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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 06.01.2025
Nahostkonflikt
Frage
Herr Wagner, können Sie uns zunächst einmal aus Ihrer Sicht eine Einschätzung der Lage in Gaza geben?
Wagner (AA)
Das kann ich gerne tun: Die Lage in Gaza ist weiterhin so dramatisch, wie sie am Ende des letzten Jahres leider war. Sie kennen die Berichte ‑ die sehen Sie genau wie wir ‑ von UN-Organisationen zum Zustand der Gesundheitsversorgung, zum Zustand der Infrastruktur, zur humanitären Lage. Insofern gehen unsere Bemühungen, die humanitäre Lage in Gaza weiter zu verbessern, ungebremst weiter, und wir stehen natürlich auch weiterhin mit der israelischen Regierung in Kontakt, um darauf einzuwirken, dass das militärische Vorgehen in Gaza auch angepasst wird. Sie haben gesehen, dass es ja Berichte darüber gibt, dass die Verhandlungen über einen Waffenstillstand jetzt wieder neu laufen. Das haben wir in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder beobachten können. Leider sind sie nie zu einem Abschluss gekommen. Aber wir bestärken natürlich unsere regionalen Partner, unsere Partner in Washington, in Tel Aviv und woanders darin, diese Verhandlungen fortzuführen und zu einem Abschluss zu kommen, weil es einen Waffenstillstand in Gaza braucht. Das ist ganz unbestritten. Es braucht einen Waffenstillstand, damit die Geiseln freikommen, die noch in der Hand der Hamas sind, und es braucht einen Waffenstillstand, damit der weiter anhaltende Beschuss Israels durch die Hamas auch aufhört.
Zusatz
Sie meinen, das militärische Vorgehen seitens Israel soll angepasst werden, aber nicht aufhören.
Wagner (AA)
Na ja, Israel hat das Recht, sich gegen Angriffe der terroristischen Hamas zu wehren. Ich habe ja eben gesagt: Es gibt weiterhin Raketenangriffe der Hamas auf Israel, auch aus Gaza heraus. Natürlich hat Israel ein Recht auf Selbstverteidigung. Aber es ist nicht neu, dass ich sage, dass die israelische Regierung ihr militärisches Vorgehen anpassen sollte. Das ist etwas, das wir ja jetzt schon länger sagen, einfach auch, weil wir glauben, dass die Ziele, die sich Israel in Gaza gesteckt hat, militärisch nicht zu erreichen sind.
Zusatzfrage
Die Deutsche Welle hat gestern berichtet, dass das Auswärtige Amt zwei israelische NGOs ‑ ich nenne sie jetzt einmal regierungskritische NGOs ‑, Zochrot und New Profile, definanziert, also ihnen die Finanzierung entzogen hat. Das stützt sich auf mehrere Quellen. Ich kenne davon auch einige. Das Auswärtige Amt leugnet dies aber. Warum?
Wagner (AA)
Es ist so, dass wir die außenpolitische Unbedenklichkeit bei Projektanträgen immer wieder im Einzelfall, wenn solche Anträge vorliegen, prüfen. Das wird fortlaufend geprüft, wenn Projektanträge gestellt werden. Es ist so, dass für einige Organisationen seit Oktober 2021 keine außenpolitische Unbedenklichkeit mehr ausgestellt worden ist.
Aber um das vielleicht auch noch einmal generell einzuordnen: Das heißt ja mitnichten, dass wir nicht auch durchaus NGOs und die Zivilgesellschaft, die der israelischen Regierungspolitik kritisch gegenüberstehen, in Israel selbst, aber eben auch in den palästinensischen Gebieten unterstützen. Ich gebe Ihnen vielleicht einmal ein konkretes Beispiel: Seit Anfang des Jahres, also seit dem 1. Januar, haben wir den Vorsitz im sogenannten Westbank Protection Consortium inne. Dabei handelt es sich um einen Co-Vorsitz Deutschlands. Das ist ein Zusammenschluss internationaler NGOs und eben Partnern wie uns, die sich darum kümmern, dass wir uns mit den Konsequenzen der Besatzung des Westjordanlands auseinandersetzen und eben auch dabei unterstützen, dass die praktischen und rechtlichen Konsequenzen dieser Besatzung angegangen werden und palästinensische Rechte in diesem Kontext geschützt und gewahrt werden. Ich will also nur sagen: Wir sind in Sachen Zivilgesellschaft natürlich weiterhin engagiert.
Zusatzfrage
Ich hatte aber konkret nach Zochrot und New Profile gefragt. Da wurde klar belegt, auch von den Kollegen der Deutschen Welle, dass die Finanzierung entzogen wurde. Das Auswärtige Amt leugnet dies. Warum?
