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Gemeinsame Erklärung der Europaministerin und der Europaminister des Weimarer Dreiecks

13.12.2024 - Pressemitteilung

Anlässlich unseres Treffens im Format des Weimarer Dreiecks am 12. und 13. Dezember 2024 in Genshagen bekräftigen wir, die Europaministerin und die Europaminister Deutschlands, Frankreichs und Polens, die Bedeutung unserer Zusammenarbeit und die herausragende Rolle des Weimarer Dreiecks mit Blick auf die Ausgestaltung eines starken, sicheren, anpassungsfähigen und resilienten Europas. In den letzten Monaten ist zunehmend deutlich geworden, dass unsere enge Zusammenarbeit im Rahmen des Weimarer Dreiecks entscheidend für die Stärkung der Einheit Europas sowie für die Bewältigung der Herausforderungen ist, denen wir als Europäische Union gegenüberstehen. Wir begrüßen die Tatsache, dass die Stärkung einer so umfassend wie möglich verstandenen Sicherheit in den nächsten sechs Monaten zentrales Ziel des Rates der Europäischen Union sein wird. Gemeinsam werden wir unsere Anstrengungen weiterhin auf mehrere Schwerpunktbereiche konzentrieren: auf den Einsatz für eine Erweiterung und Reformen der EU, die Förderung der Rechtsstaatlichkeit, den Kampf gegen Desinformation, die Stärkung der demokratischen Resilienz sowie auf Wettbewerbsfähigkeit und den grünen Wandel.

Erweiterung

Seitdem Russland Krieg gegen die Ukraine führt, ist die Erweiterung der EU zu einer geopolitischen Notwendigkeit geworden. Wir bekräftigen unsere Unterstützung für alle Beitrittskandidaten und potenziellen Beitrittskandidaten, die sich glaubwürdig zu ihrem Weg hin zur EU bekennen.

In den vergangenen Monaten hat der EU-Beitrittsprozess neue Impulse erhalten, die wir unter der polnischen Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2025 aufrechterhalten und stärken möchten.

Sowohl die Ukraine als auch Moldau haben im Laufe der anhaltenden Überprüfung durch die Kommission bewiesen, dass sie gut vorbereitet sind, was durch das diesjährige Erweiterungspaket noch einmal bestätigt worden ist. Unser Ziel ist es, den ersten Verhandlungscluster mit beiden Ländern zu eröffnen, sobald alle nötigen Voraussetzungen erfüllt sind. Einstweilen bleiben wir entschlossen, der Ukraine bei der Verteidigung ihrer Souveränität und territorialen Unversehrtheit innerhalb der völkerrechtlich anerkannten Grenzen zur Seite zu stehen, und zwar so lange wie nötig. Wir bekräftigen unseren Standpunkt, dass eine Friedensvereinbarung nicht ohne Zustimmung der Ukraine geschlossen werden darf.

Wir erneuern noch einmal unser uneingeschränktes und unmissverständliches Bekenntnis zur Perspektive einer EU-Mitgliedschaft für die sechs Staaten des Westlichen Balkans. Wir begrüßen insbesondere die Fortschritte im Beitrittsprozess Albaniens und Montenegros, die jüngst bedeutende Meilensteine erreicht haben. Abgesehen von Bosnien und Herzegowina haben alle Staaten eine umfassende Reformagenda im Rahmen der Wachstumsfazilität für den Westbalkan vorgelegt. Diesbezüglich sind wir noch immer besorgt über den Stillstand der Reformen in Bosnien und Herzegowina und hoffen, dass das Land seine Reformagenda bald vorlegen wird.

Unsere Länder sind dem Berlin-Prozess als zusätzlichem Rahmen zur Förderung regionaler Zusammenarbeit und gutnachbarschaftlicher Beziehungen nachdrücklich verpflichtet, und wir möchten die Überwindung der Blockade des Mitteleuropäischen Freihandelsübereinkommens (CEFTA) als ein wichtiges unlängst erzieltes Ergebnis hervorheben.

