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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 06.12.2024

06.12.2024 - Artikel

Nahostkonflikt

Frage

An Herrn Fischer, gegebenenfalls auch Frau Hoffmann: Hat sich die Bundesregierung mit dem 296-seitigen Bericht von Amnesty International auseinandergesetzt, der Israel Völkermord in Gaza vorwirft? Die Bundesregierung bezieht sich bei internationalen Fragen ja gern auf Amnesty International.

Fischer (AA)

Wir beschäftigen uns mit dem Bericht. Wir nehmen die darin enthaltenen Vorwürfe sehr ernst und sind dabei, sie zu analysieren. Einige der Fragen, die der Bericht aufwirft, haben wir hier in den vergangenen Wochen und Monaten schon diskutiert. Sie wissen, dass wir seit Langem fordern, dass Israel bei seinen Angriffen auf die Zivilbevölkerung und die zivile Infrastruktur im Rahmen des humanitären Völkerrechts agiert. [Versprecher, gemeint ist: „dass Israel bei seinen Angriffen die Zivilbevölkerung und die zivile Infrastruktur entsprechend den Vorgaben des humanitären Völkerrechts schützt.“ ‑ Siehe weiteren Verlauf.]

Das heißt, dass insbesondere absehbare Folgen militärischer Maßnahmen nicht außer Verhältnis zu dem erwarteten militärischen Nutzen stehen. Sie wissen, dass wir die israelische Regierung immer wieder dazu auffordern, ihre militärische Operationsführung in Gaza anzupassen und ihren Verpflichtungen zum Schutz der Zivilistinnen und Zivilisten dort besser nachzukommen. Natürlich sind wir auch tief besorgt über die dramatische humanitäre Lage in Gaza und erwarten von Israel weiterhin, dass es seine Zusage einhält, den Gazastreifen mit Hilfsmitteln zu fluten.

Für uns stellt sich der Sachverhalt aber weiterhin so dar, dass Israel in Verteidigungsabsicht gegen die Hamas handelt, die diesen Konflikt mit ihren Terroranschlägen vom 7. Oktober ausgelöst hat. Aber klar ist auch ‑ das habe ich schon gesagt ‑, dass dies im Einklang mit dem humanitären Völkerrecht geschehen muss; auch das sagen wir Israel in aller Deutlichkeit.

Zusatzfrage

Wenn es hier in der Vergangenheit um das Thema des Völkermordvorwurfs ging, haben Sie das immer strikt abgelehnt. Das habe ich jetzt nicht gehört, basierend auf meiner Frage. Sie sagten auch gerade ‑ ‑ ‑

Fischer (AA)

Sie haben die Frage ja auch noch nicht gestellt.

Zusatzfrage

Ich wollte wissen, was Sie zu dem Vorwurf von Amnesty International sagen. Sie haben gerade auch selbst von Israels Angriffen auf die Zivilbevölkerung gesprochen. Ich weiß nicht, ob das ein Versprecher war. Aber Amnesty dokumentiert in diesem Bericht, dass die Zivilisten bombardiert wurden, mehrfach zwangsumgesiedelt wurden, ausgehungert werden und wurden, dass zivile Infrastruktur gezielt angegriffen wird, darunter Krankenhäuser und die Wasserversorgung. Darauf basieren deren Genozidvorwürfe. Das alles sind ja Dinge, die Sie auch anerkennen. Korrekt?

Fischer (AA)

Wir haben all diese Themen hier schon angesprochen. Ich kann es jetzt nicht für jeden Einzelfall bestätigen, aber wir haben immer wieder auch bei Angriffen Fragen an die israelische Regierung gestellt und um Aufklärung gebeten. Aber um das auch noch einmal klar zu machen; wir haben das hier schon häufiger besprochen: Wenn es um die Frage des Völkermords geht, dann setzt er natürlich die klare Absicht zur Ausrottung einer Volksgruppe voraus. Diese klare Absicht erkenne ich weiterhin nicht. Dementsprechend kann ich den Schlussfolgerungen des Berichts an dieser Stelle nicht folgen.

Frage

Frau Hoffmann, ich fasse es so kurz, wie es mir möglich ist, zusammen: Wir haben ein Gutachten des IGH, das die israelische Besatzung der palästinensischen Gebiete in Gänze illegal nennt und ganz klar andere Staaten dazu aufruft, diesen Zustand nicht zu unterstützen. Wir haben einen Haftbefehl des IStGH gegen Netanjahu und Galant wegen vermuteter Kriegsverbrechen. Wir haben einen Bericht der UN-Sonderkommission, der besagt, dass das, was Israel in Gaza macht, gegen die Genozidkonvention verstößt. Und jetzt haben wir einen 300-seitigen Bericht von Amnesty International, der ebenfalls besagt, dass Israel einen Genozid gegen die Palästinenser in Gaza begeht.

Am Mittwoch sagt Olaf Scholz trotzdem: Deutschland wird weiterhin Waffen an Israel liefern.

Können Sie erklären, wie das mit der deutschen Verpflichtung gegenüber dem Völkerrecht zusammenpasst?

