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Humanitäre Katastrophenvorsorge

Vorsorgemaßnahmen in Peru

Vorsorgemaßnahmen in Peru, © Steffen Lohrey/ClimateCentre, DRK

27.08.2019 - Artikel

Die humanitäre Katastrophenvorsorge hat sich bereits in den 1990er Jahren entwickelt. Sie hat zum Ziel, die Auswirkungen von extremen Naturereignissen schon im Vorfeld zu begrenzen.

In besonders katastrophenanfälligen Ländern und Regionen versetzt das Auswärtige Amt seine Partner deshalb in die Lage:

  • drohende humanitäre Bedarfe aufgrund von Naturkatastrophen bestmöglich zu antizipieren, vorausschauend zu vermeiden oder zu verringern;
  • die Reaktionsfähigkeit der humanitären Akteure im Hinblick auf künftige Katastrophenfälle zu stärken und
  • dort, wo humanitäre Bedarfe dennoch entstehen, diese schnellstmöglich zu decken, zeitnah Leben zu retten, Leiden zu lindern und die Menschenwürde zu bewahren.

Elemente der humanitären Katastrophenvorsorge

Die wesentlichen Elemente der humanitären Katastrophenvorsorge sind die Durchführung von Risikoanalysen, Maßnahmen zur Minderung von Katastrophen und eine verbesserte Vorbereitung auf zukünftige Katastrophenfälle (die sogenannte “Preparedness”).

  • Die Risikoanalyse bildet die Grundlage der humanitären Katastrophenvorsorge, da sie die Wahrscheinlichkeit des Eintretens von Naturkatastrophen in einem Gebiet aufzeigt. Sie umfasst die Analyse der physischen Bedrohungen durch Naturereignisse (Risikobewertung), der ihnen gegenüberstehenden gesellschaftlichen Anfälligkeiten (sogenannte Vulnerabilitätsbewertung) und gleichzeitig auch eine Analyse der bereits existierenden Selbsthilfekapazitäten der Menschen, um darauf aufbauend Maßnahmen der Katastrophenvorsorge planen und umsetzen zu können.
  • Die Katastrophenminderung besteht aus geeigneten Maßnahmen, die drohende humanitäre Bedarfe infolge von Katastrophen verhindern oder vermindern können. Hierzu zählen beispielsweise die Förderung von Netzwerken zur Erzielung weiträumiger Schutzvorkehrungen, Schulungsmaßnahmen für humanitäre Akteure und die Aufklärung der Bevölkerung über potentielle Katastrophenrisiken.
  • Die Vorbereitung auf den Katastrophenfall, die sogenannte Preparedness, bildet einen Schwerpunkt der humanitären Katastrophenvorsorge. Ziel ist es, die Reaktionsfähigkeit von gefährdeten Menschen und verantwortlichen Organisationen zu stärken, so dass sie bereits vor dem Eintreten einer Katastrophe die notwendigen logistischen und organisatorischen Vorbereitungen treffen können und wissen, was im Ernstfall zu tun ist. Dazu gehören etwa eine verbesserte Frühwarnung, das Erstellen von Notfallplänen, Evakuierungsübungen, die Einlagerung von Hilfsgütern, Schulungsmaßnahmen für die Bevölkerung in Erster Hilfe und die Ausbildung lokaler humanitärer Helfer vor Ort.

Warum ist humanitäre Katstrophenvorsorge wichtig?

Naturkatastrophen betreffen jedes Jahr Millionen von Menschen, verursachen unermessliches Leid und stellen vor allem die Betroffenen in weniger entwickelten Ländern und fragilen Kontexten vor enorme Herausforderungen. Dank intensiver Anstrengungen der internationalen Gemeinschaft ist in den vergangenen Jahren jedoch ein Rückgang der Opferzahlen zu verzeichnen.

Trotz dieses erfreulichen Rückgangs liegt die Anzahl der von Naturkatastrophen betroffenen Menschen weltweit aber noch immer auf einem sehr hohen Niveau. Die Kosten der entstehenden Schäden bewegen sich dabei jedes Jahr im zweistelligen Milliardenbereich, bei besonders schweren Katastrophen sogar noch deutlich höher.