Wagner (AA)
Nein, das bestreite ich ja gar nicht.
Zusatz
Doch!
Wagner (AA)
Ich sage ja, dass wir bei jedem Projektantrag prüfen, ob die Fördervoraussetzungen vorliegen, und in dem Fall ist das halt nicht der Fall.
Frage
Zur humanitären Situation in Gaza: Es gibt in Nordgaza, soweit bekannt, noch ein einziges funktionierendes Krankenhaus, das indonesische Krankenhaus. Nun hat Medienberichten zufolge die israelische Regierung zur Evakuierung aufgefordert. Wenn damit die letzte medizinische Hilfsstation geschlossen, dichtgemacht wird, und dann noch eine indonesische, erkennt die Bundesregierung dann darin Anzeichen einer Politik der ethnischen Säuberung?
Wagner (AA)
Ich würde das eine mit dem anderen nicht vermengen. Was dramatisch ist, ist die Gesundheitsversorgung in Gaza. Ich kenne jetzt den spezifischen Bericht zu diesem einzelnen Krankenhaus nicht, aber wenn die Voraussetzung für eine medizinische Versorgung nicht mehr gewährleistet ist, dann ist das gravierend und dramatisch. Es ist ja auch nach humanitärem Völkerrecht so, dass die israelische Regierung verpflichtet ist, die Zivilbevölkerung zu schützen, und dazu gehört eben auch, sicherzustellen, dass da gesundheitliche Versorgung gewährleistet werden kann.
Zusatzfrage
Aber wenn, und das haben Sie ja nicht dementiert ‑ ich gehe davon aus, dass das auch Ihrem Kenntnisstand entspricht ‑, es nur noch ein einziges überhaupt arbeitendes Krankenhaus in Nordgaza gibt und wenn nun auch dieses noch evakuiert bzw. dichtgemacht werden soll, wie bewerten Sie das? Wird Israel damit seiner Verpflichtung zur medizinischen Versorgung der Bevölkerung in einem besetzten Gebiet auch nur ansatzweise gerecht?
Wagner (AA)
Ich glaube, ich war hier ja hinsichtlich des israelischen Vorgehens sehr deutlich. Unsere Haltung zu Gaza ist ja ganz unzweideutig und sehr klar. Wir haben ja ‑ jetzt muss ich einmal tief kramen; ich glaube, es war schon im Herbst 2023 am Rand des G7-Treffens in Tokio ‑ mit unseren amerikanischen Partnern fünf Prinzipien klar festgezurrt, nämlich dass es keine Vertreibung aus Gaza geben darf, keine Wiederbesiedlungen von Gaza, keine territorialen Abschnitte in Gaza. Insofern ist doch ganz klar, wie wir dazu stehen, und das ist etwas, das wir auch gegenüber den israelischen Partnern thematisieren.
Frage
Noch einmal zu der Finanzierung beziehungsweise Nichtfinanzierung von israelischen und palästinensischen NGOs: Können Sie uns denn etwas dazu sagen, was genau dazu geführt hat, dass man diese Bewertung getroffen hat, denen kein Geld mehr zu geben?
Wagner (AA)
Nein. Ich muss Sie um Verständnis dafür bitten, dass das ja interne Abwägungen sind, die auch einer gewissen Vertraulichkeit unterliegen. Aber noch einmal: Es ist nicht etwas entzogen worden, sondern bei jedem Projektantrag prüfen wir anlassbezogen und im Einzelfall, ob es eine außenpolitische Bedenklichkeit gibt.
Zusatzfrage
Ich zitiere einmal aus dem Deutsche-Welle-Bericht: Seit den von der Hamas angeführten Angriffen auf Israel am 7. Oktober hat auch Deutschland die Finanzierung von mindestens sechs palästinensischen Organisationen eingestellt. Die Quellen, mit denen Deutsche Welle sprach, stimmen alle darüber ein, dass es sich um einen politischen Schritt handele, um einen Versuch, kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen. Sie behaupten auch, die deutsche Entscheidung sei auf israelischen Druck hin getroffen worden. - Was sagen Sie zu diesem sehr schweren Vorwurf?