Hoffmann (BReg)

Ich will jetzt nicht alles wiederholen, was Herr Fischer eben gesagt hat, aber im Grunde müsste ich das tun, um noch einmal deutlich zu machen, dass wir Israel immer wieder darauf hinweisen, dass es wichtig ist, dass das humanitäre Völkerrecht in dem Verteidigungskampf, den Israel nach dem Angriff der Hamas führt, eingehalten wird. Die Völkermordkonvention ‑ Herr Fischer hat auch das gesagt ‑ verbietet Handlungen, die mit der Absicht begangen werden, nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppen im Ganzen oder teilweise zu vernichten. Das ist nach Auffassung der Bundesregierung hier nicht gegeben. Aber es ist immer wichtig, dass der Schutz der Zivilbevölkerung in dieser Auseinandersetzung maximal, so weit, wie es irgendwie möglich ist, gewahrt wird und dass wir dazu in einem Gespräch mit Israel sind.

Was Waffenlieferungen angeht, hat der Kanzler gesagt, dass es in jedem Fall Einzelentscheidungen sind, die getroffen werden, aber dass es keinen generellen Stopp von Waffenlieferungen gibt, sondern dass wir in jedem Einzelfall alles abwägen, was abzuwägen ist. Dazu gehören selbstverständlich auch humanitäre und völkerrechtliche Gesichtspunkte.

Zusatzfrage

Das hat der Kanzler so nicht gesagt. Er hat am Mittwoch auf die Frage von Dobrindt noch einmal bekräftigt, dass man darüber informieren werde, wenn die versprochenen Waffenlieferungen geliefert worden seien. Das heißt, man hat vor, weiterhin Waffen zu liefern.

Selbst wenn man sagt, Amnesty liege falsch in seinen 300 Seiten und die UN liege falsch in ihrem Bericht, dann besteht doch trotzdem Grund zur Annahme, dass sich das israelische Militär nicht an das internationale Völkerrecht hält. Insofern stellt sich doch weiterhin die Frage: Wie kann man, da es diese Annahme doch geben muss, weiterhin Waffen liefern?

Hoffmann (BReg)

Er hat gesagt, es gibt keine Entscheidung über einen generellen Stopp. Ich sage, es wird, wie wir es immer gesagt haben, in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung aller Aspekte entschieden.

Was die humanitären Fragen und das humanitäre Völkerrecht angeht, so sind wir mit Israel dazu im Gespräch.

Frage

Zwei Fragen, eine an das Auswärtige Amt und eine an das Bundesverteidigungsministerium:

Herr Fischer, würden Sie zumindest eine internationale Untersuchung befürworten? Sie sagen immer wieder, Israel soll es machen. Israel macht das aber nicht oder sehr, sehr ungenügend. Die Vorwürfe sind sehr heftig. Würden Sie eine internationale Untersuchung befürworten?

An das Bundesverteidigungsministerium: Generalinspekteur Breuer hat sich mit seinem israelischen Pendant getroffen. Wieso jetzt? Der israelischen Armee werden massive Kriegsverbrechen vorgeworfen. Wieso zum jetzigen Zeitpunkt, wieso versuchen Sie jetzt, die UN und viele internationalen Hilfsorganisationen zu brüskieren, indem Sie sich mit einem Kriegsverbrecher treffen?

Fischer (AA)

Natürlich ist Israel in erster Instanz dafür verantwortlich, Vorwürfe aufzuklären, Fragen zu beantworten und, sollten sich bei der Aufklärung Hinweise darauf ergeben, dass dort Kriegsverbrechen geschehen sind, diese auch zu verfolgen. Gleichzeitig gibt es aber auf internationaler Ebene schon eine Reihe von Berichten, aber eben auch Verfahren, die sich mit der Situation auseinandersetzen. Sie erwähnen hier immer wieder den IGH und den IStGH. Von daher würde ich jetzt nicht sehen, was an weiteren Untersuchungen noch notwendig wäre.

Aber noch einmal: Es ist an Israel, die Vorwürfe aufzuklären und dort, wo notwendig, Verantwortliche zur Rechenschaft zu ziehen.

Zusatzfrage

Tut Israel aus Ihrer Sicht genug, um für Aufklärung zu sorgen?

Fischer (AA)

Darauf arbeiten wir hin.

Jenning (BMVg)

Zunächst möchte ich voranstellen, dass ich mir Ihre Einschätzung, Ihre Wahl des Begriffs „Kriegsverbrecher“, so nicht zu eigen mache.

Wir stimmen uns mit unseren Partnern und mit anderen Nationen immer auf allen Ebenen eng ab, natürlich auch auf der Ebene des Generalinspektors. Auch hier gilt wie immer, dass wir uns zu Details solcher Gespräche nicht äußern.

Frage

Herr Fischer, vorhin sprachen Sie in Antwort auf meine erste Frage von Israels Angriffen auf die Zivilbevölkerung. Ich habe dann gefragt, ob das ein Versprecher ihrerseits war. Sie haben darauf nicht geantwortet.

Fischer (AA)

Wenn das die Frage war, dann war es natürlich ein Versprecher. Es geht sozusagen um Angriffe im Sinne der Selbstverteidigung, die auch die Zivilbevölkerung treffen. Wir haben hier ausdrücklich festgestellt, dass aus unserer Sicht zu viele Zivilistinnen und Zivilisten in Gaza sterben.