Aufgrund des vom Menschen verursachten Klimawandels drohen zudem die Intensität und die Häufigkeit von Naturkatastrophen und damit auch die humanitären Bedarfe weiter deutlich zu steigen, was die internationale Gemeinschaft vor zusätzliche Herausforderungen stellen wird.

Neben der Zunahme von extremen Wetterereignissen verschärfen auch Konflikte und allgemeine Instabilität die Anfälligkeit der lokalen Bevölkerungen gegenüber Naturgefahren. Mehr als 60 Prozent der weltweit durch Naturkatastrophen hervorgerufenen Todesfälle ereignen sich in den 30 fragilsten Staaten.

Gleichzeitig zeigen Studien, dass Investitionen in die Katastrophenvorsorge um ein vielfaches kostengünstiger sind als Maßnahmen der Soforthilfe und des Wiederaufbaus nach einer Naturkatastrophe.

Die Förderung von Maßnahmen der Katastrophenvorsorge ist deshalb ein unverzichtbarer Teil des Aufgabenspektrums der humanitären Hilfe des Auswärtigen Amts.

Das Sendai Rahmenwerk für Katastrophenvorsorge

Das am 18. März 2015 im japanischen Sendai verabschiedete Rahmenwerk zur Reduzierung von Katastrophenrisiken (2015-2030), welches aus der 3. Weltkonferenz der Vereinten Nationen zur Risikoreduzierung von Katastrophen hervorging, ist der internationale Bezugspunkt für die Katastrophenvorsorge.

Das Sendai Rahmenwerk konzentriert sich auf umfassendes Risikomanagement mit folgenden Prioritäten:

  • Verbessertes Verständnis von Katastrophenrisiken
  • Stärkung von lokalen, nationalen und internationalen Steuerungsmechanismen zum Management von Katastrophenrisiken
  • Investition in Katastrophenvorsorge zur Stärkung von Resilienz
  • Verbesserung der Vorbereitung auf den Katastrophenfall (Preparedness), um eine effektive Reaktion auf Katastrophen sowie präventiven Wiederaufbau zu ermöglichen (“Building Back Better”)

Seit der Verabschiedung des Sendai Rahmenwerks hat das Auswärtige Amt sein Engagement in der humanitären Katastrophenvorsorge nochmals gesteigert. Es engagiert sich zudem innerhalb einer interministeriellen Arbeitsgruppe, welche die Umsetzung des Sendai Rahmenwerks für die Bundesregierung koordiniert und arbeitet eng mit der Nationalen Kontaktstelle für das Sendai Rahmenwerk in Deutschland zusammen.

Deutsches Engagement für Katastrophenvorsorge

Rettungskräfte suchen nach Verschütteten
Rettungskräfte suchen nach Verschütteten © picture-alliance/dpa

Deutschland tritt seit langem in der Europäischen Union und in den Vereinten Nationen für die Stärkung internationaler Katastrophenvorsorge ein. Auf europäischer Ebene hat Deutschland intensiv an der Erarbeitung des Europäischen Konsens über die Humanitäre Hilfe mitgewirkt, der die Notwendigkeit von Katastrophenvorsorge hervorhebt. Zudem hat Deutschland zur EU-Strategie zur Unterstützung der Katastrophenvorsorge in Entwicklungsländern beigetragen und arbeitet eng mit dem Büro der Vereinten Nationen für Katastrophenvorsorge (UNISDR) zusammen.

Bereits seit 2012 setzt sich das Auswärtige Amt dafür ein, Mechanismen zu etablieren, um beispielweise den Betroffenen von durch Katastrophen oder Klimawandel verursachter Vertreibung adäquaten Schutz zukommen zu lassen. 2016 hat Deutschland gemeinsam mit Bangladesch beim Humanitären Weltgipfel in Istanbul hierfür die “Platform on Disaster Displacement” gegründet und engagiert sich seitdem vor allem dafür, dass entsprechende Schutzmaßnahmen auf der regionalen Ebene umgesetzt werden können.