Wagner (AA)
Ich habe es ja schon ausgeführt: Wir fördern weiterhin die Zivilgesellschaft, sowohl in den palästinensischen Gebieten als auch in Israel, und durchaus auch Organisationen, die der israelischen Regierung sehr kritisch gegenüberstehen. Wir sind aber auch verpflichtet, im Einzelfall und anlassbezogen bei jedem Projektantrag, der uns vorliegt, zu prüfen, ob es außenpolitische Gründe gibt, die dagegensprechen. Das erörtern wir im Übrigen auch mit diesen Organisationen. Wir sind ja mit denen in Kontakt und im Gespräch. Insofern verweise ich Sie jetzt noch einmal auf das, was ich jetzt ja ziemlich ausführlich zu diesen Fällen gesagt habe.
Frage
Noch einmal bezüglich eines konkreten Falls ‑ seit Ende Dezember geht der weltweit herum ‑, der Entführung des „chief doctor in northern Gaza“, Herrn Dr. Hussam Abu Safiyah: Fordert die Außenministerin, aber auch der Gesundheitsminister, der ist ja auch Mediziner ist, die Freilassung dieses Arztes? Es gibt ja gerade eine globale Solidaritätswelle von Ärzten bezüglich dieser Entführung.
Wagner (AA)
Ich müsste mich bezüglich des Einzelfalls einfach einmal schlaumachen. Es mag Sie jetzt ‑ ich entnehme das Ihrem Blick ‑ schockieren, dass er mir jetzt so spontan nichts sagt. Aber ich mache mich gerne schlau, und dann liefern wir etwas nach.
[…]
Wagner (AA)
Ich habe mich schlau gemacht auf die Frage.
Wir fordern für Hussam Abu Safiyah ‑ das ist ja der Direktor vom Kamal-Adwan-Krankenhaus, den Sie erwähnten ‑ die Behandlung nach internationalen Standards, den Zugang für das internationale Rote Kreuz und den Zugang zu rechtlicher Unterstützung und Anwälten.
Frage
Aber er wurde ja gekidnappt. Fordern Sie die Freilassung?
Wagner (AA)
Ich habe ja gerade gesagt, was wir fordern ‑ das sind die drei Punkte.
Zusatzfrage
Sie fordern eine faire Behandlung ‑ das ist alles klar ‑, aber Sie fordern nicht die Freilassung?
Wagner (AA)
Ich habe eben gesagt, was wir fordern.
Besuch der Außenministerin in Syrien
Frage
Zum Besuch der Bundesaußenministerin in Syrien: Herr Wagner, zumindest in einem HTS-nahen Medium wurde Frau Baerbock in der Berichterstattung sozusagen ganzkörpermäßig verpixelt. Wie bewerten Sie das aus Sicht der Bundesregierung?
Wagner (AA)
Ich habe diese Berichte gesehen. Ich habe auch diesen Telegram-Channel gesehen. Ich habe auch gesehen, dass es das syrische offizielle Fernsehen gab, das ja live über den Besuch der Außenministerin und ihres französischen Amtskollegen beim HTS-Führer berichtete und das unverpixelte Bilder sendete. Im Übrigen hat auch das syrische Außenministerium unverpixelte Bilder getwittert. Ich lasse mich jetzt einmal zu dem Kommentar hinreißen, dass ich sagen würde: Es gibt eine ganze Reihe von Frauen ‑ Gott sei Dank ist es so ‑, die weltweit in hohen, verantwortungsvollen Ämtern sind, und die kann man genauso wenig canceln, wie man den Fakt canceln kann, dass Frauen bei der friedlichen Entwicklung in Syrien und bei der guten Entwicklung in Syrien eine wichtige Rolle spielen werden. Insofern lasse ich das einmal als Kommentar stehen. Aber natürlich war das Thema Frauenrechte auch Thema bei dem Gespräch mit der HTS-Führung. Die Ministerin hat sich ja vor Ort auch ausführlich dazu geäußert.
Zusatzfrage
Offenbar werten Sie ja die Berichterstattung auch in Syrien und syrischen Medien aus und verfolgen sie. Haben die nach Ihrer Auffassung sachlich und inhaltlich und auch von der Rolle einer Ministerin und Frau her korrekt berichtet?
Wagner (AA)
Für uns stand ganz im Zentrum des Besuchs, dass wir diese Gespräche jetzt dort vor Ort führen; denn darum geht es ja. Syrien steht ja im Moment an einem Scheideweg, und ich glaube, die Vorgänge und die Debatten, die wir jetzt im Nachgang gesehen haben, zeigen ja auch noch einmal, dass wir uns bei dem, was wir ja auch betont haben, nämlich dass wir wissen, wo die HTS ideologisch ursprünglich einmal hergekommen ist und welche Fragen sich da jetzt mit Blick auf die Rechte von Frauen, aber auch von ethnischen und religiösen Gruppen in Syrien sowie mit Blick darauf stellen, wie ein inklusiver Transformationsprozess in dem Land jetzt aussehen kann, die richtigen Fragen stellen und das thematisieren müssen. Das war das Ziel dieses Besuchs. Insofern, glaube ich, ist das das, was wir zurate ziehen, wenn wir diesen Besuch jetzt bewerten.