Zusatzfrage

Die Generalsekretärin von Amnesty hat zum Thema der Waffenlieferung auch gesagt, Staaten, die Waffen an Israel lieferten, liefen Gefahr, sich an dem Völkermord zu beteiligen. Es kann tatsächlich sein, dass der IGH irgendwann entscheidet, dass das tatsächlich ein Völkermord ist.

Nimmt die Bundesregierung dieses Risiko in Kauf, und welche rechtlichen Konsequenzen hätte das für die Beteiligten an den Entscheidungen über diese Waffenexporte?

Fischer (AA)

Sowohl die stellvertretende Regierungssprecherin als auch ich, wir haben unsere Haltung zu dem Völkerrechtsvorwurf hier deutlich gemacht. Gleichzeitig hat die stellvertretende Regierungssprecherin noch einmal auf die restriktive Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung hingewiesen, in der außen- und sicherheitspolitische Fragen natürlich in jede Einzelfallentscheidung einbezogen werden, genauso wie Fragen des humanitären Völkerrechts.

Zu Ihrer Frage von vorhin: Ich meine, gesagt zu haben, dass es darum ging, dass Israel bei seinen Angriffen die Zivilbevölkerung und die zivile Infrastruktur entsprechend den Vorgaben des humanitären Völkerrechts schützt. Wenn das undeutlich formuliert gewesen sein sollte, dann tut es mir leid und dann würde ich bitten, das im Protokoll zu korrigieren.

Zusatz

Was ich meinte war: Mit den Waffenexporten nimmt die Bundesregierung also das Risiko in Kauf, am Ende an einem Völkermord beteiligt zu sein.

Fischer (AA)

Wie gesagt, haben wir unsere Haltung dazu hier klar gemacht.

Ich würde gern kurz „unter drei“ gehen, wenn ich darf.

Vorsitzender Detjen

Das können wir tun. Dann sind wir unter drei.

[…]

Vorsitzender Detjen

Wir gehen jetzt in den offenen Teil unter eins.

Frage

Frau Hoffmann, wir beobachten so ein bisschen ein Muster: Immer, wenn die CDU Druck gegenüber Olaf Scholz macht, beteuert er, man werde Waffen liefern, und wenn man dann zum Beispiel hier oder an anderer Stelle nachfragt, dann kommt keine klare Antwort, dann heißt es immer, man müsse in jedem Einzelfall prüfen. Das widerspricht sich ja. Ist es denn dem Bundeskanzler wichtiger, nicht von der Union der Israeluntreue bezichtigt zu werden, als sich ganz klar an das Völkerrecht zu halten oder dazu zumindest eine klare Haltung zu formulieren?

Hoffmann (BReg)

Ich würde da Ihrer Interpretation in jeder Hinsicht widersprechen. Weder hat das irgendetwas mit der Union zu tun, zu der ich mich hier von dieser Stelle aus auch überhaupt nicht äußern möchte und werde, noch sage ich etwas anderes als der Bundeskanzler; dann würde ich auch meinen Job falsch verstehen. Er sagt, es gibt keinen Waffenexportstopp, ich sage, es gibt keinen Waffenexportstopp, und gleichzeitig erläutern wir immer wieder, nach welchen Kriterien das geschieht und was die Praxis unserer restriktiven Rüstungsexportpolitik ist. Ich kann einfach keine Grundlage für Ihre Frage sehen.

Zusatz

Hier gibt es aber ja wirklich auch die ganz konkrete Sorge, die Olaf Scholz haben müsste, dass er auch persönlich juristisch mitverantwortlich gemacht wird, was diese Entscheidungen oder diese ständigen Beteuerungen angeht, man liefere, beziehungsweise dann am Ende auch wirklich die Lieferungen, die dann vollzogen werden.

Hoffmann (BReg)

Ich glaube, es ist eine absolute Selbstverständlichkeit, dass der Bundeskanzler und in dem Fall ja der Bundessicherheitsrat Entscheidungen immer verantwortungsvoll und tatsächlich unter Berücksichtigung aller Kriterien, die da infrage kommen, und auch aller möglichen Folgen treffen. Das ist nichts, was in irgendeiner Form leichtfertig oder nach Schema F abgetan wird; das kann ich versichern.

Frage

Mir ist die Haltung der Bundesregierung noch nicht ganz klar. Sie sagen zwar, dass Deutschland Israel wiederholt auffordert, das humanitäre Völkerrecht einzuhalten. Ich formuliere aber die Frage ganz konkret, und die Vorwürfe wiegen jetzt nach dem Amnesty-International-Bericht auch immer schwerer: Findet die Bundesregierung, dass Israel das humanitäre Völkerrecht mittlerweile einhält?

Fischer (AA)

Ich glaube, die Frage haben wir hier ja schon beantwortet. Israel ist aufgefordert, das humanitäre Völkerrecht einzuhalten, und da, wo es Zweifel daran gibt, ob das geschehen ist, steht Israel in der Pflicht, diesen Vorwürfen nachzugehen, diese aufzuklären und gegebenenfalls Verantwortliche für Verstöße zur Rechenschaft zu ziehen.

EU-MERCOSUR-Freihandelsabkommen

Frage

Frau Hoffmann, das Abkommen zwischen der EU und den MERCOSUR-Staaten liegt ausgehandelt vor. Ist der Bundeskanzler dafür, dass es heute unterzeichnet wird?

