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Spende eines Syrers für deutsche Flüchtlinge 1989

02.09.2015 - Artikel

Am 15. September 1989 hatte ein syrischer Staatsbürger aus Solidarität mit den Flüchtlingen aus der ehemaligen DDR 2.000,- syrische Pfund gespendet, wie die Deutsche Botschaft Damaskus berichtete.

Ein Bericht der deutschen Botschaft aus der syrischen Hauptstadt Damaskus hat im Internet für großes Aufsehen gesorgt: Am 15. September 1989 hatte ein syrischer Staatsbürger aus Solidarität mit den Flüchtlingen aus der ehemaligen DDR 2.000,- syrische Pfund gespendet. Dieser Betrag - damals umgerechnet 255,-DM - überstieg „das Monatsgehalt manch eines einfachen Syrers“, wie die Botschaft anschließend nach Berlin berichtete.

Bericht der Botschaft Damaskus vom September 1989
Bericht der Botschaft Damaskus vom September 1989 © Auswärtiges Amt

Aufsehen im zweiten Anlauf

Der Autor berichtete damals aus Damaskus, dass der syrische Staatsangehörige in der Botschaft vorsprach, „um seine Sympathie für die in letzter Zeit aus der DDR ausreisenden Deutschen auszudrücken“. Er bat daher die Botschaft darum, seine Spende in Höhe von 2.000 syrischen Pfund den Flüchtlingen zukommen zu lassen. Letztlich ging die Summe unter dem Stichwort „Ungarnhilfe“ an das Malteser Hilfswerk in Deutschland.

Der Bericht schlummerte anschließend 25 Jahre im Politischen Archiv des Auswärtigen Amtes. Im Jahr 2014 wurde er dann im Rahmen des Projekts „Heute vor 25 Jahren“ veröffentlicht. Das Projekt war eine gemeinsame Initiative der Stasi-Unterlagen-Behörde, des Zentrums für Zeithistorische Forschung Potsdam und des Axel-Springer-Verlags. Knapp ein Jahr später griff der Publizist Martin Speer das Dokument via Twitter auf. Als das Auswärtige Amt daraufhin die Echtheit des Dokuments bestätigte, setzte sich eine Welle der Reaktionen in Gang: Über tausend Follower teilten und kommentierten das Dokument. Ein Facebook-Post auf der Seite des Auswärtigen Amts wurde in kurzer Zeit 3,5 Millionen mal gesehen, rund 15.000 Mal geteilt und knapp 20.000 Mal „geliked“.

Emotionale Diskussionen in den sozialen Medien

Von den weit über tausend Kommentaren auf der Facebook-Seite des Auswärtigen Amts waren die meisten positiv. Die meisten zeigten sich tief bewegt von der solidarischen Geste und dankten für die Veröffentlichung des Dokuments. Einige wenige nutzten - zumeist anonym - die Bühne für fremdenfeindliche Kommentare. Viele äußerten aber auch ernsthafte Fragen oder sachliche Kritik an der Aktion. Hier eine Auswahl der häufigsten Themen:

Warum wird das Dokument ausgerechnet jetzt aufgegriffen? Steckt dahinter politisches Kalkül?

Grundsätzlich werden Akten aus dem Politischen Archiv erst nach 30 Jahren freigegeben. In diesem Fall war im Jahr 2014, im Rahmen des 25-jährigen Jubiliäums des Mauerfalls, eine vorzeitige Veröffentlichung erfolgt. Grund war damals, dass es ein öffentliches Interesse an der Freigabe im Rahmen des Mauerfall-Jubiläums gab und dem kein offensichtliches Interesse entgegenstand. Als der Journalist Martin Speer das Dokument am 27. August 2015 aufgriff, erwähnte er dabei das Auswärtige Amt in seinem Tweet. Das wiederum nahm die Online-Redaktion des Auswärtigen Amts zum Anlass, die Echtheit des Dokuments zunächst intern zu prüfen und anschließend zu bestätigen.


Auslöser war ein Tweet von Martin Speer am 27. August 2015
Auslöser war ein Tweet von Martin Speer am 27. August 2015 © Auswärtiges Amt

Ist das Dokument echt?

Das Original befindet sich im Politischen Archiv des Auswärtigen Amtes. Weder Form noch Inhalt legen nahe, dass sich dabei um eine Fälschung handelt. Die erstmalige Veröffentlichung erfolgte zu einem Zeitpunkt, als die Flüchtlingsthematik in der öffentlichen Debatte in Deutschland keine zentrale Rolle spielte. In der Tat verwendet der Verfasser an einer Stelle die Schreibweise „dass“, obwohl damals noch die Schreibweise „daß“ üblich war. Da er aber an andere Stelle nach alter Rechtschreibung „muß“ schreibt, scheint es sich hierbei um ein Versehen zu handeln. Das erwähnte Referat 210 war damals für „Deutschland als Ganzes“ zuständig. Das eingetragene Aktenzeichen „330.66“ entspricht laut Aktenplan dem Betreff „Flüchtlinge aus der DDR“.


Gab es 1989 überhaupt eine deutsche Botschaft in Damaskus?

Die Bundesrepublik Deutschland hat zwischen 1965 und 1974 keine diplomatischen Beziehungen zu Syrien unterhalten und wurde in dieser Zeit durch eine Schutzmachtvertretung über die französische Botschaft repräsentiert. Im Jahr 1974 wurden die Beziehungen allerdings wieder aufgenommen und entsprechend auch die Botschaft in Damaskus wieder geöffnet. Amtierender Botschafter 1989 war Herr Dr. Georg-Hermann Schlingensiepen.


Kann ein solcher Einzelfall einen wertvollen Beitrag zu dieser wichtigen Frage leisten?

Der Tweet des Auswärtigen Amtes wurde in kurzer Zeit über 1000 Mal geteilt
Der Tweet des Auswärtigen Amtes wurde in kurzer Zeit über 1000 Mal geteilt © Auswärtiges Amt

Außenminister Steinmeier hat sich im Rahmen der Flüchtlingsdebatte wiederholt gegen Fremdenfeindlichkeit und für Solidarität und Mitmenschlichkeit ausgesprochen. Dieses Dokument liefert ein Beispiel dafür, wie Solidarität mit Fremden konkret aussehen kann. Und es zeigt auch, dass Solidarität keine Einbahnstraße ist - die Spender von heute können die Hilfsbedürftigen von morgen sein.


Werden hier Ressentiments gegen Ostdeutsche geschürt? Soll hier suggeriert werden, dass Syrer solidarisch sind und (Ost-)Deutsche nicht?

Aus Sicht des Auswärtigen Amts liefert das Dokument ein Beispiel für die Solidarität eines Syrers mit deutschen Staatsbürgern. Außenminister Steinmeier hat wiederholt die große Hilfsbereitschaft und das ehrenamtliche Engagement der Bürgerinnen und Bürger in ganz Deutschland begrüßt, beispielsweis im Juli 2015 beim Fastenbrechen mit einer syrischen Flüchtlingsfamilie bei Ihren deutschen Gastgebern im Milower Land (Brandenburg).

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