Wir bringen unsere Besorgnis über die jüngsten Entwicklungen in Georgien zum Ausdruck. Wir verurteilen die unverhältnismäßige Anwendung von Gewalt gegen friedlich demonstrierende Menschen sowie die gezielte Verfolgung von Oppositionellen und Medienvertreterinnen und -vertretern in aller Schärfe. Wir missbilligen die Razzien in den Büroräumen von Oppositionsparteien und zivilgesellschaftlichen Organisationen sowie die Verhaftungen von Mitgliedern der politischen Opposition und fordern deren unverzügliche Freilassung, und wir bekunden unsere Solidarität mit der georgischen Zivilgesellschaft, die friedlich auf den Straßen von Tiflis und anderen georgischen Städten demonstriert. Grundrechte, auch das Recht auf friedliche Versammlung und das Recht auf Meinungsfreiheit, müssen im Einklang mit der Verfassung und den völkerrechtlichen Verpflichtungen Georgiens aufrechterhalten und geschützt werden. Wir rufen die Partei „Georgischer Traum“ dringend auf, die Auseinandersetzungen zu deeskalieren und in einen übergreifenden Dialog mit allen politischen Kräften und Vertreterinnen und Vertretern der Zivilgesellschaft einzutreten. Wir erinnern daran, dass aufgrund der von „Georgischer Traum“ seit Anfang 2024 verfolgten Linie der EU‑Beitrittsprozess de facto zum Stillstand gekommen ist und sich unsere Beziehungen zu Georgien verschlechtert haben. In diesem Zusammenhang bedauern wir die jüngste Erklärung von „Georgischer Traum“, die Beitrittsverhandlungen mit der EU bis 2028 aussetzen zu wollen – ein Schritt, der mit den europäischen Bestrebungen der georgischen Bevölkerung, wie sie in der Verfassung Georgiens niedergelegt sind, im Widerspruch steht. Wir unterstreichen unsere Unterstützung für die demokratischen und europäischen Bestrebungen der georgischen Bevölkerung.

Wir begrüßen den positiven Beitrag, den Albanien durch die Ausrichtung des nächsten Gipfeltreffens der Europäischen Politischen Gemeinschaft 2025 leistet.

EU-Reformen

Wir müssen sicherstellen, dass die EU ihre eigenen Reformen parallel zum Erweiterungsprozess vorantreibt, da sowohl die EU als auch künftige Mitgliedstaaten zum Zeitpunkt des Beitritts bereit dafür sein müssen. Interne EU-Reformen sind ein notwendiger zeitgleicher Prozess, der gewährleistet, dass die EU durch die Erweiterung gestärkt wird. Sie sind erforderlich, damit die in unserer Strategischen Agenda sowie in den Erklärungen von Versailles, Granada und Budapest festgelegten Ziele, darunter strategische Autonomie, die Verringerung gefährlicher Abhängigkeiten und die Diversifizierung und Sicherung strategischer Lieferketten, erreicht werden können.

In Bezug auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 27. Juni 2024 einschließlich des im EU-Fahrplan für die künftige Arbeit an internen Reformen dargelegten Pfades sehen Deutschland, Frankreich und Polen den Überprüfungen von Politikfeldern im Vorfeld der Erweiterung, die von der Europäischen Kommission bis zum Frühjahr 2025 vorgestellt werden sollen, erwartungsvoll entgegen. Wir werden uns gemeinsam dafür einsetzen, dass die Arbeit an Reformen in angemessenen Formaten und in allen vier im Fahrplan dargelegten Feldern, nämlich Werte, Politik, Haushalt und Governance, vorangetrieben und der Folgebericht des Rates bis Juni 2025 vorgestellt wird.

Übergeordnetes Ziel bleibt, den langfristigen Bestrebungen der EU gerecht zu werden, zentrale Fragen hinsichtlich ihrer Prioritäten und Politik anzugehen und zu gewährleisten, dass die EU angesichts neuer geopolitischer Realitäten und zunehmend komplexer Herausforderungen handlungsfähig bleibt. Deutschland, Frankreich und Polen sind entschlossen, gemeinsam mit den EU-Partnern an konkreten Vorschlägen zu arbeiten.

Demokratische Resilienz

Ausländische Akteure versuchen unablässig, unsere freien und demokratischen Gesellschaften mit Falschinformationen, böswilliger Einflussnahme und der Manipulation von Informationen zu untergraben. Um ein Unterminieren des öffentlichen Diskurses und den Verlust von Vertrauen in die demokratischen Institutionen zu verhindern, müssen wir unsere Zusammenarbeit und Reaktionsfähigkeit bei der Bekämpfung von Informationsmanipulation und Einflussnahme aus dem Ausland sowohl in der EU als auch in anderen europäischen Partnerländern deutlich stärken.

Eine resiliente demokratische Gesellschaft lebt von freiem und offenem Diskurs. Wir erkennen die unschätzbar wertvolle Rolle an, die unabhängige Medien und zivilgesellschaftliche Organisationen dabei spielen, Informationsmanipulation und Einflussnahme aus dem Ausland aufzuspüren, zu analysieren und als solche zu enttarnen. Auch Medienkompetenz ist ein wesentliches Instrument, wenn es darum geht, Informationsmanipulation und Einflussnahme aufzudecken.

