn wir die Situation sehen, dass Putin den 1000. Tag des Krieges mit einem massiven Bombardement beantwortet, das seinesgleichen sucht, dann muss man erkennen, dass in dieser Situation eine Person nicht zur Verhandlung bereit ist, sondern weiter die Ukraine unterwerfen will, und das ist Putin. Ich kann gerne noch einmal darauf verweisen, dass sich die Ministerin dazu heute Morgen geäußert hat, auch auf ihrem X-Account, wo sie das noch einmal sehr deutlich gemacht hat.

Zusatzfrage

Das ist ja alles unbestritten, vor allem die tausend Tage, aber diese Situation, dass Putin eben nicht das tut, was er tun könnte, nämlich den Krieg durch Rückzug beenden, besteht seit tausend Tagen und wird sich vermutlich nicht so schnell ändern, weil sich die militärische Lage nicht unbedingt zugunsten der Ukraine ändert. Deswegen noch einmal die Frage: Wenn Selenskyj jetzt sagt, er gehe davon aus oder er hoffe, dass im nächsten Jahr ‑ in den nächsten 365 Tagen, wenn man so will ‑ der Konflikt bzw. der Krieg diplomatisch beendet werden kann, welches sind dann die Rollen und die Teile, die Deutschland in diesem diplomatischen Prozess mit befördern kann? Das geht doch über den Appell an Putin hinaus.

Deschauer (AA)

Ich glaube, wir machen auch deutlich mehr als appellieren. Wir sind, wie Herr Büchner schon sagte, der zweitgrößte Unterstützer der Ukraine weltweit, der größte politische, militärische, wirtschaftliche Unterstützer innerhalb der Europäischen Union und auf dem europäischen Kontinent, und leisten auch Unterstützung für den Weg einer ‑ Sie sagen es ‑ diplomatischen Lösung. Der Präsident der Ukraine nennt das auch den Weg zum gerechten Frieden. Da sind wir an der Seite der Ukrainerinnen und Ukrainer und werden unser politisches Gewicht, unser wirtschaftliches Gewicht, aber natürlich auch unsere militärische Unterstützung weiter in die Waagschale werfen. Das schließt natürlich mit ein, dass wir den Plan des ukrainischen Präsidenten auf dem Weg zum gerechten Frieden ‑ er hat ja sehr frühzeitig einen Friedensplan auf den Tisch gebracht ‑ nach Kräften unterstützen werden.

Frage

An das Verteidigungsministerium: Frau Jenning, wie weit wäre die Maximalreichweite und wie weit ist die eingeschränkte Reichweite der Drohnen der Firma Helsing?

Jenning (BMVg)

Ich bitte um Verständnis, dass ich hier keine weitreichenden Informationen zu konkreten Modellen oder technischen Details liefern kann. Ich kann Sie aber verweisen, wie gesagt, auf die Äußerung verweisen, die der Verteidigungsminister heute zu diesem Thema in Donauwörth gegeben hat.

Nahostkonflikt

Frage

Das Thema Nahostkonflikt wurde vergangenen Freitag ein bisschen schnell abgefrühstückt: Laut eines UN-Berichts erfüllt Israels Kriegsführung in Gaza Merkmale von Völkermord. Am Freitag sagten Sie, diese Berichte bereiteten der Bundesregierung große Sorge. Darüber hinaus, dass es Ihnen große Sorge bereitet, würde mich interessieren, was für Konsequenzen die Bundesregierung jetzt aus diesem Bericht zieht. Einer der wichtigsten Partner Deutschlands wird hier von einem UN-Sonderausschuss beschuldigt, möglicherweise Völkermord zu begehen. Deutschland liefert weiter Waffen. Welche Konsequenzen gibt es hier?