Hoffmann (BReg)

Wie Sie wissen, ist ja die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen ‑ das ist ja auch der Hintergrund Ihrer Frage ‑ nach Montevideo gereist, um über eine mögliche Unterzeichnung des Abkommens zu sprechen. Die Gespräche laufen ja jetzt weiter. Wir können jetzt also aktuell erst einmal nichts zum Stand der Gespräche sagen. Aber grundsätzlich hat die Bundesregierung oder hat der Bundeskanzler immer wieder deutlich gemacht, dass jetzt eine einmalige Gelegenheit für einen Abschluss des Abkommens besteht und dass wir diese Gelegenheit nicht verpassen dürfen. Die Bundesregierung und auch der Bundeskanzler begrüßen sehr, dass die Europäische Kommission dieses Ziel jetzt intensiv und zügig verfolgt.

Zusatzfrage

Es gab aber die Aussage, dass es jetzt ausverhandelt sei. Deswegen stelle ich ja die konkrete Frage, wenn Frau von der Leyen hinfährt. Hintergrund ist natürlich auch, dass es andere EU-Länder wie Frankreich gibt, die explizit fordern, dass es jetzt nicht paraphiert wird. Deswegen stelle ich noch einmal die Frage: Ist der Bundeskanzler dafür, dass man es unterzeichnet?

Hoffmann (BReg)

Wir sind sehr dafür, dass dieses Abkommen zustande kommt. Dafür hat sich der Bundeskanzler ja auch immer wieder in seinen Gesprächen eingesetzt, und er unterstützt die Europäische Kommission in ihrem Bemühen darum.

Frage

Ich würde gerne noch einmal ganz kurz an den Punkt anknüpfen, denn die Frage der Abstimmung mit Frankreich unter den gegebenen Umständen steht natürlich automatisch im Raum. Was können Sie uns denn berichten, was da an Abstimmung bezüglich MERCOSUR mit der momentan französischen Regierung überhaupt stattfindet?

Hoffmann (BReg)

Unser Ziel war, bleibt und ist, zu einer einvernehmlichen Lösung bei den Verhandlungen zu kommen, und dazu befinden wir uns mit allen Partnern und natürlich auch mit Frankreich im Gespräch. Ich kann jetzt nicht im Einzelnen darauf eingehen, aber unser Plädoyer ist eben, größtmöglichen Pragmatismus und größtmögliche Kompromissbereitschaft zu zeigen. Wir befinden und hierzu im Gespräch, und wir hoffen auf ein Einvernehmen in dieser Sache.

Zusatz

Das heißt, ich schließe aus Ihren Worten richtigerweise, dass es in Paris für Sie immer noch adäquate Ansprechpartner in dieser schwierigen Situation gibt.

Hoffmann (BReg)

Selbstverständlich befinden wir uns mit Frankreich im Gespräch, klar.

Fischer (AA)

Es gibt einen voll handlungsfähigen Präsidenten in Frankreich und eine geschäftsführende Regierung, die sich ja auch zu dem Verfahren geäußert hat. Insofern gibt es da gar keine Zweifel.

Wir befinden uns mit Frankreich im Gespräch, und die französischen Bedenken gegen das Abkommen sind bekannt. Aber sie wurden ja auch von der Kommission im Verhandlungsprozess berücksichtigt. Insofern, glaube ich, setzen wir jetzt darauf, dass die Kommissionspräsidentin, wie sie das zum Ausdruck gebracht hat, die Verhandlungen jetzt dort über die Ziellinie bringt und dass dann bei einer genauen Analyse des Verhandlungstextes die notwendige europäische Mehrheit dafür vorhanden ist.

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen: Auch die Außenministerin hat sich ja am Rande ihres Brüsselbesuchs zu dem Thema geäußert und noch einmal deutlich gemacht, wie wichtig das Abkommen mit den Demokratien Lateinamerikas letztlich für uns, aber auch für Lateinamerika ist und dass wir anderen wie China nicht die Bühne in Lateinamerika überlassen dürfen.

Zusatzfrage

Ich habe noch eine kurze Zusatzfrage dazu, weil Sie gerade von der notwendigen Mehrheit gesprochen haben: Ist Ihnen denn schon klar, auf welcher Rechtsgrundlage das Abkommen jetzt am Ende eine Mehrheit bekommen soll?

Fischer (AA)

Das wird sich dann zeigen, wenn der Text vorliegt.

Zusatz

Aber so lange wissen Sie doch gar nicht, welche Mehrheit erforderlich ist!

Fischer (AA)

Na ja, entweder braucht man Einstimmigkeit oder man braucht eine qualifizierte Mehrheit, und in beiden Fällen braucht es eine notwendige Mehrheit.

Frage

Ich erinnere mich daran, dass bei TTIP, CETA usw. am Ende der Bundestag diesen Freihandelsabkommen zustimmen musste. Ist das bei MERCOSUR auch so?