Frage
Frau Baerbock betont ja dieser Tage immer wieder, dass sie dort ist, um die syrischen Menschen bei einem inklusiven Machtübergang zu unterstützen, dass sie sich für Frauenrechte einsetzen will. Aber was erhofft sich denn Frau Baerbock und was erhofft sich die Bundesregierung ihrerseits darüber hinaus davon, dass in Syrien eine stabile Demokratie kommt?
Wagner (AA)
Ich glaube, wir haben hier in Europa ein Rieseninteresse daran, wie sich die Lage in Syrien weiterentwickelt. Das zeigt ja auch, dass der Besuch der Außenministerin zusammen mit ihrem französischen Außenministerkollegen stattfand, übrigens mandatiert von Kaja Kallas als Hoher Vertreterin der Außen- und Sicherheitspolitik Europas. Insofern haben wir natürlich ein Interesse daran, dass es dort in die Bahn geht, dass die Menschen in Syrien wieder friedlich und gemeinsam ihr Land aufbauen können. Da stehen wir jetzt im Moment an einem Punkt, an dem noch vollkommen unklar ist, in welche Richtung es gehen wird. Es gibt weiterhin Kämpfe in Syrien. Es ist unklar, in welche Richtung es politisch geht. Aber insofern war dieser Besuch das Angebot, dass Europa bereitsteht, auf diesem Weg zu begleiten. Wir haben dort aber vor Ort eben auch deutlich gemacht, welche Erwartungen wir mit Blick auf diese Entwicklung haben.
Zusatzfrage
Könnten Sie vielleicht einmal ausbuchstabieren, was diese Interessen genau sind?
Ich hätte noch die Frage, welche Bundesministerien in die inhaltliche Vorbereitung dieses Treffens involviert waren. Werden noch andere Ministerien involviert werden?
Wagner (AA)
Ich würde Sie vielleicht erst noch einmal auf den Acht-Punkte-Plan verweisen, den wir ja im Vorfeld des Besuchs auch vorgestellt haben. Es stellen sich jetzt halt natürlich eine ganze Reihe sehr konkreter Fragen. Das ist in der Tat etwas, das wir natürlich auch innerhalb der Bundesregierung, ohne jetzt meinen Kolleginnen und Kollegen zum Beispiel des BMZ vorwegzugreifen, eng miteinander koordinieren und abstimmen. Ich nenne nur einmal ein paar Schlaglichter, die wir ja hier, glaube ich, aber auch schon genannt haben. Da ist die Vernichtung der syrischen Chemiewaffen, der Bestände, die es ja weiterhin gibt, hinsichtlich der wir mit der OVCW und auch deutscher Expertise dienen können. Da sind so Fragen der Übergangsjustiz, die Frage, wie man die Verbrechen des Assad-Regimes aufarbeitet, hinsichtlich der wir mit Expertise helfen können. Es sind dann natürlich Fragen der Daseinsvorsorge, der humanitären Hilfe, der Frage, wie man Elektrizitäts-, Wasserversorgung etc. wieder aufbauen kann. Für all das können wir sicherlich Angebote machen.
Aber noch einmal: All das muss natürlich Teil eines inklusiven politischen Prozesses sein. Diese Fragen stellen sich ja auch. Das sind diplomatische Fragen. Das sind Fragen, die wir jetzt in Abstimmung mit den regionalen Partnern und eben mit der neuen Führung in Damaskus klären. Diese Gespräche laufen natürlich weiter.
Frage
Ich wollte noch einmal nachfragen, weil Sie auch geschildert haben, wie hochkarätig diese Reise letztlich eingefädelt wurde. Es muss ja umso kränkender sein, wenn man dann einfach verpixelt wird und der französische Kollege neben einem nicht. Das sind ja auch keine kleinen Kanäle, die haben Hunderttausende von Abonnenten, soweit wir das checken konnten. Deshalb noch einmal die Frage: Was ist denn dann Ihr Fazit, wenn man eine solche Reise mit so einer klaren Ausrichtung und Betonung der Frauenrechte macht, und dann findet man als Frau nicht statt?
Wagner (AA)
Ich glaube, es zeigt einfach, mit wem wir es dort im Moment zu tun haben. Natürlich können wir weltweit nicht nur mit Menschen reden, deren Werte und Ansichten wir vollständig teilen. Dann hätten wir im Auswärtigen Amt nicht so viele Überstunden, wie wir sie haben.