“Platform on Disaster Displacement”

2013 hat die Bundesregierung gemeinsam mit zahlreichen Regierungen und internationalen Hilfsorganisationen die deutsche Preparedness-Initiative beschlossen. Darin sind konkrete Handlungsempfehlungen enthalten, die auf Erfahrungen zahlreicher Akteure im Bereich der effektiven Vorbereitung auf Katastrophen beruhen. Der mit der Preparedness-Initiative begonnene Paradigmenwechsel innerhalb der internationalen humanitären Hilfe hat inzwischen dazu beigetragen, den Fokus von der reaktiven hin zur vorausschauenden humanitären Hilfe zu lenken.

Seit 2016 kooperiert das Auswärtige Amt mit dem Deutschen Roten Kreuz (DRK), um einen gezielten Erfahrungsaustausch im Bereich der humanitären Katastrophenvorsorge sicherzustellen. Hierdurch werden die operative Umsetzung von Maßnahmen der Katastrophenvorsorge und die Zusammenarbeit der deutschen Akteure auf den unterschiedlichen Ebenen der Katastrophenvorsorge unterstützt. Dies wird durch unterschiedliche Netzwerke erreicht:

  • Fachtagung Katastrophenvorsorge: Die Fachtagung ermöglicht den Dialog zwischen deutschen Experten der nationalen und internationalen Katastrophenvorsorge. Auf der jährlich stattfindenden Fachtagung haben die Experten aus den jeweiligen Bereichen die Möglichkeit, sich zu aktuellen Entwicklungen, Ansätzen und Maßnahmen in den jeweiligen Bereichen der Katastrophenvorsorge auszutauschen.
  • Preparedness-Arbeitsgruppe: Hier diskutieren deutsche Akteure der humanitären Katastrophenvorsorge mit einem Fokus auf den Peparedness-Bereich. Die Arbeitsgruppe hat das Ziel, konkrete Handlungsempfehlungen zur operativen Umsetzung von Maßnahmen der Preparedness innerhalb der Katastrophenvorsorge zu entwickeln.
  • Regionale Workshops: Ergänzend zur Preparedness Arbeitsgruppe werden Workshops in Hochrisikoregionen mit den lokalen Partnern der deutschen Hilfsorganisationen durchgeführt. Hierdurch werden Erfahrungen und Ansätze vor Ort ausgetauscht und fließen dadurch in die Handlungsempfehlungen an das Auswärtige Amt ein.

Vorausschauende humanitäre Hilfe

Als wichtige Komponente der humanitären Katastrophenvorsorge fordert und fördert das Auswärtige Amt eine humanitäre Hilfe, die über die Reaktion auf Krisen und Katastrophen hinaus auch antizipierend handelt, damit potenzielle Krisen und Katastrophen durch eine verbesserte Frühwarnung möglichst frühzeitig erkannt und drohendes Leid durch vorausschauendes Handeln vermieden oder zumindest reduziert werden kann.

Die gezielte Förderung von Finanzierungsmechanismen für vorausschauende humanitäre Hilfe bildet dabei einen Schwerpunkt. Das Auswärtige Amt arbeitet hier eng mit der Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung, dem Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP), dem Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten der Vereinten Nationen (OCHA) und dem NRO-Netzwerk START zusammen.

Bereits 2014 hat das Auswärtige Amt ein innovatives humanitäres Maßnahmenpaket zur - Anpassung an den Klimawandel und steigende Extremwettergefahren entwickelt. Mit diesem Maßnahmenpaket werden humanitäre Akteure in die Lage versetzt, vorhandene Risikoanalysen und Extremwettervorhersagen besser zu nutzen und auf kurz- bis mittelfristig steigende Katastrophenrisiken in bestimmten Ländern und Regionen frühzeitig und besser zu reagieren.

Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) koordiniert die Umsetzung des Maßnahmenpakets und organisiert im Auftrag des Auswärtigen Amts spezielle Dialogplattformen, um den Austausch der relevanten Experten im Kontext der vorausschauenden humanitären Hilfe regelmäßig sicherzustellen:

www.forecast-based-financing.org/

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