Fischer (AA)

Das hängt letztlich von der genauen Ausformulierung und der Reichweite des Verhandlungstextes ab. Es gibt im EU-Recht die Möglichkeit, sogenannte „EU-only“-Verträge zu schließen. Das gibt es auch im Bereich der Handelsverträge. In diesem Fall wären die Mitgliedstaaten im Rat der Europäischen Union in Brüssel und das Europäische Parlament am Zuge. Wenn es keine „EU-only“-Verträge sind, sondern Verträge, die auch Kompetenzen der Mitgliedstaaten betreffen, was ja oft bei sozusagen über den eigentlichen Handelsbereich hinausgehenden, umfassenden Verträgen der Fall ist, dann müssten auch die Mitgliedstaaten das je nach ihren eigenen verfassungsrechtlichen Vorgaben ratifizieren.

Hoffmann (BReg)

Vielleicht kann ich noch ergänzen, dass sich der Bundeskanzler beim G20-Gipfel in Rio ja auch zu diesem Thema geäußert hatte und sich dabei grundsätzlich ausdrücklich für diese sogenannten „EU-only“-Abkommen ausgesprochen hat. Ich muss nicht näher erläutern, wie die aussehen; das hat Herr Fischer ja eben getan. Das hat sich im Wesentlichen auf zukünftige Freihandelsabkommen bezogen. Wir würden uns aber auch bei aktuell verhandelten Abkommen, also MERCOSUR, einem „EU-only“-Abschluss nicht verschließen, wenn sich abzeichnet, dass ein Abschluss anders nicht möglich ist, und sofern die in den europäischen Verträgen vorgesehenen Zuständigkeiten gewahrt bleiben.

Zusatzfrage

Wie ist denn jetzt der Stand? Sieht es nach „EU only“ aus? Kann der Bundestag tatsächlich noch eine Rolle spielen?

Noch eine andere Frage: Bei TTIP hat die Bundesregierung in der Vergangenheit immer die Haltung gehabt, dass die Schiedsgerichtbarkeit raus muss, damit Deutschland zustimmt. Jetzt ist die Schiedsgerichtbarkeit bei MERCOSUR ja wieder drin, also dass die Konzerne jetzt über Privatgerichte wieder eine einseitige Macht haben. Warum akzeptieren Sie diese Schiedsgerichte bei MERCOSUR?

Hoffmann (BReg)

Ich weiß nicht, wie viele Stunden wir Uruguay voraus sind, aber wenn man da schon aufgestanden ist, wird ja jetzt zur Stunde gerade weiterverhandelt. Deshalb wäre es jetzt einfach nicht angemessen, wenn wir hier im Moment darüber spekulierte, was da genau verhandelt wird, was akzeptiert wird und auf welchem Stand man da ist. Da müssen wir uns jetzt noch ein bisschen gedulden. Dann werden wir das wissen, und dann werden wir uns auch dazu einlassen können.

Frage

Das schließt im Prinzip daran an und ist eine Lernfrage zu diesem „EU-only“-Teil. Kann es also sein, dass jetzt ein Abkommen beschlossen wird, von dem Teile in Kraft treten können, weil sie nur die europäische Ebene betreffen, und andere Teile nicht, weil dann eine getrennte nationale Ratifizierung nötig ist?

Hoffmann (BReg)

Auch da würde ich eher dafür plädieren, dass wir einmal abwarten, wie die Gespräche jetzt verlaufen. Ob es ein solches Splitting geben kann, kann ich jetzt an dieser Stelle nicht sagen. Aber „EU only“ ist auf jeden Fall ‑ das hat ja auch Herr Fischer gesagt ‑ eine der Varianten.

Zusatzfrage

Für die sich die Bundesregierung ausspricht?

Hoffmann (BReg)

Die Bundesregierung spricht sich für eine einvernehmliche Lösung ein und versucht auch, die zu erreichen. Aber wenn es anders nicht möglich sein sollte, würden wir uns dem nicht verschließen. Es ist nicht das, was wir anstreben.

Zusatzfrage

Wenn das Thema aus Sicht des Bundeskanzlers ja so wichtig ist, hat er dann mit Macron in den letzten Tagen über das Thema telefoniert?

Hoffmann (BReg)

Da müsste ich nachhören. Das kann ich jetzt gerade von dieser Stelle aus nicht sagen.

Frage

Ich hätte dazu auch eine Frage. Zum einen würde mich interessieren, ob denn historisch schon mit der EU-Kommission darüber gesprochen worden ist. Hat man diese Option „EU only“ in vorherigen Gesprächen schon einmal auf den Tisch gelegt?

Die zweite Frage ginge, glaube ich, an das BMWK, weil ja die Kommissionspräsidentin in ihrem Tweet dazu behauptet hat, es würde durch ein EU-MERCOSUR-Abkommen die größte Freihandelszone der Welt entstehen. Da würde mich interessieren, ob Sie irgendwelche Anhaltspunkte oder Metriken haben, auf deren Basis sich so eine Aussage belegen ließe.

Hoffmann (BReg)

Ich kann dazu wirklich nur grundsätzlich sagen, dass wir natürlich mit der EU-Kommission und auch mit dem französischen Präsidenten und den Franzosen ständig hinsichtlich dieses Themas im Austausch sind. Es ist eigentlich selbstverständlich, dass es anders ja gar nicht sein kann.