Es ist doch vollkommen klar, dass wir wissen, wo HTS ideologisch herkommt, wo die stehen. Deshalb stellen sich jetzt einfach die Fragen, die ich hier eben schon aufgeblättert habe.
Wie gesagt: Ich glaube, es gibt in Syrien im Moment sehr viel Licht und Schatten. Sie haben die Aspekte angesprochen, nach denen Sie jetzt hier fragen. Es gab auch andere Äußerungen, vom Bildungsminister etc. Es gibt aber eben auch die Aussagen des HTS-Führers. Es gibt ja den Fakt, den ich hier schon geschildert habe, dass die Bilder verpixelt durchaus verteilt worden sind. Es ist also nicht so, dass der Besuch in der syrischen Öffentlichkeit nicht stattgefunden hat. Ein Beispiel ist das syrische Fernsehen, das live berichtet hat. Insofern stellen sich jetzt einfach sehr, sehr viele Fragen, in welche Richtung die Entwicklung in Syrien geht. Deutschland und Europa haben ein Interesse daran, den dortigen Prozess zu begleiten. Unsere Erwartungen deutlich zu machen, dem diente dieser Besuch.
Frage
Herr Wagner, Sie sind meine Frage nach den deutschen Interessen ein bisschen umgangen und haben mir Sachen aufgezählt, die eher im Interesse der syrischen Zivilgesellschaft sind. Deshalb jetzt noch einmal die Frage: Worum ging es denn bei diesem Treffen, fern von Frauenrechten, inhaltlich? Ging es zum Beispiel um die Frage nach Abschiebeabkommen oder um das Thema Migration?
Wagner (AA)
Syrien kommt aus einer Phase, in der über zehn Jahre lang ein brutaler Bürgerkrieg geherrscht hat. Natürlich haben wir als Bundesregierung und als Europa ein Interesse daran, dass die Entwicklung jetzt eine positive Wendung nimmt und die Menschen dort friedlich ihr Land wiederaufbauen können.
Nein, Migration war kein zentrales Thema dieses Besuchs, weil im Moment einfach sehr viele andere Fragen sehr viel dringender sind. Das haben wir ja auch schon hier in der Bundespressekonferenz ausgeführt. Aber natürlich wollen wir, dass die Menschen, die vielleicht zurückkehren wollen, irgendwann wieder friedlich in Syrien leben können.
Wie gesagt, im Moment stellen sich einfach die dringenden Fragen der Stabilisierung. Es gibt weiterhin kaum Elektrizität, kaum humanitäre Versorgung und eine höchst prekäre Sicherheitslage. Hinzu kommt ein Konflikt mit kurdischen Gruppen, sozusagen Einflussnahme aus dem Ausland etc. Darum ging es jetzt primär.
Zusatzfrage
Noch einmal die Frage, die ich eben gestellt habe: Welche Bundesministerien waren denn ansonsten in die inhaltliche Vorbereitung involviert?
Wagner (AA)
Das machen wir in der Bundesregierung eng mit allen beteiligten Ressorts. Ich habe das BMZ schon genannt, das natürlich besonders wichtig ist, aber es sind auch andere Ressorts. Ich würde jetzt hier keine abschließende Aufzählung vornehmen.
Frage
Was bedeutet dieser Besuch für die Wiedereröffnung der deutschen Botschaft in Damaskus?
Wagner (AA)
Die deutsche Botschaft oder die Liegenschaft der deutschen Botschaft ‑ das muss man ja sagen, sie ist seit 2012 geschlossen ‑ haben wir in Augenschein genommen. Wir haben schon vor Weihnachten deutlich gemacht, dass wir gern wieder eine diplomatische Präsenz in Syrien aufbauen wollen. Das braucht es auch, wenn man sich mit diesen komplexen Fragen, um die es jetzt geht, intensiv beschäftigen will. Da muss eine ganze Reihe von logistischen und technischen Voraussetzungen geschaffen werden. Insofern kann ich jetzt hier keine Daten nennen, aber das ist etwas, an dem wir arbeiten.
Zusatzfrage
Ja, eben. Ich habe mich an die Debatte hier vor Weihnachten erinnert. Deswegen frage ich Sie noch einmal: Ist durch diesen Besuch die Wiedereröffnung der deutschen Botschaft in Damaskus näher gerückt?
Wagner (AA)
Das hoffe ich sehr, aber es ist noch eine ganze Reihe von Fragen zu klären.