Deschauer (AA)

Vielen Dank für die Frage. Ich würde trotzdem noch einmal auf das hinweisen, was der Kollege am Freitag sagte; das steht, und ich habe gar nicht so wahnsinnig viel hinzuzufügen. Natürlich ist die Lage in Gaza dramatisch. Die Außenministerin hat sich dazu heute auch ausführlich eingelassen, insbesondere mit Blick auf die dramatische humanitäre Lage. Sie sagte: Es gibt keine Ausreden dafür, dass humanitäre Hilfe nicht nach Gaza hineinkommt. Es gibt Grenzen, auch bei der Selbstverteidigung. Ich verkürze jetzt das Zitat; Sie können sich das alles noch einmal anhören. Wir haben auch deutlich gesagt, dass es keine Besiedlung von Gaza und keine Vertreibung geben darf.

Das unterstreicht noch einmal sehr deutlich, dass diese Bundesregierung und die Außenministerin in massivster Sorge sind. Es gibt eine Vielzahl an Berichten, die gerade veröffentlicht wurden, und wir schauen uns diese Berichte natürlich an. Wir fordern umfassende Aufklärung. Natürlich wird man dann im Kreise ‑ das ist das übliche Verfahren; heute tagt ja auch der Rat für Außenbeziehungen ‑ besprechen, ob und welche Folgen man davon auch immer im Einzelfall ableiten kann, wenn die Lage sich weiter so verschlechtert und Israel seinen Ankündigungen, Gaza mit humanitärer Hilfe zu fluten, bis dato leider keine entsprechende Umsetzung folgen lässt.

Zusatzfrage

Gerade mit Blick darauf, dass Deutschland vor dem IGH wegen potenzieller Beihilfe zum Völkermord angeklagt ist, kann man sagen, dass Deutschland hier wirklich massiv unter Druck gerät. Wenn in ein paar Jahren durch den IGH bestätigt werden sollte, dass es sich um Genozid handelt, könnte Deutschland hier wirklich in die Bredouille kommen, gerade in Bezug auf die Waffenlieferungen, die jetzt wieder fortgeführt wurden. Wie geht man mit dieser schwierigen Situation um?

Deschauer (AA)

Ich glaube, zu Waffenlieferungen bzw. zu dieser Frage haben wir uns hier schon intensiv ausgetauscht. Ich weiß, dass die Antwort, die ich Ihnen jetzt gebe, Sie nicht befriedigen wird: Das sind immer und zwar weltweit, also auch in diesem Fall Einzelfallentscheidungen, über die wir das BMWK ist da federführend an dieser Stelle nicht berichten werden. Es gilt natürlich auch, dass diese Einzelfallentscheidungen immer auch den regionalen Kontext und die außen- und sicherheitspolitische Lage engstens betrachten.

Was das IGH-Verfahren angeht ‑ dazu haben wir uns auch schon eng ausgetauscht ‑, so kann ich das an dieser Stelle im Detail nicht näher kommentieren. Es ist einfach so, dass wir dort gerade in einem Verfahrensschritt sind, in dem sich das entsprechende Gremium mit den Fragestellungen beschäftigt. Die Haltung der Bundesregierung in der Frage, inwiefern es sich um einen Völkermord handelt, haben wir hier auch schon einmal erläutert. Das ist aus unserer Sicht nicht gegeben, weil keine intendierte Vernichtung einer ethnischen oder religiösen Gruppe angestrebt ist.

Gleichwohl möchte ich natürlich sehr klar sagen, dass die dramatische Lage vor Ort, wie wir sie jeden Tag aufs Neue erleben und Berichte darüber hören und sehen müssen, Grund zur allergrößten Sorge bietet und natürlich große Fragezeichen mit Blick auf die Einhaltung des humanitären Völkerrechts stellt. Diese Fragestellungen beschäftigen gerade, wie Sie sagen, Gerichte.

Zusatzfrage

Verstehe ich das also richtig, dass die Bundesregierung diesem UN-Bericht explizit widerspricht?

Deschauer (AA)

Ich habe mich das gerade nicht tun hören; ich habe vielmehr erläutert, was die Haltung der Bundesregierung ist. Dazu gehört auch, dass wir diese Berichte, die sehr drastische Vorwürfe enthalten, sehr, sehr ernst nehmen und uns mit der Lage intensiv beschäftigen.

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