Ungrad (BMWK)

Ich kann diese Aussage jetzt nicht kommentieren. Die liegt mir jetzt auch nicht vor. Natürlich ‑ das hat die Regierungssprecherin schon gesagt ‑ ist auch für den Wirtschaftsminister dieses Abkommen von sehr großer Bedeutung, auch, um in gerade diesen geopolitischen Zeiten ein gutes Abkommen zu treffen, das sehr gut ist und auch dringend von unserer deutschen Wirtschaft erwartet wird. Aber zu den Dimensionen, die Sie jetzt gerade angesprochen haben: Ich kenne diese Aussage nicht. Insofern kann ich das jetzt nicht kommentieren.

Zusatzfrage

Aber Sie können sie vielleicht separat für das BMWK einschätzen. Ihnen liegt ja vielleicht intern eine Einschätzung dazu vor, als wie groß Sie dieses Abkommen im Weltvergleich einstufen, oder nicht?

Ungrad (BMWK)

Im Weltvergleich kann ich Ihnen keine Einschätzung geben. Aber ich habe ja gerade gesagt, dass das für uns ein sehr bedeutendes Abkommen ist. Auch der Minister hat sich schon sehr oft dazu geäußert, wie dringend dieses MERCOSUR-Abkommen erwartet wird. Wir müssen jetzt sehen, wie es ausgelegt ist, was besprochen wird ‑ das ist ja noch einmal eine andere Seite ‑, aber es wird dringend erwartet und ist im geopolitischen Kontext sehr wichtig. Auch im Vergleich gibt es ja momentan keine großen weiteren Abkommen. Für die EU ist das natürlich von großer Bedeutung.

Frage

Nur einmal zum Verständnis, Frau Hoffmann: Die Bundesregierung ist also für „EU only“, wenn es sein muss. Aber eigentlich ist die Bundesregierung dafür, dass am Ende auch der Bundestag beschließen muss. Habe ich Sie richtig verstanden?

Hoffmann (BReg)

Sie setzen mit dem Bundestag einen Schwerpunkt, den ich so jetzt in dem Fall gar nicht setzen würde. Es geht ja um die Frage, wie die EU und wie man innerhalb der EU dieses Abkommen unterstützt und sich darauf einigt, und da ist unsere Präferenz eine einvernehmliche Lösung der MERCOSUR-Staaten und aller EU-Staaten. Das ist unsere Präferenz.

Zusatz

Aber ich hatte ja nach dem Ratifizieren gefragt. Darauf kamen wir ja hier. Bei anderen Freihandelsabkommen musste am Ende der Bundestag entscheiden. Auf meine Frage haben Sie gesagt: Na ja, wenn am Ende die EU selbst entscheiden kann, dann machen wir dabei notfalls mit.

Hoffmann (BReg)

Das habe ich aber nicht in Bezug auf den Bundestag gesagt, sondern in Bezug auf die Diskussion, die innerhalb der EU geführt wird, nicht in Bezug auf den Bundestag explizit.

Frage

Eine ganz kurze Nachfrage an Frau Ungrad, weil ich auch wissen wollte, ob dieser „EU-only“-Ansatz, der jetzt ein möglicher Kompromiss sein könnte – also, dass man das Abkommen etwas entschlackt, dafür aber eine Zustimmung bekommt ‑, auch der Weg ist, den Vizekanzler Habeck gehen würde und bevorzugen würde.

Ungrad (BMWK)

Zu „EU only“ und dazu, was seitens des Vizekanzlers bevorzugt wird, kann ich mich jetzt nicht äußern. Dazu liegen mir jetzt keine Erkenntnisse vor. Aber prinzipiell würde ich mich der Aussagen der stellvertretenden Regierungssprecherin anschließen.

Sie hatten noch etwas zur Entschlackung gesagt, nicht wahr? Der Minister hat ja schon öfter angesprochen, dass es ihm wichtiger ist, dass vielleicht Teile herausgenommen werden, die besonders umstritten sind, aber dass als Hauptsache dafür eben das Wichtige, der Kern, bleibt, der auch gut für die europäische Wirtschaft ist. Ein Zustandekommen eines Abkommens ist eben umso wichtiger. Wenn dann vielleicht kleine Teile nicht verhandelt werden, wäre das im Rahmen der Möglichkeiten in Ordnung, Hauptsache, dieses Abkommens steht. Man muss aber ‑ das möchte ich noch dazusagen ‑ erst noch einmal abwarten, was jetzt die Inhalte des Abkommens sein werden, um es dann endgültig zu bewerten.

Asylgeschäftsstatistik

Frage

Ich wollte einmal die Asylgeschäftsstatistik aufrufen. Die Zahlen, die das BAMF heute veröffentlicht hat, gehen ja insbesondere, was die Türkei angeht, ein bisschen herunter, verharren aber nach wie vor auf relativ hohem Niveau. Was lässt sich denn daraus politisch schlussfolgern? So ganz erfolgreich ist man ja offenkundig noch nicht damit, die Zahlen schon beim Erstantrag massiv herunterzubekommen.

Dr. Kock (BMI)

Genau, das ist so; das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat heute die aktuellen Asylzahlen veröffentlicht. Ich kann dazu ergänzen: Auch bei der Innenministerkonferenz, die seit Mittwoch läuft und heute endet, geht es um Migrationspolitik. Da wird in Rheinsberg in ungefähr einer Viertelstunde eine Pressekonferenz stattfinden.