Wir stehen bereit, transnationale Bemühungen um den Aufbau von Kapazitäten und Kooperationen von nichtstaatlichen Organisationen und Thinktanks in den EU-Ländern zu unterstützen, die darauf abzielen, die Kapazitäten der EU sowie Synergien zugunsten eines resilienten und demokratischen Europas zu stärken. Dies erfordert Engagement für eine verbesserte strategische Kommunikation mit dem Ziel, das Vertrauen in die Europäische Union und ihre Werte zu erhöhen. In dieser Hinsicht bekräftigen wir unseren gemeinsamen Einsatz für das Schnellwarnsystem des EAD und die Notwendigkeit, die Koordinierung sowie Partnerschaften auf europäischer Ebene weiter zu stärken – insbesondere mit den Beitrittskandidaten, die durch die erwähnten Manipulationskampagnen unmittelbar bedroht sind und destabilisiert werden.

Deutschland, Frankreich und Polen rufen zur Zusammenarbeit zwischen EU und NATO und anderen gleichgesinnten internationalen Partnern bei der Bekämpfung russischer und sonstiger antiwestlicher Narrative auf – sowohl innerhalb unserer Gesellschaften als auch weltweit, wobei der Fokus auf dem Globalen Süden liegt.

Deutschland, Frankreich und Polen sind der Ansicht, dass die Social-Media-Plattformen Verantwortung tragen. Die im Rahmen des Gesetzes über digitale Dienste eingeführten Maßnahmen sollten von diesen Plattformen rechtskonform auf schnelle und wirksame Weise umgesetzt werden, um unsere Gesellschaften vor böswilliger Einflussnahme zu schützen. Wir rufen ferner dazu auf, die laufenden Anstrengungen zur Bekämpfung von Informationsmanipulation und Einflussnahme aus dem Ausland (darunter strategische Kommunikation sowie die Stärkung der demokratischen und gesellschaftlichen Resilienz) in der EU und den Kandidatenländern als Thema in die Diskussionen im Rat und seinen Arbeitsgruppen aufzunehmen.

Wahlbeobachtungsmission

Deutschland, Frankreich und Polen halten die Durchführung internationaler Wahlbeobachtungsmissionen in den Kandidatenländern unter Leitung des OSZE-Büros für Demokratische Institutionen und Menschenrechte (ODIHR) und auf der Grundlage einer soliden und unparteiischen Methodik für äußerst wichtig. Wir schlagen vor, dass die EU-Mitgliedstaaten diese Wahlbeobachtungsmissionen unterstützen, indem sie eine ausreichende Anzahl nationaler Beobachterinnen und Beobachter entsenden und den Kandidatenländern bei der Umsetzung der Empfehlungen des ODIHR helfen, damit die Wahlgesetzgebung und Wahlprozesse mit den von der OSZE festgelegten Normen und Verpflichtungen in Einklang gebracht werden können.

Wettbewerbsfähigkeit und grüner Wandel

Wir, die Europaministerin und die Europaminister des Weimarer Dreiecks, sprechen uns bei gleichzeitigem Einsatz für Akzeptanz innerhalb der Gesellschaft mit Nachdruck für Europas Weg hin zur Klimaneutralität im Einklang mit dem Übereinkommen von Paris sowie für einen grünen Wandel aus, der zu Wachstum, Investitionen, Innovation und enormen Marktchancen für die Industrie von morgen führt sowie die Schaffung neuer, gut bezahlter und sicherer Arbeitsplätze gewährleistet. Wir müssen dafür sorgen, dass durch die Klimapolitik der EU ein fairer, angemessener, klarer und stabiler Rahmen sowohl für Unternehmen als auch für die Bürgerinnen und Bürger geschaffen wird. Wir fordern daher einen ehrgeizigen Deal für eine saubere Industrie, der den grünen Wandel insbesondere dadurch fördert, dass er einen erfolgreichen Umbau unserer industriellen Basis ermöglicht, und den Bürgerinnen und Bürgern sowie den Unternehmen der EU unmittelbare Vorteile bringt, wozu auch niedrigere Energiepreise zählen. Durch die Ausarbeitung und Umsetzung einer wirksamen Industriepolitik müssen wir gewährleisten, dass Europa ein starker Produktionsstandort bleibt und eine globale Führungsrolle im Bereich von Schlüsseltechnologien einnimmt.

Indem die EU einerseits stärkere internationale Partnerschaften und Kooperationen im Klimaschutzbereich fördert und andererseits das CO2-Grenzausgleichssystem erfolgreich umsetzt und auf nachgelagerte Sektoren und Produkte ausweitet, die vom Risiko der Verlagerung von CO2-Emissionen betroffen sind, kann sie sowohl den weltweiten Klimaschutz vorantreiben als auch gewährleisten, dass ihre Industrien hinsichtlich Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit weiterhin führend sind.

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