Unsere Ministerin hat sich auch zum Auftakt der Innenministerkonferenz geäußert. Das kann ich hier gerne noch einmal wiederholen und zitieren: Wir haben in den vergangenen Monaten die irreguläre Migration stark begrenzen können. Die Asylgesuche liegen aktuell um 40 Prozent unter denen des Vorjahres, die Abschiebungen um 20 Prozent über denen des Vorjahres. Durch die Kontrollen, die wir an allen deutschen Grenzen vornehmen, sind 1600 Schleuser festgenommen und 37 000 Personen zurückgewiesen worden. Das zeigt: Handeln ist entscheidend, nicht Scheindebatten über das Asylrecht.

Unsere Gesetzentwürfe zur Umsetzung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems in Deutschland liegen ebenfalls auf dem Tisch. Auch hier sollte von der IMK Rückenwind für eine schnellstmögliche Umsetzung ausgehen; denn das Gemeinsame Europäische Asylsystem ist der Schlüssel zu Kontrolle, Begrenzung und fairer Verteilung in der EU.

Da Sie speziell die Türkei angesprochen haben: Die Bundesregierung spricht intensiv mit Herkunftsländern über Verbesserungen, vor allen Dingen im Bereich der Rückkehrkooperation, und so befindet sich die Bundesregierung auch mit der Türkei fortlaufend bezüglich verschiedener migrationspolitischer Themen im Gespräch, auch da selbstverständlich im Bereich der Rückkehrkooperation. Die Türkei ist ein wichtiger Partner für Deutschland in all diesen Fragen. Ich bitte allerdings um Verständnis, dass wir uns zu Details der Gespräche, die fortlaufend geführt werden, nicht äußern können. Auch Abschiebungen in die Türkei finden statt.

Zusatzfrage

Herr Fischer, offenkundig ist ja die Schutzquote bei den Menschen, die aus der Türkei kommen, eher gering. Sie beträgt nicht null und etwa schon zehn Prozent. Aber welche Maßnahmen hat denn das Auswärtige Amt ergriffen, um tatsächlich auch darauf hinzuwirken, dass Menschen aus der Türkei, die dann auch vor allem aus wirtschaftlichen Gründen den Weg nach Deutschland suchen, diesen Weg nicht antreten und stattdessen auf legale Wege ausweichen?

Fischer (AA)

Die Bundesregierung hat ja zum Beispiel ihre Fachkräfteeinwanderungsinitiative gestartet und hat sich auf vielerlei Weise darum bemüht ‑ und das auch umgesetzt ‑, die Möglichkeiten der legalen Einreise nach Deutschland zur Behebung des Fachkräftemangels auszubauen. Das gilt auch für die Türkei. Türkinnen und Türken fallen natürlich unter dieselben Regelungen, ob das jetzt Blue Card oder andere Regelungen betrifft. Wir sind dabei, unser Visaverfahren zu digitalisieren, wollen Anfang nächsten Jahres alle unsere Visastellen an dieses Digitalisierungsnetz angeschlossen haben, und wollen dazu kommen, dass die Visaverfahren vereinfacht werden. Gleichzeitig haben wir auch personelle Ressourcen verstärkt und arbeiten daran, dass Visumsanträge möglichst schnell geprüft und entschieden werden.

Das ist eines der wichtigen Projekte in dieser Legislaturperiode, und wir sind auch sehr zuversichtlich, dass wir da bald zu einem Abschluss kommen. Dafür werben wir natürlich vor Ort; das gilt auch in der Türkei. Gleichzeitig sind wir, wie die Kollegin das auch schon dargestellt hat, natürlich auch mit den türkischen Behörden im Austausch dazu, wie wir Fragen der Rückführung dann auch konkret gestalten können.

Frage

Auch zum Thema BAMF und Asyl: Frau Kock, wir hatten eben das Thema Gaza. Hält die Bundesregierung an dem Entscheidungsstopp des BAMF in Sachen Asyl für Menschen aus Gaza fest, und wenn ja, warum? Sie hatten in der Vergangenheit immer von einer volatilen, dramatischen Lage gesprochen, und davon, dass alles ein bisschen unklar ist. Selbst das AA erkennt ja an, dass da in Gaza völlige Zerstörung herrscht. Dementsprechend würde mich interessieren, ob der Entscheidungsstopp weiterhin gilt.

Dr. Kock (BMI)

Nach meinem Kenntnisstand ja. Das würde ich aber gerne noch einmal genau prüfen und Ihnen dann nachreichen.

Zusatzfrage

Können Sie dann vielleicht auch sagen, wie viele Menschen dieser Entscheidungsstopp betrifft? Denn es ist ja immer unklar, ob das Palästinenser aus Ost-Jerusalem, der Westbank oder Gaza sind.

Dr. Kock (BMI)

Sofern wir das können, ja.

Interviewäußerung des russischen Außenministers

Frage

An Herrn Fischer zu einer Äußerung des russischen Außenministers Lawrow, der sich in einem Interview mit einem US-Moderator dahingehend geäußert hat, dass Russland alle Mittel einsetzen würde, sollten Länder versuchen, Russland militärisch zu besiegen. Ich wollte nur fragen, ob ich dazu einen Kommentar haben könnte. Wie ernst nehmen Sie solche Äußerungen?

Fischer (AA)

Das ist die typische Angstmache der russischen Regierung. Es ist klar, wir lassen uns nicht einschüchtern. Ich möchte noch einmal daran erinnern, dass Russland einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg in der Ukraine führt und dazu aufgerufen ist, seine Truppen auf der Stelle zurückzuziehen, um diesen völkerrechtswidrigen Zustand zu beenden.

Lage in Syrien

Frage

Herr Fischer, zur Lage in Syrien: Inzwischen ist Aleppo gefallen, Hama ist jetzt gefallen, Salamiyya ist gefallen. Das ist ja wirklich eine sehr dramatische Entwicklung innerhalb weniger Tage. Wie blickt die Bundesregierung auf diese Entwicklung? Schließlich war die Bundesregierung während des Krieges sehr klar gegen den Diktatoren Assad eingestellt.

Jetzt ist es natürlich auch noch einmal ein bisschen komplizierter, weil es verschiedene Gruppen gibt: zum einen HTS und zum anderen auch die Türkei, die hier ganz konkrete Interessen verfolgt. Wie blickt Deutschland darauf und wie ist Deutschland involviert?

Fischer (AA)

Ich glaube, das haben wir hier am Montag schon ausführlicher besprochen, aber ich kann das gern noch einmal zusammenzufassen. Sie sprachen Assad an: Natürlich ist er der Kopf eines Regimes, das in der Vergangenheit vor nichts zurückgeschreckt ist, das auch Chemiewaffen gegen seine eigene Bevölkerung eingesetzt hat und das mutmaßlich weiter über Chemiewaffen verfügt. Er ist also ein ganz furchtbarer Massenmörder. ‑ Das zunächst einmal zu Assad.

Ansonsten verfolgen wir mit unseren Partnern die Entwicklungen sehr eng. Die Syrienbeauftragten der Quad haben sich dazu auch schon sehr früh in einem gemeinsamen Statement geäußert. Wir zielen natürlich weiterhin auf eine politische Lösung des Konfliktes ab. Dafür gibt es die UN-Resolution 2254. Wir rufen alle Seiten dazu auf, weiterhin auf dieser Grundlage nach einer Lösung zu suchen. Dies hat auch der UN-Sondergesandte, mit dem wir in engem Kontakt stehen, vor dem UN-Sicherheitsrat diese Woche auch noch einmal geäußert. Wir unterstützen natürlich seine Bemühungen um eine politische Lösung mit Nachdruck.

Gleichzeitig ist es so, dass das ein Konflikt ist, der auch Auswirkungen auf die Region hat. Sie wissen, dass die Außenministerin am Rande des NATO-Außenministerinnen- und ‑Außenministertreffens, aber auch des OSZE-Ministerinnen- und ‑Ministertreffens Gespräche geführt hat. Sie hat unter anderem mit dem israelischen Außenminister gesprochen, sie hat mit dem türkischen Außenminister gesprochen, und in all diesen Gesprächen, aber auch öffentlich auf eine politische Lösung hingewirkt.

Sie haben die Rolle der Türkei angesprochen: Der Türkei kommt sicherlich eine zentrale Rolle bei der Bewältigung der aktuellen Krise zu ‑ zum einen, weil sie eine gemeinsame Grenze mit Syrien hat, zum anderen, weil wahrscheinlich immer noch vier Millionen syrische Flüchtlinge in der Türkei aufhältig sind. Vor diesem Hintergrund hat sich die Außenministerin mit ihrem türkischen Namenskollegen Fidan getroffen.

Was ist noch wichtig? ‑ Wichtig ist, dass Zivilisten und Zivilistinnen sowie zivile Infrastruktur geschützt werden, dass es zu keinen weiteren Vertreibungen kommt, dass der Zugang zu humanitärer Hilfe nicht unterbrochen wird und dass auch die Sicherheit der humanitären Helferinnen und Helfer gewährleistet wird. Wir sehen auch das Eingreifen ausländischer Staaten, zum Beispiel die russischen Luftschläge, mit großer Sorge. Auch Berichte über die Verstärkung des Regimes durch Iran-nahe Milizen sind sehr besorgniserregend.

Zusatzfrage

Sie haben gerade eben ausgeführt, wie sich der Diktator Assad in den letzten Jahren, im letzten Jahrzehnt, gegenüber seiner Zivilbevölkerung verhalten hat. Jetzt ist es aber immer noch so, dass Syrerinnen und Syrer in Deutschland ihren Pass beim syrischen Konsulat erneuern müssen. Davon hängt auch ihr Aufenthaltsstatus ab. Dadurch fließen jedes Jahr hunderttausende Euro direkt zum Assad-Regime. Es gab Kampagnen, die gefordert haben, dass man das anders regelt. Hat sich das Auswärtige Amt damit noch einmal beschäftigt, gibt es zu dieser Frage irgendwelche Entwicklungen?

Fischer (AA)

Ich glaube, Fragen des Aufenthaltsrechts müssten Sie an das BMI stellen.

Zusatzfrage

Kann das BMI dazu etwas sagen?

Dr. Kock (BMI)

Da geht es ja um Papiere, um Unterlagen. Da sind die Regelungen, wie sie sind. Die Verhandlungen mit ausländischen Regimen ‑ da muss ich dann leider zurückverweisen ‑ führt das Auswärtige Amt.

Zusatz

Vielleicht kann das ja jemand noch nachliefern.

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